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Archiv "Von schräg unten: Großes Lob" (21.11.2014)

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ZWANGSBEHANDLUNG

Die Fachgesellschaft der Psychiater will den Zwang auf ein Minimum reduziert sehen (DÄ 42/2014: „Zwangsbehandlungen in der Psy- chiatrie: Zwang auf ein Minimum reduzieren“

von Petra Bühring).

mer wissen, was für den Patienten das Beste ist, kann man sich vorstellen, wie häufig die „Selbstgefährdung“ das sich gegenseitig verstärkende Dreiergespann verleiten wird, dem psychisch Kranken aufgrund seiner „krankheitsbedingten Krankheitsuneinsichtigkeit“ die Selbstbe- stimmungsfähigkeit abzusprechen. Dieses (kostenintensive) Beschäftigungspro- gramm für psychiatrische Gutachter und Richter schreit förmlich nach dem Gegen- gewicht eines (kostenintensiven) anwaltli- chen Beistands, der mit Hilfe von Gegen- gutachten die Dominanz des Dreierge- spanns korrigieren muss, das von sich aus kaum die Selbstbestimmungsbedürfnisse des Patienten kraftvoll vertreten wird.

Da die Psychiatrie keine exakte Wissen- schaft ist, können auch psychiatrische Gutachten keine objektiven Befunde und Diagnosen liefern, sondern nur – und dies ist höchstrichterlich bestätigt (BGH, Az.:

VI ZR 140/98) – nur subjektive Wertein- schätzungen. Folglich handelt es sich auch bei einer gutachterlichen Feststellung ei- ner Selbstbestimmungs(un)fähigkeit, für die es ebenfalls keine objektiven Messme- thoden gibt, zwangsläufig um eine subjek- tive Werteinschätzung, die der Willkür Tür und Tor öffnet . . .

So wie die Betreuungsverfahren, die die zunehmenden und von der Bevölkerung stark kritisierten Vormundschaften erset- zen und verbessern sollten, das Gegenteil bewirkt haben, so wird auch diese „Ver- besserung“ bürokratisch ausgefeilt mit ho- her Wahrscheinlichkeit das Selbstbestim- mungsrecht von psychisch Kranken zu- nehmend zu Fall bringen . . .

Dr. med. Argeo Bämayr, 96403 Coburg

Subjektive Werteinschätzung

. . . Von dem vorbildlichen Ziel einer Mini- mierung von Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie bleibt in der ausführlichen ethi- schen Stellungnahme des Originaltextes der DGPPN nicht viel übrig. Die Zunahme von Zwangsbehandlungen in der Psychia- trie ist stattdessen vorprogrammiert!

Bisher bestehe für Ärzte das „Dilemma“, die Selbstbestimmung von Patienten res- pektieren zu müssen, andererseits aber bei Selbstbestimmungsunfähigen gegen deren

„natürlichen Willen“ mit Zwang therapie- ren zu wollen. Zukünftig soll nach den Vorstellungen der DGPPN dieses Dilem- ma dadurch aufgelöst werden, dass die da- mit einhergehende Rechtsunsicherheit mit- tels einer psychiatrischen Begutachtung durch einen unabhängigen, an der Behand- lung des jeweiligen Patienten nicht betei- ligten Arztes, geklärt werden solle. Die da- mit einhergehende Problematik einer psy- chiatrischen Zwangsbegutachtung wird nicht thematisiert, obwohl diese ethische Stellungnahme auch „diagnostische Inter- ventionen“ gegen den erklärten Willen als ärztliche Zwangsmaßnahme einstuft.

Während also bisher Zwangsmaßnahmen vorwiegend allein in der Hand von Ärzten lagen, die aufgrund der Rechtsunsicher- heiten Zwangsmaßnahmen minimieren mussten, sollen die Entscheidungen von Zwangsmaßnahmen zukünftig auf Antrag der Ärzte in einem institutionalisierten bü- rokratischen Szenario auf Richter und deren beauftragte psychiatrische Gutachter über- tragen werden, um Zwangsmaßnahmen rechtssicher auch gegen den „natürlichen Willen“ schon beim Verdacht auf eine Selbstbestimmungsunfähigkeit anwenden zu können. Diese Institutionalisierung der Feststellung der Selbstbestimmungsunfä- higkeit sowohl bei Selbst- als auch Fremd- gefährdung auf die Übermacht der drei Au- toritäten (Therapeut, Gutachter und Richter) eröffnet einen für Ärzte rechtssicheren Weg.

Ist dieser Weg aber erst einmal installiert, dann wird er, wie bei allen institutionali- sierten bürokratischen Verfahren üblich, meist ausgeschöpft. Und kennt man die fürsorgliche paternalistische Neigung von Ärzten, Gutachtern und Richtern, die im-

VON SCHRÄG UNTEN

Unsere Schutzbefohlenen wissen unser Können nicht wirklich zu würdigen (DÄ 42/2014: „Fal- sche Diagnose“ von Thomas Böhmeke).

Großes Lob

Lieber Herr Kollege Böhmeke, seit Jahren lese ich Ihre Rubrik und bin erstaunt, wie Sie immer wieder neue Worte finden für unser Dasein als Ärzte. Ein großes Lob und hundertmal Danke für die letzte Aus- gabe wie auch die meisten vorigen! Sie sollten ein Buch daraus machen, ein idea- les Geschenk an Kollegen, die das DÄ nicht lesen. Ich hoffe, Sie bleiben uns als Autor noch lange erhalten!

Dr. med. Klaus Stelter, 21149 Hamburg

Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 47

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21. November 2014 A 2071

B R I E F E

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