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Göttliche Karriere eines syrischen Hirten

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Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Digitale Bibliothek des Sondersammelgebietes Vorderer Orient

Göttliche Karriere eines syrischen Hirten

Franke, Patrick Berlin, 1994

urn:nbn:de:gbv:3:5-78337

(2)

ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 182

Patrick Franke

Göttliche Karriere eines syrischen Hirten :

Sulaimän Mursid

(

1907 - 1946 )

und die Anfänge der Mursidiyya

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Patrick Franke • Sulaimän Mursiel

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ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN

BAND 184

begründet von Klaus Schwarz

herausgegeben von Gerd Winkelhane

KLAUS SCHWARZ VERLAG

BERLIN

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ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 182

Patrick Franke

Göttliche Karriere eines syrischen Hirten :

Sulaimän Mursid

(

1907 - 1946 ) und die Anfänge der Mursidiyya

K S KLAUS SCHWARZ VERLAG • BERLIN

1994

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Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Franke ,Patrick :

Göttliche Karriere eines syrischen Hirten :Sulaimän Mursid

(1907 - 1946)und die Anfänge der Mursidiyya / Patrick Franke . - Berlin :Schwarz ,1994

(Islamkundliche Untersuchungen ;Bd.182) ISBN3 -87997 -234-6

NE :GT

Alle Rechte vorbehalten .

Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages

ist es nicht gestattet ,das Werk oder einzelne Teile daraus nachzudrucken oder zu vervielfältigen .

© Gerd Winkelhane ,Berlin 1994 .

Klaus Schwarz Verlag GmbH,Postfach 410240, D -12112 Berlin ISBN3 -87997-234-6

Druck:Offsetdruckerei Gerhard Weinert GmbH,D -12099 Berlin

(10)

VORBEMERKUNG

Kurz bevorich im Oktober 1990 zu einem knapp einjährigen Studienaufent¬

halt nach Syrien aufbrach, erzählte mir HerrDr . Peter Bennstedt voneiner religiösen Minderheitnamens Muräidiyya, auf die er bei dialektologischen Forschungenim Gebiet von Slunfa (syrische Provinz Latakia ) gestoßen war . Von meinem Studienort Aleppo aus unternahm ich daraufhin mehrere Aus¬

flüge nach Latakia und in das Küstengebiet, um mehr über diese Religionsge¬

meinschaft inErfahrung zu bringen . Der wichtigste Fund bei diesen Recher¬

chen war ein Buch über die Lebensgeschichte ihres ersten Propheten und

"Gottes " Sulaimän Mur§id , dasaus der Feder eines lokalen Beamten namens

G . B .Dakar stammt . Die Informationen, die dieses Buch , dasich übesetzte

und für die vorliegende Arbeit auswertete, enthält , konnte ich im Laufe der Zeit durch einige im westlichen und arabischen Schrifttum verstreute Anga¬

ben ergänzen.

Um ein klares Bild von den Ursprüngen der Mur§idiyya entwerfen zu kön¬

nen , ist esnotwendig, auf einige religiöse und politische Rahmenbedingungen einzugehen, ohnedie der anfängliche Erfolg der Bewegung nicht zu erklären

wäre . Dazu gehören unter anderem dieReligion und Struktur der alawiti- schenGlaubensgemeinschaft sowie Besonderheiten der 28 Jahrelang wäh¬

renden französischen Herrschaft an der syrischen Küste . Es lag mir am Her¬

zen , Verzerrungen , die aus den allgemein negativen Einstellungen gegenüber

der "Sekte " herrührenkönnen , durcheine kritische Prüfung des Materials

herauszuarbeiten und kenntlich zu machen . Ein kurzer Essay über eigene Be¬

gegnungenmit Angehörigen der Muräidiyya sowie ein Überblick über die Quellenlage im westlichen und arabischen Schrifttum schienen mirals Ein¬

führung angebracht.

An dieser Stelle sei allen gedankt , die zum Gelingen dieserArbeit beitru¬

gen :die Studienstiftung des Deutschen Volkes ermöglichte durch ein großzü¬

giges Stipendium meinen Auslandsaufenthalt;Herr G . Saade ,ein angesehener Gelehrterin Latakia mit einer umfangreichen Bibliothek zur Geschichte der

Region , stellte mirdas Buchvon G . B .Dakar zur Verfügung;Herr Prof . Dr .

