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Archiv "Tropenkrankheiten: Guineawurm stirbt aus" (16.06.2006)

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er Guineawurm verursacht ei- ne Infektionskrankheit, von der in den 80er-Jahren mehre- re Millionen Menschen in Afrika und Asien betroffen waren. Nach den Pocken wird sie als zweite Krankheit in der Geschichte der Menschheit vollständig ausgerottet werden, und sie wird die erste sein, bei der dies ohne Impfung ge- schieht. Die Weltgesundheitsorgani- sation (WHO) hatte sich Ende der 80er-Jahre das Ziel gesetzt, den Gui- neawurm zu besiegen, und mittler- weile ist dieses Ziel fast erreicht. Die meisten infizierten Menschen leben heute im westafrikanischen Ghana.

„Unser Leben im Dorf hat sich positiv verändert. Weil die Men- schen nun vom Guineawurm befreit sind, können sie ihre Alltagstätig- keiten ohne Probleme verrichten“, sagt Sumayafi Chipura aus Ganbu- ga im Norden von Ghana. Sie bemüht sich als eine von vielen Frei- willigen um die Ausrottung des Gui- neawurms. Obwohl sie weder lesen noch schreiben kann, reist sie durch die Dörfer und sammelt Informa- tionen über angebliche Neu- infektionen. Außerdem klärt sie die Menschen darüber auf, wie sie sich vor einer Infekti- on schützen können.

Dracunculiasis, die Guineawurminfektion, ist ein besonders unange- nehmes Leiden. Der im menschlichen Körper lebende Wurm wird circa einen Meter lang, bevor er die Haut durchbricht, um seine Larven abzulegen. Ohne tödlich zu sein, ist die Infektion sehr schmerz- haft und hat früher das Leben ganzer Gemeinden in Afrika und Asien zum Stillstand gebracht. Infi-

zierte Menschen erkranken vor al- lem aufgrund der Sekundärinfek- tionen, die sich an den Öffnungen bilden, aus denen der Wurm den Körper verlässt. Traditionell ent- fernt man den Wurm, indem man ihn langsam auf ein Stückchen Holz aufrollt und ihn so Zentimeter für Zentimeter herauszieht. Diese Ex- traktion kann Monate dauern.

Das erfolgreiche Eradikations- programm „Guineaworm Disease Eradication Program“, geleitet vom Amerikanischen Carter Cen- ter, gibt Anlass zu der Hoffnung, dass der Wurm aussterben wird.

Zwar gibt es weder eine Impfung

noch Medikamente gegen die Wurminfektion. Wirksame Gegen- maßnahmen sind jedoch vor allem massive Informationskampagnen und die Verteilung einfacher Was- serfilter. In Asien gilt der Wurm in- zwischen als ausgerottet. In Afrika wurden im Jahr 2005 nur noch 12 000 Fälle gezählt, die Mehrzahl davon in Ghana und im Sudan. Bei Einführung des Programms Ende der 80er-Jahre waren es noch schätzungsweise 3,5 Millionen Fälle.

Diese Zahlen zeigen einen Rück- gang der Erkrankungen um 99,5 Prozent. Es besteht die Hoffnung, dass der Wurm bis zum Jahr 2009 vollständig ausgerottet sein wird.

„Der Erfolg des Programms be- ruht zum einen darauf, dass wir je- den neuen Fall schnell entdecken.

Dies ist hauptsächlich ein Ver- dienst der Freiwilligen in den Dör- T H E M E N D E R Z E I T

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A1664 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006

Der Lebenszyklus des Guineawurms

1. Menschen infizieren sich über Trinkwasser, das einen Wasserfloh der Gattung Cyclops enthält, der selbst die Larven des Guineawurms in sich aufgenommen hat.

2. Der Wasserfloh wird im Magen verdaut und gibt dort die Larven frei, die während der Zeit im Floh zwei Verpup- pungsstadien durchlaufen haben. Jetzt sind sie ge- schlechtsreife Würmer und bewegen sich im Ge-

webe um den Magen, wo sie sich paaren.

3. Der männliche Wurm stirbt kurz danach, während sich der befruchtete weibliche Wurm zu unterschiedlichen Teilen des Kör- pers bewegt, in denen er innerhalb eines Jahres seine ausgewachsene Größe erreicht.

4. Danach versucht der Wurm, seinen Wirt, den menschlichen Körper, zu verlassen. Am häufigsten tut er das an den Beinen, theoretisch kann er jedoch überall aus dem Körper treten. Sobald der Wurm dicht unter der Haut liegt, bildet sich eine Eiter- beule.Wenn diese platzt, kommt der Wurm heraus. Um den Schmerz zu lindern, versucht der Infizierte den betroffenen Körperteil ins Wasser tauchen. Auf diese Weise kann der Wurm jedoch seine Larven ablegen.

5. Im Wasser werden die nun frei gewordenen Larven vom Wasserfloh gefressen, und somit ist der Kreis ge- schlossen.

Tropenkrankheiten

Guineawurm stirbt aus

Ein erfolgreiches Eradikationsprogramm verhindert in Afrika und Asien die Infektion mit Dracunculiasis.

Wirksame und einfache Infektionsprophylaxe ist das konsequente Filtern des Trinkwassers.

