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Archiv "Peer Review: Fortschreiten in einem lernenden System" (19.04.2013)

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A 760 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 16

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19. April 2013

PEER REVIEW

Fortschreiten in einem lernenden System

Drei Jahre Erfahrungen mit dem Peer-Review-Verfahren der Initiative Qualitätsmedizin – auf Grundlage der Ergebnisse in der Versorgung von Hirn- und Herzinfarkt sowie Herzinsuffizienz

Maria Eberlein-Gonska, Oda Rink

D

ie Erkenntnis, dass Qualität zu einem Wettbewerbsfaktor im Gesundheitswesen geworden ist, hat sich in den letzten Jahren verfes- tigt. Zahlreiche Krankenhäuser stell- ten sich den Anforderungen einer Zertifizierung und haben hierfür viel Arbeit, auch Geld, in die Beschrei- bung und Dokumentation von Ar- beitsabläufen investiert. Häufig blieb dann die weitere Entwicklung in Richtung Ergebnisqualität und Pa- tientenorientierung auf der Strecke.

In der Folge haben viele Kranken- häuser nach einem zielorientierten und möglichst wenig aufwendigen, effizienten System gesucht, mit dem medizinische Qualität gemessen, transparent gemacht und überprüft werden kann. Genau in diesem Kon- text wurde 2008 die Initiative Quali- tätsmedizin (IQM) gegründet. Diese Gründung hat dazu beigetragen, ein System in die breite Öffentlichkeit zu tragen, das mit wenig zusätzli- chem Dokumentationsaufwand sehr transparent und relativ manipulati- onssicher Ergebnisqualität analysiert und Ärzte als Qualitätsverantwortli- che in den Mittelpunkt stellt. Inzwi- schen sind 230 Kliniken in Deutsch- land, Österreich und der Schweiz Mitglied bei IQM.

Mit der Gründung von IQM musste eine Struktur etabliert wer- den, die folgenden drei Grundsät- zen entspricht:

Messung mit Routinedaten

Transparenz durch Veröffent- lichung

aktives Qualitätsmanagement durch Peer-Review-Verfahren.

Daher wurden drei Fachausschüs- se etabliert, die jeweils einem Grund-

satz verpflichtet sind und die Weiter- entwicklung garantieren. Der Fach- ausschuss Peer Review ist zuständig für die Auswahl und Durchführung der Peer-Review-Verfahren sowie die Ausbildung der Peers, inzwischen nach dem Curriculum der Bundesärz- tekammer. Jedes IQM-Mitglied ent- sendet Vertreter in die Fachausschüs- se und hat damit direkten Einfluss auf Entscheidungen und die Weiterent- wicklung des Systems. Viele haben sich seither in dieser Arbeit intensiv engagiert und mit Vorschlägen und konstruktiver Kritik zu einer ständi- gen Optimierung beigetragen. Die

jährliche Planung und Durchfüh- rung der Peer-Review-Verfahren und die Diskussion der Ergebnisse wurden nach eingehenden Vorbe- reitungen 2010 begonnen. Bereits in dieser frühen Entwicklungsphase waren die Bundesärztekammer und die Ärztekammer Berlin eingebun- den und unterstützend tätig – IQM hat davon erheblich profitiert.

Mit Berücksichtigung der vier Pilotprojekte 2009 wurden inzwi- schen 136 Peer-Review-Verfahren erfolgreich bis 2012 durchgeführt.

In der Anfangsphase stand das Be- mühen im Vordergrund, das Verfah- ren sicher beziehungsweise stabil zu etablieren und den Mitgliedern den praktischen Nutzen spürbar zu vermitteln. Besonders wichtig wa- ren dabei Erfahrungsberichte von Ärzten, die ein Peer-Review-Ver- fahren in ihrer Klinik erlebt hatten.

