MEDIZIN
nisse von unzweifelhafter klinischer Relevanz erbringen. Sicher werden im klinischen Alltag die etablierten Methoden etwa der klinischen und histomorphologischen Diagnostik grundlegende Bedeutung behalten, zwar durch molekulare Verfahren Ergänzung finden, doch nur in sehr umschriebenen Situationen wirklich überholt werden. Zugleich jedoch wird die durch PCR ermöglichte Schnelligkeit des Erkenntnisgewinns etwa im Bereich der molekularen Pathogenese zahlreicher Erkrankun- gen unmittelbaren Einfluß auf die Klinik nehmen.
Ähnlich wie in den Geisteswis- senschaften, so sind auch in den Na- turwissenschaften viele der großen Gedanken außerordentlich einfach und — zumindest in der Retrospektive
— gänzlich offensichtlich. Und den- noch scheint auch bei genialen Ent- würfen der Beginn ihrer Wirkungsge- schichte nicht ungehindert zu gesche- hen. So ignorierten Kollegen und Vorgesetzte von Mullis seine Idee und Begeisterung, das Journal „Na- ture" lehnte eine Publikation ab, und an einem ersten Poster von Mullis gingen fast alle achtlos vorüber bis auf Joshua Lederberg, den nobel- preisgekrönten Präsidenten der Rok- kefeller-Universität, der, wie Mullis meint, vielleicht als einer der ersten die Bedeutung der Idee erkannte. In- nerhalb der Firma ahnte ein Patent- anwalt die Entwicklung, und als Mul- lis im Jahre 1986 Cetus verließ, er- hielt er einen einmaligen Bonus von
10 000 $ (Mullis: pretty good at that time) für die inzwischen erfolgte Pa- tentierung. Im Jahre 1992 verkaufte Cetus die Patentrechte für die kom- merzielle Nutzung der PCR für etwa 300 Millionen Dollar an die Firma Hoffmann-La Roche, die seither mit großem Einsatz die Anwendbarkeit der PCR auf klinisch-diagnostischer Ebene vorantreibt.
Es ist nicht auszuschließen, daß erneut von K. Mullis, der derzeit als freischaffender Berater und Forscher in La Jolla in Californien lebt, gehört werden wird. Nicht nur im privaten
(Mullis hat drei Kinder aus drei
Ehen), sondern auch im wissen- schaftlichen Bereich scheint ihm eine ungewöhnliche Variabilität zu liegen.
Seine erste Veröffentlichung (Nature
KURZBERICHT / FÜR SIE REFERIERT
1968; 218: 663) hatte die „Cosmologi- cal Significance of Time Reversal"
zum Thema, und sein neuestes Pa- tent beschreibt ein System zur Sicht- barmachung einer Exposition gegen- über ultravioletter Strahlung. Als den Motor seiner Kreativität, die auch zum Erdenken der PCR führte, gibt er das Bestreben an, unnötige Schuf- terei zu vermeiden und Zeit für schö- ne Dinge zu haben („morgens Sur- fen, nachmittags Rollschuhfahren").
Im April 1989, auf einer der ersten Tagungen, auf der Erfahrungen mit der PCR ausgetauscht wurden, zeigte Mullis im Hauptvortrag neben eini- gen Dias zur PCR überwiegend Bil- der aus dem Bereich eines seiner weiteren Hobbies, einer exzentri- schen Variante der Photographie.
Ein Freund von Mullis meinte da- mals, das allermeiste von dem, was Mullis rede, sei absoluter Unsinn, doch manchmal, da sagte er etwas,
Brustkrebs
mit pathologischer Sekretion
Die „age specific death rate" des Mamma-Karzinoms hat in den letz- ten Jahren weiter zugenommen Nur bei 10,5 Prozent der Patientinnen mit einem Brustkrebs besteht eine okkul- te Erkrankung, die mit Hilfe der ap- parativen Diagnostik aufgespürt wird. Welche Rolle spielt eine patho- logische Absonderung aus der Brust in bezug auf die Krebs-Früherken- nung? Die Mamillen-Sekretion au- ßerhalb der Schwangerschaft und Stillperiode bei normalen Prolaktin- Spiegeln ist abklärungsbedürftig. Der sezernierende Milchgang wird nach Injektion von lotrolan- oder Iotal- aminsäure-haltigen Lösungen im Ga- laktogramm dargestellt. Wie Paterok et al. in der bisher größten publizier- ten Untersuchungsreihe feststellen, sind die radiologischen Kriterien
für das man eigentlich einen Nobel- preis bekommen könnte. Zumindest der zweite Teil der Behauptung hat sich als richtig erwiesen.
Deutsches Arzteblatt
90 (1993) A 1-3388-3389 [Heft 50]
Literatur:
1. Kary B. Mullis: The unusual origin of the polymerase chain reaction. Scientific American 262 (1990) 56-65.
Anschrift des Verfasses:
Dr. med. Matthias Volkenandt Dermatologische Klinik und Poliklinik der
Ludwig-Maximilians-Universität München
Frauenlobstraße 9-11 80337 München
nicht spezifisch genug, um ein mali- gnes Wachstum ausschließen zu kön- nen. Bei jeder achten Frau mit intra- duktalen Prozessen wird ein duktales Carcinoma in situ oder ein invasives Karzinom diagnostiziert. In rund 45 Prozent der Fälle handelt es sich um Milchgangspapillome mit geringer Entartungswahrscheinlichkeit. Dabei besteht in der überwiegenden Zahl der Fälle eine bernsteinfarbene, wässrig-klare Absonderung. Farbe und Konsistenz des Sekrets sind aber von nachgeordneter Bedeutung, da beim galaktographischen Nachweis einer Milchgangsveränderung die ge- zielte Exstirpation empfohlen wird.
Dabei ist eine Exzidat-Markierung erforderlich, um zu gewährleisten, daß die feingeweblichen Schnitte parallel zu den Hauptmilchgängen verlaufen. Nur 3 Prozent der unter- suchten Präparate weisen keinerlei Erkrankungsherde auf. ptr
Paterok, E. M., et al.: Nipple discharge and abnormal galactogram. Results of a long-term study. European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproduc- tive Biology 50 (1993) 227-234.
Prof. Dr. E. M. Paterok, Universitätsstra- ße 21, Universitäts-Frauenklinik, 91054 Erlangen.
Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 50, 17. Dezember 1993 (55) A1-3389