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Archiv "Wunden – von der Physiologie zum Verband" (28.03.2008)

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Academic year: 2022

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D

ie Wunde ist definiert als Gewebsdurchtrennung von Haut, Schleimhäuten oder Organen. Man un- terscheidet zwischen einfachen Wunden, die auf die Haut begrenzt sind, und komplizierten Wunden: diese gehen in die Tiefe und weisen zusätzlich eine Verletzung von Mus- keln, Nerven und Gefäßen auf. Wunden können durch me- chanische, thermische, chemische und radiogene Schäden entstehen. Davon abzugrenzen sind Wunden, die in Folge von Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, chronisch venöser/arterieller Insuffizienz und immunologischen oder dermatologischen Erkrankungen auftreten. Die Primärversorgung von Wunden ist Aufgabe der chirurgi- schen Fachgebiete. Hingegen können die Kontrolle von Wunden und die Durchführung weiterer Wundverbände von allen Ärzten vorgenommen und auch an pflegerisches Personal delegiert werden. Ziel jeder Wundbehandlung ist es, einen raschen Wundverschluss mit einer funktionell tragbaren und ästhetisch befriedigenden Narbe zu errei- chen. Lernziele dieser Arbeit sind daher:

den Kenntnisstand zur Wundheilung zu erfassen und den Anforderungen für einen praktikablen und effizi- enten Verbandswechsel gerecht werden zu können.

Physiologie der Wundheilung

Die Wundheilung ist ein überaus komplexer Vorgang, der seit über 120 Jahren erforscht wird (1, 2). Durch die Erkenntnisse der Molekularbiologie konnten in den letzten Jahren vermehrt Einblicke in die biologischen Vorgänge erworben werden. Wichtigstes Behandlungs- prinzip aus praktischer Sicht ist es, den Wundheilungs- prozess in seinem physiologischen Ablauf zu unterstüt- zen und nicht durch fehlerhafte Manipulation zu gefähr- den. Traditionell wird die Wundheilung in vier Phasen eingeteilt, die sich überschneiden können (3, 2). Diese sind:

exsudative Phase resorptive Phase proliferative Phase regenerative Phase.

Wunden – von der

Physiologie zum Verband

Peter Kujath, Angela Michelsen

ZUSAMMENFASSUNG

Einleitung: Die optimale Versorgung von Wunden wird im- mer noch erforscht. Fundiertere Kenntnisse der physiologi- schen Wundheilung, gezielte Entwicklung von Wundaufla- gen und die Evaluierung der Wunddesinfizienzien führten zur Entwicklung neuer Konzepte der modernen Wundbe- handlung.

Methoden: Selektive Literaturrecherche.

Ergebnisse: Ziel jeder Wundbehandlung ist es, schnell ei- nen definitiven Wundverschluss mit einer kosmetisch ak- zeptablen, belastungsstabilen Narbe zu erreichen. Im Ge- gensatz zur primären Wundheilung wirft die sekundäre Wundheilung chronischer Wunden, besonders bei alten und multimorbiden Patienten, viele Probleme auf.

Neben der Behandlung der Grunderkrankung ist es essen- ziell, die Grundbedingungen der physiologischen Wund- heilung einzuhalten. Jeder Verbandswechsel erfordert die Beurteilung des Status, die sorgfältige Reinigung und stadi- engerechte Versorgung. Viele Lokaltherapeutika gelten als obsolet (Negativliste). Zur Wundabdeckung stehen inakti- ve, interaktive und bioaktive Wundauflagen zur Verfügung.

Umfassende Studien mit hohem Evidenzgrad fehlen allerdings.

Schlussfolgerung: Neue Erkenntnisse in der Molekular- und Zellbiologie haben das Verständnis für die physiologi- sche Wundheilung erweitert und zu einer Verbesserung der Wundheilung geführt. Dadurch konnten strukturierte Kon- zepte (Strategien) für die Wundversorgung und den Ver- bandswechsel erarbeitet werden.

Dtsch Arztebl 2008; 105(13): 239–48 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0239 Schlüsselwörter: Wundheilung, Wundbehandlung, Wundver- band, chronische Wunde

Definition

Eine Wunde ist definiert als Gewebs- durchtrennung von Haut, Schleimhäuten oder Organen.

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

(2)

In neueren englischsprachigen Veröffentlichungen wird unter immunologischen Gesichtspunkten die Wund- heilung nur noch in drei Phasen eingeteilt: Entzündung, Proliferation und Wundmodulation (4). Da sich aus den einzelnen Phasen Konsequenzen für die Wundversorgung ergeben, sollte man die Einteilung in vier Phasen aus Gründen der Praktikabilität vorziehen. Zum Verständnis werden die einzelnen Phasen kurz skizziert, denn der Wundverband muss phasengerecht erfolgen. Jede Wunde mit Aufbrechen des Hautinteguments führt zu einer Blu- tung mit Aktivierung der Gerinnungskaskade.

Exsudative Phase: Es kommt zur Bildung von Fibrin und zum Einstrom von Thrombozyten, die zusammen ein sichtbares Gerinnsel bilden. In der exsudativen Phase se- zernieren die Thrombozyten verschiedene Mediatoren der Wundheilung, sogenannte Wachstumsfaktoren. Diese wiederum aktivieren Makrophagen und Fibroblasten (Grafik 1). Die Steuerung der weiteren biologischen Vor- gänge erfolgt über die bereits freigesetzen Mediatoren (Wachstumsfaktoren) beziehungsweise Zytokine. Diese bewirken einen Einstrom zellulärer Strukturen. Bislang

sind über 30 Zytokine bekannt, die von Makrophagen, Thrombozyten, Fibroblasten, epidermalen Zellen und auch neutrophilen Leukozyten freigesetzt werden.

