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Archiv "AIDS-Statistik 30. September 1988: Nochmals: Zahlen über AIDS" (23.02.1989)

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Wenn selbst der Koordinations- ausschuß deutscher Pathologen als Möglichkeit der klinischen Obduk- tion die Epidemiologie nennt, ist da- mit bereits eine ärztliche Indikation zum generellen HIV-Test gegeben.

(Unabhängig davon mehren sich die Meldungen der Schmierinfektionen beim Pflegepersonal, so daß prophy- laktisch auf umfassende Information über das Obduktionsgut geachtet werden sollte. — Zuletzt in der Infor- mationsmappe des Berufsverbandes Deutscher Pathologen e. V. 8.0.0., Seite 3 bis 6 — Stand 1. Juli 1987).

Aus dem traditionellen Hintergrund der klinischen Obduktion mit dem Ziel der individuellen Klärung des Krankheitsbildes ergibt sich kein Ar- gument gegen den HIV-Test. Viel- mehr ist unser Blick über die tradier- ten Zielsetzungen hinaus zu erwei- tern. Auch aus der unterschiedlichen Struktur der Todesfälle in der Rechtsmedizin und Pathologie ergibt sich kein Gegenargument; die Struk- tur muß jeweils bei der Auswertung durch geeignete Parameter faßbar gemacht werden.

Der Einwand des fehlenden Adressaten berücksichtigt gerade nicht, daß in meiner Publikation die Ausdehnung der Laborberichtsver- ordnung als wünschenswert ange- sprochen worden ist und damit das Bundesgesundheitsamt Adressat wä- re. Überdies stellt sich im Rahmen der Forschung die Frage nach einem Adressaten nicht vordringlich.

Im Gegensatz zum Behand- lungsverhältnis zwischen Patient und Arzt kann selbstverständlich ein Verstorbener den Obduzenten nicht mehr von einer wie auch immer gear- teten Schweigepflicht entbinden. In jedem Fall muß eine Güterabwägung vorgenommen werden. Es ist deshalb keine Lösung, dem Arzt im Todesfal- le seines Patienten die Bewirkung des HIV-Tests in Einzelfällen zu überlassen.

Abschließend sei bemerkt, daß sich in den pathologischen Instituten die Autolyse kaum als Problem der Testsicherheit darstellen dürfte. In den übrigen Fällen ist das Problem na- türlich nicht mit der Subklavia-Punk- tion gelöst. Es sei die Frage erlaubt,

warum nicht auf diesem Wege Er- kenntnisse über die Zustandsverän- derungen gewonnen werden sollten.

Ein Umdenken beim Koordina- tionausschuß deutscher Pathologen kann der AIDS-Forschung nur dien- lich sein.

in Heft 44 vom 3. November 1988

Die Art, in der vom AIDS-Zen- trum beim Bundesgesundheitsamt ( = BGA) — Epidemiologie — Zahlen über AIDS veröffentlicht werden, war bereits einmal Gegenstand einer kleinen Publikation in dieser Zeit- schrift (DÄ 83 Heft 13 1986). Die in Heft 44/1988 erschienene „AIDS- Statistik 30. September 1988" gibt Anlaß zu einer nochmaligen Stel- lungnahme.

In Tabelle 1 dieser Mitteilung finden sich folgende Aussagen: Seit dem 1. Januar 1982 wurden im Bun- desgebiet, einschließlich Berlin, 2488 Fälle von AIDS beim BGA regi- striert, das sind „40,8 AIDS-Fälle seit 1982 pro 1 Mio. Einw.". Diese Daten liegen in gleicher Weise auf- geschlüsselt für die einzelnen Län- der 'Lind Berlin vor.

Es ist also weiter aufaddiert und für eine Periode von 7 3/4 Jahren ein Relativwert, je Million, angegeben.

Um die Problematik, die sich hier verbirgt, etwas zu verdeutlichen, werden zwei Beispiele gebracht:

1. Es besitzt jemand ein mit 5 Prozent festverzinsliches 1000-DM- Papier. Das bringt pro Jahr 50 DM Zinsen, in fünf Jahren demnach 250 DM. Darf sich der Besitzer nunmehr als glücklicher Eigner eines 25-Pro- zenters betrachten?

