• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Hautveränderungen bei Transplantatempfängern" (28.08.2006)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Hautveränderungen bei Transplantatempfängern" (28.08.2006)"

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

S

eit Beginn der Transplantationen im Jahr 1963 wurden in Deutschland mehr als 70 000 Organe verpflanzt.

Die immunsuppressive Therapie er- möglicht Überlebenszeiten nach Trans- plantation von mehr als 20 Jahren. Die Langzeit-Immunsuppression hat je- doch auch Hauterkrankungen zur Fol- ge. Diese entstehen durch die Interakti- on von onkogenen Viren, wie beispiels- weise humaner Papillomviren (HPV) und humaner Herpesviren, UV-Licht, der medikamentös bedingten Immun- suppression und genetischer Faktoren (1, 2). Hauttumoren und infektiöse Der- matosen stehen im Vordergrund. Die frühzeitige Erkennung dieser Erkran- kungen ist angesichts des potenziell tödlichen Verlaufs sehr wichtig.

Bei den meisten Studien zu Hauter- krankungen bei Transplantatempfän- gern, auf denen die angegebenen Emp- fehlungen basieren, handelt es sich um prospektive oder retrospektive Kohor- tenstudien beziehungsweise Fallkon- trollstudien (Evidenzlevel 3 bis 4).

Hauttumoren

Mehr als 90 Prozent aller Neoplasien bei Transplantatempfängern sind epithelia- le Hautneoplasien. Hierzu zählen insbe- sondere das spinozelluläre Karzinom (SCC) und seine Vorläuferläsionen (1).

In den ersten fünf Jahren nach Trans- plantation erkranken zehn bis 40 Pro- zent der Patienten an einem oder meh- reren epithelialen Hauttumoren (1, 3).

Die Inzidenz des SCC ist bei Transplan- tatempfängern im Vergleich zur übrigen Bevölkerung um das 65fache erhöht und steigt mit der Dauer der immunsup- pressiven Therapie an (4). Bei der Ent- wicklung epithelialer Hauttumoren spielen das Alter des Patienten, der Hauttyp, die vorausgegangene UV- Lichtbelastung, die geographische Lage des Wohnortes sowie die Zusammenset- zung und das Ausmaß der immunsup- pressiven Therapie eine Rolle (1). Der

Krankheitsverlauf beim SCC ist bei Transplantatempfängern aggressiver als bei immunkompetenten Patienten. Das SCC wächst oftmals rascher und neigt stärker zu Lokalrezidiven und Metasta- sierung (3). Bei Herz- und Lungentrans- plantierten treten Hautneoplasien früher auf. Das hängt möglicherweise mit der stärkeren Ausprägung der Immunsup- pression zusammen (4, 5).

Als prognostisch ungünstig gelten gleichzeitig auftretende multiple Tumo- ren, die Lokalisation am Kopf und an Übergangsschleimhäuten – zum Bei- spiel an Lippen und im Anogenitalbe- reich – sowie histologisch undifferen- zierte Tumoren mit einer Dicke von mehr als 5 mm. Ätiologisch dürften ne- ben der UV-Lichtbelastung und der im- munsuppressiven Behandlung humane Papillomviren bedeutsam sein (6).

Die klinische Diagnose epithelialer Hautneoplasien bei Transplantierten wird dadurch erschwert, dass sich die Tumoren sehr heterogen manifestieren und vom klinischen Befund nicht im- mer auf die Ausdehnung und die Ag- gressivität des Tumors geschlossen wer- den kann. Dies verlangt eine möglichst

Hautveränderungen bei Transplantatempfängern

Zusammenfassung

Die immunsuppressive Therapie verhindert ei- ne Transplantatabstoßung und hat dadurch die weltweite Verbreitung der Organtransplanta- tion ermöglicht. Mit steigender Lebenserwar- tung und prolongierter Immunsuppression or- gantransplantierter Patienten nehmen jedoch auch Hauterkrankungen zu. Im Vordergrund stehen epitheliale Neoplasien der Haut, die bei bis zu 40 Prozent der Patienten vorkommen, sowie infektiös bedingte Dermatosen. Zudem wurden in den letzten Jahren neue Krankheits- bilder wie die nephrogene fibrosierende Der- matopathie bei Transplantatempfängern be- schrieben. Die Art und Anzahl von Hautneopla- sien bestimmen die Intervalle von Untersu- chungen des Integumentes, die zwischen ein bis zwölf Monate liegen. Eine frühe Diagnose- sicherung durch Biopsien wird empfohlen.

