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Archiv "Brustabszess nach Brustwarzenpiercing: Schlusswort" (04.08.2003)

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Hierauf ist zu erwidern, dass die Ge- setzliche Krankenversicherung nicht für kosmetische Maßnahmen und kos- metische Operationen zuständig ist. Sie darf diese nicht bezahlen. Wenn kosme- tische Eingriffe keine Leistungen im Sinne der kassenärztlichen Versorgung und der Gesetzlichen Krankenversiche- rung sind, dürften nach menschlichem Ermessen die Krankenkassen auch ent- sprechende Arzneimittel und Behand- lungen von Komplikationen nicht be- zahlen.

In dem zitierten Artikel (6) wurde der Titel bestens gewählt: „Unterschätz- te Gesundheitsprobleme eines Mode- phänomens“. Ich denke, dass mit dieser Wortwahl im Titel bereits die eigentli- che Antwort auf die im Text gestellte Frage vorweggenommen wurde: Pier- cingkunden sollten für die Folgen des Piercings in Regress genommen wer- den. Nur die eindeutige privatärztliche Zuordnung dieser Dinge wird genügend Druck auf die entsprechenden Men- schen ausüben, schon im Vorfeld – im Sinne von mehr Eigenverantwortung – über mögliche Folgeprobleme nachzu- denken.

Dr. med. Michael Jaumann KV Nord-Württemberg Albstadtweg 11 70567 Stuttgart

Schlusswort

Zum Leserbrief des Kollegen Jaumann lässt sich anmerken, dass es in Zeiten zunehmender Rationierung von Ge- sundheitsleistungen in der täglichen klinischen Praxis einen Kliniker natür- lich schmerzt, wenn kostbare finanziel- le Ressourcen, die zum Teil bereits in der Behandlung von Tumorerkrankun- gen fehlen, für die Behandlung von vermeidbaren Infektionserkrankun- gen nach „kosmetischen Eingriffen“

am Körper verwendet werden. Ein Ausschluss dieser Leistungen und da- mit die Kostenübernahme von Infekti- onsfolgen nach Piercing durch den Gepiercten selbst kann nur im Kon- sens aller Leistungserbringer und mit gesetzlicher Unterstützung erfolgen.

Andererseits argumentieren Piercer wie Piercingkunden nicht zu Unrecht,

dass es in unserer Gesellschaft vielfäl- tige fahrlässige oder gar vorsätzliche gesundheitsschädigende Verhaltens- weisen wie Nikotinabusus, Adipositas oder auch überhöhte Geschwindigkeit gibt, wobei diejenigen auch nicht die Kosten für die Folgen ihres Verhaltens übernehmen müssten. Die Grenzen zu ziehen fällt schwer, noch schwerer sie konsensfähig zu formulieren und um- zusetzen.

Eine Auseinandersetzung mit un- sachlicher Kritik mag schwer fallen, ist aber – auch wenn es nur eine Einzel- meinung ist – um der Sache willen not- wendig. Denn wenn Herr Kollege Paw- lak sich durch den Artikel nur „belus- tigt“ gefühlt hat, hat er das Problem leider nicht erkannt. Wir haben drei Fälle von Brustabszess nach Brust- warzenpiercing gesehen und publiziert (4); von Herrn Pawlak ließ sich keine Publikation dazu finden.

Piercing ist real, findet in zuneh- mender Zahl in unserer Gesellschaft statt, und die Infektionsprobleme sind nur allzu offensichtlich massiv unter- dokumentiert, wie die vielen E-Mails von Kollegen aus dem gesamten deut- schen Raum mit Fallbeispielen von über sechsmonatigen Krankheitsver- läufen oder fünf konsekutiven Ope- rationen deutlich machen. Gepiercte lassen, wie im Rahmen des Artikels nachgewiesen wurde, zu viel Zeit nach einer wahrgenommenen Infek- tion verstreichen, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Der Grund darin liegt oft in der vermuteten oder befürchteten Ablehnung oder gar Schuldzuweisung an die Gepiercten durch das Gesundheitssystem (3).

Diesen Befürchtungen gilt es entge- gen zu wirken, damit Piercinginfek- tionen adäquat und zügig in ärzt- licher Hand behandelt werden.

Die Aussage „Ich persönlich bin der Meinung, dass circa 70 bis 80 Prozent der zurzeit angemeldeten Studios unter mangelhaften hygienischen Vorausset- zungen arbeiten“, stammt übrigens von Arno Raths, dem stellvertretenden Vor- sitzenden der zitierten 1. Organisation Professioneller Piercer (1. OPP e.V.) (6). Dem steht die Aussage von Herrn Pawlak, „begrenzte Erfahrung“, und dass „viele Studios inzwischen über bessere hygienische Ausstattung und

Dokumentation verfügen als Arztpra- xen“ entgegen. Gerade der Punkt Do- kumentation ist offensichtlich bei Pier- cingstudios ein Problem: Nicht nur, dass wie bei meinen Patientinnen keine Quittung für die Piercingdienstleistung ausgestellt wurde (Brutto gleich Netto- einnahme!), sondern das im Infektions- fall die Klage einer Kundin mit einem

„Beweisen Sie erst mal, das Sie bei uns waren!“ quittiert wurde. Bei Klagen auf Ärztefehler in der kosmetischen Chir- urgie gibt es solche Dokumentations- probleme nicht.