Resorptive Phase: Die entstehenden Fibrinabbaupro- dukte führen in der resorptiven Phase zu einer Aktivierung der Chemotaxis. Dabei kommt es schon nach 24 bis 48 h zur Einwanderung von Leukozyten und Makropha- gen in die Wunde (Inflammation). Diese zellulären Be- standteile sind in der Lage, avitales Gewebe durch fer- mentative Vorgänge zu autolysieren und abzutragen. Ins- gesamt wird ein hochwirksames System aus Phagozytose, Infektabwehr und Immunsystem aufgebaut (5, 6).

Proliferative Phase: Zwischen dem dritten und sieb- ten Tag erfolgt in der proliferativen Phase eine Einwande- rung von Fibroblasten mit Gefäßproliferation. Kennzeich- nend ist das sich bildende Granulationsgewebe. Vom Wundrand her kommt es zum Vorwachsen von epiderma- len Zellen in die Wunde. Es bildet sich ein sichtbarer zar- ter Saum (Grafik 2).

Auch diese Vorgänge werden durch verschiedene Wachstumsfaktoren (Zytokine) gesteuert. Die Fibroblas- ten bilden eine neue extrazelluläre Matrix. Die gebildeten Kapillaren versorgen das Gewebe mit dem für den Stoff- wechsel notwendigen Sauerstoff. Der Abbau der primären Blutgerinnsel erfolgt durch Faktoren des Fibrinolysesys- tems: u-PA (Urokinase-Plasminogen-Aktivator) und t-PA (Tissue-Plasminogen-Aktivator). Auch die verschiedenen Matrixmetalloproteinasen (MMP) bauen die extrazellu- läre Matrix um (7).

Verständlicherweise können diese biologischen Vor- gänge nur dann kontrolliert ablaufen, wenn aktivierende und inhibierende Reaktionen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Dieser komplexe biologi- sche Umbau des Gewebes aus einwandernden Fibro- blasten und Kapillarsprossen in eine strukturierte extrazel- luläre Matrix erfordert eine behutsame Handhabung beim Verbandswechsel.

Regenerative Phase: Sie kann bis zu einem Jahr an- dauern. Es kommt durch Ausreifung von Kollagen zu ei- ner Zunahme der Reißfestigkeit der Wunde. Insgesamt setzt eine Epithelialisierung und Narbenbildung ein. Auch in dieser Phase treten ständige Umbau- und Umstrukturie- rungsprozesse auf. So wird Typ-III-Kollagen zum Typ-I- Kollagen der reiferen Wunde umgewandelt (8). Die Inter- aktionen zwischen Extrazellulärmatrix und Zellstrukturen der Wunde werden über transmembranöse Zellrezeptoren (Integrine) und durch Zytokine reguliert (6). Neben der vorgestellten pathologischen Ebene der Wundheilung existiert auch die klinische Einteilung. Hier teilt man die

Faktoren der Wundheilung

Mittlerweile sind mehr als 30 Zytokine bekannt, die an der Wundheilung beteiligt sind. Sie regene- rieren sich aus Makrophagen, Thrombozyten, Fibroblasten, epidermalen Zellen und auch neu-

Phasen der Wundheilung

exsudative Phase

resorptive Phase proliferative Phase regenerative Phase

Frühe Phase der Wundheilung (3.Tag). Der Defekt wird durch ein Fibringerinnsel aufgefüllt. Die beteiligten Thrombozyten aktivieren neutrophile Granulozyten. Diese räumen Fremdkörper oder Bakterien ab und stimulieren die Transformation von Monozyten zu Makrophagen. In der frühen Wundheilung kommt den Makrophagen eine entscheidende Rolle zu, sie regen Fibroblasten und Gefäßendothel zur Bildung von Granulationsgewebe an. Alle zellulären Interaktionen werden durch Zytokine (Wachstumsfaktoren) gesteuert (nach 4). VEGF, „ vascular endothelial growth fac- tor“; IGF, „insulin-like growth factor“; TGF, „transforming growth factor“, PDGFAB, „platelet -deri- ved growth factor AB/BB“; KFG, „Kerationocyte growth factor“; FGF, „Fibroblast growth factor“

GRAFIK 1

(3)

Wundheilung ein in die primäre Wundheilung (pp) „sana- tio per primam intentionem“ und die sekundäre Wundhei- lung (ps) „sanatio per secundam intentionem“ (1).

Primäre Wundheilung

Unter primärer Wundheilung versteht man den unkompli- zierten Heilungsvorgang nicht infizierter, gut adaptierter Wunden. Ist der Heilungsvorgang durch lokale Faktoren wie Infektionen, Dehiszenz, Mangeldurchblutung oder systemische Faktoren, beispielsweise Immunschwäche, gestört, liegt eine sekundäre Wundheilung vor.

Jede operative Wunde sollte in den ersten postoperati- ven Tagen möglichst einmal am Tag inspiziert werden.

Häufigste Komplikationen einer primären Wunde sind die Infektion und die Nachblutung. Die Infektion zeigt sich an den klassischen Merkmalen wie „dolor, rubor, calor, tu- mor“. Bei Zeichen der Abszedierung ist eine ausreichende Inzision vorzunehmen, der Eiter zu entlasten und die Wunde lokal zu spülen. Für eine Anästhesie muss gesorgt werden (siehe sekundäre Wundheilung). Hämatome, sei- en es eine blutige Imbibierung oder Koagel, können ab- hängig von der Größe der Wunde bis zu einem Volumen von 50 bis 200 mL toleriert werden. Erst bei größeren Ko- ageln kann die Wundheilung durch Ausräumen des Häma- toms verbessert und beschleunigt werden.