Schlüsselwörter: Hautkrankheiten, Organtrans- plantation, Immunsuppression, Therapie, Haut- neoplasien

Summary

Skin changes in transplant recipients Immunosuppressive drugs, used to counteract organ rejection have rendered organ trans- plantation to one of the major achievements in the treatment of end-stage organ failure. But long-term immunosuppression contributes to the development of skin diseases, in particular cancers and infections. Skin cancers, particular- ly epithelial neoplasms and their precursors, occur in up to 40 per cent of the patients. Accu- rate documentation of the number and nature of neoplasms is essential in determining the appropriate intervals for skin examination, which may vary form 1 to 12 months. Early diag- nosis confirmed by biopsy is recommended.

Key words: skin diseases, organ transplanta- tion, immunosuppression, therapy, skin neo- plasias

1Dermatologie und Venerologie, Dermatologische Praxis Kempf und Kettelhack, CH-8006 Zürich

2 Dermatologische Klinik (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c.

Günter Burg), Universitätsspital Zürich

3 Innere Medizin, spez. Nephrologie, Hirslanden Klinik, 8008 Zürich

Werner Kempf1, 2, Reinhard Dummer2 Günther Hofbauer2, Ulrich Binswanger3 Günter Burg2

Abbildung 1: Spinozelluläres Karzinom: In der Rima ani ulzerierter, rasch gewachsener Tumor mit Randwall; aus: Hofbauer GF, Dummer R, Hafner J, Burg G, Binswanger U, Kempf W: Skin cancers in organ transplant recipients: two ca- ses of virus-induced neoplasms. Dermatology 2001; 202: 359–61; mit freundlicher Genehmi- gung vom Verlag S. Karger AG, Basel.

(2)

frühzeitige Diagnosesicherung durch ausgedehnte Probeexzisionen, wobei diese eine ausreichende Tiefe (bis zur Subkutis) aufweisen sollten. Die In- spektion der Anogenitalregion ist ein fester Bestandteil in der dermatologi- schen Betreuung von Transplantatemp- fängern, weil sich anogenitale SCC in drei Prozent der Fälle entwickeln und einen aggressiven Verlauf aufweisen (1, 7) (Abbildung 1).

Die mikrographisch kontrollierte Chirurgie (MGC) mit lückenloser hi- stologischer Schnittrandkontrolle ist das Therapieverfahren der Wahl, ins- besondere bei Tumoren mit raschem Wachstum, einem Durchmesser von mehr als 2 cm, einer Lokalisation am Kopf oder genitoanal sowie bei Rezidi- ven. Eine Radiotherapie epithelialer Hauttumoren ist wegen des erhöhten Risikos für die Entwicklung von Sar- komen in den bestrahlten Arealen un- geeignet. Von dermatologischer Seite aus wird bei multiplen SCC eine Re- duktion der immunsuppressiven The- rapie empfohlen (2). Nach eigener Er- fahrung kann bereits eine geringe Re- duktion der immunsuppressiven The- rapie das Auftreten neuer Tumoren verlangsamen. Eine niedrig dosierte Gabe von Retinoiden (Acitretin 0,2 bis 0,4 mg/kg Körpergewicht/Tag) über mindestens ein Jahr kann bei Trans- plantierten mit SCC das Risiko für weitere SCC für drei bis acht Jahre re- duzieren (8).

Noch häufiger als invasiv wachsen- de epitheliale Tumoren findet man Frühformen, so genannte In-situ-Kar- zinome, in Form aktinischer Präkan- zerosen und als Morbus Bowen (Ab- bildung 2). Überwiegend sind multiple

Läsionen erkennbar. Die ak- tinischen Präkanzerosen tre- ten meist an kontinuierlich dem UV-Licht ausgesetzten Körperstellen, wie Gesicht und Handrücken, auf. Mor- bus Bowen manifestiert sich häufig auch an intermittie- rend UV-Licht-exponierten Bereichen wie etwa an Rumpf und Beinen.