P . Heine und Herr Dr. J .Tubach gaben mir wertvolle Literaturangaben ; den Kontakt zu Herrn Saade verdanke ich Fabrice Balanche , einemfranzösischen

III

(11)

Forscher , dessen Gastfreundschaft ich in Latakia öfters genießen durfte und

mit demich mehrere gemeinsame Exkursionen insKüstengebirge unternahm; das Institut Francais des Etudes Arabesin Damaskus gewährte mir neben einer angenehmen Unterkunft ausgezeichneteArbeitsmöglichkeiten . Der größte Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Stefan Wild , der meine Arbeit von Anfang an aktiv betreute und immer mit gutem Rat zur Seite stand . Schlie߬

lich möchte ich noch meiner Frau Heikefür die zahlreichen Anregungen dan¬

ken , die sie mir während der Arbeit gab , und die unermüdliche Geduld , mit der sie meine verschiedenen Entwürfe korrigierte.

IV

(12)

INHALT

VORBEMERKUNG ... III Inhalt ... V Bemerkungenzur Umschrift ... IV

A . BEGEGNUNGENMIT DER MURSTOIYYA ... 1

B . DIE MURSlDIYYAIM SCHRIFTTUM ... 4

C . URSPRUNG UNDENTWICKLUNG DER MURSlDIYYA . . 11

I. Voraussetzungen ... 11

1. Die Religion der Alawiten ... 11

a) 'Allb .Abi Tälib und dieSeelenwanderung ... 12

b ) Initiation undGeistlichkeit ... 16

c ) Al -Hidr und der alawitische Volksglauben... 18

2. Die alawitische Gemeinde ... 23

a)Stammesgliederung... 23

b ) RituelleDifferenzen ... 25

3. ZurSituation imAlawitengebirge um das Jahr 1923 . . . . 29

a)Die wirtschaftlichen und sozialenVerhältnisse ... 29

b ) Französisches Mandat undAlawitenstaat ... 31

II . Die Lebensbahn des Sulaimän MurSid ... 34

1. DieSulaimün -Biographie des Gurg Butrus Dakar ... 34

2. Der Rabb von Gaubat Burgäl . Die Geschichte eines Aufstiegs . 39 a)Kindheit undJugend ... 39

b ) Die Berufung zumPropheten ... 41

c ) Die Inhalte der frühenBotschaft ... 45

d ) Zur zeitgenössischen Relevanz der frühenBotschaft .Nativismus . . . . 52

e)Vorstellungen göttlicher Inspiration undInkarnation ... 55

f) Wundertätigkeit undSegenskraft ... 61

V

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g )Fätih und der Wandel derEndzeitvorstellungen ... 64

h ) Die erstenErfolge ... 66

i) Der Umgang mit denGegnern ... 73

k ) Veränderungen anderFührungsspitze ... 77

1) Mögliche Gründe für die Wendeinder französischenHaltung ... 84

3. Vom Himmel auf dieErde ... 89

a ) Machtbündelung ... 89

(1) Sulaimän betrittdiepolitische Bühne ... 90

(2) Sulaimän als ra'ls ... 92

(3) Sulaimän als geistliches Oberhaupt ... 95

b ) Rund um den Vertrag von 1936 .Sulaimän und dieNationalisten . . . . 97

c ) Banditentum;Der StaatimStaate ... 104

d ) Das Regime Saukatal -cAbbäs ,Höhepunkt französischer Teilungspolitik? 111 e)Britisch -französische Interferenzen:Die SpearsMission ... 117

(1) Phase I :Konfrontation;Evans-Pritchardin Latakia ... 119

(2) Phase II:Niedergangder französischen Autorität ... 124

f)SulaimänsEnde ... 128

III . Muglb erneuertdie Gemeinde ... 133

Zeittafel ... 136

Quellenverzeichnis ... 138

1.Abkürzungen ... 138

2 .Schriftliche Quellen ... 138

3 .Interviews ... 144

4 .Bildnachweis ... 144

Anhänge 1.Karten ... 145

2 .Eine Hymne auf Sulaimän (D100 - 102) ... 153

3 . Abbildungen ... 157 BEMERKUNGEN ZURUMSCHRIFT

Grundsätzlich richteich mich nach dem Umschriftsystemder Deutschen Morgenländischen Gesell¬

schaft.Probleme ergaben sich lediglichbeider Retranskription europäischer Personennamen.Wo diese nichtin westlicher Literatur auffindbarwaren,blieb mir nichts anderesübrig , als zuraten.

