• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Ophthalmologie: Nicht nur drei Patienten" (05.09.2008)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Ophthalmologie: Nicht nur drei Patienten" (05.09.2008)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A1846 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008

B R I E F E

diesem Thema, von deren Richtig- keit die Autoren überzeugt sind, oh- ne triftigen Grund zurückzuziehen, entspricht nicht unserer Auffassung von der Verantwortung des Wissen- schaftlers gegenüber der Öffentlich- keit. Das könnte als falsches Signal verstanden werden, dass nämlich da- mit auch alle gesundheitlichen Be- denken ausgeräumt wären . . .

Prof. Dr. med. Hugo W. Rüdiger,Berggasse 4/33, A-1090 Wien

OPHTHALMOLOGIE

Drei Patienten mit einer erblichen Form von Netzhautdystro- phie sind in den USA gentherapeutisch be- handelt worden (DÄ 24/2008: „Ein hoff- nungsvoller Ansatz, aber noch kein Durch- bruch“ von Dr. med. Ronald D. Gerste).

Nicht nur drei Patienten

Der Artikel von Dr. Gerste über die gentherapeutische Behandlung von Patienten mit Mutationen im RPE65-Gen ist sehr interessant und gibt die aktuelle Situation gut wie- der. Zu einigen Punkten des Artikels würden wir gerne kritisch Stellung nehmen. In der Maiausgabe des

„New England Journal of Medicine“

wurden zeitgleich zwei Artikel ver- öffentlicht. Im ersten Artikel, der auch in dem Bericht Erwähnung fand, wurde über eine klinische Stu- die in London berichtet (Bainbridge et al. 2008). Im zweiten Artikel wur- den die Ergebnisse einer weiteren Studie in Philadelphia/USA veröf- fentlicht (Maguire et al. 2008). Ins- gesamt wurden in beiden Studien sechs Patienten behandelt, von de- nen vier Patienten anschließend sub- jektiv über Verbesserungen der Seh- leistung berichteten. In einer weite- ren, noch nicht veröffentlichten Stu- die an der University of Florida wur- den weitere drei Patienten behan- delt. Es gibt inzwischen also Ergeb- nisse von sechs beziehungsweise neun Patienten und nicht nur von dreien, wie in dem Bericht erwähnt wurde. Die Abnahme der Sehfunkti- on bei Patienten mit Mutationen im RPE65-Gen kann klinisch sehr un-

terschiedlich ausgeprägt sein. Zum einen kann es, abhängig von der Mutationsform und der Restfunktion des Proteins, Patienten geben, die schon im ersten Lebensjahr schwers- te Sehfunktionsstörungen haben und damit als LCA klassifiziert wer- den können. Zum anderen zeigt je- doch die Mehrheit der Patienten noch als Jugendliche einen Visus von 0,3 und besser. Diese Patienten können nicht als klassische LCA- Fälle angesprochen werden. Um zu vermeiden, dass Patienten mit RPE65-Mutationen und einer spä- ten, milden Form der Erkrankung nicht auf diese Mutation getestet werden, sollten diese Erkrankungen besser unter dem Begriff der früh- kindlichen schweren Retinadystro- phien (EOSRD, vom englischen

„Early Onset Severe Retinal Dystro- phy“) eingeordnet werden, wie meh- rere Arbeiten gezeigt haben (Gu et al. 1997; Henderson et al. 2007;

Paunescu et al. 2005; Preising et al.

2007). Der virale Vektor, der zum Transfer der korrekten Kopie des RPE65-Gens benutzt wurde, ist kein attenuierter Adenovirus. Es handelt sich hierbei um einen adeno-assozi- ierten Virus (AAV), bei dem die ge- samte codierende Sequenz durch ei- ne RPE65-Expressionskassette er- setzt wurde . . . Mithilfe einer AAV- vermittelten Therapie können nur Zellen wieder funktionsfähig ge- macht werden, die noch nicht in Apoptose gegangen sind. Gerade bei Patienten mit Mutationen im RPE65-Gen scheint die Retina recht lange erhalten zu bleiben, sodass ein therapeutisches Fenster von einigen Jahren entsteht. Allerdings sind alle Patienten vom Säuglingsalter an komplett nachtblind. Die frühzeitige Diagnose ist entscheidend, da auch bei RPE65-Patienten die Retina in- nerhalb der zweiten Lebensdekade anfängt zu degenerieren. Die Er- krankung der Patienten, die in den jetzt veröffentlichten Studien behan- delt wurden, war wahrscheinlich be- reits jenseits der Schwelle, unter der noch ausreichend überlebensfähige Fotorezeptorzellen vorhanden sind, um eine eindeutige Funktionsver- besserung zu erreichen. Daher sollen in weiterführenden Studien Patien- ten in weniger fortgeschrittenen Sta-