Aktinische Präkanzerosen und Morbus Bowen können mittels chirurgischer Exzisi- on, Laser- und Kryochirurgie entfernt oder mit nichtchirurgischen Verfahren behandelt werden (Evi- denzlevel II). Die photodynamische Therapie (PDT) mit Aminolävulinsäu- re oder Methyl-Aminolävulinsäure er- möglicht die gleichzeitige Behandlung multipler Läsionen. Die Ansprechra- ten dieser Methode sind denen der La- serabtragung und Kryochirurgie eben- bürtig. Präkanzerosen im Gesicht wei- sen dabei deutlich bessere Remissions- raten auf als Läsionen an den Hand- rücken (9) (Evidenzlevel I). Mit PDT sollten nur oberflächliche Tumoren be- handelt werden.

Die topische Applikation von 5-Flu- orouracil, die vom Patienten selbst ge- tätigt wird, ist wirksam, kann aber zu Erosionen führen. Die topische An- wendung von immunaktivierenden Substanzen wie Imiquimod ist eine in- teressante Therapieform oberflächli- cher Neoplasien, weil die Wirkung der systemischen Immunsuppression am Ort der Tumorentstehung zumindest teilweise aufgehoben werden kann. Ei- ne kürzlich publizierte randomisierte und placebokontrollierte Studie zeigte eine gute Verträglichkeit von Imiqui- mod-5-Prozent-Creme in der Behand- lung kutaner Dysplasien bei Nieren- transplantierten (10). In einer eigenen Fallserie mit fünf Patienten war die Wirkung von Imiquimod mit dem Ef- fekt der PDT vergleichbar (unveröf- fentlichte Daten). Auch Bowen-Läsio- nen sprachen gut auf die Behandlung mit Imiquimod an (11). Die oftmals starke Rötung, Sekretion und Pustel- bildung unter Therapie kann jedoch störend wirken. Ein konsequenter UV- Lichtschutz durch den Patienten ist wichtig, um einer Progression der akti-

nischen Keratosen entgegenzuwirken.

Neben dem erhöhten Risiko für die ge- nannten Hautkarzinome besteht bei Transplantatempfängern auch ein deut- lich erhöhtes Risiko für andere kutane Neoplasien. Die Inzidenz des neuroen- dokrinen Karzinoms der Haut (Syno- nym: Merkelzellkarzinom), ist bei Transplantatempfängern um das 50- bis 500fache erhöht. Dieses Karzinom ma- nifestiert sich meist als rasch wachsen- der, geröteter Knoten im Bereich des Kopfes und der Extremitäten (Abbil- dung 3). Der Tumor tritt durchschnitt- lich 7,5 Jahre nach Transplantation auf (12). Die radikale Tumorentfernung mittels mikrographisch kontrollierter Chirurgie und die Sentinel-Lymphkno- ten-Untersuchung gelten als Therapie der ersten Wahl. Eine Radiotherapie wird bei regionalen Lymphknotenme- tastasen durchgeführt und eine Poly- chemotherapie angeschlossen. Die Pro- gnose ist trotz dieser Behandlungs- schritte mit einer 2-Jahres-Mortalitäts- rate von 56 Prozent ungünstig (1, 12).

Das Kaposi-Sarkom (KS) entsteht häufig unter Immunsuppression. Bei Transplantatempfängern ist das Risiko

für ein KS um das 80-bis 500fache er- höht. Das KS tritt durchschnittlich be- reits ein bis zwei Jahre nach Transplan- tation auf (7, 13). Bei 90 Prozent der Betroffenen findet man Läsionen an der Mundschleimhaut und bei 20 bis 50 Prozent einen Befall von Lymphkno- ten, Gastrointestinaltrakt und Lungen.