Da eine primär heilende, saubere Wunde sich durch Fibrinvernetzung rasch verschließt, kann schon nach 24 h eine sanfte mechanische Säuberung vorgenommen wer- den. Primär heilende Wunden können nach 24 h geduscht werden, um diese von Wundschorf und Resten des Desin- fektionsmittels von der Operation zu säubern. Die Desin- fektion der Wunde sollte mit einem Wundantiseptikum, wie Octenidin-2-HCL 0,1 %/Phenoxyethanol 2 %, Poly- hexanid 0,04 % oder PVP-Jod-Präparat (Kasten 1). vor- genommen werden. Anschließend kann ein Schutzver- band aufgelegt werden. Die meisten Patienten empfinden es als sehr angenehm, wenn die Wunde mit einem Pfla- sterverband abgedeckt wird (9). Die Entfernung von Klammern oder Wundfäden sollte nach Vorschlag des be- handelnden Chirurgen, auch abhängig von der Durchblu- tung der jeweiligen Körperregion, erfolgen.

Nach einer Schilddrüsenoperation können die Wundfä- den etwa am vierten bis fünften Tag entfernt werden, im Brustbereich nach sieben Tagen und an der unteren Extre- mität etwa nach 10 bis 14 Tagen. Zu berücksichtigen sind Begleiterkrankungen wie ein Diabetes mellitus, eine im- munsuppressive Medikation, eine vermehrte Hautspan- nung bei Defektverschluss oder Ödembildung, die ein län- geres Belassen des Nahtmaterials erforderlich machen.

Wundheilung

Man unterscheidet beim Verlauf der Wundheilung:

primäre Wundheilung (pp) sekundäre Wundheilung (ps)

Komplikationen

Häufigste Komplikationen einer primären Wunde sind die Infektion und die Nachblutung.

Stichworte: „dolor, rubor, calor, tumor“.

Ab dem 3. bis 7. Tag erfolgt eine Einwanderung von Fibroblasten beziehungsweise die Gefäßproli- feration mit Einsprossen von Kapillaren (proliferative Phase). In der reparativen oder regenerati- ven Phase bewirken die Matrixmetalloproteinasen (MMP 1, 2, 3, 13) dann einen Umbau der extra- zellulären Matrix in reißfeste Kollagenstrukturen. Je nach Größe der Wunde setzt eine Epitheali- sierung und Narbenbildung ein. u-pA, Urokinase Plasminogenaktivator; t-PA, tissue Plasmino- genaktivator (nach 4).

KASTEN 1

Empfohlene Antiseptika für alle Wunden*

1

PPoollyyhheexxaanniidd 00,,0044 %%

erfasst alle relevanten Bakterien und Pilze ist nicht sporozid/viruzid

Einwirkzeit 10–15 min relativ gewebsschonend (16)

OOcctteenniiddiinn--22--HHCCLL 00,,11 %%,, PPhheennooxxyyeetthhaannooll 22 %%

erfasst alle relevanten Erreger nach einer Einwirkzeit von 2 min farblos

schmerzfrei PPVVPP--JJooddpprrääppaarraattee

breites Spektrum

unangenehme Verfärbungen Verdünnung nicht zulässig Kontraindikationen: Hyperthyreose

*1 modifiziert nach 15, 16 GRAFIK 2

(4)

Sekundäre Wundheilung

Vorrangiges Prinzip der Wundversorgung bei sekundärer Wundheilung ist es, für die Wunde ein feuchtes, physiolo- gisches Milieu zu gewährleisten. Luft und insbesondere Sauerstoff sind zytotoxisch und führen bei Austrocknung unweigerlich zu flächigen Gewebenekrosen, die beson- ders bei kapillarfreiem (bradytrophem) Gewebe zu irrepa- rablen Schäden führen.

Das zweite wichtige Prinzip ist die Einhaltung der Grundbedingungen einer hygienischen Wundversorgung.

Eine offene Wunde ist immer mit den Erregern der Umge- bung, die potenziell pathogen sein können, kontaminiert.

Ziel weiterer Wundverbände muss es sein, es dem aktuel- len Immunstatus zu ermöglichen, die vorhandenen Bakte- rien abzuwehren, eine weitere Besiedlung von außen zu vermeiden und damit eine Infektion zu verhindern.

Bei schmerzenden Wunden sollte man eine entspre- chende Analgesie in die Planung des Verbandswechsels mit einbeziehen. Je nach Größe und Ausmaß der Wunde wird ein orales Analgetikum empfohlen. Zur Verfügung

stehen nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Metami- zol, Paracetamol oder COX-2-Inhibitoren. Diese sollten etwa 30 bis 60 min vor dem Verbandswechsel verabreicht werden. Eine lokale Analgesie mit einem Salbengemisch aus Lidocain und Prilocain hat sich nach den Erkenntnis- sen einer Metaanalyse von sechs Studien bewährt (10). Zu beachten ist, dass die Einwirkzeit etwa eine Stunde be- trägt. Eine Folie ist nicht erforderlich, wenn gewährleistet ist, dass die Salbe kontrolliert einwirkt.

Möglichst zu Beginn der Wundbehandlung sollte ein mikrobiologischer Abstrich entnommen werden. Dieser sollte auf grampositive und gramnegative Erreger sowie Anaerobier untersucht werden. Bei Risikopatienten (Alter

> 75 Jahre, Diabetes mellitus, reduzierter Immunstatus, längerer Krankenhausaufenthalt) sollte auf methicillin- resistente-Staphylokokkus-aureus-(MRSA-)Stämme ge- testet werden.

Eine offene Wunde bedarf keiner antibiotischen Be- handlung. Bestehen persistierend Fieber, eine Leukozy- tose und ein erhöhtes CRP, so ist eine genaue Inspektion oder Revision der Wunde – gegebenenfalls auch stationär – vorzunehmen, um eine mögliche Infektion abzuklären.