Die konstruktive interdisziplinäre Diskussion der Fälle als Kernstück des Verfahrens in einer kollegia- len Atmosphäre mit gegenseitigem Respekt wurde ausgesprochen posi- tiv bewertet und führte zu aktiver Bearbeitung der Lösungsvorschlä- ge in den Kliniken. Die Aktivitäten der Jahre 2011 und 2012 zielten ins- besondere auf die Weiterentwicklung des Verfahrens ab, zum Beispiel mit der Erarbeitung und Veröffent - lichung des Curriculums „Ärztli- ches Peer Review“ durch die Bun- desärztekammer, und dessen Kon- solidierung. Es galt (und gilt immer noch), das Vertrauen der Beteiligten in diese Methode ärztlicher Quali- tätssicherung zu stärken, bei der es um die Bewertung medizinischer Behandlungsqualität mit Ableitung entsprechender Verbesserungsmaß- nahmen geht. Anhand von drei Bei- spielen soll dieses Bemühen veran- schaulicht werden.

Hirninfarkt

Zur Versorgungsqualität bei Hirnin- farkt wurden im Zeitraum 2010 bis 2012 insgesamt 26 Peer-Review- Verfahren durchgeführt, damit 377 Patientenverläufe retrospektiv ana- lysiert und auf Optimierungspoten- ziale untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefasst:

Folgende Empfehlungen wurden aus diesen Ergebnissen abgeleitet

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentralbe- reich Qualitäts- und Medizinisches Risiko - management: Priv.- Doz. Dr. med. habil.

Eberlein-Gonska IQM- Initiative Qualitäts medizin e.V., Fach ausschuss Peer Review: Dr. med. Rink

TABELLE 1

Peer Review – Hirninfarkt in/von Kliniken 11/26 10/26

10/26

6/26

5/26

5/26

4/26 3/26

Optimierungspotenzial

bildgebende Diagnostik nicht adäquat und zeitnah erfolgt und nicht über 24 Stunden verfügbar (CT, MRT, Doppler) Arbeitshypothesen und Konsequenzen (zum Beispiel Fibrinolyse) nicht nach - vollziehbar oder nicht hinterfragt mikrobielle Diagnostik/Antibiotikathera- pie/Sepsis nicht zeitnah und adäquat durchgeführt

Schnittstellenprobleme bei Notaufnah- me/Diagnostik/Stroke Unit oder Inter - mediate Care

interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen, insbeson- dere auch rechtzeitige Einbeziehung des Neurologen (eingeschlossen Pflege, Lo- gopädie etc.)

Intensivtherapie (Infusionstherapie, Er- nährung, Beatmungsstrategie, Antikoagu- lation)

Dysphagiediagnostik nicht ausreichend konsequente Therapiebegrenzung, Nachweis von Patientenverfügungen

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19. April 2013 und allen IQM-Häusern zur inter-

nen Überprüfung ihres Behand- lungsregimes beim Hirninfarkt vor- geschlagen:

Überprüfung der leitlinienori- entierten und zeitgerechten Dia - gnostik, Differenzialdiagnostik und Therapie, insbesondere Indikation zur Fibrinolyse

konsequente und rechtzeitige Einbeziehung des Neurologen in das Behandlungsregime

Überprüfung der mikrobiolo- gioschen Diagnostik und Antibioti- katherapie (Standards)

Überprüfung der Prozesse und Schnittstellen von der Not- aufnahme über rechtzeitige und 24 Stunden zur Verfügung stehen- de bildgebende Diagnostik bis hin zur Stroke Unit/IMC

Überprüfung der Intensiv - therapie und Dysphagiediagnostik unter Einbeziehung der entspre- chenden Fachexperten, wie etwa Schlucktherapeuten.

Herzinfarkt

Zur Versorgungsqualität bei Herz- infarkt wurden von 2010 bis 2012 in 14 Kliniken Peer-Review-Verfah- ren durchgeführt, und damit insge- samt 275 Fälle retrospektiv analy- siert und auf Optimierungspoten- ziale untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Daraus konnten Empfehlungen für alle IQM-Kliniken abgeleitet werden:

Überprüfung der an Leitlinien orientierten Diagnostik, Differen - zialdiagnostik und Therapie unter Einbeziehung der verschiedenen Fachdisziplinen

Überprüfung der ausreichen- den Bedside-Diagnostik auf In- tensivstationen und in der Notauf- nahme

Überprüfung der weiteren therapeutischen Maßnahmen hin- sichtlich der rechtzeitigen Entschei- dung bei Änderung des klinischen Verlaufs

Überprüfung der mikrobiolo- gischen Diagnostik und Antibioti- katherapie (Standards)

Überprüfung des Schockma- nagements

konsequente Patientenbehand- lung bei Entscheidung zur Thera- piebegrenzung.