Die Reduktion der Immunsuppression ist der wichtigste Therapieschritt, vor allem bei multifokalem Befall (1). Häu- Abbildung 2: Morbus Bowen (spinozelluläres Karzinom,

in situ): geröteter und schuppender Herd mit Größen- progredienz

Abbildung 3: Merkelzellkarzinom: leicht gerö- tete Plaque mit raschem Tumorwachstum am Oberschenkel eines nierentransplantierten Pa- tienten

(3)

fig kommt es jedoch bei Wiederaufnah- me der immunsuppressiven Therapie zu Rezidiven. Während Tumorexzision und Kryochirurgie bei limitierter Er- krankung eingesetzt werden, ist bei ausgedehnteren Tumoren eine Chemo- therapie (liposomales Daunorubicin) angezeigt. Die 5-Jahres-Überlebensra- te liegt bei ungefähr 70 bis 90 Prozent.

Eine kürzlich publizierte Fallserie be- legt den erfolgreichen Wechsel auf Si- rolimus als Therapie bei Nierentrans- plantierten.

Das Risiko für ein malignes Melan- om (MM) ist nach Transplantation im Vergleich zu den erwähnten Tumoren nur gering erhöht (1,6- bis 3,4fach in

Europa). Die Prognose wird auch bei MM nach Transplantation durch die Tumordicke bestimmt. Die Behand- lung folgt den allgemeinen Richtlinien, wobei zusätzlich eine Verringerung der immunsuppressiven Therapie anzu- streben ist.

Infektionen nach Transplantation

Die immunsuppressive Therapie, mit Einschränkung der T-Zell-vermittel- ten Immunantwort, geht nicht nur mit einer erhöhten Tumorentstehung ein- her, sondern begünstigt auch Infektio- nen, insbesondere virale Infekte (14).

Im ersten Jahr nach Transplantation stehen reaktivierte Herpesvirus-In- fekte im Vordergrund, wohingegen im weiteren Verlauf durch humane Papil- lomviren bedingte Erkrankungen zu- nehmen.

Herpesvirus-Infektionen

Infektionen durch das Varizella-Zo- ster-Virus (VZV) in Form eines Her- pes zoster treten in bis zu 30 Prozent der Fälle im ersten Jahr nach Trans- plantation auf. Man findet atypische klinische Präsentationen mit langdau- ernden Ulzerationen und es besteht die Gefahr der kutanen oder viszera- len Dissemination. Bei Knochenmark- transplantierten sind rezidivierende Formen von Varizellen beschrieben worden. Gefürchtet ist eine Primärin- fektion mit VZV bei seronegativen Transplantierten. Diese kann zu einer schweren Pneumonie, Enzephalitis oder disseminierten intravasalen Ge- rinnung führen (15). Herpes-simplex- Virus-Infekte neigen bereits innerhalb

der ersten Wochen der immunsuppres- siven Behandlung nach Transplantati- on zur Reaktivierung. Meist ist die kli- nische Manifestation ähnlich wie bei Immunkompetenten, wobei langdau- ernde Ulzerationen beobachtet wer- den.

Die intravenöse Gabe von Aciclovir ist Therapie der Wahl bei HSV- und VZV-Infektionen. Bei leichteren For- men werden auch oral verabreichte Vi- rostatika mit höherer Bioverfügbarkeit (Valaciclovir) angewendet. Eine Resi- stenzbildung gegenüber den Nukleo- sidanaloga ist selten (< 10 Prozent der Patienten) und erfordert den Wechsel auf eine Therapie mit Foscarnet.

Infektionen mit humanen Papillomviren

Bei Transplantierten ist die Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) ei- ne der häufigsten Hauterkrankungen.

Mehr als 90 Prozent der Betroffenen entwickeln HPV-bedingte Warzen (3).

Neben der Funktionseinschränkung, wie sie bei großen plantaren Verrucae auftritt, kommt eine nicht unerhebli- che soziale Stigmatisierung durch Ver- rucae an exponierten Körperstellen hinzu. Diese schränkt die sozialen, be- ruflichen und sportlichen Aktivitäten erheblich ein und kann zu einem großen Leidensdruck bei den Patien- ten führen.