Bei erhöhten Entzündungsparametern, wie Fieber über 38,5 °C sublingual, Leukozytose über 10 000/µL und CRP über dem Vierfachen der Norm, sollte eine systemi- sche Antibiose eingeleitet werden (wenn zwei der Para- meter positiv sind). Die Paul-Ehrlich-Gesellschaft emp- fiehlt bei mittelschweren Infektionen ein Aminopenicillin mit ␤-Lactamaseinhibitor, ein Cephalosporin der Gruppe 1 und 2 oder ein Fluorochinolon der Gruppe 4. Auch bei geschwächtem Immunstatus wie bei Patienten nach Transplantationen oder mit Diabetes mellitus oder Pati- enten unter Chemotherapie muss die Indikation zur Antibiotikatherapie erwogen werden. Gelegentlich findet sich am Wundrand eine Inflammation, die durch Rötung, Schwellung und Schmerzen gekennzeichnet ist. Wenn zusätzlich das Subkutangewebe infiltriert ist, liegt eine Phlegmone vor. Diese Begleitentzündung bedarf der be- sonderen Kontrolle. In der Literatur befürworten die meis- ten Autoren eine Indikation zur antimikrobiellen Chemo- therapie (11).

Der Verbandswechsel bei sekundärer Wundheilung Die Wundreinigung

In den frühen Phasen der Wundheilung – der exsudativen Phase und der resorptiven Phase – finden sich Blut- und Plasmabestandteile, Gerinnsel und Zelldetritus in der Wunde, die vorsichtig aus der Wunde entfernt werden

Sekundäre Wundheilung

In der Wunde ein feuchtes, physiologisches Milieu zu gewährleisten, ist vorrangiges Prinzip der Wundversorgung.

Wundabstrich

Bei sekundären Wunden sollte zu Beginn der Be- handlung ein mikrobiologischer Abstrich entnom- men werden.

KASTEN 2

Planung und Durchführung des Verbandswechsels

BBeeii eexxaakktteerr PPllaannuunngg kkaannnn ddeerr VVeerrbbaannddsswweecchhsseell vvoonn eeiinneerr PPeerrssoonn dduurrcchhggeeffüühhrrtt wweerrddeenn

BBeerreeiittlleeggeenn ddeess MMaatteerriiaallss aauuff eeiinneerr sstteerriilleenn UUnntteerrllaaggee – Einmalhandschuhe

– Gefäß mit Spüllösung (0,9 % Kochsalzlösung eventuell Antiseptikum) – saugfähige Unterlage

– sterile Kompressen – Wundauflage – Wundverband – Abwurf

HHäännddeeddeessiinnffeekkttiioonn:: sstteerriillee HHaannddsscchhuuhhee ooddeerr sstteerriillee PPiinnzzeettttee VVeerrbbaanndd eennttffeerrnneenn uunndd iinn ddeenn AAbbwwuurrff lleeggeenn

– Wunddesinfektion – Wundreinigung

– Wundauflage (entsprechend dem Stadium der Wundheilung) – Hautpflege

– Wundverband entsprechend der Wundheilung EEnnttssoorrgguunngg ddeess AAbbwwuurrffss

HHäännddeeddeessiinnffeekkttiioonn

(5)

sollten. Diese mechanische Wundreinigung ist eine wich- tige Voraussetzung für eine rasche, störungsfreie Wund- heilung und wird als Débridement bezeichnet.

Es ist nachgewiesen, dass Bakterien und Zerfallspro- dukte korpuskulärer Elemente die Wundheilung stören oder hemmen (12). Die einfachste Prozedur zum Säu- bern der Wunde ist es, diese auszuduschen. Nach aktuel- lem Kenntnisstand ist der Einsatz von Trinkwasser bei akuten wie auch bei chronischen Wunden unbedenklich (13, 14).

Die Wunddesinfektion

Seit über 100 Jahren haben die Ärzte Substanzen erprobt, denen sie eine desinfizierende Wirkung auf die Wunde zu- schrieben. Dazu gehören Agenzien auf Farbstoffbasis, wie Gentianaviolett, alkoholische Desinfizienzien und eine große Anzahl eiweißfällender Mittel (H2O2/NaCl 10 %).

Diese führen bei längerem Einsatz jedoch zur Störung der Wundheilung und damit zur Chronifizierung. Eiweißfäl- lende Mittel, Jodoform, Kaliumpermanganat und Borsäu- re gelten heute als obsolet. Aufgrund eines fehlenden Wir- kungsnachweises, hoher Toxizität und großem Allergie- potenzial wurde eine Negativliste von Präparaten erstellt, die nicht mehr eingesetzt werden sollten (15).

Der Effekt der Antiseptika ist gering einzuschät- zen (Evidenzgrad D) (Tabelle 1) (www.wundzentrum.

hamburg). Keinesfalls dürfen die Antiseptika die Wund- heilungsprozesse negativ beeinflussen. Als Wundanti- septikum ohne gravierenden störenden Einfluss auf den Wundheilungsprozess können Octenidin-2-HCL 0,1 %/Phenoxyethanol 2 %, Polyhexanid 0,04 % oder PVP-Jod-Präparat eingesetzt werden (Kasten 1) (15, 16).

Essenziell ist die offene Wundbehandlung, durch die das Milieu für die Erreger grundlegend verändert wird. Die Bakterien können so nur noch schwer kolonisieren und beeinflussen damit den Wundheilungsverlauf nur unwe- sentlich. Für die Wirkung auf die Heilung hat das feuchte Milieu den größten Stellenwert. Es fördert das Zellwachs- tum, die Angiogenese und die Fibrinolyse (2).

