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A3284 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 48½½½½1. Dezember 2000
HNO-Ärzten ist es nicht ver- boten, Hörgeräte im so ge- nannten verkürzten Versor- gungsweg abzugeben. Sie üben nach Meinung des Bundes- gerichtshofs damit nicht das Handwerk eines Hörgeräte- akustikers aus. Ein Verstoß gegen § 1 HandWO liegt schon deshalb nicht vor, weil es sich hier nur um einzelne Leistungen im Rahmen der ärztlichen Praxis handelt, die zum beruflichen Bereich ei- nes HNO-Arztes gehören oder mit diesem zumindest in sehr engem Zusammenhang ste- hen.
Bei der Abgabe eines Hörgeräts im so genannten verkürzten Versorgungsweg nimmt der HNO-Arzt die er- weiterte audiometrische Mes- sung vor, ebenso den Ohr- druck. Messergebnisse und Ohrabdruck übermittelt er der beklagten Firma. Diese wählt ein Hörgerät aus, pro- grammiert es digital und fer- tigt das Ohrpassstück an. Das Gerät wird dann zur Arztpra- xis gesandt. Dort wird es indi- viduell angepasst und in te- lefonischer Rücksprache mit dem Hörgeräteakustiker der Firma umprogrammiert. Der Arzt bekommt ein Ersatzgerät und ein zusätzliches Ohrpass- stück zur Verfügung, die an den Patienten weitergegeben werden können, falls ein Man- gel auftritt und das Gerät zur Reparatur an die Firma einge- sandt werden muss.
Vergütung gilt als Pauschalhonorar
Diese Art der Zusammenar- beit bedeutet kein berufsord- nungswidriges Verhalten, ob- wohl der Arzt ein Pauschal- honorar von 250 DM erhält.
Die Vergütung wird nach Meinung des Gerichts nicht als Provision für die Ver- ordnung des Hörgeräts ent- richtet, sondern als Pauschal- betrag für alle zusätzlichen Leistungen, die der HNO- Arzt bei der Zusammenarbeit mit der Firma erbringt. Auch
die technische Ausrüstung des HNO-Arztes durch Überlas- sung eines PC, der eine On- lineverbindung zur Firma er- möglicht, stellt keine berufs- ordnungswidrige Vergünsti- gung für die Verordnung von Hilfsmitteln dar. Mit dieser Ausrüstung schafft die Firma lediglich die Voraussetzung, um mit dem Arzt überhaupt zusammenarbeiten zu kön- nen und auf dem von ihr vor- geschlagenen Versorgungsweg Hörgeräte als Hilfsmittel zu liefern.
Auch das Fehlen eines aus- reichenden Wettbewerbs un- ter den Anbietern auf dem verkürzten Versorgungsweg kann nicht zur Folge haben, dass den Ärzten die Verwei- sung an die Firma allgemein untersagt wird. Der sich ent- wickelnde Wettbewerb ist vielmehr dem Markt überlas- sen. Es ist nicht Aufgabe des wettbewerbsrechtlichen Lau- terkeitsrechts, das Aufkom- men neuartiger Angebotsfor- men, die als solche nicht wett- bewerbswidrig sind, bereits im Ansatz zu verhindern.
Auch Vorschriften des SGB V werden hiervon nicht berührt. Im SGB V ist nicht geregelt, welche Zusatzlei- stungen ein Arzt neben sei- nen Leistungen als Kassen- arzt erbringen darf. Die Fra- ge, ob er Anspruch auf Vergü- tung für diese Leistungen hat, ist seinen vertraglichen Be- ziehungen zu den Kranken- kassen überlassen. Es liegt auch kein Verstoß gegen die Regelungen des § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB V vor, nach de- nen Hilfsmittel an Versicher- te nur von zugelassenen Lei- stungserbringern abgegeben werden. Der HNO-Arzt ver- ordnet im zu entscheidenden Fall lediglich ein Hörgerät und erbringt in eigener Ver- antwortung zusätzliche Lei- stungen. Hilfsmittelerbringer ist die beklagte Firma, die da- zu auch unbestritten zugelas- sen ist. (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. Juni 2000, Az.:
I ZR 59/98) Be
V A R I A
Verkürzter Versorgungsweg
Kein unlauteres Verhalten eines HNO-Arztes
Rechtsreport