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Archiv "Durchfälle unter Antibiotika" (31.01.1992)

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Klaus Loeschke und Gotthard Ruckdeschel

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT ZUR FORTBILDUNG

Durchfälle

unter Antibiotika

Diagnostik und Therapie

is zu 25 Prozent aller Patienten bekommen Durchfälle, wenn sie mit Antibiotika behandelt werden (1). Diesen ho- hen Prozentsatz erfährt allerdings nur, wer gezielt nach dem Stuhlver- halten fragt. In unterschiedlicher Häufigkeit und von wenigen Aus- nahmen abgesehen kommen alle An- tibiotika als Auslöser in Betracht.

Heutzutage sind es vor allem Amino- penicilline und andere Betalaktam- antibiotika mit breitem Wirkungs- spektrum und hoher biliärer Aus- scheidung. Das oft inkriminierte Clindamycin spielt wegen einge- schränkter Verordnung prozentual nur eine untergeordnete Rolle (Ta- belle 1). Meist sind die Diarrhoen milde und nicht durch eine Darm- entzündung bedingt. Durchfälle kön- nen aber auch Zeichen einer schwe- ren (Entero-)Kolitis sein, die in aller Regel durch Toxine des Anaerobiers Clostridium difficile hervorgerufen wird (2). Eine Unterscheidung ist mit Sicherheit nur durch die Koloskopie möglich, aber für die Behandlung von großer Bedeutung.

Klinische Diagnostik der antibiotikaassoziierten Diarrhoe und Kolitis

Bei antibiotikaassoziierter Diar- rhoe bleibt der Patient in gutem Zu- stand. Die nur wenig gehäuften Ent- leerungen sind weich bis breiig, sel- ten wäßrig und stets frei von Blut.

Das Abdomen ist unauffällig, Fieber und Leukozytose fehlen (Tabelle 2).

Die Pathogenese der antibiotikaas- soziierten Durchfälle ist nicht end-

Durchfälle treten unter Antibioti- katherapie oft auf, meistens als harmlose Begleiterscheinung, manchmal aber auch als Zeichen einer schweren pseudomembra- nösen Kolitis. Blande Diarrhoen lassen sich oft durch die klinische Symptomatik ausgrenzen, im Zweifelsfall bringt aber nur die Ko- loskopie eine sichere Diagnose.

Durchfälle entstehen auf verschie- denen Wegen, für die Pseudo- membranen und Ulzerationen bei der antibiotikassozierten Kolitis (AAC) sind heute fast immer die Toxine des Clostridium difficile verantwortlich. Schnelle Diagno- stik und gezielte Therapie verhin- dern die ernsten Folgen der AAC, die durchaus auch bei ambulan- ten Patienten vorkommt.

gültig geklärt, doch sind sie mögli- cherweise Folge eines unter Antibio- tika verminderten bakteriellen Ab- baus wasserbindender Makromole- küle im Kolon (2). Nur in etwa 20 Prozent findet man C. difficile, in et- wa zehn Prozent seine Toxine im Stuhl. Welche Rolle der Anaerobier bei intakter Darmschleimhaut spielt, bleibt offen.

Medizinische Klinik, Klinikum Innenstadt (Direktor: Prof. Dr. med. Peter 0. Scriba) und Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygie- ne und Medizinische Mikrobiologie (Direk- tor: Prof. Dr. med. Friedrich Deinhardt), Ludwig-Maximilians-Universität München Herrn Professor Dr. med. Eberhard Buch- born zum 70. Geburststag gewidmet

Solange sich die Beschwerden auf leichte Durchfälle beschränken, kann man eine antibiotikaassoziierte Diarrhoe unterstellen und auf eine Koloskopie verzichten. Eine bakte- riologische Stuhluntersuchung ist aber angezeigt, um bei Verschlechte- rung den Befund schon zu kennen und einer Übertragung von C. diffici- le auf besonders gefährdete Perso- nen vorzubeugen.

