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Archiv "„Zukunftsrat“ soll gefährliche Technologien verhindern" (14.04.1995)

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POLITIK

Z

ukunftsparasitär" nannte der Philosoph Hans Jonas das Ver- halten von Politik und Wirt- schaft. Mit seinem Buch „Das Prinzip Verantwortung" weckte er das Interesse einer breiten Öffentlich- keit für die Gefahren der Technik und regte andere Philosophen zu weite- rem Nachdenken an. Zwei von ihnen, der Berliner Professor Dietrich Böhler und sein Kollege Walther Zimmerli aus Bamberg, stellten vor Wissenschaftsjournalisten in Bonn ih- re Thesen vor. Thema der Veranstal- tung: „Im Zweifelsfall gegen die Tech- nik — Ist ein Zukunftsrat unausweich- lich?"

Im Zweifelsfall gegen das Projekt

Böhler gibt ein uneingeschränk- tes „Ja" zur Antwort: „Es bedarf der Veränderung des politischen Systems durch einen Zukunftsrat mit Veto- recht gegenüber Parlament und Re- gierung." Industrievertreter, Umwelt- verbände und naturwissenschaftli- cher wie moraltheologischer und ge- sellschaftswissenschaftlicher Sachver- stand sollten in dem Gremium vertre- ten sein.

Die Entscheidungen des Rates, fordert Böhler, müssen dem Prinzip

„in dubio contra projectum" folgen.

Anders als Jonas, dessen Argumenta-

AKTUELL

tion er sonst im wesentlichen folgt, hält er es für unerläßlich, daß der Zu- kunftsrat öffentlich diskutiert. Eine im geheimen betriebene Beratung komme einer „Willkürjustiz über die Menschheitszukunft" gleich.

Abschätzung der Technikfolgen

Während Böhler das Ideal eines einzigen, mächtigen und hochkompe- tenten Rates favorisiert, orientiert sich Zimmerli am politisch Machba- ren. Auch er sieht die Notwendigkeit,.

neue Technologien zunächst auf ihre Folgen hin zu beurteilen. Dazu möch- te er aber nicht den Zukunftsrat, son- dern mehrere Räte einrichten.

Außerdem sollten die Rahmenbedin- gungen für Unternehmen nach dem Prinzip „morality does pay" ausge- richtet werden.

Erste Ansätze für eine dezentrale Technikfolgen-Abschätzung gibt es bereits: So gehört Zimmerli zum un- abhängigen Gentechnik-Kuratorium der Kleinwanzlebener Saatzucht AG (KWS). Vor neuen Experimenten wird das Kuratorium um eine Beur- teilung gebeten — es hat zwar kein Ve- torecht, jedoch werden seine Stel- lungnahmen veröffentlicht Zimmer- li: „Bisher hat die KWS Projekte, die wir abgelehnt haben, tatsächlich nicht weiterverfolgt."

Beide Ansätze haben ihre Ha- ken. Böhler muß sich die Frage gefal- len lassen, wer über die Besetzung des Zukunftsrates entscheiden soll. Eine demokratische Wahl hätte, wie Böhler auch selbst einsieht, keinen Sinn, da Gewählte nicht den Mut zu unpopulären Entscheidungen im er- forderlichen Umfang aufbringen wür- den. Doch eine Alternative bietet er nicht an. Außerdem wäre ein einziger, für alle einschlägigen Fragen zustän- diger Rat vom schieren Arbeitsauf- wand her überfordert und vom Sach- verstand her sowieso.

Die dezentrale Vorgehensweise Zimmerlis, die auf den Druck der in- formierten Bevölkerung vertraut, verkennt, daß jeder im allgemeinen seinen persönlichen Nutzen verfolgt.

Und dabei bleiben die Belange der Umwelt oft genug außen vor. Könnte etwa der Benzinpreis per Volksent- scheid festgelegt werden, würde dabei sicher nicht der vermutete ökologisch sinnvolle Preis von fünf Mark pro Li- ter herauskommen Davon abgesehen besteht die Gefahr, daß sich ein Un- ternehmen kalt über die Empfehlung des Rates, der ja keine eigene Macht hat, hinwegsetzt.

Lösung noch nicht abzusehen

Die Positionen Böhlers und Zim- merlis zeigen, wo die Diskussion um die Technikfolgen-Abschätzung steckt: zwischen Nicht-Machbarkeit und Wirkungslosigkeit. Dafür, daß die beiden so einen großen Hammer schwangen, haben sie den Nagel al- lenfalls krumm auf den Kopf getrof- fen. Das Thema selbst bleibt.

Reinhold Rombach

„Zukunftsrat" soll gefährliche

Technologien verhindern

Vom Menschen erfundene Technologien bedrohen mittlerwei- le seine Lebensgrundlagen. In der Politik gibt es bisher nur zaghafte und selten erfolgreiche Versuche, ungehemmtes Produzieren einzudämmen. Sachzwänge — internationale Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplatzsicherung und Lobbyis- mus — bestimmen das Handeln der Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft. In der Bonner Wissenschaftspresse- konferenz wurde diskutiert, wie dem abzuhelfen wäre.

A-1074 (16) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 15, 14. April 1995

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