Wundabdeckung/Erhaltung des feuchten Milieus

Für eine physiologische Wundheilung ist es unbedingt notwendig, dass ein feuchtes Wundmilieu gewährleistet ist (18, 19) (Abbildung a, b, c, d). Man unterscheidet inak- tive, interaktive und (bio)-aktive Wundauflagen (Trans- plantatmaterialien).

Die inaktiven oder konventionellen Wundauflagen zeichnen sich durch eine hohe Saugfähigkeit aus. Sie be- stehen aus Baumwolle (Mullkompressen), synthetischen

Fasern (Vliese) oder mehreren Materialschichten (Wund- gazen). Zur Erhaltung eines feuchten Milieus werden die- se Kompressen mit physiologischer Kochsalzlösung ge- tränkt und mit einer wasserdichten Folie abgedeckt.

Vorteile sind die Saugkraft (Anwendung ohne An- feuchten indiziert bei stark sezernierenden Wunden) und der niedrige Preis. Nachteilig sind ein mögliches Aus- trocknen der Wunde und das Verkleben mit dem Wund- grund. Frisches Granulationsgewebe wird dann beim Wechsel zerstört, was außerdem für den Patienten sehr schmerzhaft ist (9, 17).

Säubern von Wunden

Mit Trinkwasser wird die Wunde ausgeduscht.

Bei festeren Belägen ist ein Débridement mit feuch- ten Kompressen oder Instrumentarium erforder- lich.

Feuchtes Milieu

Das feuchte Milieu bei offenen Wunden fördert das Zellwachstum, die Angiogenese und die Fibrinolyse.

*1modifiziert nach Sellmer, www.wundzentrum.hamburg.de (15, 16)

TABELLE 1

Negativliste von Präparaten zur Wundbehandlung, die aufgrund fehlender Wirkungsnachweise, Toxizität und hohem Allergiepotenzial nicht mehr eingesetzt werden sollten*1

Stoffgruppe Präparat

Farbstoffe Kristallviolett-Lösung, Pyoktanin-Lösung (Methylrosalinium- chlorid), Brillantgrün-Lösung

Ethacridinlactat

Quecksilberhaltige Mercurochrom, Sublimat, Oxycyanid Lösungen

Rezepturstoffe Alaun, Borsäure, Castellani-Lösung (gefärbt und ungefärbt), 8-Chinolinolsulfat, Chloramin-T, Fuchsin, Harnstoff, Ich- thyol, Jodoform, ethanolhaltige Jod-Lösung DAB, Kalium- permanganat, Lebertran, Metronidazol,

Phenol, Perubalsam, Silbernitrat, Silbersalze, Tannin, Trypaflavin

Pasten ohne Wirkstoff Lebertran-Zinkpaste, weiche Zinkpaste Pasten mit Wirkstoff Nystatin-Paste

Infusionslösungen Glucoselösung diverse % NaCI 10 %

Aminosäurelösung unterschiedlicher Konzentration Veterinärpräparate Melkfett (weiß oder gelb),

Pferdesalbe, Lexersalbe

Lebensmittel/ Honig, Zucker, Salz, Zahnpasta, Quark, rohe Eier, Kohlblät- Bedarfsgegenstände ter, Ochsenblut, Walnussblätter-Brei, Zeitungspapier, See- sand, Heilerde, Knoblauch, Pfeffer, Pulverkaffee, Benzin, Glycerin, Teebaumöl, Lavendelöl

Arzneimittel Antibiotika zur Lokalanwendung

Neomycin, Gentamicin, Penicillin, Tetracycline, Nitrofurazen, Framycetin

Insulin-Ampullen Heparin-Ampullen

(6)

Die Anforderungen an interaktive Wundauflagen sind vielfältig:

Erhaltung des feuchten Milieus einschließlich eines pH-Wertes von 5,5

Absorption toxischer Komponenten von Zerfallspro- dukten der Bakterien

Schutz vor Sekundärinfektion

schonender, schmerzfreier Verbandswechsel und Praktikabilität.

Auf diese Voraussetzungen zielen die interaktiven, hydroaktiven Wundauflagen, die aufgrund spezieller Materialeigenschaften in Interaktion mit der Wunde tre- ten. Sie ermöglichen optimale Bedingungen der Wund- heilung und werden den jeweiligen Phasen angepasst eingesetzt. Außerdem ergeben sich zwei Vorteile für den Patienten: Der Verbandswechsel ist deutlich schmerz- freier, und die Verbände können bei Bedarf mehrere Ta- ge belassen werden.

Zurzeit werden etwa 250 verschiedene Wundauflagen mehrerer Hersteller angeboten (20). Bei der Vielzahl der Produkte ist die Übersicht schwierig (Kasten 3). Im Hin- blick auf Vorteile einzelner Klassen von Wundauflagen wurden in einem Chochrane-Review 42 kontrollierte, ran- domisierte Studien analysiert. In allen Vergleichsstudien konnte kein Nachweis für eine bessere Wundheilung durch Hydrokolloide, Alginate, Schaumverbände und Hy- drogele erbracht werden. Das gleiche Ergebnis konnte auch durch Verbände erreicht werden, die lediglich ein feuchtes Milieu gewährleisten konnten (17).

Zu den (bio)aktiven Wundauflagen zählen die autologe Eigenhaut, lyophilisierte Schweinehaut, autologe Kerati- nozyten, Wundverbände auf Kollagenbasis und der Ein- satz von Wachstumsfaktoren. Diese (bio)aktiven Wund- auflagen sollten speziellen Indikationen bei chronischen Wunden eventuell im Rahmen einer stationären Behand- lung vorbehalten sein (Evidenzgrad C).