Die Kontrolle auf Piercing und mögliche Komplikationen erscheint mir im Gegensatz zur Meinung von Herrn Pawlak sinnvoll, da ich aus mei- nem Eid des Hippokrates (2) herausle- se, Schaden – auch und gerade präven- tiv – von meinen Patienten zu wenden.

Mit demselben Recht steht es einem praktizierenden Arzt und Chirothera- peuten zu, Patienten auch ungebetene Ratschläge zu geben.

Die Durchführung von Piercings durch Ärzte analog zu den Empfeh- lungen des Deutschen Arbeitskreises für Krankenhaushygiene (AWMF- Leitlinie [1]) kann zwar für optimale Bedingungen bei der Durchführung des Piercings sorgen, kann aber Infek- tionen im Wundheilungsverlauf – bei 70 Prozent der Patienten trat eine Brustinfektion erst zwischen dem vier- ten und zwölften Monat nach Piercing auf! – nicht verhindern. Der Arzt, der Piercings durchführt,verantwortet so- mit auch das langfristige Infektionsri- siko, das bei prolongierter Wundhei- lung über viele Monate bestehen kann. Den Satz „keine Durchführung von unnötigen kosmetischen Eingrif- fen durch Ärzte“ halte ich durchaus für konsensfähig. Was dies allerdings mit „Gerechtigkeit den Piercern ge- genüber“ zu tun hat, bleibt mir trotz mehrmaligen Lesens unverständlich.

Wenn ein Arzt operativ tätig ist, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, sich in regelmäßigen Abständen – analog zu den betriebsärztlichen Un- tersuchungen, die für mich in meiner Klinik regelmäßig durchgeführt wer- den – auf HIV, HBV und gegebenen- falls HCV testen zu lassen. Und wenn nicht aus Eigeninteresse, dann zumin- dest zum Schutz der Patienten bezie- M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 31–324. August 2003 AA2091

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M E D I Z I N

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A2092 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 31–324. August 2003

hungsweise der Partnerin oder des Partners. Eine Hepatitis-B-Infektion durch Piercing in Deutschland (5) dürfte sicher nicht die Einzige sein.

Literatur

1. Deutscher Arbeitskreis für Krankenhaushygiene:Anfor- derungen der Hygiene beim Tätowieren und Piercen.

AWMF-Leitlinie Nr. 029/024. HygMed 2000; 25: 142–

144. www.awmf-online.de

2. Eid des Hippokrates. www.uni-heidelberg.de/institu- te/fak5/igm/g47/bauerhip.htm (29. 4. 2003) 3. Ferguson H: Body piercing. BMJ 1999; 319: 1627–1629.

4. Jacobs VR, Golombeck K, Jonat W, Kiechle M: Drei Fall- beispiele von Brustabszess nach Brustwarzenpiercing:

Unterschätzte Gesundheitsprobleme eines Modephä- nomens. Zentralbl Gynäkol 2002; 124: 378–385.

5. Krause H, Bremerich A, Sztraka M: Komplikationen nach Piercing im Mund und im Gesicht. Mund Kiefer Gesichtschir 2000; 4: 21–24.

6. Raths A: Webseite: www.eurostyle.de/Publikationen/

Arzte_Forum_2001/arzte_forum_2001.html (29. 4. 2003)

Dr. med. Volker R. Jacobs

Frauenklinik der Technischen Universität München Issmaninger Straße 22, 81675 München E-Mail: volkerjacobs@hotmail.com

Kritisch hinterfragen

Patienten mit schwerer autonomer Dys- funktion infolge einer Multisystematro- phie können häufig nur wenige Sekunden oder Minuten stehen, bevor Symptome auftreten.Die Behandlung der orthostati- schen Hypotonie kann die Lebensqua- lität erheblich verbessern. Einige der the- rapeutischen Empfehlungen von Wüllner und Klockgether müssen jedoch kritisch hinterfragt werden. Die Autoren schla- gen eine Therapie mit 10 mg Midodrin

dreimal täglich vor. Diese Dosierung ist für die Mehrzahl der Patienten mit schwerster autonomer Dysfunktion zu hoch gewählt und könnte einen bedrohli- chen Blutdruckanstieg verursachen. Der Verlust der autonomen Regulation führt dazu, dass Patienten mit schwerer or- thostatischer Hypotonie extrem empfind- lich gegenüber Substanzen sind, die eine Änderung des Gefäßtonus verursachen (3). Bei einigen Patienten steigt der Blut- druck bereits nach Einnahme von 5 mg Midodrin um deutlich mehr als 50 mm Hg an. Neben Midodrin können andere preiswerte und im Gegensatz zu L-DOPS (L-Dihydroxyphenylserin) leicht verfüg- bare Substanzen, wie zum Beispiel Etile- frin, Yohimbin und Indomethacin, einge- setzt werden (1). Da das Ansprechen von Patient zu Patient unterschiedlich ist, muss die Dosierung der jeweiligen Sub- stanz vorsichtig titriert werden. Die Ein- nahme der Medikation sollte am Morgen und gegebenenfalls noch einmal am Mit- tag oder frühen Nachmittag erfolgen.