Prof. Dr. Jarmila Dufkovä Ärztin für Rechtsmedizin und Pathologie

Zentrum der Rechtsmedizin im Klinikum der Universität Kennedyallee 104

6000 Frankfurt am Main 70

2. Es starben von 1982 bis 1986 in der Bundesrepublik jeweils insge- samt:

1982 1983 1984 1985 1986 zusammen

715 857 718 337 696 118 704 296 701 832 3 536 440 Betrug nun in dieser Zeit die Mortalität in der Bundesrepublik je 100 000 5791 — womit sie weit über den ungünstigsten Werten eines je- den Entwicklungslandes liegen wür- de — oder 1154, wie es sich als gewo- gener Durchschnitt errechnet?

Das Vorgehen des BGA gleicht der 25-Prozenter-Mentalität oder der Super-Mortalität in den beiden Beispielen. Es ist einfach falsch, die für 73/4 Jahre aufaddierte Fallzahl auf die Bevölkerung nur eines Jahres zu beziehen. Die in der Tabelle 1 enthaltenen Relativzahlen sind dem- nach um den Faktor 7,75 zu hoch.

Die durchschnittliche Registrie- rungsrate pro Jahr, und nur dies ist ein akzeptabler Wert, belief sich auf 5,26/1 000 000. Um den gleichen Faktor sind auch die Länderwerte zu korrigieren.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hinter dem hartnäckigen Festhalten an der fal- schen Bezugsgröße System steckt. >

I Schlußwort

I Nochmals: Zahlen über AIDS

AIDS-Statistik

30. September 1988

Morbiditäten und Mortalitäten werden seit langem auf 100 000 Ein- wohner angegeben. Wir bringen daher eine kritische Stellungnah- me des erfahrenen Epidemiologen Professor Neumann und gleich- zeitig eine Stellungnahme des Bundesgesundheitsamtes zu diesem Komplex. Rudolf Gross

A-468 (52) Dt. Ärztebl. 86, Heft 8, 23. Februar 1989

(2)

40,8 beeindruckt mehr als 5,26. In diese Richtung weist auch die weite- re Verwendung der Million im Ge- gensatz zu den sonst in der Gesund- heits- und Bevölkerungsstatistik weit üblicheren Hunderttausend. Mit 0,526 kann man wesentlich weniger Aufmerksamkeit erringen und nur schwerer erhebliche zusätzliche Mit- tel erhalten als mit 40,8.

Es gibt noch andere Einwände gegen die statistische Aufarbeitung der AIDS-Zahlen durch das BGA.

In Tabelle 3 wird die Zahl der „Ho- mo- oder bisexuellen Männer" auf die Gesamtzahl der Fälle bezogen, also auf Männer und Frauen. Da Frauen aber mit Sicherheit in dieses Kollektiv nicht hineingehören, ist es nicht korrekt, sie bei der Berechnung des Anteils zu berücksichtigen. Be- zugsgröße kann für das Kollektiv der homo- und bisexuellen Männer nur das der männlichen Patienten sein.

Der entsprechende Prozentwert lau- tet dann 76,8, das heißt, gut drei von vier männlichen AIDS-Patienten sind homo- oder bisexuell. Da die Verteilung auf Risikogruppen für die beiden Geschlechter zwangsläufig unterschiedlich sein muß, hat eine zusammengefaßte anteilsmäßige Be- rechnung für unisexuelle Risiken we- nig Sinn.

Mehr im Sinne eines Verbesse- rungsvorschlages sind die Ausfüh- rungen zu Tabelle 4 zu verstehen.

Hier sind, außer den nach Ge- schlechtern getrennten Absolutzah- len, für Lebensjahrzehnte Prozent- werte für die allerdings nicht aufge- führte jeweilige Gesamtzahl enthal- ten. Nun findet sich aber bei Män- nern der dichteste Wert von 30 bis 39 Jahren, danach von 40 bis 49 Jahren, bei Frauen dagegen 10 Jahre früher, das heißt, von 20 bis 29 Jahren und 30 bis 39 Jahren, auch sinkt bei ihnen danach die Zahl relativ stärker ab.

Diese geschlechtsspezifischen Al- tersunterschiede sind nicht ohne praktische Bedeutung; sie kommen aber bei der zusammengefaßten Ausweisung der Prozentwerte nicht zur Geltung.