Die seltene antibiotikaassoziier- te Kolitis geht gewöhnlich mit der schwereren Symptomatik einher. Sie kann durchaus auch bei sonst gesun- den, zum Beispiel wegen eines Harn- infekts, einer Reisediarrhoe, Bron- chitis oder Adnexitis ambulant mit Antibiotika behandelten Patienten auftreten. Bevorzugt betrifft sie je- doch ohnehin schwerkranke, oft in- tensivpflichtige oder imunsuppri- mierte Patienten im Krankenhaus (3, 4). Bei ihnen sind oft weitere diffe- rentialdiagnostische Überlegungen nötig, die neben anderen Ursachen einer Kolitis intestinale Durch- blutungsstörungen (besonders bei Schockpatienten) und die sogenann- te neutropenische Kolitis unter Zyto- statika miteinbeziehen müssen. Die antibiotikaassoziierte Kolitis macht sich nicht immer schon in den ersten Tagen bemerkbar, manchmal sogar erst einige Wochen nach Absetzen des Antibiotikums.

Bei Kolitis kann der Patient sehr rasch in einen schlechten Zustand geraten. Typischerweise werden die Durchfälle zahlreich, wäßrig, selte- ner blutig. Gelegentlich fehlen Durchfälle aber auch oder stehen im Vergleich zu anderen Symptomen im Hintergrund. Hohe Temperaturen, Leukozytose, Bauchschmerzen und A1-296 (58) Dt. Ärztebl. 89, Heft 5, 31. Januar 1992

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Tabelle 2: Befunde bei antibiotikaassozoüerter Diarrhoe und Kolitis Diarrhoe

Risikogruppen

(En tero-)Kolitis

Multimorbidität, Immun- suppression, Zytostatika Durchfälle milde,

nicht blutig

ausgeprägter, unter Umständen blutig systemische Ent-

zündungszeichen Koloskopie Mikrobiologie

fehlend

intakte Mukosa meist negativ (etwa 20 Prozent C. difficile)

oft Fieber, Leukozytose u. a.

uncharakteristische bis pseu- dom embranöse Kolitis C. difficile, Toxin A und B Anämie sind weitere Warnzeichen.

Extraintestinale Manifestationen, zum Beispiel an Gelenken, sind die Ausnahme. Massive Durchfälle füh- ren zur Dehydratation, zum Verlust von Eiweiß und Elektrolyten über den Darm, speziell zur Hypokali- ämie, und schließlich zur Hypovol- ämie und gegebenenfalls zu Herz- rhythmusstörungen. Verläufe mit to- xischem Megakolon oder Perforation sind bekannt. Unbehandelt ist die Letalität hoch. Daher ist eine soforti- ge Diagnostik unumgänglich.

Klarheit bringt am schnellsten die Spiegelung des Kolons. Der am besten bekannte Befund sind soge- nannte Pseudomembranen (Abbil- dung). Sie bestehen aus entzündli- chem, überwiegend fibrinös-granulo- zytärem Exsudat, das anfangs nur kleine Erosionen, später größere Nekrosen bedeckt und ihnen pilzför- mig aufsitzt. Sie sind, außer im ganz fortgeschrittenen Stadium, Heckför- mig angeordnet mit zwischenge- schalteten, relativ unauffälligen Are- alen. Sie müssen gezielt biopsiert werden, soll der Pathologe die Ver- änderungen sicher erkennen. Da Rektum und Sigma in zirka 90 Pro- zent der Fälle betroffen sind (5), ge- nügt meist eine flexible Rektosigmo- idoskopie. Schonend durchgeführt, ist sie auch schwerkranken Patienten zuzumuten. Bei der Untersuchung können zugleich Stuhl und Schleim- hautbiopsien zur mikrobiologischen Untersuchung entnommen werden.

Pseudomembranen werden bei antibiotikaassoziierter Kolitis nicht immer und gelegentlich auch bei an- deren Kolitiden (2) beobachtet. Un- charakteristische Befunde, beson- ders bei sehr früher oder später En- doskopie, schließen eine antibioti- kaassoziierte Kolitis keineswegs aus.

Bei langem Verlauf kann das Bild ei- ner chronisch entzündlichen Darm- erkrankung mit Ulzera ähneln. Eine Beteiligung des Dünndarms kommt vor. Eine sehr seltene Variante ist die diffus-hämorrhagische, vorwie- gend im rechten Kolon lokalisierte Form. Sie wurde namentlich nach

Penicillinen beschrieben und als allergische Reaktion der Darm- schleimhaut aufgefaßt, ohne kausa- len Zusammenhang mit C. difficile.

Die zweite Säule der Diagnostik ist die Mikrobiologie. Auf eine Stuhluntersuchung sollte man aus differentialdiagnostischen, therapeu- tischen und epidemiologischen Grün- den nie verzichten.

