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Gefährliche Über-dosierungen verhindern

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KA R L EB E R I U S

Um Fehldosierungen zu ver- meiden, muss bei vielen Arz- neimitteln die Nierenfunktion berücksichtigt werden. Der Kreatininwert allein ist dafür allerdings oft nicht ausrei- chend. Besser bewährt hat sich die so genannte Krea- tinin-Schätzclearance, die man sich auf Knopfdruck vom kostenlosen Internetservice www.dosing.de der Univer- sität Heidelberg berechnen lassen kann.

Eine verminderte Nierenfunktion ist häufi- ger als vielfach angenommen. «Während in Allgemeinarztpraxen immerhin rund 10 Prozent der Patienten davon betroffen sind, ist in Seniorenwohnheimen durch- aus sogar mit 100 Prozent zu rechnen», meint Professor Dr. med. Walter E. Haefeli, der früher am Universitätsspital Basel tätig war und heute als ärztlicher Direktor die Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie der Universität Heidelberg leitet.

Häufig wird die Nierenfunktion allerdings nicht ausreichend berücksichtigt, und die Patienten erhalten unnötig hohe Medika- mentendosen. Gerade einmal bei 33 Pro- zent der renal eliminierten Medikamente erfolgt eine Dosisanpassung, wie eine Studie der Universität Basel vor einiger Zeit am Beispiel einer internistischen Ab- teilung ermittelte (1). Bestätigt haben sich diese Ergebnisse nach Mitteilung von Haefeli nun auch in einer Heidelberger Untersuchung, die allerdings noch nicht publiziert ist.

Bei vielen Patienten wird die eingeschränkte Nierenfunktion überhaupt

nicht erkannt.

Bei den Folgen solcher Fehldosierungen sollte man jedoch nicht nur an die höheren Medikamentenkosten oder an belanglose Nebenwirkungen denken. Je nach Wirk- stoff ist auch mit bedrohlichen Begleit- erscheinungen zu rechnen. «Immer wieder sehen wir zum Beispiel Komapatienten aufgrund einer Aciclovir-Überdosierung, die auf eine ausgebliebene Dosis- reduktion bei eingeschränkter Nieren- funktion zurückgeht», so Haefeli. Typisch sind auch Verwirrtheitszustände unter dem Magenmedikament Ranitidin, Herz- rhythmus-Störungen bei Fehldosierungen von Digoxin oder auch Grand-Mal-Anfälle unter der Gabe verschiedener Antibiotika.

Warum die Nierenfunktion bei der Medi-

kamentengabe oft nicht berücksichtigt wird, hat häufig dieselbe Ursache: «Bei vielen Patienten wird die eingeschränkte Nierenfunktion überhaupt nicht erkannt», meint Haefeli. «Denn meist wird als Krite- rium nur der Serumkreatinin-Wert heran- gezogen, der allein jedoch ein schlechter Marker für Einschränkungen der Nieren- funktion ist.» Deutlich besser geeignet ist nach Hinweisen des klinischen Pharmako- logen die Kreatinin-Schätzclearance, die im Gegensatz zur tatsächlich gemessenen Clearance ohne 24-Stunden-Urin aus- kommt und daher auch für die tägliche Praxis sehr gut geeignet ist. «Abgesehen von Sonderfällen, in denen die Nieren- funktion nicht stabil ist, also zum Beispiel

Gefährliche Über-

dosierungen verhindern

Ein kostenloser Internetservice der Universität Heidelberg erleichtert die Dosisanpassung

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Professor Walter E. Haefeli: Der Serum- kreatinin-Wert ist allein ein schlechter Marker für Einschränkungen der Nieren- funktion.

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bei einem akuten Nierenversagen, fährt man damit genauso gut wie mit der gemessenen Clearance», wie Haefeli betont.

Grundlage der Kreatinin-Schätzclearance ist eine einfache Formel, die neben dem Serumkreatinin-Wert auch das Alter, das Körpergewicht und das Geschlecht der Patienten einbezieht. Die Berechnung muss allerdings nicht umständlich mit dem Taschenrechner erfolgen. Viel kom- fortabler ist ein Service der Universität Heidelberg, der unter www.dosing.de kostenlos zur Verfügung steht und nicht

nur die Einschränkung der Nierenfunktion ermittelt, sondern auch gleich noch die erforderliche Dosisreduktion angibt. Zu- dem wird darüber informiert, bei welchen Medikamenten überhaupt eine Dosis- anpassung notwendig ist und bei welchen Wirkstoffen man darauf verzichten kann.

Den Nutzen der Schätzclearance verdeut- licht zum Beispiel ein Serumkreatinin- Wert von 1,3 mg/dl, der in vielen Laboren nur leicht über der oberen Norm liegt.

Wird dieser Wert bei einer 74-jährigen Frau mit einem Körpergewicht von 65 kg

angetroffen, ergibt sich eine Kreatinin- Schätzclearance von gerade einmal 39 ml/

min, was eine Einschränkung der Nieren- funktion um mehr als die Hälfte bedeutet und demzufolge bei vielen Medikamenten eine Dosishalbierung erfordern würde.

Das Problem ist, dass «der Serumkrea- tinin-Wert umso normaler erscheint, je älter und leichter ein Mensch ist. Zudem ist bei Frauen die Nierenfunktion im Ver- gleich zu Männern bei gleichen Kreatinin- Werten stärker eingeschränkt», erläutert Haefeli, der zugleich darauf hinweist, dass in vielen Arztpraxen das Körpergewicht nicht routinemässig erhoben wird und daher oft die Grundlage für die Schätz- clearance und eine korrekte Medikamen-

ten-dosierung fehlt. ●

1. Falconnier A.D. et al.: J Gen Intern Med 2001; 16: 369–75.

Dr. med. Karl Eberius Silbershohl 18 D-69221 Dossenheim

Interessenkonflikte: keine

Gefährliche Überdosierungen verhindern

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Ein Internetservice der Universität Heidelberg (www.dosing.de): Medikament auswäh- len. Alter, Körpergewicht, Geschlecht und Serumkreatinin-Wert eingeben.

Nachfolgend werden alle wichtigen Werte angezeigt. In diesem Beispiel müsste die Ranitidin-Dosis trotz eines Kreatininwertes von 1,3 mg/dl halbiert werden, da die Ausscheidungskapazität nur 54 Prozent beträgt.

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