dien behandelt werden. Eine objekti- ve Quantifizierung der Verbesserung der Sehleistung durch z. B. elektro- physiologische Methoden ist auf- grund der starken Schädigung der Fotorezeptorzellen im fortgeschritte- nen Stadium der Erkrankung eigent- lich nicht zu erwarten. Darüber hin- aus erlaubt ein objektiver Nachweis zellulärer Funktionen keine Aussage über die neuronale Integration der Daten. Der Nachweis der Funktion und deren Auswertung sind enorm wichtig, um den Therapieeffekt zu beschreiben, so klein er auch sein mag. Daher greift man zu psycho- physischen Methoden, die bei der britischen Studie in Form der dun- keladaptierten Perimetrie angewen- det wurden . . .

Literatur bei den Verfassern Prof. Dr. med. Birgit Lorenz, Dr. rer. medic. Markus Preising, Dr. med. vet. Knut Stieger, PhD Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Justus-Liebig-Universität Gießen,

Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, Friedrichstraße 18, 35385 Gießen

GESUNDHEITSWESEN

Betrachtungen eines Allgemeinarztes nach der Rückkehr aus Norwegen (DÄ 23/2008: „Gut für die gesunden Kranken“

von Harald Kamps).

Den Nagel auf den Kopf getroffen

Herr Kamps hat den Nagel auf den Kopf getroffen: Unser Gesundheits- system hat sich zu einem Massentou- rismus entwickelt, der über breite und evidenzbasierte Trampelpfade durch die Hightech-Welt der Medi- zin führt. Und er kritisiert zu Recht, dass der ärztliche Dialog mit dem Patienten auf der Strecke bleibt. Hier vermisse ich den Hinweis auf die Ba- lint-Gruppe und ihre großartigen Möglichkeiten, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Von allen Indus- trienationen ist meines Wissens die- ses Netzwerk der Balintarbeit im deutschsprachigen Raum am besten entwickelt: „Der Arzt als Arznei“ – wer diese Droge bewusst und selbst- kritisch einsetzt, der kann nicht nur

(2)

Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008 A1847

B R I E F E

besser helfen, sondern auch wesent- lich Kosten sparen. Für mich ist es immer noch ein Rätsel, warum diese Möglichkeit in Ausbildung und Pra- xis so wenig beachtet wird – am al- lerwenigsten von den zahlreichen Reformern unseres Gesundheitssys- tems. Da liegt so viel Potenzial brach. Schade!

Dr. med. Gustav-Adolf Kohle, Karlsbader Straße 60, 71139 Ehningen

Sinkendes Angebot bei steigender Nachfrage

Ich habe mit Freude den Artikel des Kollegen Kamps gelesen und kann ihm eigentlich zu 100 Prozent zu- stimmen und bestätigen, dass unser Gesundheitswesen nahezu aus- schließlich für die befindlichkeits- gestörte Masse gut ist. Wir checken- up, erkennen früh und beraten, was das Zeug hält, den Bürger, der schon vorher weiß, was er nicht hat. Für den wahrhaftig kranken Menschen bleibt keine Zeit. Wird sich aber et- was ändern? Wir alle stecken drin im System und müssen davon leben.

Die Politik, vor allem in Deutsch- land, ist zersetzt durch versteckten Lobbyismus und Vorteilsnahme in allen Kreisen. Das Gesundheitswe- sen ist ein Markt, in dem Kosten- und Entscheidungsträger vor allem PR mit zum Teil zweifelhaften Vor- sorge- und Früherkennungsleistun- gen an gesunden Menschen machen.

Leitlinien werden meist von den berühmten „bezahlten Mäulern“ ge- macht und als unabhängig erstellt gepriesen. Medizin wird einer tota- len „Verwissenschaftlichung“ unter- worfen. Der Patient als kranker Mensch in seinem sozialen Kontext ist nahezu nicht mehr existent und schon lange nicht mehr erwünscht.

Er kostet zu viel Zeit, die mittler- weile nicht einmal mehr vergütet wird. Die Ärzteschaft ist träge, un- willens zum wirklichen Zusammen- schluss und Protest. Jeder sieht nur noch den schnell noch erhaschten Profit, und die meisten denken da- bei, dass sie eh’ in ein paar Jahren aufhören. Ich als junger Kollege se- he die Patienten zu Opfern einer langsam zur Dienstleistung verkom- menden Heilkultur werden. Ich kann wirtschaftlich davon leben, bin ich

doch das sinkende Angebot bei stei- gender Nachfrage. Ärztlich gesehen halte ich dies für falsch, aber leben werde ich damit . . .