Bei solitären Läsionen, aber auch bei ausgedehntem Befall ist die Abtra- gung mittels CO2-Laser oder mittels Elektrokauter effizient (16). Die Kryotherapie eignet sich vor allem bei flachen Warzen im Gesicht oder bei solitären Läsionen. Bei jeder destruk- tiven Form der Warzentherapie muss der Nutzen gegen das Risiko der post-

´ Tabelle 1

Durch immunsuppressive Medikation induzierte Hautveränderungen

Cyclosporin A Azathioprin Mycophenolat FK 506/ Prednison mofetil Tacrolimus

Alopezie + + + +

Gingivahyperplasie + +

Akneiforme Eruption + +

Stomatitis + +

Nachsorgeplan bei Transplantatempfän- gern mit Hautneoplasien

Dermatologische Beratung:

UV-Lichtschutz (Kleidung, UV-Lichtschutz-Präpa- rate), Selbstuntersuchung

Dermatologische Untersuchung:

Gesamtes Integument, Mundschleimhaut, Perianal- und Genitalregion

>Vor Transplantation

>Intervalle weiterer Nachkontrollen in Abhängig- keit von der Art und Anzahl an Hautneoplasien und der aktinischen Schädigung:

– Intervall 1 Jahr:

bei „Niedrigrisiko-Patienten“ in den ersten 5 Jahren nach Transplantation ohne epitheliale Präkanzerosen oder invasive Neoplasien – Intervall 6 Monate:

bei Patienten mit epithelialen Präkanzerosen, spinozellulärem Karzinom in der Vorgeschich- te, Hautpigmentierungstyp 1–2 und > 5 Jah- ren immunsuppressiver Medikation – Intervall 1–3 Monate:

bei „Hochrisikopatienten“ mit multiplen epi- thelialen Präkanzerosen, spinozellulären Tu- moren, Merkelzellkarzinom, Kaposi-Sarkom und anderen Neoplasien mit potenziell leta- lem Verlauf

Kasten

(4)

interventionellen Narbenbildung und bakteriellen Wundinfekte abgewogen werden.

Condylomata acuminata zeigen oft einen ausgeprägten Befall mit großen exophytischen Läsionen. Auch hier ist die Laserchirurgie eine wirkungsvolle Methode zur Behandlung der Erkran- kung.

Bisher ist noch ungeklärt, welchen Einfluss benige HPV-assoziierte War- zen auf die Entstehung maligner Epi- thelproliferationen haben. Es konnte gezeigt werden, dass die Anzahl von Warzen mit der Inzidenz von Hautkar- zinomen bei Transplantierten korre- liert.

Bakterielle Infektionen

Hautinfektionen mit Bakterien mani- festieren sich bei Transplantatempfän- gern meist als Follikulitis oder Abszes- se.

Infektionen mit atypischen Myko- bakterien zeigen häufig unspezifische klinische Bilder. Dermale und subkuta- ne granulomatöse oder abszedierende Knoten, erysipelartige Formen und Ul- zerationen wurden berichtet (17). Da es bei Infektionen mit atypischen My- kobakterien zur Dissemination mit tödlichem Ausgang kommen kann, ist eine frühzeitige Erkennung durch bi- optische und molekularbiologische Diagnostik bedeutend. Die medika- mentöse Behandlung der Patienten er- streckt sich meistens über einen Zeit- raum von mehreren Monaten.

Pilzinfektionen

Erkrankungen durch Hefepilze zählen zu den häufigsten Pilzinfektionen der Haut und Schleimhäute und neigen zu einem rezidivierenden Verlauf. Die Pi- tyriasis versicolor äußert sich mit hy- po- oder hyperpigmentierten, diskret schuppenden Herden am Stamm. Bei den Infektionen mit Dermatophyten stehen die Intertrigo und die Ony- chomykose im Vordergrund.

Bei ausgeprägten Formen der Ony- chomykose und der Pityriasis versico- lor ist neben einer topischen auch eine systemische antimykotische Behand-

lung zu erwägen, dabei müssen die In- teraktionen von Azol-Präparaten mit zahlreichen Immunsuppressiva beach- tet werden. Nach eigener Beobach- tung hat sich Terbinafin zur Behand- lung ausgedehnter Onychomykosen bei Transplantierten bewährt.