Pathogenese der antibiotikaassoziierten Kolitis

Tabelle 1: Antimikrobielle Substanzen, die Durchfälle hervorrufen können

häufig Cephalosporine

Breitspektrumpenicilline, insbesondere Ampicillin, Amoxicillin

Lincomycine (Clindamycin, Lincomycin) seltener andere Antibiotika, unter anderem auch:

Metronidazol Chinolone

Sulfonamide, Salazosulfapyridin nicht oder Vancomycin

sehr selten

Teicoplanin Bacitracin

parenterale Aminoglykoside

Clostridium difficile gilt als zu- mindest wichtigster und häufigster Erreger der antibiotikaassoziierten Kolitis; die Bedeutung anderer Bak- terienarten wie Staphylococcus au- reus, der in den fünfziger Jahren oft gefunden wurde, oder C. perfringens wird heute angezweifelt.

Die Pathogenese der antibioti- kaassoziierten Kolitis verläuft in drei Schritten:

1. Kolonisierung oder Infektion mit C. difficile,

2. Vermehrung oder Selektion toxinbildender Stämme,

3. Wirkung der Toxine auf die Darmschleimhaut.

Toxinbildende Stämme kommen auch in der Kolonflora gesunder Dt. Ärztebl. 89, Heft 5, 31. Januar 1992 (61) A1-297

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Menschen ziemlich häufig vor, zu et- wa zwei Prozent bei Erwachsenen und bis zu 50 Prozent bei Kindern unter zwei Jahren. Da der Erreger fäkal-oral übertragen wird, steigt die Kolonisierung im Krankenhaus auf zehn Prozent und mehr, meist ohne nachfolgende Erkrankung.

Die reine Selektion der Erreger im Darm ist offensichtlich die Aus- nahme. Eine Selektion setzt voraus, daß die Erreger gegen die Antibioti- ka resistent sind (Beispiel: Clinda- mycin). Größere Bedeutung hat die Beseitigung von Bestandteilen der Darmflora durch Antibiotika, weil zum Beispiel Bifidobakterien, Lakto- bazillen oder Enterokokken die Ver- mehrung von C. difficile hemmen und die Kolonisierung verhindern können. Die Frühphase der Pathoge- nese ist wegen der sehr komplexen Beziehungen in der Darmflora bis- her nur in groben Zügen geklärt.

Die beiden Exotoxine, die die meisten Stämme des C. difficile bil- den, verursachen die Symptomatik am Darm. Toxin A stimuliert die in- testinale Sekretion von Wasser und Elektrolyten, steigert die Peristaltik und wirkt auch zytotoxisch. Die schweren Schäden an der Kolon- schleimhaut werden allerdings dem Toxin B zugeschrieben, das als das stärkere Zytotoxin gilt. Jüngere Kin- der besitzen eine relative Resistenz gegen die Toxine. Neutralisierende Effekte von Milchbestandteilen oder nicht ausgereifte Rezeptoren der Darmschleimhaut könnten dieses Verhalten erklären.

Mikrobiologische Diagnostik

Die Ätiologie der antibiotikaas- soziierten Kolitis wird mit mikrobio- logischen Methoden geklärt: durch den Nachweis von Clostridium diffi- cile und seiner Toxine im Stuhl. Das anaerobe grampositive Stäbchen, dessen Sporen eine hohe Resistenz gegen Umwelteinflüsse zeigen, läßt sich auf Selektivnährböden (Cyclose- rin-Cefoxitin-Fruktose-Agar) aus Stuhlproben züchten und kann durch einige kaum verwechselbare Eigenschaften (Bildung von Isoca- pronsäure und von p-Kresol) leicht

Abbildung: Pseudomembranöse Kolitis

identifiziert werden. Die bakteriolo- gische Diagnose erfordert in der Re- gel zwei Tage. Ein schnellerer Nach- weis des Clostridium difficile im Stuhl ist mit dem CDT-Test, einem Latextest, möglich, der mit einem Oberflächenprotein des Erregers reagiert.