Insolchen Fällen fügeich die arabische Schreibweise desNamens , inlateinischeGroßbuchstaben übertragen ,inKlammernbei .

VI

(14)

A

. BEGEGNUNGEN MIT DER MURSIDIYYA

Meine erste Begegnung mit "Muräiditen"- oder in ihrer eigenen Mundart MiriSdiyym - hatte ich in der Ghab -Ebene , in einem langgezogenen Dorf namensRasTf. Nachdem wir Begrüßungsworte ausgetauscht hatten , fragten sie mich nach meiner Meinung über Syrien , woraufhin ich mich lobend äu¬

ßerte und hinzufugte, daß ich die religiöse Vielfalt in Syrien äußerst reizvoll

fände . Es folgte die Frage , ob ich denn wüßte , was ihre 'ifa(Religionsge¬

meinschaft) sei . Als ich daraufhin antwortete : "Vielleicht die Muräidiyya? ", brachen sie in Begeisterungsstürmeaus und freutensich darüber , daß das Wissen über sie bis nach Europa gedrungen war . Bei einerEinladung zum

Mate-Tee , der sichin dieser Region großer Beliebtheit erfreut, hatte ich dann Gelegenheit , noch ein paar Fragenzu stellen . Sulaimän MurSid , sagten sie

mir , sei ihr Prophet gewesen , der unter dem französischen Mandat für Fort¬

schritt und Aufklärung kämpfte , auch Widerstand gegendie Franzosen leiste¬

te ,andererseits die Europäer liebte. Eines der auffallend selbstbewußt auftre¬

tenden Mädchen fügte nochhinzu , daß er auch für die Frauen gekämpft

habe , dann wurde das Gespräch aber in eine andere Richtung gelenkt , so daß meine weiterenFragen unbeantwortet blieben .

In der Folgezeit hörte ich dannvon verschiedenen Seiten einige der zahlrei¬

chen Geschichten,die inSyrien über Sulaimän MurSid 1kursieren: er sei ein französischerAgent gewesen undhabe , vonihnen mit allerlei technischen Hilfsmittelnausgestattet, in GaubatBurgäl , seinemHeimatdorf , mehrere

"Wunder" vollbracht, die die Bauern der Umgebung davon überzeugten , daß

er von Gott gesandt sei . Einige erzählten, daß er sogar als Gott verehrt und

ar -Rabb genannt wurde . Heute sei das Hauptfest bei den Muräiditen das °id

Zum Vornamen Sulaimän kommt die VarianteSalmän ,zum Nachnamen MurSid dieVariante al-MurSidvor .D hält sich zumeist andie Namensform Sulaimän MurSid und weicht nur selten davon ab(z . B .Salmänal -MurSidD4 ,Sulaimänal-MurSidD5 ) .Dagegenz . B .ZIRIKLl III112

undSAK CA308 :Salmän al-MurSid,HALIDI /FARRÜH 157 :Sulaimänal-MurSidusw.Salmän ,

das man mit Salmän al -FärisT in Verbindung bringen konnte,undal -MurSid, das alsreligiöser Titel verstanden werden konnte(vgl .untenAnm. 117 ) ,sind sicherlich jeweilsdie Formen ,die der Gestalt größere Bedeutung zukommenlassen.IndieserArbeit ,derichhauptsächlich Dzugrunde¬

lege ,habe ich mich für die Form Sulaimän MurSid entschieden.

1

(15)

2 Begegnungen mit der MurSidiyya

al -hulw(oder halwä) im Sommer , bei dem ingroßenMengen Kuchen und Süßigkeiten ausgeteilt würden .

Eine mit einem Belgier verheirateteAlawitin , die ich späterzufällig ken¬

nenlernte, stammt selbst aus öaubatBurgäl . Durch sie erfuhr ich von Sulai - mäns Sohn Muglb , der inden fünfziger Jahren die Glaubensgemeinde seines Vaters erneuerte , dann abervon syrischen Soldaten getötet wurde . Auch eine Reihe von murSiditischen Dörfern konnte sie mir nennen : al -Qanr , Dair

Mämä , Satha , cAin as -Saba c, al -Bärid, °Anämb , Mulüh , Huraibät , Zanyö ,

al -Balät , LTfTn, al -Bür , Farzlä , Bsarräma , alle in der unmittelbaren Umge¬

bung von öaubatBurgäl oder in der Ghäb-Ebene , nur Sulaimäns Heimatdorf selbst gehöreheute nicht mehr mit dazu .