Herzinsuffizienz

Zur Versorgungsqualität bei Herz- insuffizienz wurden von 2010 bis 2012 in 13 Kliniken Peer-Review- Verfahren durchgeführt. Es wurden insgesamt 244 Fälle retrospektiv analysiert und auf Optimierungspo- tenziale untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengefasst.

Die Empfehlungen daraus für alle IQM-Kliniken lauten:

Überprüfung der an Leitlinien orientierten Diagnostik, Differen - zialdiagnostik und Therapie unter Einbeziehung der kardiologischen Fachdisziplin

Überprüfung der Kodierung, Vermeidung von Fehldiagnosen durch konsequente Differenzialdia - gnostik

Überprüfung der Schnittstel- len Notaufnahme, IMC und Inten- sivtherapie mit interdisziplinärer Abstimmung der Standards

Überprüfung der mikrobiolo- gischen Diagnostik und Antibioti- katherapie

Überprüfung der weiteren the- rapeutischen Maßnahmen hinsicht- lich der rechtzeitigen Entscheidung bei Änderung des klinischen Ver- laufs

Überprüfung des Schockma- nagements

konsequente Patientenbehand- lung bei Entscheidung zur Thera- piebegrenzung

Überprüfung des Volumen-/

Diurese-Managements.

Dokumentation

In nur 35 Prozent aller seit 2009 durchgeführten Review-Verfahren war die Dokumentation einigerma- ßen zufriedenstellend. Dabei set- zen sich viele Abteilungen mit die- sem Thema auseinander, und zum Teil wird sogar ausgesprochen viel dokumentiert, zu viel möglicher- weise. Die Positionen zu diesem von vielen Ärzten als „leidig“

beklagten Thema sind sehr unter- schiedlich und werden entspre- chend kontrovers diskutiert. Of- fensichtlich existieren bisher we- nig strukturierte und verlässliche Qualitätsanforderungen zur Doku- mentation. Somit fehlen auch ent- sprechende Schulungen von Ärz- ten, Pflegepersonal und weiteren Berufsgruppen.

Stellt man die Frage, wessen Aufgabe die verlässliche Doku- mentation und Aktenführung ist, kommt man einerseits auf die Pfle- ge (Führen des Kurvenblattes mit Eintrag der Medikamente) und an- dererseits auf den Stationsassisten- ten, der gerade die Stationsarbeit erlernen soll. Die Einarbeitung im Sinne einer nachvollziehbaren me- TABELLE 2

Peer Review – Herzinfarkt in/von Kliniken 12/14

7/14 7/14

7/14 4/14

3/14

Optimierungspotenzial

Diagnostik/Differenzialdiagnostik nicht ausreichend (insbesondere bezüglich Echokardiographie und hämodynamischer Störungen)

Antibiotikatherapie nicht immer ange- messen (insbesondere bei Sepsis) unzureichendes Schockmanagement (z. B. septischer Schock: Volumenmanage- ment, hämodynamisches Monitoring) Therapie zeitverzögert bei Änderung des klinischen Bildes

interdisziplinäre Abstimmung (Informati- onsverluste, zeitnahe Einbeziehung an- derer Fachabteilungen)

inkonsequente Therapiebegrenzung, Maximaltherapie trotz Patientenverfügung

TABELLE 3

Peer Review – Herzinsuffizienz in/von Kliniken

11/13

8/13 6/13

5/13 5/13 4/13

3/13 3/13

Optimierungspotenzial

Differenzialdiagnostik und Differenzial - therapie nicht ausreichend (insbesondere bei Rechtsherzinsuffizienz-/pulmonaler Hypertonie-Echokardiographie, PICCO, Schnittbilddiagnostik)