Viel höheren Rang in der Dia- gnostik der antibiotikaassoziierten Kolitis hat der Nachweis der Toxine (Tabelle 3). Das hochaktive Zytoto- xin B wird mit einem Neutralisati- onstest in der Zellkultur quantitativ bestimmt; diese Methode steht je- doch nicht überall bereit und braucht Zeit. Solche Nachteile könn- te ein Enzymimmun-Assay zum Nachweis des Toxin A oder ein Mischtest zum Nachweis von Toxin A und B beheben, die demnächst im Handel zur Verfügung stehen wer- den. Die Bestimmung eines der bei- den Toxine genügt, da beide simul- tan gebildet werden.

Für die umfassende Diagnostik

— Kultur und Toxinnachweis — sollten wenigstens fünf Gramm Stuhl, also ein halbvolles konventionelles Stuhl-

Tabelle 3: Toxinnachweis fast immer beweisend für die Erkrankung:

Toxin B (Zytotoxin)

—Zellkulturversuch

—Enzymimmunoassay Toxin A

—Darmschlingentest

—Enzymimmunoassay

röhrchen entnommen werden; bei dieser Menge erübrigt sich auch der Versand in speziellen Transportme- dien für Anaerobier.

Möglichkeiten der Prophylaxe

Da Durchfälle nach Antibiotika so häufig sind, stellt sich die Frage nach ihrer Verhütung. Auf Kranken- stationen ist immer an eine nosoko- miale Verbreitung (3, 6) der Clostri- dien zu denken. Basismaßnahmen sind eine erhöhte Aufmerksamkeit insbesondere bei Risikopatienten und eine frühzeitige Diagnostik bei Erkrankten. Wenn irgend möglich, sollten Ausscheider und Gefährdete räumlich getrennt werden. Potentiel- le Infektionsquellen sind nicht nur Mitpatienten, sondern auch das Per- sonal (6) und die fast immer konta- minierte Umgebung, besonders die Fußböden und Toiletten (3, 6). Bei Kontakt mit Ausscheidern sollen Handschuhe getragen und anschlie- ßend gewechselt werden. Zur Desin- fektion von Räumen stehen wirksa- me Mittel zur Verfügung (Aldehyde, Hypochlorit). Obwohl eine Dekonta- mination asymptomatischer Aus- scheider wünschenswert wäre (unter anderem, um eine Verschleppung des Erregers nach Entlassung zum Beispiel in Heime zu verhindern), ist eine einfache Methode hierfür bis- her nicht etabliert.

Da andere Mikroorganismen das Wachstum toxigener Clostridien hemmen können, wurde schon frü- her und neuerdings in einer großen kontrollierten Studie (7) versucht, dies prophylaktisch zu nutzen. Die orale Gabe des apathogenen Hefe- stamms Saccharomyces boulardii (in Deutschland Perenterol) senkte das Auftreten antibiotikaassoziierter Durchfälle signifikant (von 21,8 Pro- zent unter Plazebo auf 9,5 Prozent).

Ähnlich erfolgreich (27,2 vs. 8,7 Pro- zent) verlief ein kleinerer Versuch mit laktatbildenden Enterokokken (8). Optimale Präparate, Dosierung und zu behandelnde Risikogruppen müssen noch besser herausgearbei- tet werden. Auch ist bisher nicht klar, ob Saccharomyces boulardii überhaupt durch eine Proliferations- A1 -298 (62) Dt. Ärztebl. 89, Heft 5, 31. Januar 1992

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Tabelle 4: Gesicherte Therapiemodalitäten bei Kolitis durch Clostridi- um difficile

Ersterkrankung: Vancomycin Metronidazol Bacitracin Rezidiv: Vancomycin

4 x 125 mg/d oral 7-10 Tage 3 x 500 mg/d oral 7-10 Tage 4 x 500 mg/d oral 7-10 Tage 4 x 125 mg/d

2 x 125 mg/d 1 x 125 mg/d

1 x 125 mg jeden 2. Tag 1 x 125 mg jeden 3. Tag jeweils

1 Woche hemmung der Clostridien wirkt, da

die Besiedlung des Darms mit dem Erreger nicht verhindert wurde (7).