Wundauflagen

Man unterscheidet:

inaktive interaktive

(bio)aktive Wundauflagen

Bioaktive Wundauflagen

Hierzu zählen:

autologe Eigenhaut

lyophilisierte Schweinehaut autologe Keratinozyten

Abbildung:Wundheilung: a) Wunde an der Außenseite des Unterschenkels mit ausgedehnten Nekrosen und Fibrinresten bei einer 82 Jahre alten Patientin (links kaudal, rechts kranial). Zustand der Wunde ist Folge einer falschen Behandlung (trockener Wundverband). b) Die Wunde wurde chirurgisch débridiert und feucht verbunden. Es bilden sich vereinzelt Granulationen (proliferative Wundheilungsphase). c) Weiterhin feuchte Verbände, Fortschreiten der Granulation auch über dem Sehnenspiegel (reparative Wundheilungsphase). d) Nach Einfügen einer Se- kundärnaht hat sich eine belastungsstabile Naht gebildet. Der distale Anteil der Wunde könnte besser gepflegt sein.

a b

c d

(7)

Hautpflege beim Verbandswechsel

Eine gesunde Wundumgebung ist für eine komplikati- onslose Wundheilung unentbehrlich. Die Haut muss von allen Sekreten und Verbandsrückständen gereinigt werden. Interdigital und in Hautfalten sollten Kom- pressen ein Trockenhalten der Haut gewährleisten. Bei normaler Haut sind pH5-Gel-Cremes, bei trockener Haut, besonders bei Diabetikern, auch harnstoffhaltige Produkte oder Produkte mit hohen Fettanteilen zu emp- fehlen.

Falls Mazerationen der Haut aufgetreten sind, sollte das Exsudat durch entsprechend aufsaugende Verbände kontrolliert werden. Zeitweise kann eine Abdeckung der Wundumgebung mit Hydrocolloiden hilfreich sein.

Zur Prophylaxe und Therapie von Mazerationen der

Wundränder kann ein reizfreier, luftdurchlässiger und wasserabweisender Hautschutzfilm aufgebracht wer- den. Zinkpaste ist obsolet, weil sie okkludierend wirkt und den Wundrand austrocknet. Die Behandlung der Hyperkeratosen verdient besondere Beachtung, weil sie häufig den Ausgangspunkt für Ulzerationen darstellen.

Neben der Behandlung beim Podologen ist oft die chir- urgische Abtragung der Hyperkeratosen erforderlich.

Hilfreich sind auch harnstoffhaltige (5- bis 10-prozen- tig) und salicylsäurehaltige (2,5- bis 10-prozentig) Sal- ben.

Einsatz der Vakuum-Versiegelung

Bei der Vakuum-Versiegelung wird ein Schaumstoff auf die gesamte Wunde aufgebracht, unter Sog gesetzt und da-

Vakuum-Versiegelung

Die Vakuum-Versiegelung ist bei komplizierten, chirurgisch débridierten Wunden in der proliferati- ven Phase indiziert.

Hautpflege beim Verbandswechsel

Eine gesunde Wundumgebung ist für eine kompli- kationslose Wundheilung unentbehrlich. Die Haut muss von allen Sekreten und Verbandsrückstän- den gereinigt werden.

KASTEN 3

Interaktive Wundauflagen*

HHyyddrrooccoollllooiiddee

– Zelldetritus und Bakterien werden eingeschlossen – guter Schutz in der Phase der Epithelialisierung – bei oberflächlichen Wunden

– nicht bei klinisch infizierten Wunden HHyyddrrooppoollyymmeerr--VVeerrbbäännddee

– Wundsekret aufnehmend, quellend – zur Einlage in Wundhöhlen

– besonders bei empfindlicher Haut, da nicht so stark haftend

– nicht bei infizierten Wunden SScchhaauummvveerrbbäännddee

– vertikale Speicherung des Wundsekretes – nicht bei infizierten Wunden

– zum Abdecken von Hautdefekten IImmpprrääggnniieerrttee GGaazzee

– mit Salben, Fett oder Silikon imprägniert

– durch porige Struktur guter Sekretabfluss in darüber ge- legte Mullkompresse

– verhindert Verkleben mit dem Verband – hält die Wunde etwas feucht

* modifiziert nach (2, 19, 20)

AAllggiinnaattee

– aus Algen (Kalziumalginat kombiniert mit Caroxylme- thylcellulose)

– gute Quelleigenschaften

– schließen Bakterien und Zelldetritus ein – zur Reinigung bei infizierten Wunden

– dürfen keinen Kontakt zur gesunden Haut haben – kein Tränken mit Desinfizienzien (Inaktivierung möglich) – Einsatz in der frühen Wundphase

HHyyddrrooffaasseerrvveerrbbäännddee – aus Cellulose

– saugfähig in vertikaler Richtung – kein Aufweichen der Wundränder

– bildet eine Gelplatte

– ermöglicht schmerzfreien Verbandswechsel – Einsatz in der exsudativen Wundheilungsphase SSiillbbeerrhhaallttiiggee AAuuffllaaggeenn

– bakterizide Wirkung – mit Kohle geruchsbindend – für infizierte Wunden HHyyddrrooggeellee

– klare, sterile Gele mit hydrokolloiden Bestandteilen – erhalten ein feuchtes Wundmilieu

– zum Lösen von Nekrosen und Fibrin

– gut mit einem Hydrofaserverband kombinierbar – relativ schmerzfreier Verbandswechsel

(8)

mit für die Wunde örtlich ein flächenhafter Unterdruck er- zeugt. Hierbei werden drei Prinzipien der Wundbehand- lung vereinigt:

die Wundsäuberung durch kontinuierliche Drainage die Veränderung des Wundmilieus und Verringerung der bakteriellen Besiedlung

die Erhaltung des feuchten Milieus.