Andere Dermatosen

Direkt medikamentös induzierte Hautveränderungen der immunsup- pressiven Therapie erscheinen nach

unterschiedlich langer Dauer der Me- dikation. Häufig sind Alopezien zu be- obachten, die durch Azathioprin oder FK506 (Tacrolimus) ausgelöst werden können. Bei einigen Patienten tritt eine Hypertrichose unter Cyclosporin A auf, die vor allem im Wangenbe- reich subjektiv stark störend wirken kann. Der Wechsel auf ein anderes Im- munsuppressivum führt zur Rückbil- dung der Hypertrichose. Falls dieses Vorgehen nicht möglich ist, kann eine Bleichung der Haare oder eine Lase- repilation erwogen werden. Weitere Hautveränderungen umfassen Gingiva- hyperplasien, Stomatitiden, akneiforme Läsionen und Talgdrüsenhyperplasien (Tabelle).

Die nephrogene fibrosierende Der- matopathie wurde erstmals im Jahr

2001 beschrieben und bezeichnet eine Hauterkrankung bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz und bei Transplantatempfängern (18). Die Er- krankung manifestiert sich mit der- ben Papeln und pflastersteinartigen indurierten Plaques. Eine Verdickung der Haut kann die Bewegung ein- schränken und zu Kontrakturen im Bereich der Gelenke führen. Histolo- gisch lässt sich ein fibrosierender Pro- zess mit Vermehrung von Faktor XIIIa und CD34-positiven dermalen dendri- tischen Zellen, die Prokollagen spei-

chern, nachweisen. Die Erkrankung verläuft progredient und oftmals the- rapierefraktär. Ein Ansprechen auf extrakorporale Photophorese ist be- schrieben worden (19).

Betreuung

Organtransplantierte Patienten müs- sen oft über Jahre bis Jahrzehnte der- matologisch betreut werden. An vielen größeren Zentren gibt es Spezialam- bulanzen für Transplantatempfänger mit Hauterkrankungen. Die enge Zu- sammenarbeit zwischen Dermatolo- gen, Internisten, Allgemeinmedizinern und Transplantationschirurgen ist da- bei sehr wichtig. Vor der Transplantati- on ist eine dermatologische Standort- Abbildung 4: „Mosaikhaut“ nach langjähriger Immunsuppression; Nebeneinander von viralen Warzen, epithelialen Präkanzerosen und Verrucae

(5)

bestimmung und die Sanierung kuta- ner Problemherde (aktinische Präkanze- rosen, Verrucae, Pilzinfektionen) anzu- streben. Das SCOPE-Netzwerk umfasst eine Vereinigung von Dermatologischen Zentren zur Behandlung von Hauter- krankungen bei Transplantatempfängern (www.scopnetwork.org).

Die Aufklärung des Patienten über einen angemessenen UV-Lichtschutz nach Transplantation ist wichtig, um die Spätkomplikationen der Langzeit- Immunsuppression zu verringern. Auf die Bedeutung des UV-Schutzes sollte der Patient bereits im Rahmen der Transplantationsvorbereitungen hin- gewiesen werden. Regelmäßige Un- tersuchungen des gesamten Integu- mentes, insbesondere auch der Mund- schleimhaut und der Perianalregion, sind angezeigt. Bei Patienten mit mul- tiplen SCC, Merkelzellkarzinom oder malignem Melanom sind kurze Inter- valle von zwei bis drei Monaten, bei Patienten mit wenigen Präkanzerosen Intervalle von bis zu sechs Monaten nach Therapie der Tumoren anzustre- ben (Kasten).

Die Bedeutung der regelmäßigen Selbstuntersuchung kann nicht genü- gend betont werden. Nach Jahren bis Jahrzehnten immunsuppressiver Me- dikation treten bei einigen Patien- ten an UV-Licht-exponierten Arealen nebeneinander Verrucae, epitheliale Präkanzerosen und invasive epithelia- le Neoplasien auf. Ein solcher Haut- zustand wird mit dem Begriff „Mo- saikhaut“ (Abbildung 4) umschrieben.