Fehlkodierung (Hauptdiagnose) oder Fehldiagnose

interdisziplinäre Abstimmung (Informati- onsverluste, zeitnahe Einbeziehung, Not- aufnahme )

Antibiotikatherapie nicht immer ange- messen (insbesondere bei Sepsis) Therapie zeitverzögert bei Änderung des klinischen Bildes (IMC, ITS)

unzureichendes Schockmanagement (z. B. septischer Schock: Volumenmanage- ment, hämodynamisches Monitoring) inkonsequente Therapiebegrenzung, Maximaltherapie trotz Patientenverfügung Volumen-/Diurese-Management unzureichend

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19. April 2013 dizinischen Dokumentation, aus

der sich der Behandlungsprozess schlüssig ableiten lässt, wird aus Zeitgründen häufig vernachlässigt.

Fach- und Oberärzte sind entweder vollständig im OP-Betrieb inte- griert oder führen aufwendige apparative Untersuchungen durch.

Es scheint so, als würde mit dem beruflichen Aufstieg in der Hierar- chie immer weniger dokumentiert – weil wichtigere, auch zahlreiche organisatorische Aufgaben zu erle- digen sind. Der Stationsassistent steht dann nach der Visite vor den Patientenkurven und ist auch ange- sichts von Äußerungen wie „wir warten ab“, „morgen keine OP, da ist ein Notfallpatient dazwischen- gekommen“, „eigentlich muss der Patient auf die Intensivstation, aber da ist kein Platz“ schlichtweg überfordert. Die Frage ist also:

Fehlt es tatsächlich an der Zeit oder eher an der Struktur der Ent- scheidungen mit beispielsweise klar definierten Therapiezielen?

Insbesondere geht es auch um die Ausbildung und Anleitung der - jenigen, die das Dokumentieren

„einfach so können müssen“, ohne dies jemals strukturiert mit ein- deutigen Qualitätsanforderungen erlernt zu haben. Dokumentation wird nirgendwo gelehrt und ist doch immanenter Bestandteil des ärztlichen Berufs.

Eine schlecht geführte Patienten- akte birgt heute eine weitere Ge- fahr: Durch veränderte Arbeitszei- ten und häufige Wechsel aufgrund von Schicht- diensten fehlt nicht selten eine durchgehende Zustän- digkeit im Stationsdienst.

Das bedeutet im Umkehr- schluss, dass jeder, der in eine Akte schaut, in kurzer Zeit eine klare Vorstellung von Entscheidungen und Therapiezielen haben muss.

Auch ist es wichtig zu wis- sen, wer was entschieden hat. Ist die Akte unvollstän- dig, können letztlich keine inhaltlich logischen Entscheidun- gen getroffen werden, die zudem dem Patienten und seinen Ange - hörigen zu erklären sind. Zeitver - zögerung, Unsicherheit, Unmut und

Warten auf beiden Seiten sind die Konsequenzen und damit verbun- den eine vermeidbare Ressourcen- verschwendung.

Eine gut geführte Patientenakte bildet eine strukturierte, an Leit - linien orientierte Behandlung ab.

Daher ist die Dokumentation des Behandlungsprozesses beziehungs- weise die Verantwortung für eine vernünftig organisierte Strategie und Kontrolle derselben eindeutig als Chefsache anzusehen und ein wichtiges Führungsthema.

Optimierungspotenziale Die Bewertung der Versorgungsqua- lität bei Hirninfarkt, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz lässt übergreifende Optimierungspotenziale in folgenden Bereichen erkennen:

leitlinienorientierte und zeit- gerechte Diagnostik, Differenzial- diagnostik und Therapie

rechtzeitiges Entscheiden über weitere therapeutische Maßnahmen bei Änderung des klinischen Ver- laufs

Schnittstellen von Notaufnah- me, Intermediate Care und Inten-

sivtherapie mit interdisziplinärer Abstimmung der Standards

mikrobiologische Diagnostik und Antibiotikatherapie (Standards)

konsequente Patientenbehand- lung bei Entscheidung zur Thera- piebegrenzung.