Eine Einnahme am späten Nachmittag oder Abend, wie von den Autoren emp- fohlen, könnte die Hypertonie im Liegen während der Nacht verstärken. Fludro- cortison sollte als Mittel der zweiten Wahl angesehen werden, weil es die nächtliche Hypertonie verstärken kann. Dosierun- gen von 0,1 bis 0,2 mg/Tag reichen in der Regel aus.Wichtig erscheint der Hinweis, dass Fludrocortison erhebliche Hypoka- liämien verursachen kann. Regelmäßige Kontrollen der Elektrolyte und gegebe- nenfalls Kaliumsubstitution sind notwen- dig. Die Autoren schlagen die Gabe von Desmopressin zur Reduktion der nächt- lichen Urinproduktion vor. Bei Patien- ten mit orthostatischer Hypotonie beruht die verstärkte nächtliche Urinproduktion auf einer vermehrten Natriumausschei- dung (2, 5). Eine exzessive Natriumaus- scheidung wird durch die Gabe von Des- mopressin nicht verhindert. Außerdem könnte die Gabe von Desmopressin zu ei- ner weiteren Zunahme des Blutdrucks im Liegen führen (4).

Literatur

1. Jordan J, Shannon JR, Biaggioni I et al.: Contrasting ac- tions of pressor agents in severe autonomic failure.Am J Med 1998; 105: 116–124.

2. Jordan J, Shannon JR, Pohar B et al.: Contrasting effects of vasodilators on blood pressure and sodium balance in the hypertension of autonomic failure. J Am Soc Nephrol 1999; 10: 35–42.

3. Jordan J, Tank J, Shannon JR et al.: Baroreflex buffering and susceptibility to vasoactive drugs. Circulation 2002;

105: 1459–1464.

4. Mohring J, Glanzer K, Maciel JJ et al.: Greatly enhanc-ed pressor response to antidiuretic hormone in patients with impaired cardiovascular reflexes due to idiopathic orthostatic hypotension. J Cardiovasc Pharmacol 1980;

2: 367–376.

5. Wilcox CS,Aminoff MJ, Penn W: Basis of nocturnal polyu- ria in patients with autonomic failure. J Neurol Neurosurg Psychiatry 1974; 37: 677–684.

Priv.-Doz. Dr. med. Jens Jordan Dr. med. Jens Tank

Synkopen- und Hypotoniesprechstunde Franz-Volhard Zentrum für Herz-Kreislaufforschung Charité Campus Buch

Wiltbergstraße 50, 13125 Berlin

Schlusswort

Wir danken für die Anmerkung, in der hingewiesen wird, dass die medika- mentöse Therapie eines Symptoms bei der Multisystematrophie ein anderes verschlechtern kann. Daher müssen je- weils im Einzelfall Nutzen und mögliche Nebenwirkungen eines Medikamentes sorgfältig beachtet werden. So sollten al- le blutdrucksteigernden Medikamente vorsichtig titriert werden. Midodrin be- ginnend mit ein- bis zweimal 2,5 mg, wobei in einer neueren Doppelblindstu- die bei der Mehrzahl der Patienten mit schwerem autonomen Versagen letzt- lich zwei- bis dreimal 10 mg notwendig waren, was auch unserer Erfahrung ent- spricht (1). Bei schwerer nächtlicher Hypertension sollte keine abendliche Gabe erfolgen und die abendliche Gabe von Fludrocortison (Astonin H) oder Desmopressin ist in diesem Fall natür- lich auch nicht sinnvoll. Ganz ähnlich muss auch der Einsatz von Antidepres- siva mit anticholinergen Nebenwirkun- gen sorgfältig abgewogen werden: Zwar kann durch die detrusorrelaxierende Wirkung die Miktionsfrequenz gesenkt werden, dies kann bis zum Harnverhalt führen und verstärkt die Obstipations- neigung.

Literatur

1. Wright RA, Kaufmann HC, Perera R, Opfer-Gehrking TL, McElligott MA, Sheng KN, Low PA:A double-blind, dose- response study of midodrine in neurogenic orthostatic hypotension. Neurology 1998; 51: 120–124.

Priv.-Doz. Dr. med. Ullrich Wüllner Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Bonn Sigmund-Freud-Straße 25, 53105 Bonn

zu dem Beitrag

Klinik und Therapie der Multisystematrophie

von

Priv.-Doz. Dr. med. Ullrich Wüllner

Prof. Dr. med. Thomas Klockgether

in Heft 07/2003

DISKUSSION

Referenzen

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