Diese Situation bedeutet eine große differenzialdiagnostische und thera- peutische Herausforderung. Eine Pri- oritätenliste in der Abklärung und Be- handlung (Therapieplan) hat sich nach eigener Erfahrung für Arzt und Pati- ent als ausgesprochen hilfreich erwie- sen.

Die frühzeitige bioptische Diagno- stik ist bei der Abklärung von Haut- veränderungen sehr bedeutend. Bei einer invasiv wachsenden Neoplasie mit Metastasierungspotenzial, zum Beispiel spinozelluläres Karzinom oder Merkelzellkarzinom, ist eine um- gehende radikale Tumorentfernung angezeigt. Die mikrographisch kon- trollierte Chirurgie spielt dabei nicht nur bei den epithelialen Hauttumoren

eine wesentliche Rolle. Bei multiplen Neoplasien und bei Metastasierung kann die Reduktion der Immunsup- pression zur Limitierung der Tumor- ausbreitung beitragen (2, 20).

Die Dermatologie transplantations- assoziierter Erkrankungen wird sich mit zunehmend längeren Überlebens- zeiten der Transplantatempfänger und der damit verbundenen Langzeit-Im- munsuppression künftig vermehrt mit der Identifikation von prognostischen Markern für Hochrisikopatienten und neuer, nichtinvasiver Therapieverfah- ren befassen, um eine frühzeitige Dia- gnose und Intervention zu ermögli- chen. Ziel ist es, die Komplikationen der Langzeit-Immunsuppression an der Haut zu reduzieren und die Le- bensqualität organtransplantierter Pa- tienten zu erhalten und sie zu verbes- sern.

Manuskript eingereicht: 18. 8. 2005, revidierte Fassung angenommen: 10. 2. 2006

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(34–35): A 2245–9.

Literatur

1. Euvrard S, Kanitakis J, Claudy A: Skin cancers after organ transplantation. N Engl J Med 2003; 348:

1681–9.

2. Berg D, Otley CC: Skin cancer in organ transplant re- cipients: Epidemiology, pathogenesis, and manage- ment. J Am Acad Dermatol 2002; 47: 1–17.

3. Stockfleth E, Ulrich C, Meyer T, Arndt R, Christo- phers E: Skin diseases following organ transplanta- tion-risk factors and new therapeutic approaches.

Transplant Proc 2001: 1848–53.

4. Jensen P, Hansen S, Moller B, Leivestad T, Pfeffer P, Geiran O, Fauchald P et al.: Skin cancer in kidney and heart transplant recipients and different long- term immunosuppressive therapy regimens. J Am Acad Dermatol 1999; 40: 177–86.

5. Euvrard S, Kanitakis J, Pouteil-Noble C, Dureau G, Touraine JL, Faure M et al.: Comparative epidemio- logic study of premalignant and malignant epitheli- al cutaneous lesions developing after kidney and heart transplantation. J Am Acad Dermatol 1995;

33: 222–9.

6. Meyer T, Arndt R, Nindl I, Ulrich C, Christophers E, Stockfleth E: Association of human papillomavirus infections with cutaneous tumors in immunosup- pressed patients. Transpl Int 2003; 16: 146–53.

7. Hofbauer GF, Dummer R, Hafner J, Burg G, Binswan- ger U, Kempf W: Skin cancers in organ transplant re- cipients: two cases of virus-induced neoplasms.

Dermatology 2001; 202: 359–61.

8. Harwood CA, Leedham-Green M, Leigh IM, Proby CM: Low-dose retinoids in the prevention of cuta-

neous squamous cell carcinomas in organ trans- plant recipients: a 16-year retrospective study. Arch Dermatol 2005; 141: 456–64.

9. Dragieva G, Hafner J, Dummer R, Schmid-Grendel- meier P, Roos M, Prinz BM et al.: Topical photodyna- mic therapy in the treatment of actinic keratoses and Bowen's disease in transplant recipients. Trans- plantation 2004; 77: 115–21.

10. Brown VL, Atkins CL, Ghali L, Cerio R, Harwood CA, Proby CM: Safety and efficacy of 5% imiquimod cream for the treatment of skin dysplasia in high- risk renal transplant recipients: randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Arch Derma- tol 2005; 141: 985–93.