Aus dem Gesprächmit einem alawitischen Scheich in Mitrkiyye(Matra -

kiyya) ging hervor, daß die MurSiditenvon alawitischer Seiteals hawärig al-

"alawiyya ( "die Abtrünnigen der Alawiten ") angesehen werden und nicht als

Muslime gelten . Ähnlich negativ waren die Urteile anderer Alawiten, die ich kennenlernte . Heiraten zwischen Alawiten und MurSiditen sollen nach Aus¬

sage von HäSim CUtmän ,einem alawitischen Gelehrten,sogar geächtet sein . Von den alawitischen Gefühlen des Mißtrauens, die sich gegen die MurSidiyya richten , blieb auch ich , der ichüber sie Befragungen anstellte , nicht ausgespart.

Im Sommer 1991 hatte ich dann Gelegenheit zu einer etwas intensiveren Begegnung mitMurSiditen . Bei einer Fahrradtour durch die höher gelegenen Gegenden des Alawitengebirges machte ich in einem kleinen Dorf namens Karm al -Macsarahalt und kammit einigen Bewohnern ins Gespräch. In ihren Häusernhingen Photos von Sulaimäns Söhnen Muglb , Säg! und an -Nüral -

MudT '. Einer von den Männern, der in Ostdeutschland einen Spuren¬

sicherungslehrgangbesucht hatte , lud mich zu sich nach Hause ein und gab mir so Gelegenheit, eine etwas solidere Vertrauensbasiszu schaffen , bevor

ich das Thema auf ihre Religion brachte . Darüber befragt , brachten sie mich

zu einem westlich gekleideten Mann namens AbüNäsir , der ineinem größe¬

ren Haus am unterenEnde des Dorfes wohnt und offenbar großes Ansehen

besitzt .Leider verlief das Gespräch mit ihm auf etwas unbefriedigende Wei¬

se :eine große Mengevon Neugierigen,die sich um uns versammelte, machte derartviel Lärm , daß ich mehrere Antworten nicht verstehen konnte , außer¬

dem machte sich Abü Näsir nach einer Frage , die ihm offensichtlich mißfiel , einfach aus demStaube . Dennoch konnte ich einiges notieren : die MurSi¬

diyya sei eine KorrekturbewegungQiaraka tashihiyya ) der cAlawiyya und habe sie von den fremden Einflüssen befreit , die im Laufe der Jahrhunderte

(16)

Begegnungen mit der MurSidiyya 3 auf sie eingewirkt hätten . Die MurSiditen seien nicht die Abtrünnigen , son¬

dern das Herz der 'Alawiyya (lubbal - alawiyya ) und unterschieden sich von den übrigenAlawiten dadurch, daßes bei ihnen weder Scheiche noch Grab¬

heiligtümergebe . Auch eineDefinition gab Abü Näsir mir an die Hand :

"DieMurSidiyya ist das Sich -Öffnen auf das uneingeschränkte Leben " ( al -

MurSidiyya hiya l -infitäh calä l -hayät al-mutlaqa ).

Bei späteren Gesprächenmit anderen Bewohnern des Dorfes , aus denen ein gewisser Gassän Näsir herausragte, konnte ich meine Kenntnisse über ihren Glauben ausweiten: SulaimänMurSid sei nur der Stammesgründer

(mu 'assisal - asira ) und habe die göttliche Erscheinung Mugibs vorbereitet . Muglbsei im übrigenauch der wiedergekehrte Jesus (cZs <3), allein die Chri¬

sten hätten ihn noch nichterkannt . Von Muglb sei eine ganze Reihe von Aussprüchen('aqwät) überliefert, die als höchste Glaubensquelle (al -margF

al - 'awwal) gelten , ihnen nachgeordnet seien Koran und Evangelium. Muglbs

Aussprücheseien zwar niedergeschrieben , allerdings für mich nicht zugäng¬

lich . Viele der MurSiditen scheinen siejedochauswendig zu können . Für die heutige Glaubensgemeinde ist Sägl , Muglbsjüngerer Bruder, das geistlicheOberhaupt. Er trägtden TitelImäm . Da mir die Bewohner von Karm al -Ma°sara seinen Aufenthaltsort abernicht verraten wollten , mußte ich ihn selbst suchen . Von einem syrischen Freund hatte ich schon vorher erfah¬