Die Vakuum-Versiegelung ist bei chirurgisch débridier- ten Wunden in der proliferativen Phase indiziert. Eine star- ke Sekretion sowie tiefe Wundtaschen können durch die eingelegten Schwämme gut behandelt werden. Damit wird eine für den Patienten und seine Umgebung praktika- ble, hygienische Situation geschaffen. Ob die Abläufe der physiologischen Wundheilung durch die Vakuumtherapie beschleunigt werden, ist nicht bewiesen (21, 22). Die Va- kuumtherapie lässt sich auch ambulant durchführen. Die Installation und Anwendung erfordert vom Therapeuten und Patienten spezifische Kenntnisse, die nach eigenen Erfahrungen derzeit noch nicht überall gegeben sind.

Für eine erfolgreiche Behandlung von Wunden mit Fliegenlarven gibt es viele wissenschaftliche Belege.

Auch die Anwendung von Maden bedarf spezieller Kenntnisse. Der Einsatz sollte besonderen Indikationen bei chronischen Wunden vorbehalten sein (23).

Die chronische Wunde

Wenn die Wundheilungsprozesse länger als vier Wochen andauern und sich keine Heilungstendenzen zeigen, liegt definitionsgemäß eine chronische Wunde vor (2). Spätes- tens zu diesem Zeitpunkt muss die Ursache der Wundhei- lungsstörung abgeklärt werden.

Primär sollte immer eine fehlerhafte Wundbehandlung ausgeschlossen werden. Dann ist eine Differenzialdiagno- se der Wundheilungsstörung vorzunehmen.

Der Wundverschluss

Ziel jeder Wundbehandlung ist es, eine mechanisch be- lastbare und ästhetisch unauffällige Narbe zu erhalten, denn eine belastbare Narbe schützt das Gewebe am besten gegen das Wiederaufbrechen der Wunde. Offene Wunden sind als Dauerzustand inakzeptabel. Je nach Ausmaß und Lokalisation belasten und gefährden sie den Patienten.

Die Bandbreite der Möglichkeiten des Verschlusses reicht von konservativer Ausheilung bis zur Deckung durch freie Hauttransplantate, die vaskulär gestielt eingebracht wer- den. Die Allgemeinchirurgie, die plastisch-chirurgische und die rekonstruktive Chirurgie haben heute einen Stan- dard erreicht, der es ermöglicht, jeden Defekt zu ver- schließen (24) (Kasten 4).

Dokumentation

Die meisten einschlägigen Publikationen zu Wundverbän- den fordern eine Dokumentation der Wunde und der Ver- bandsform. Das mag wohl erstrebenswert sein. Allerdings muss die Objektivierung von Befunden und Standardisie- rung der Verbandsformen im Hinblick auf Vergleichbar- keit in wissenschaftlichen Studien mehr oder minder als gescheitert angesehen werden (25). Als einfache praktika- ble Lösung erscheint die digitale Fotografie, die bei gerin- gem Aufwand die höchste Information bietet.

Schlussfolgerungen

Bei dem hohen Stellenwert des Themas „Wunden“ im ärztlichen Alltag ist es verwunderlich, dass evidenzbasier- te fachübergreifende Leitlinien fehlen. Die Gründe dafür liegen in der extremen Komplexität der Wundverhältnis- se, der problematischen Standardisierung und den aus- ufernden Therapieoptionen.

Der Vorteil der vorgestellten einheitlichen Wundthera- pie besteht darin, dass sie für jegliche Art von Wunden er- folgreich eingesetzt werden kann. Dadurch gelingt es, die komplexe Materie in praktischer Hinsicht zu vereinfa- chen. Für ein Dekubitalulkus, arterielle oder venöse Ulze- ra, postoperative Wundinfektionen und Ulzera beim dia- betischen Fußsyndrom gelten die gleichen physiologi- schen Abläufe der Wundheilung und damit gleiche Thera- pieprinzipien beim Wundverband. Selbstverständlich muss eine verursachende Grunderkrankung, wie eine arte- rielle Verschlusskrankheit, eine venöse Insuffizienz oder ein sakrales Dekubitalulkus, kausal behandelt werden.

Chronische Wunden

Zeigen sich über einen Zeitraum von vier Wochen bei Wunden keine Heilungstendenzen, so wird dieser Zustand als chronische Wunde bezeichnet.

Leitlinien

Zurzeit existieren keine evidenzbasierten fach- übergreifenden Leitlinien zur „Wundversorgung“.

KASTEN 4

Stufenplan zum Wundverschluss in Abhängigkeit von der Größe und dem Ausmaß des Wunddefektes *

1

Sekundäre Epithelialisierung der Wunde Sekundärer Wundverschluss

Netztransplantation (Mesh-Graft) Spalthauttransplantation

Kutane Rotations- und Verschiebelappen Freie mikrovaskuläre Lappenplastik

*1modifiziert nach (24)

(9)

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten:

eingereicht: 17. 7. 2007, revidierte Fassung angenommen: 31. 10. 2007

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Peter Kujath

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck

Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck E-Mail: peter.kujath@chirurgie.uni-luebeck.de

SUMMARY W

Woouunnddss –– FFrroomm PPhhyyssiioollooggyy ttoo WWoouunndd DDrreessssiinngg

Introduction: Optimal wound management remains the subject of active research. Improved knowledge of physiological wound healing, systemic research into wound dressing and the evaluation of chemical disinfection have given rise to new approaches to wound care. Methods: Selective lite- rature review. Results: The primary goals of wound management are rapid wound closure and a functional and aesthetically satisfactory scar. While basic treatment for primary wound healing is often simple, a number of problems can arise in chronic wounds, especially in elderly patients and those with multiple morbidity. It is therefore essential to maintain the basic conditions for physiological wound healing, in particular adequate wound moistness. Each dressing change should entail an evaluation of the wound status, careful cleansing, and treatment tailored to the phase of wound healing. Many therapeutic agents formerly in use are now obsolete. A variety of specific preparations are available for wound covering, including inert, interactive and bioactive substances. There remains a lack of good evidence for these, however. Conclusions: New findings in molecular and cell biology have improved our understanding of physiological wound hea- ling, and approach to wound care and dressing.