Aufaddieren ist bei kleinen Zah- len für eine gewisse Zeit vertretbar, auch jetzt noch, wenn über Vertei- lungen nach Risikofaktoren, dem Lebensalter, der Art der klinischen

Erstmanifestation unterrichtet wer- den soll. Allerdings wird man auch hier allmählich zu verschiedenen Pe- rioden übergehen müssen, damit et- waige Trends rechtzeitig erkannt werden können.

Bereits in der ersten Mitteilung ist auf die Unzweckmäßigkeit hinge- wiesen worden, bei ansteigenden Werten den Durchschnitt zu benut- zen. Aus diesem Grund wäre es viel besser, wenn auch das BGA Jahres- zahlen absolut und relativ publizie- ren würde. Aus den Zahlen der Ta- belle 5 der besprochenen Mitteilung ergibt sich dann folgendes Bild für Absolutzahlen und Zugangsraten je Million:

1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988

0,21 0,70 2,03 4,98 8,71 15,03*

14,24**

* (errechnet nach der Bevölkerung von 1986)

** (dgl., nur I.—III. Quartal, bezo- gen auf die entsprechende Bevölke- rung).

Worauf es bei AIDS ankommt — die ansteigende Tendenz —, das ist zumindest bis 1987 klar und über- zeugend erkennbar. Dazu bedarf es doch keiner methodisch unzulässi- gen Verfahren. Wie es 1988 weiter- gehen wird, bleibt abzuwarten.

Selbst ein Stagnieren wäre nicht un- bedingt ein Beweis für das Fehlen ei- nes weiteren Anstieges Zumindest gleichwertig müßte die Leistungsfä- higkeit des Berichtssystems über- prüft werden.

Es würde dem Glauben an die Kompetenz des AIDS-Zentrums — Epidemiologie — beim BGA nur för- derlich sein, wenn die herkömm- lichen Regeln der Epidemiologie be- achtet würden.

Prof. Dr. med. Gerhard Neumann Urachstraße 3 7000 Stuttgart 1

Schlußwort

la

Für konstruktive Anmerkungen des kritischen Fachpublikums des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES

sind wir dankbar. Das AIDS-Zen- trum im Bundesgesundheitsamt be- müht sich, diesem Kreise die jeweils aktuellen Daten in einer interpre- tierbaren Form zur Verfügung zu stellen.

Tabelle 1 der kritisierten Veröf- fentlichung weist aus, daß seit 1982 pro Million Bundesbürger (bezogen auf die Einwohnerzahl von 1986) 40,8 Fälle aufgetreten sind. Die Be- zugsgröße eine Million Einwohner wurde von uns gewählt, da dies un- ter anderem der Veröffentlichungs- praxis der WHO bei AIDS ent- spricht.

Da auch von der WHO Inziden- zen seit dem Auftreten von AIDS- Fällen bezogen auf die Gesamtbevöl- kerung berechnet und publiziert werden, um damit eine regionale Vergleichbarkeit herzustellen, haben wir uns dieser Praxis angeschlossen.

Die angesprochene Problematik ist uns seit langem bewußt.

Professor Neumanns „gewoge- ner Durchschnitt" scheint uns nicht sonderlich hilfreich. Aus den von uns publizierten Daten ist leicht zu er- rechnen, wieviele bevölkerungsrela- tive AIDS-Fälle in den letzten 12 Monaten aufgetreten sind, nämlich 1488 : 2488 x 40,8 oder

1488:61000000x1000000 = 24,4 Darüber hinaus stehen dem an Verläufen interessierten Leser unse- re regelmäßigen Publikationen im Arzteblatt zur Verfügung.

Die Vorschläge hinsichtlich der Tabellen 3 und 4 werden in unserem Hause geprüft. Wir möchten Herrn Neumann an dieser Stelle für seinen konstruktiven Beitrag danken und möchten ihn dahingehend beruhi- gen, daß in unseren wissenschaft- lichen Auswertungen und Interpre- tationen der Entwicklung der AIDS- Erkrankungen Überlegungen der von ihm gemachten Art neben ande- ren durchaus Eingang finden.

Dr. med. Rita Bunikowski Dr. Dr. Josef Estermann AIDS-Zentrum

im Bundesgesundheitsamt

— Epidemiologie — Reichpietschufer 74 1000 Berlin 30

Dt. Ärztebl. 86, Heft 8, 23. Februar 1989 (57) A-469

Referenzen

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