Neben diesen inhaltlichen The- men fiel bei allen Tracern eine un- zureichende oder fehlende Syste- matik bei der Aktensortierung auf.

Darüber hinaus waren die ärztliche Dokumentation der Behandlungs- verläufe und die ärztliche Ent- scheidungsfindung häufig nicht nachvollziehbar oder unvollstän- dig. Insbesondere fehlten die Ar- beitshypothesen und Therapiezie- le. Darüber hinaus bestand oftmals eine Schnittstellenproblematik mit der Notaufnahme oder den an- schließenden Versorgungsbereichen.

Vor allem bei der Herzinsuffizienz ließ sich häufig in den Akten nicht nachvollziehen, ob es sich um Fehlkodierungen oder auch um Fehldiagnosen gehandelt hatte. Es drängt sich daher der Eindruck auf, dass nicht selten die Herzinsuffi- zienz als eine „Verlegenheitsdia -

Die zweite Auflage des von der Bundesärztekam- mer (BÄK) entwickelten und herausgegebenen Curriculums „Ärztliches Peer Review“ ist erschie- nen. Das Curriculum beschreibt die Methodik von Peer-Review-Verfahren und die Qualifizierung

von Peers. „Wer tatsäch- lich konkrete Qualitätsver- besserung der Patienten- versorgung will, muss Ärz- tinnen und Ärzte im Ver- sorgungsalltag erreichen.

Dies ist mit dem ärztlichen Peer Review gewährleis- tet“, sagte dazu Dr. med.

Günther Jonitz, Vorsitzen- der der Qualitätssicherungs- gremien der Bundesärzte- kammer und Präsident der Ärztekammer Berlin. Die entscheidende Vorausset- zung für das Gelingen des kollegialen Dialogs sei eine vertrauensvolle Atmosphäre ohne Schuldzu- weisungen. Es gehe nicht um Kontrolle, sondern um Kommunikation und Kooperation. „Das Ge-

spräch mit Fachkollegen nach konkreten Verfah- rensregeln ist der Goldstandard für die kontinu- ierliche Verbesserung der Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung“, betonte Jonitz.

Bislang sind etwa 300 Peers nach dem Curri- culum der BÄK durch die Landesärztekammern geschult worden. Peers sind die Ärztinnen und Ärzte, die beim Peer Review ihre Kolleginnen und Kollegen vor Ort aufsuchen. Die Nachfrage nach den Qualifizierungsseminaren ist hoch. „Die schnelle Verbreitung und die hohe Akzeptanz von Peer-Review-Verfahren in der Ärzteschaft sind vor allem auf den lösungsorientierten Ansatz und das unmittelbare Feedback vor Ort zurückzuführen“, erklärte Jonitz. Während andere Qualitätssiche- rungsverfahren oft als bürokratisch, zeitintensiv und von geringem Nutzen für die tägliche Praxis wahrgenommen würden, liege der Schwerpunkt von Peer Review auf dem kollegialen Dialog.

Eine Druckfassung des Curriculums ist bei der

Bundesärztekammer erhältlich. TG

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Das Curriculum ist abrufbar unter:

www.aerzteblatt.de/13760

CURRICULUM „ÄRZTLI CHES PEER REVIEW“

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19. April 2013 gnose“ verwendet und entspre-

chend inkonsequent diagnostiziert und behandelt wird.

Diese wichtigen übergreifenden Ergebnisse können von allen IQM- Krankenhäusern genutzt und in bestehende Strukturen – wie zum Beispiel Morbiditäts- und Mortali- tätskonferenzen als bewährtes und altbekanntes Instrument ärztlicher Qualitätssicherung – integriert wer- den. Insofern lag und liegt es nahe, auch hinsichtlich der Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen einen strukturierten Leitfaden für alle IQM-Krankenhäuser zu empfehlen.

Derzeit geschieht dies im Rahmen einer Pilotphase mit dem Ziel, ei- nen entsprechenden Standard für al- le beteiligten Krankenhäuser umzu- setzen und transparent zu machen.