Dtsch Arztebl 2008; 105(13): 239–48 DOI: 103238/arztebl.2008.0239 Key words: wound healing, wound care, wound dressing, chronic wounds

Weitere Informationen zu cme

Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit- hilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden. Unter www.aerzteblatt.de/cme muss hierfür in der Rubrik „Meine Daten“ oder bei der Registrierung die EFN in das entsprechende Feld eingegeben werden.

Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.

W

Wiicchhttiiggeerr HHiinnwweeiiss

Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich:www.aerzteblatt.de/cme

Einsendeschluss ist der 9. Mai 2008.

Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 21/2008 an dieser Stelle veröffentlicht.

Die cme-Einheit „Basiswissen refraktive Chirurgie“ (Heft 9/2007) kann noch bis zum 11. April 2008 bearbeitet werden.

Für Heft 17/2008 ist das Thema „Epilepsie im Kindes- und Jugendalter“

vorgesehen.

Lösungen zur cme-Einheit in Heft 5/2008:

Bieker E, Sauerbruch T: Effiziente Therapie und Diagnostik der oberen gastroin- testinalen Blutung: 1/c, 2/a, 3/a, 4/c, 5/a, 6/a, 7/b, 8/a, 9/d, 10/b

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de Kasuistik unter:

www.aerzteblatt.de/cme/0804

@

(10)

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort

Frage Nr. 6:

Was ist das Wichtigste bei der Behandlung sekundä- rer Wunden?

a) der Einsatz von desinfizierenden Farbstoffen b) der Einsatz von silberhaltigen Wundauflagen c) die Erhaltung des feuchten Milieus

d) die Verwendung konventioneller Wundauflagen e) die Gabe von Wachstumsfaktoren

Frage Nr. 7:

Welche wissenschaflichen Erkenntnisse liegen zur Qualität verschiedener Wundauflagen vor?

a) Eine randomisierte Studie ergab, dass Alginate zu bevor- zugen sind.

b) Hydrogele, so eine Metaanalyse, erzielen schnellere Wund- verschlüsse.

c) Eine Verlaufsbeobachtung zeigte, dass der Einsatz von Hy- drocolloiden zu belastbareren Narben führt.

d) Schaumverbände sind, laut einer selektiven Literaturre- cherche, zu bevorzugen.

e) Eine Cochrane-Analyse ergab keine Vorteile für ein be- stimmtes Präparat.

Frage Nr. 8:

Welches Wundantiseptikum ist relativ gewebsscho- nend und kann zur Wunddesinfektion eingesetzt wer- den?

a) Borsäure b) Ethacridinlactat c) Kaliumpermanganat d) Polyhexanid e) H2O2 Frage Nr. 9:

Was passiert bei der Vakuumversiegelung von Wunden?

a) Die Wundsäuberung erfolgt durch periodische Drainage.

b) Die vollständige Desinfektion der Wunde wird damit ge- währleistet.

c) Es werden die Bedingungen der feuchten Wundbehandlung erfüllt.

d) Bei der Vakuumversiegelung überleben vorher speziell ein- gebrachte Fliegenlarven, die den Heilungsprozess fördern.

e) Der Ablauf der physiologischen Wundheilung wird be- schleunigt.

Frage Nr. 10:

Was ist der beste Schutz gegen ein Wiederaufbrechen von Wunden?

a) eine belastbare Narbe b) Wundauflagen Frage Nr. 1:

Wie ist eine einfache Wunde definiert?

a) als eine Gewebsdurchtrennung der Haut b) als ein Ulcus cruris venosum

c) als ein Malum perforans beim diabetischen Fußsyndrom d) als eine Bissverletzung

e) als eine Stichverletzung durch eine Injektionskanüle

Frage Nr. 2:

Was geschieht während der resorptiven Wund- heilungsphase?

a) Es bildet sich ein Gerinnsel aus Fibrin, Thrombozyten und verschiedenen Zytokinen.

b) Die Matrixmetalloproteinasen (MMP) führen zum Umbau der extrazellulären Matrix.

c) Die Chemotaxis wird aktiviert und Leukozyten und Makro- phagen wandern in die Wunde ein.

d) Kapillarsprossen versorgen von diesem Zeitpunkt an die Wunde mit Sauerstoff.

e) Die Narbenbildung, die durch die Ausreifung von Kollagen charakterisiert ist, beginnt.

Frage Nr. 3:

Eine Patientin kommt mit einer primärheilenden Wun- de (pp) in die Praxis. Von welchem Zeitpunkt an kann die Wunde gesäubert werden?

a) unmittelbar postoperativ b) postoperativ nach 24 h c) postoperativ nach 48 h d) vor dem Ziehen der Wundfäden e) nach dem Ziehen der Wundfäden

Frage Nr. 4:

Wie ist der aktuelle Kenntnisstand zum Einsatz von Trinkwasser zur Wundsäuberung?

a) Die Verwendung ist bei chronischen Wunden nicht mehr gebräuchlich.

b) Die Versorgung der Wunde mit Trinkwasser ist nach den Leitlinien obsolet.

c) Die Reinigung einer Wunde mit Trinkwasser ist unbedenk- lich.

d) Der Einsatz sollte unter klinischen Bedingungen erfolgen.

e) Die Wundreinigung mit Trinkwasser ist im ambulanten Be- reich unverantwortbar.

Frage Nr. 5:

Wann ist eine antibiotische Behandlung von Wunden indiziert?

a) bei primärheilenden Wunden

b) bei reizlosen Wunden und leichter Leukozytose

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