ren , daß es in der Nähe des Bahnhofs von Latakia eine Villa gebe , die von Sulaimäns Sohn bewohnt würde . Dort fragteich nach Sägl und wurde von einemjungenMann , den ich schon inKarm al -Ma csara kennengelernt hatte , hineingelassen . Ich warteteeine halbe Stunde in einem Vorzimmer , wurde dann ineinen großen Salon mit etwa40 Stühlengeführt , wo ich eine weitere Stunde allein wartete. Schließlich trat ein Mann von etwa60 Jahren ein ,mit kariertem Jackett , Schirmmütze und Sportschuhen, und setzte sich mirüber¬

eck auf einen etwas breitergebauten Stuhl.

Bei dieser"Audienz " ,die sich recht locker anließund drei Stunden dauerte, hatte ich die Gelegenheit, eine ganze Reihe von Fragen zu stellen . Einige der Antworten , die dieGeschichte der Muräidiyya betreffen , habeich in diese Arbeit einfließenlassen . Andere betreffen die heutigemurSiditische Glau¬

benslehreund könnten den Grundstock für eine weitere Arbeit liefern . Hier

soll nur eine Aussage des Imäms zitiert werden , die ich bemerkenswertfand . Zu dem Verhältnis zwischen der cAlawiyya und der Muräidiyyabefragt, sagteer : "Der Austritt der Muräidiyya aus der "Alawiyya ist wie der Austritt des Christentums aus dem Judentum. " (hurüg al -murSidiyyamin al -alawiyya mit) hurügal -masihiyya min al -yahüdiyya .)

(17)

B .

DIE MURSIDIYYA IM SCHRIFTTUM

Wenn auch einige Autoren , die überdie Muräidiyya berichten, ihren Werken religiöse Texte beifügen,die von den Anhängern dieser Bewegung stammen

sollen , 2 gibt es doch noch kein Dokument, geschrieben oder gedruckt , das ,

aus der Feder eines Anhängers stammend ,uns über die Selbstsicht und Moti¬

vierung der Muräidiyya unterrichten könnte . 3Deswegen müssen wir uns für dieAnfange der Mur§idiyya leider auf die Informationen beschränken , die Werkevon Außenstehenden , die teils "anti -murschiditisch " eingestellt sind , enthalten.

Die frühesten Nachrichten über die Bewegung liefert die politische Chronik der italienischen ZeitschriftOriente Moderno , inder internationale Presse¬

meldungen zuEreignissen und Entwicklungen im Mittleren Ostenausgewertet wurden. Ubaldo Faldati und Pietro Sfair berichten in kleinen Artikeln der Jahrgänge1924 /25 über das sensationelle Auftreten des neuen Propheten im Alawitengebiet und die grausamenMassaker, die durch seine Mission im Dorf al -°Äliyät bei Horns ausgelöst werden . Später , in den dreißiger Jahren, verfolgt Virginia VACCA den Lebensweg des Sulaimän Muräid weiter , wobei die Jahre 1937 -39 besondersgut dokumentiert sind , weil Sulaimän damals

mit seinen bewaffneten Anhängern im Alawitengebiet für zahlreiche Unruhen

sorgte .

Eine kurzeNachricht, die für die Frühzeit derBewegung von Bedeutung

ist , findet sich in dem historischen Werk Hitat aS-Säm ( "Berichte Syriens") des syrischenGelehrten Muhammad Kurd cAlI . 4 Innerhalb einerNotiz zu dem Massaker vonal - cÄliyät berichtet er von den Inhalten der Botschaft, mit der die MissionareSulaimäns in diesem Dorfe warben .

Eine Hymne auf Sulaimän befindet sich bei DAKAR100 - 102 ,ein Gebet auf seinen späterver- göttlichten Sohn MugTbbei§AK CA309f. MOOSA 528 erwähnt folgende murSiditischeGebete

1. süratas -sagda,2.sürat al - fath, 3. sürat al -macrifa,4. sürat ad -du°ä',5. süratal -iqtibäs, 6. sürat al -i°tiräf und 7 .sürat al - 'iqrär.

3 Das haben jedenfalls die Gespräche mit Säg! MurSid( 14 . 8 .91 ) und den Bewohnern vonKarm

al -Macsara ergeben.