Fotos:Marcus Hansson

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fern. Sobald diese eine Neuinfektion be- merken, kümmern sie sich um den Er- krankten und erklären ihm, dass er die Wasserstellen nicht betreten und dort nicht das Wasser verunreinigen darf“, sagt Dr. Andrew Seidu Korkor, der Ghanas nationales Eradikationsprogramm lei- tet. „Zum anderen geht es darum, in je- dem Dorf Wasserfilter zu verteilen und der Bevölkerung zu erklären, wie diese richtig anzuwenden sind.“

Die Filter funktionieren ganz ein- fach: Sie filtern den Wasserfloh aus dem Wasser, der die Larven des Wurms in sich trägt. Kleine Wasserfilter kann man an einer Schnur um den Hals befesti- gen, um sie immer bei sich zu tragen,

wenn man auf den Feldern arbeitet. Um größere Mengen Wasser zu filtern, wer- den Stofffilter benutzt.

In begrenztem Ausmaß ist im Rahmen der Eradikationskampagne auch das Mit- tel Abate verwendet worden. Es wurde dem Wasser zugesetzt, um den Wasser- floh zu töten. Das Präparat ist jedoch sehr teuer, sodass es nicht in größerem Um- fang benutzt werden konnte. Stattdessen haben das dichte Netzwerk von Freiwilli- gen und andere kreative Methoden der Information und Aufklärung die Krank- heit eingedämmt. Zum Beispiel reiste ei- ne in Ghana sehr bekannte Theatergrup- pe durch die Dörfer und zeigte ein Stück über den Guineawurm. Ein weiteres In- formationsmedium ist das Radio.

„Ein weiterer Vorteil des Eradika- tionsprogramms ist, dass wir gleichzeitig eine Infrastruktur aufbauen, die auch in

anderen Gesundheitsfragen hilfreich sein kann“, sagt Philip Downs, der als technischer Berater für das Carter Cen- ter in Ghana arbeitet. „Hoffentlich führt das in Zukunft dazu, dass wir auf diese Weise auch andere Krankheiten kon- trollieren und besiegen können.“ Auch

Sumayafi Chipura blickt positiv in die Zukunft: „Ich glaube, dass die Ausbil- dung in Hygienefragen künftig noch in- tensiviert werden wird, da die Menschen verstehen lernen, dass sie es für ihr eige- nes Wohlergehen tun und nicht für je- mand anderen.“ Marcus Hansson T H E M E N D E R Z E I T

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A1666 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006

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eilen und Helfen – so heißen die beiden Neurotransmitter, die nicht nur uns Ärzte zu ständigen Höchstleistungen anspornen. Aber satt wird keiner davon, auch unsere Arzthelferinnen müssen sich er- nähren, ein Dach über dem Kopf haben und für die Rente sorgen. Für sie bedeutet ihr Gehalt auch Schmerzensgeld für die besonderen Anforde- rungen ihrer Tätigkeit. Immer schön freundlich bleiben, auch wenn sie un- seren Schutzbefohlenen Dinge vermitteln müssen, die so angenehm sind wie Stacheldraht in der Speiseröhre: Praxisgebühr, Zuzahlungen, Warte- listen und so weiter. Eine gewisse Leidensbereitschaft scheint Grundvor- aussetzung für diesen Job zu sein, auch was die absolute Höhe des tariflich festgelegten Einkommens anbelangt. Der Grund, warum jetzt meine Hel- ferin sichtlich erbost vor mir sitzt, ist allerdings ein anderer: „Von meinen 1 500 Euro, die ich im Monat bekomme, bleiben mir noch nicht mal 900 Euro, da kann ich mich ja gleich arbeitslos melden! 150 Euro allein für die

Lohnsteuer!“ Ich versuche sie damit zu trösten, dass ich mit einer ganz an- deren Progression verhaftet sei und ein Drittel meines Einkommens der Extinktion durch den Fiskus . . . – „Hier, schauen Sie mal! 110 Euro Kran- kenversicherung!“ Aber sie ist wenigstens nicht in einer privaten Kranken- versicherung, die mir mal eben 500 Euro absaugen würde . . . – „Und die Rentenversicherung macht mich noch mal 150 Euro ärmer! Wo doch jeder weiß, dass man davon, wenn man alt ist, nichts wieder bekommt!“ Dieses Argument ist differenzialdiagnostisch schwer zu kontern, man könnte die Rentenzahlungen als milde Gabe verstehen; schließlich fordert das Berufs- ethos . . . – „. . . und der Soli kostet acht Euro, die Kirche grapscht sich 13 Euro, wo bleibt denn die Solidarität mit mir, wer macht für mich eine Für- sprache?!“ Ich entgegne, dass so hohe Güter wie der Aufbau Ost ihren Preis fordern würden, die Kirche sei nun mal für die wirklich Bedürftigen . . . – Der Zorn meiner Arzthelferin dämpft sich allmählich. „Sagen Sie doch mal, Herr Doktor, was bleibt Ihnen denn übrig, so nach Abzug aller Unkosten und Steuern?“ Ach, als Selbstständiger weiß man das nie so genau. Wenn ich die Rücklagen für Regressforderungen mit einbeziehe, blei- ben mir zwei- bis dreitausend Euro im Monat . . . – „Ach nee, Herr Doktor, einen Moment wollte ich mich schon arbeitslos melden und nebenher schwarzarbeiten. Aber wenn das so ist, dass Sie auch nicht viel mehr verdienen, bleib’ ich doch bei Ihnen.“ Da habe ich ja noch mal Glück gehabt. Ohne Arzthelferinnen könnte ich die Praxis dichtmachen, und was wird dann aus meinem Helfersyndrom? Dr. med. Thomas Böhmeke

Gehaltsabrechnung

Abedail Jakubus Wunde, aus der der Wurm dringt, ist neu versorgt worden.

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