Therapie der

antibiotikaassoziierten Durchfälle und Kolitis

Bei antibiotikaassoziierter Diar- rhoe ohne Kolitis und der hämor- rhagisch-allergischen Sonderform hören die Symptome wenige Tage nach Ende der antibiotischen Be- handlung von selbst auf. Nur selten sind überbrückende Maßnahmen nö- tig. Dagegen muß man eine uncha- rakteristische, noch mehr eine pseu- domembranöse Kolitis als ernste Komplikation ansehen. Die auslö- senden Antibiotika sollten umge-

hend abgesetzt werden. Erfordert die klinische Situation weiterhin an- timikrobielle Mittel, ist möglichst auf andere, weniger begünstigende Sub- stanzen zu wechseln, zum Beispiel von Clindamycin auf Metronidazol (9, 10). Symptomatisch können der Ersatz von Flüssigkeit, Elektrolyten, Blut oder Eiweiß erforderlich sein.

Opiatanaloge sind wegen der Gefahr des toxischen Megakolons vorsichtig zu verwenden.

Für schwere Verläufe sind Van- comycin, 4 x 125 mg/Tag (11), Me- tronidazol (12, 13) und Bacitracin*

(14, 15) oral als gut wirksam gesi- chert. Metronidazol und Bacitracin scheinen dem Vancomycin leicht un- terlegen zu sein, sind aber deutlich

* in Deutschland als orales Monopräparat nicht im Handel

kostengünstiger. Nicht so gut belegt ist die Wirkung von parenteralem Metronidazol (13). Nach allen drei Mitteln bleiben allerdings bis zu 50 Prozent Ausscheider des Erregers, und vor allem bei ihnen sind Kolitis- Rezidive mit etwa 25 Prozent leider sehr häufig (Tabelle 4). Das Vanco- mycin-ähnliche Teicoplanin beseitigt die Symptomatik nach ersten Berich- ten (16) ebenso zuverlässig wie Van- comycin.

Die Rezidive sind nicht nur ein klinisches Problem, sondern gewäh- ren auch zusätzliche Einblicke in das Wesen der Erkrankung. Sie werden auf Reinfektionen aus der Umge- bung, vor allem aber auf das Überle- ben des Erregers beziehungsweise seiner Sporen im Darm zurückge- führt. Ein Ansatz, der bei 22 Patien-

ten mit je zwei bis fünf Rezidiven er- folgreich verlief (17), ist daher die Gabe von Vancomycin in absteigen- den Dosen (Tabelle 4). Dahinter steht die Überlegung, daß an den be- handlungsfreien Tagen aus Sporen Vancomycin-empfindliche vegetative Formen werden, während die nor- male Mikroflora wieder wachsen und auf die Clostridien antagonistisch wirken kann.

Unter analoger Vorstellung wur- de über zehn Tage mit Vancomycin, dann über 30 Tage oral mit S. bou- lardii behandelt, ohne weiteren Rückfall bei 11 von 13 Patienten (18). Noch direkter auf den Antago- nismus zielt der Versuch, bei solchen Patienten im Anschluß an eine Van- comycinbehancllung durch rektale Instillation homologen Stuhls oder einer Mischung aus mehreren Darm-

bakterien die ortsständige Flora wie- derherzustellen. Nach vorausgegan- genen positiven Einzelberichten ge- lang kürzlich nicht nur die klinische Ausheilung, sondern auch die Besei- tigung von C. difficile aus dem Stuhl in acht Versuchen bei sechs so be- handelten Patienten (19). Eine be- sonders wichtige Rolle wurde dabei der Wiederbesiedlung mit Bacteroi- des sp. zugewiesen.

So stellen sich antibiotikaassozi- ierte Durchfälle heute als ein an- schauliches, klinisch wichtiges Bei- spiel für die Bedeutung von Interak- tionen zwischen einem Krankheits- erreger und der physiologischen Darmflora dar. Sehr viele Fragen sind noch offen. In den knapp 15 Jahren, seit denen der Zusammen- hang zwischen antibiotikaassoziier- ter Kolitis und Clostridium difficile bekannt ist, sind aber so viele neue Daten gewonnen worden, daß man auch in Zukunft auf Fortschritte im Verständnis der Erkrankung hoffen kann.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordem über die Verfasser.

Anschriften der Verfasser:

Prof. Dr. med. Klaus Loeschke Medizinische Klinik der Universität Klinikum Innenstadt

Ziemssenstraße 1 W-8000 München 2 Prof. Dr. med.

Gotthard Ruckdeschel Medizinische Mikrobiologie Max-von-Pettenkofer-Institut der Universität, Klinikum Großhadern Pettenkoferstraße 9

W-8000 München 2

Dt. Ärztebl. 89, Heft 5, 31. Januar 1992 (63) A1-299

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