12. Penn I, First MR: Merkel's cell carcinoma in organ recipients: report of 41 cases. Transplantation 1999;

68: 1717–21.

11. Prinz BM, Hafner J, Dummer R, Burg G, Binswanger U, Kempf W: Treatment of Bowen's disease with imi- quimod 5% cream in transplant recipients. Trans- plantation 2004; 77: 790–1.

13. Woodle ES, Hanaway M, Buell J, Gross T, First MR, Trofe J et al.: Kaposi sarcoma: an analysis of the US and international experiences from the Israel Penn International Transplant Tumor Registry. Transplant Proc 2001; 33: 3660–1.

14. Fishman JA, Rubin RH: Infection in organ-transplant recipients. N Engl J Med 1998; 338: 1741–51.

15. Fehr T, Bossart W, Wahl C, Binswanger U: Dissemi- nated varicella infection in adult renal allograft re- cipients: four cases and a review of the literature.

Transplantation 2002; 73: 608–11.

16. Läuchli S, Kempf W, Dragieva G, Burg G, Hafner J:

CO2laser treatment of warts in immunosuppressed patients. Dermatology 2003; 206: 148–52.

17. Prinz BM, Michaelis S, Kettelhack N, Mueller B, Burg G, Kempf W: Subcutaneous infection with Mycobac- terium abscessus in a renal transplant recipient.

Dermatology 2004; 208: 259–61.

18. Cowper SE, Su LD, Bhawan J, Robin HS, LeBoit PE:

Nephrogenic fibrosing dermopathy. Am J Dermato- pathol 2001; 23: 383–93.

19. Läuchli S, Zortea-Caflisch C, Nestle FO, Burg G, Kempf W: Nephrogenic fibrosing dermopathy trea- ted with extracorporeal photopheresis. Dermatolo- gy 2004; 208: 278–80.

20. Stasko T, Brown MD, Carucci JA, Euvrard S, Johnson TM, Sengelmann RD et al.: International Transplant- Skin Cancer Collaborative: European Skin Care in Organ Transplant Patients Network.Guidelines for the management of squamous cell carcinoma in or- gan transplant recipients. Dermatol Surg 2004; 30:

642–50.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med Werner Kempf Dermatologische Klinik

Universitätsspital Zürich Gloriastrasse 31 8091 Zürich Schweiz

E-Mail: kempf@derm.unizh.ch

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Für Anleger, die mit der Immobilie einen sicheren Werterhalt und möglicher- weise auch eine längerfristige Rendite erzielen wollen, sind indes Top-Lagen nach wie vor die

Während es keine Hinweise da- für gibt, daß die alleinige Chemothe- rapie, gleich in welchem Stadium und in welcher Zytostatika-Kombi- nation sie eingesetzt wurde, zur Hei- lung

Hier konnten auf beiden Flächen deutliche Unterschiede nach- gewiesen werden, die Dou- glasien ohne Hülle sind we- sentlich dicker.. Dies wirkt sich erheblich auf den

Aussteiger/innen für den Kanton Bern vergleichbar sind: Welche Massnahmen zur Verbesserung der Situation der Berufseinsteiger/innen sind vom Regierungsrat

W er dieses Buch zur Hand nimmt, hat dafür Gründe: Entweder er möchte sich über die Parkinson-Erkrankung in- formieren, weil vielleicht ein Bekannter, Freund, der Ehepartner oder

Ich hof- fe, dass er sich in zehn Jahren durchgesetzt ha- ben wird und wir ihn aus Wind, Sonne und Was- ser erzeugen, als Druckwasserstoff speichern und dann in

durch berufs- und gesellschaftsrecht- liche Begleitregeln eine Art ,Ärzte- gesellschaft‘ schaffen“, erklärt Horst Dieter Schirmer, Justiziar von Bun- desärztekammer

Wenn man sagt, daß jeder Arzt auch immer die Seele des Kranken mitbehandelt, so darf man dies aber nicht mit einer echten psy- chotherapeutischen Behand- lung durch den