Steter Verbesserungsprozess Als lernendes System muss sich das Peer-Review-Verfahren der IQM weiterentwickeln und einer Über- prüfung stellen. Es werden auch weiterhin organisatorische Anpas- sungen notwendig sein, und die Er- fahrung der Peers muss wachsen.

Teamleiter brauchen mehr Unter- stützung. Aber auch grundsätzliche Fragen sind noch nicht abschlie- ßend geklärt. Welchen Anteil hat das Peer-Review-Verfahren konkret an Qualitätsverbesserungen? Wie kann die diesbezügliche Nachhal- tigkeit befördert werden? Wie sind andere Berufsgruppen, wie etwa die Pflege, in das Verfahren zu integrie- ren? Wie kann das Thema „Über- prüfung von Indikationsstellungen“

noch besser in das Verfahren inte- griert werden? Wird sich das Peer- Review-Verfahren der Initiative Qualitätsmedizin weiterhin festigen und die heute teilnehmenden Kran- kenhäuser auch langfristig zur Mit- wirkung bewegen können? Diesen Fragen wird sich IQM stellen und gemeinsam mit allen Mitgliedern an Lösungen arbeiten.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2013; 110(16): A 760−6

Anschrift für die Verfasserinnen PD Dr. med. habil. Maria Eberlein-Gonska Zentralbereich Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden maria.eberlein-gonska@uniklinikum-dresden.de

A

us der Ferne betrachtet er- scheint Nordkorea oft wie ein Überbleibsel aus einer Zeit, als die Welt noch streng in Ost und West getrennt war. Objektive Berichte über den Alltag der Menschen in dem isolierten Land dringen kaum nach außen. Verschiedene interna- tionale Hilfsorganisationen sind in Nordkorea tätig, jedoch immer in einem staatlich streng reglementier- ten Rahmen. Aufgrund der geolo - gischen Gegebenheiten mit wenig landwirtschaftlich nutzbarer Fläche sind insbesondere Lebensmittel- engpässe und Hungersnöte immer wieder ein großes Problem. Über die aktuelle Situation des Gesund- heitssystems ist wenig bekannt, als das kleine Cap-Anamur-Team, be- stehend aus einem erfahrenen Lo- gistiker und mir als Internistin, im August 2012 nach Nordkorea reist.

Die Hilfsorganisation mit Sitz in Köln leistet dort schon seit mehr als zehn Jahren humanitäre Hilfe und hat nach mehrjähriger Pause im Jahr 2011 wieder mit Hilfsmittel -

lieferungen begonnen. Die Haupt- aufgabe des Teams ist es, drei große Schiffscontainer voll mit medizini- schen Geräten, Verbrauchsmaterial, Medikamenten und Babynahrung an zwei Krankenhäuser in Haeju zu verteilen, einer Stadt mit etwa 170 000 Einwohnern im Südwesten des Landes.

Am Flughafen von Pjöngjang werden wir von unserem koreani- schen Begleiter in nahezu perfek- tem Deutsch begrüßt. Er wird uns während des gesamten Aufenthalts begleiten, anders ist es nicht gestat- tet. Pjöngjang ist ganz im sozialisti- schen Stil gebaut mit breiten Stra- ßen und monotonen Wohnblocks, die teilweise schon etwas bröckeln.

Der Verkehr ist lebhafter als erwar- tet, auch einige neuere deutsche Autos sind auf den Straßen zu se- hen. Die Koreaner, die oft zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs sind, scheinen sich an den Verkehr aber noch nicht gewöhnt zu haben;

der Taxifahrer muss ständig hupen, um Kollisionen zu vermeiden. Die FÜR CAP ANAMUR IN NORDKOREA

Hilfe in einem isolierten Land

Das staatliche Gesundheitssystem in Nordkorea ist zwar personell gut besetzt, doch es fehlt an Geld und technischer Ausstattung.

Die Internistin Annette Hildebrand hat zwei Monate dort gearbeitet.

Zu zweit in einem Bett: Im Kinderkranken- haus von Haeju mangelt es zwar nicht an moti- vierten Ärzten,

aber an Aus- stattung und medizinischem Gerät.

Foto: Cap Anamur Archiv

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Referenzen

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