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Archiv "Wunden – von der Physiologie zum Verband: Schlusswort" (04.08.2008)

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558 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 31–32⏐⏐4. August 2008

M E D I Z I N

Schlusswort

Die vielen Zuschriften zum Artikel bringen drei Pro- bleme zur Diskussion, die kurz erläutert werden soll- ten.

1. Menschen haben seit Urzeiten offene Wunden mit Substanzen behandelt, denen sie eine keimtöten- de, desinfizierende Wirkung zubilligten. Die Wir- kungsweise dieser Agenzien beruht zum überwiegen- den Teil auf einer Eiweißfällung und damit einer Zer- störung beziehungsweise Kolliquation der Bakterien oder Pilze. Nach den derzeitigen Kenntnissen wird die Wundheilung durch körpereigene Eiweißkörper ge- steuert, die durch aggressive Substanzen wie Gentia- naviolett, 10-%ige Kochsalzlösung oder Wasserstoff- peroxyd in ihrer physiologischen Wirkungsweise be- hindert werden. Deshalb sollten diese toxischen Sub- stanzen nicht eingesetzt werden. Niemand würde sich Gentianaviolett, Silbernitrat oder eine Jodtinktur ins Auge applizieren, da diese Substanzen auf dem feinen Endothel der Hornhaut gleiche Verletzungen hervor- rufen würden wie in einer Wunde.

Der Einsatz von Silberpräparaten wird mancherorts befürwortet, da dem Silber ein sogenannter oligody- namischer Effekt zuzuschreiben ist. Beim Silber ist ein bakterizider Effekt in vitro nachgewiesen (1). Es ist nicht belegt, dass Silberpräparate die Wundheilung fördern. Vielmehr kommt es zu einem denaturieren- den Effekt, der die entscheidenden Enzyme deakti- viert. Bei Einhalten der aufgezeigten Prinzipien, ins- besondere der Beachtung des feuchten Milieus, heilen Wunden auch ohne den Einsatz der meist kosteninten- siven Silberpräparate gut, wenn nicht besser.

2. Der Einsatz von Trinkwasser zur Spülung von Wunden ist unbedenklich. Nach eingehender Recher- che ist Trinkwasser vom Leitungswasser abzugren- zen. Leitungswasser ist ein Sammelbegriff für in Was- serleitungen (Rohrleitungen) zugeführtes Wasser. Da- zu gehören auch Nutz- und Brauchwasser, die keine Lebensmittelqualität haben. In Deutschland besitzt das Wasser aus der Wasserleitung einen so hohen Grad an Reinheit, dass es Trinkwasserqualität hat. Der Ein- satz von Trinkwasser in einer Wunde, beispielsweise über eine Dusche, führt zu einer Verdünnung von Bak- terien und toxischen Substanzen. Für die theoretische Überlegung, dass in Duschköpfen und Wasserhähnen eventuell eine Verschmutzung mit Pseudomonas aeru- ginosa oder Legionellen vorliegt, gibt es keine klini- schen Hinweise auf eine Relevanz für eine Besiedlung von Wunden. Die eigenen Erfahrungen belegen, dass der Gebrauch von Trinkwasser bei offenen Wunden in mehr als 30 Jahren mit tausendfachem Einsatz zu kei- ner Superinfektion geführt hat. Wie in unserem Bei- trag erläutert, sind offene Wunden nie steril, sondern von Bakterien besiedelt. Diese sind jedoch bei den of- fenen Verhältnissen in dem veränderten Milieu nicht in der Lage, eine Infektion zu verursachen.

In der Literatur findet man vier Arbeiten, die sich mit der genannten Problematik befassen (2, 3, 4, 5).

Eine Analyse dieser Arbeiten kam zu folgendem Er- gebnis: Es gibt zur Zeit keinen Beweis für die Hypo-

these, dass die Verwendung von Trinkwasser zu einer Erhöhung des Risikos für Wundinfektionen bezie- hungsweise zu einer Beeinträchtigung der Wundhei- lung führt. Aus dem Tierreich ist bekannt, dass frei le- bende Tiere ihre Wunden auslecken und damit eine Reinigung der Wunden bewirken. Dennoch kommt es bei der Besiedlung der Wunden zu keiner Wundhei- lungsstörung.

3. Die Empfehlung zur Verwendung steriler Hand- schuhe wurde zu Recht moniert und setzt den Stan- dard für die Anforderung an den Verbandswechsel zu hoch an. Die Autoren danken für den Hinweis, da im eigenen Klinikum die Wunden problemlos mit Ein- malhandschuhen verbunden und gepflegt werden. Nur bei Wunden besonders immunsupprimierter, z. B. neu- tropenischer Patienten, verwenden wir sterile Hand- schuhe. DOI: 10.3238/arztebl.2008.0558

LITERATUR

1. P. Rudolph, H.-P. Werner, A. Kramer: Hygiene Medizin 25. Jahrgang 2000; 5: 184–6.

2. Angeras MH, Brandberg A, Falk A, Seeman T: Comparison between sterile saline and tap water for the cleansing of acute traumatic soft tissue wounds. Eur J Surg 1992; 158: 347–50.

3. Bansal BC, Wiebke RA, Perkins SD, Abramo TJ: Tap water for irri- gation of lacerations. Am J Emerg Med 2002; 20: 469–72.

4. Fernandez R, Griffiths R, Ussia C: Water for wound cleansing.

Cochrane Review Art. No.: CD003861. DOI:

10.1002/14651858.CD003861.

5. Griffiths RD, Fernandez RS, Ussia CA: Is tap water a safe alterna- tive to normal saline for wound irrigation in the community setting?

J Wound Care 2001; 10: 407–11.

Prof. Dr. med. Peter Kujath Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck

Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck

E-Mail: peter.kujath@chirurgie.uni-luebeck.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors

AUTORENHONORAR IN DER RUBRIK MEDIZIN

Mit dem Jahr 2008 hat die Medizinisch-Wissen- schaftliche Redaktion des Deutschen Ärzteblattes begonnen, ihren Autoren Original- und Übersichtsar- beiten zu vergüten. Das Honorar beträgt 1 000 Euro.

Es wird an alle korrespondenzführenden Autoren ausgezahlt, deren Beiträge in der Rubrik Medizin erscheinen. Die Regelung ist mit Heft 1–2 in Kraft

getreten. MWR

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