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Archiv "Schwangerschaftsabbruch: Memmingen, zum Letzten" (16.06.2000)

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A-1625

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Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 24, 16. Juni 2000

D

as Bundesverfassungsge- richt hat die Verfassungs- beschwerde von Dr. Horst Theissen, ehedem Gynäkologe in Memmingen, gegen die Verurtei- lung wegen Schwangerschaftsab- bruchs nicht zur Entscheidung an- genommen. Damit hat die Justiz ihren Schlussstrich unter einen der umstrittensten „Abtreibungs- prozesse“ der alten Bundesrepu- blik gezogen. Memmingen bleibt gleichwohl in der Erinnerung.

Theissen war 1989 wegen ei- ner Vielzahl von Schwanger- schaftsabbrüchen verurteilt wor- den. Sicherlich zu Recht, wenn man die damalige Gesetzeslage streng auslegte. Der eigentliche Memminger Skandal war indes die Prozessführung. Das Gericht ver-

las die Namen von 156 Patientin- nen, die bei Dr. Theissen hatten abtreiben lassen. In einem quälen- den, 62 Verhandlungstage währen- den Prozess wurden alsdann 79 dieser Patientinnen vorgeführt.

Der außenstehende Beobachter hatte den Eindruck, neben Theis- sen säßen auch jene Patientinnen, die als Zeuginnen geladen waren, auf der Anklagebank.

Nebenbei erfuhr die erstaunte Öffentlichkeit, dass die Staatsan- waltschaft die Unterlagen über die Schwangerschaftsabbrüche von der Steuerfahndung bekommen hatte. Die hatte die Kartei mit inti- men Daten von 1 390 Patientinnen beschlagnahmt und an die Kol- legen von der Staatsanwaltschaft weitergereicht.

Der Memminger Prozess lief, als die Debatte über die Reform des § 218 auf dem Höhepunkt war.

Er hat viel zur Vergiftung des Kli- mas beigetragen. Er hat zudem das platte Vorurteil bekräftigt, es gäbe in Deutschland in Sachen Abtrei- bung ein Nord-Süd-Gefälle und in Bayern gingen die Uhren anders.

Das ist nunmehr Geschichte.

Das Bundesverfassungsge- richt hat sich für seinen Beschluss Zeit gelassen. Die Begründung, die dieser Tage geliefert wurde, ist schlicht, dafür hätte es keiner acht Jahre bedurft. Eigentlich ist auch das ein kleiner Skandal. Aber über solches regt sich niemand mehr auf. Die lahmende Justitia gehört zum alltäglichen Erscheinungs- bild. Norbert Jachertz

Schwangerschaftsabbruch

Memmingen, zum Letzten

E

s sei leichter, Probleme zu lösen, als mit ihnen zu leben, hat der französische Philo- soph Pierre Teilhard de Chardin einmal behauptet. Auf die Ge- sundheitspolitik trifft das nicht zu – mit Problemen und Ungereimthei- ten lässt es sich zuweilen jahre- lang leben. Jüngstes Beispiel: Der Deutsche Städtetag verlangt, dass alle Sozialhilfeempfänger in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einbezogen werden. Bei etwa 580 000 Empfängern von Hil- fe zum Lebensunterhalt, also etwa 20 Prozent, sei das nicht der Fall, erklärte die Frankfurter Oberbür- germeisterin Petra Roth. Sie ist Vi- zepräsidentin des Städtetages.

Roth kritisierte, dass derzeit die Ausgaben der Kommunen für die Krankenhilfe dieser Sozialhil- feempfänger nicht in die Budgetie- rung der Behandlungskosten ein-

bezogen seien. Dem Arzt drohe kein Regress bei zu aufwendiger Behandlung. Die Politikerin warf den Ärzten nicht pauschal vor, dies auszunutzen. Sie verwies aber auf Berichte mit dem Tenor, manche Sozialhilfeempfänger bekämen ei- nen umfassenderen Schutz als Ar- beitslose.

Ein altbekanntes Thema? So ist es. Der frühere Bundesgesund- heitsminister Horst Seehofer hatte versucht, zum 1. Januar 1997 die Pflichtversicherung von allen So- zialhilfeempfängern einzuführen.

Doch über die Höhe der Beiträge gab es Debatten. Die Krankenkas- senverbände und die Kassenärztli- che Bundesvereinigung (KBV) be- fürchteten einen weiteren „Ver- schiebebahnhof“ zulasten der GKV.

Die KBV wies zudem darauf hin, dass die Kosten für den Kran- kenversicherungsschutz von Sozial-

hilfeempfängern von der gesamten Gesellschaft zu tragen seien.

Zur Umsetzung von Seeho- fers Plänen kam es nicht. In dem nun von Andrea Fischer geführten Bundesgesundheitsministerium heißt es, eine interne Arbeitsgrup- pe habe sich der Sache angenom- men – Ende offen. Wenn es dazu kommen sollte, wird ein neuer An- lauf schwierig. Kommunen wie Krankenkassen sind nach wie vor knapp bei Kasse. Das Argument, der Krankenschutz von Sozialhil- feempfängern sei eine gesamtge- sellschaftliche Aufgabe, ist noch zutreffend. Dennoch: In der GKV sind rund 90 Prozent aller Bundes- bürger versichert. Die Sozialhilfe- empfänger wären dort richtig an- gesiedelt, sofern die Beiträge, von den Kommunen aus Steuergeldern bezahlt, für sie realistisch ange- setzt würden. Sabine Rieser

Sozialhilfeempfänger in die GKV

Lösung nicht in Sicht

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