Michael Timphus,Vogtstraße 8, 49393 Lohne

Kleine Ungenauigkeit

. . . Diesen Artikel sollten insbeson- dere unsere Gesundheitssystempla- ner lesen – sehr lohnenswert. Eine kleine Ungenauigkeit will ich nur an- merken. Herr Kamps berichtet: „In Deutschland sterben 80 Prozent aller Menschen im Krankenhaus . . .“ Die Zahl ist so nicht richtig und liegt deutlich darunter – wenn damit im- mer noch zu hoch. Der einzige Ster- beort in Deutschland, zu dem es ge- naue Zahlen gibt, ist der im Kran- kenhaus, und da beträgt die Rate über die letzten Jahre relativ stabil um 47 Prozent . . .

Dr. Steffen Simon, MD,

ipac – Institute of Palliative Care GmbH, Uferstraße 20, 26135 Oldenburg

Glückwunsch

Glückwunsch zum Beitrag des Kol- legen Harald Kamps! Die pointierte Beschreibung des deutschen Ge- sundheitswesens ist exzellent, seine Forderungen nach Veränderungen sind folgerichtig und vermutlich so- gar kostensenkend. Sie sollten den Beitrag allen Gesundheitspolitikern übermitteln. In Diskussionen sollte darauf Bezug genommen werden!

Ich fürchte jedoch, die große Gruppe der „kranken Gesunden“ würde die geforderten Veränderungen in unse- rem Gesundheitswesen verhindern.

Ihr Widerstand gegen die Bewusst- werdung der Rolle lebensgeschicht-

licher und aktueller psychischer Be- gründungen für ihre Beschwerden ist aus individuellen Gründen schon sehr hoch und wird noch bestätigt durch den Zeitgeist (alles ist mach- bar/manipulierbar) . . . Die „kranken Kranken“ haben längst bemerkt, wie schlecht es um ihre Versorgung steht.

Dr. med. Ortwin Schmidt,

Paul-Schneider-Straße 17, 35428 Langgöns

ADHS

Die KBV präsentierte einen Vertragsent- wurf, um die Versor- gung von Kindern zu verbessern (DÄ 23/

2008: „Kinder mit ADHS: Bessere Ver- sorgung mit vernetzten Teams“).

Auch für Erwachsene

Sie berichten vom Vertragsentwurf der KBV, der vorsieht, dass bei ADHS zur multimodalen Behandlung auch die Zusammenarbeit mit Logo- therapeuten gehören soll. Aus meiner Praxis kann ich das auch für die Ar- beit mit Erwachsenen nur unterstüt- zen. Denn gerade mit den Spielarten der logotherapeutischen Technik der paradoxen Intention und der Derefle- xion ist in einem behandlungsüber- greifenden Konzept gut zu arbeiten.

Pater Vinzenz Ganter,Herz-Jesu-Kloster, 67405 Neustadt

Optimierte Versorgung?

Das Vertragsmodell der KBV ent- spricht verblüffenderweise bereits heute nicht mehr dem international

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Klinisch scheinen sich für umschriebene Augmen- tationen (Sinuslift, GBR) keine Auffällig- keiten zu ergeben, während umfangrei- che Augmentationen bei Patienten mit

„Das Nie- renportal ist ein Schritt in Richtung Transparenz, Komfort und Patien- tenzufriedenheit.“ Stellen die Ärzte neue Informationen oder Befunde im Portal ein, erhalten

Der Zwang zur Durchführung derartiger Studien kann aber auch von einer aufgeklärt-kriti- schen Ärzteschaft ausgehen, die als Grundlage für das Rezeptieren

In der Literatur finden sich im- mer wieder Hinweise auf die Ent- wicklung eines gastrointestinalen Karzinoms bei Patienten mit einem Peutz-Jeghers-Syndrom (Pigment-

Weil Patienten meistens nicht er- kennen können, dass es sich um ge- fälschte Medikamente handelt, ist es wichtig, die Schamgrenze bei Pa- tienten über 60 Jahre mit Potenz- problemen

Nach einem Jahr waren 2,1 % der Patienten mit symptomatischer atherothrombotischer Erkrankung und 1,5 % der Patienten mit mindestens drei kardiovaskulären Risikofaktoren an

Um zu vermeiden, dass Patienten mit RPE65-Mutationen und einer spä- ten, milden Form der Erkrankung nicht auf diese Mutation getestet werden, sollten diese Erkrankungen besser unter

Doch die rus- sischen Migranten haben ihre Ärzte nicht als gestresst und kurz angebunden in Erinnerung behalten, sondern als Menschen, die immer für sie da waren.. Die Tatsache,