DEUTSCHES
ARZTEBLATT
DER KOMMENTAR
Psychotherapie
Vereinbarung regelt exakt die Anwendung
Der Weg war nicht einfach, doch das Ziel ist erreicht: Mit der Neufassung der Psychotherapie- Richtlinien vom 1. Oktober vergan- geneo Jahres ist es gelungen, das ge- samte Spektrum der psychothera- peutischen Leistungen in der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung zu regeln.
Jetzt liegt auch die "Vereinba- rung über die Anwendung von Psy- chotherapie in der kassenärztlichen Versorgung" vor, die nachstehend unter Bekanntgaben im Wortlaut veröffentlicht ist. Die Vereinbarung wurde zwischen der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung und den Bundesverbänden der Krankenkas- sen geschlossen und tritt zum 1. Juli 1988 in Kraft.
Gleichzeitig trafen die Kassen- ärztliche Bundesvereinigung und die Verbände der Ersatzkassen eine ent- sprechende Vereinbarung, die auch den Inhalt der Psychotherapie- Richtlinien umfaßt. Sie wird als An- lage 5 zum Arzt/Ersatzkassenvertrag in einer der nächsten Ausgaben des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES ebenfalls im Wortlaut veröffentlicht werden.
Während in den Richtlinien Art und Umfang der Psychotherapie in der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung exakt dargelegt sind, re- geln die Psychotherapie-Vereinba- rungen darüber hinaus das Verfah- ren und die Durchführung der Psy- chotherapie.
Die Vereinbarungen enthalten neben dem allgemeinen Teil Aussa- gen zu folgenden Bereichen:
.. ..,.. Zur Ausübung Berechtigte - Arzte, Diplom-Psychologen/analyti- sche Kinder- und Jugendlichen-Psy- chotherapeuten, Delegation, Beauf- tragung, Information der Kranken- kassen
..,.. Durchführung der Behand- lung - Antragstellung, Gutachter-
verfahren, Entscheidung zur Lei- stungspflicht
..,.. Abrechnung ..,.. Vordrucke
... Übergangsbestimmungen ..,.. Anlagen - Kriterienkataloge zur Anerkennung von Ausbildungs- instituten für die Ausbildung zum psychologischen Psychoanalytiker, psychologischen Verhaltensthera- peuten oder analytischen Kinder- und Jugendlichen-Therapeuten.
Sowohl die neuen Richtlinien als auch die darauf aufbauenden Vereinbarungen lassen die Fort- schritte erkennen, die seit der erst
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informiert
maligen Aufnahme der Psychothera- pie in die ambulante Versorgung im Jahr 1967 erzielt worden sind.
Am Anfang stand damals das Bemühen, die ätiologisch orientierte Psychotherapie mit dem Krankheits- begriff der Reichsversicherungsord- nung und den gesetzlichen Erforder- nissen der Notwendigkeit, Zweck- mäßigkeit und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Konkret ging es um eine klare Abgrenzung der ak- tuellen seelischen Störungen von chronifizierten neurotischen Erkran- kungen, die zu diesem Zeitpunkt nicht zum Leistungsbereich der ge- setzlichen Krankenversicherung ge- hörten.
Das änderte sich allerdings in der Folgezeit durch die Rechtspre- chung der Sozialgerichte. So kam es A-1636 (68) Dt. Ärztebl. 85, Heft 22, 2. Juni 1988
1976 zu einer Überarbeitung der Psychotherapie-Richtlinien. Indika- tionsumfang und Leistungsgrenzen wurden wesentlich erweitert.
Die dritte, jetzt geltende Fas- sung der Psychotherapie-Richtlinien berücksichtigt nun auch die bis da- hin nur vertraglich geregelte Verhal- tenstherapie. Schließlich integrieren die Richtlinien auch die psychoso- matische Grundversorgung in den Katalog der psychotherapeutischen Leistungen in der kassen- und ver- tragsärztlichen Versorgung .
Der neue Einheitliche Bewer- tungsmaßstab für ärztliche Leistun- gen (EBM) trägt dieser Weiterent- wicklung Rechnung, indem er Lei- stungsbeschreibungen für die Psy- chosomatik, Psychotherapie und für die Testverfahren aufführt.
Mit der Aufnahme der psycho- somatischen Grundversorgung wur- de ein Aufgabenbereich der Ärzte neu konzipiert. Grundsätzlich soll dieser Bereich allen dafür qualifi- zierten Ärzten offen stehen. Er soll aber besonders die Einbeziehung auch seelischer Faktoren in die Krankenbehandlung der allgemein- ärztlichen Praxis berücksichtigen.
Das Ziel der psychosomatischen Grundversorgung wird in den Richt- linien als eine , ,möglichst frühzeitige differentialdiagnostische Klärung komplexer Krankheitsbilder" ver- standen, denen der primär soma- tisch orientierte Arzt mit einer ,,ver- balen oder übenden Basistherapie psychischer, funktioneller und psy- chosomatischer Erkrankungen'' be- gegnet. Die psychosomatische Grundversorgung strebt also eine an der aktuellen Krankheitssituation orientierte seelische Krankenbe- handlung an.
Die Psychotherapie-Richtlinien und die darauf aufbauenden Verein- barungen beschreiben allerdings nicht nur exakt Art und Umfang der Psychotherapie in der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung. Viel- mehr definieren auch sie die hohen Anforderungen an die Qualifikation der Therapeuten. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, daß die psychotherapeutischen Leistungen in der kassenärztlichen und vertrags- ärztlichen Versorgung qualifiziert erbracht werden. JM/KBV