4 KURDcALl III 231 .

4

(18)

Die MurSidiyyaim Schrifttum 5 EinigeZeit später erwähnt der französische Orientalist Louis MASSIGNON die Bewegung am Ende seines aus dem Jahre 1934stammenden"NusairT"- Artikels in der Enzyklopädie des Islams .5 Es ist allerdings nur ein Satz :

"Seit zehn Jahren versucht ein Hirte der 'Amämira, SlimanMur§id , eine

neue Sekte im Nordenvon Masyaf zu gründen."

Mehr Informationen enthält das Kapitel "Sleiman Meurched" indem zwei¬

bändigen Werk "Le Pays des Alaouites " des französischen Forschers Jacques Weulersse . Es ist eine ausführlichen Bestandsaufnahme allen Wissens, das der Autor überGeographie,Geschichte und Kultur des syrischen Küstenge¬

bietes zusammentragenkonnte .6 Als Forscher während der französischen Mandatszeit in Syrien , hat er die Geschichte des religiös und politisch aufge¬

stiegenen Hirten SulaimänMurSid unmittelbarmiterlebt , möglicherweise sogarmitgestaltet. Erschildert sie als einen besonderen Aspekt im sozialen Leben des syrischenKüstengebirges. Die von Sulaimän begründete Sekte sieht er als eine ernstzunehmende politische Kraft an, die inder totalen An¬

archie des Djebels eine Art politischen Angelpunkt bildet .7

Das , was Weulersse und auch alle nachfolgenden Autorennicht bieten , einen Blick in MurSids Wohnzimmer, bietet Jeröme Tharaud in seinem Buch Alerte en Syriel Es ist eine Sammlung von Artikeln mit Berichten über eigene Begegnungen mit Politikern im Syrien desJahres1937 , deren Grund¬

tenor lautet : "II ne faut pas ratifier le trait6franco -syrien . "Im siebten Kapitel des Buchesmit dem Titel "Weekend chez unDieu " erzählt Tharaud mit süffisantem Unterton von seinen Erlebnissen bei einem zweitägigem Ausflug zu Sulaimäns Villa in denBergen .8

In den vierziger Jahrenscheint sowohl die europäische wie die arabische Presseein reges Interesse an der Geschichte "Sulaimän MurSid " gezeigt zu

haben , das unter dem Eindruck seines versuchten Aufstandes gegen die syri -

5MASSIGNON/EI 1 1041 -44.

6WEULERSSE 1940 , 1 334 - 336 .Das Kapitel kanngut zur ersten Orientierung dienen .Imzwei¬

tenBand liefertWeulersse mehrere Photographien von Sulaimän (PI.207 - 209 , Kopien davon befinden sich am Ende dieser Arbeit),seinem Dorf Gaubat Burgäl(PI. 168 ),mehreren Dörfern der Gläubigen (z . B . pl. 193 )und einer derStraßen ,dieer gebauthat .

7Der Text ist fast identisch mit einem Abschnitt zum gleichen ThemainWeulersses "Paysans de SyrieetduProche -Orient ",Seiten275 -278

8Das Kapitel umfaßt die Seiten61 - 75 .Eine Rezensiondes Buches vonV .VACCA findet sichin OM 18( 1938 ),150.

(19)

6 Die MurSidiyyaim Schrifttum

sehe Regierung stand . 9Kein geringerer als der ägyptische Literat und Publi¬

zist cAbbäs Mahmud al - cAqqäd veröffentlichte einen langen Artikelin der Zeitung Ahbür al -Yawn über die "Göttlichkeit" des Sulaimän MurSid . Er soll seine Bewegung inden Zusammenhang mit früheren islamischen Sekten und Religionsgemeinschaften gestellt und geschrieben haben , daß Sulaimän schon seit dreitausend Jahrenin seinem Volk lebendig und vielleicht eine Entleh¬

nung des Geistes des "Alten vom Berge " sei .10

Angesichts dieses Interesses in der auswärtigen Presse über den Rabb von Gaubat Burgälfühlten sich einige Intellektuelle aus dem syrischen Küsten¬

gebiet dazu angehalten, die Öffentlichkeit über die wahren Hintergründe der Geschichte um Sulaimän MurSid aufzuklären. Das wichtigste aus dieser Mo¬

tivation hervorgegangene Werk ist die schonerwähnte, 205 Seiten lange Biographie"Prätendent der Göttlichkeit im zwanzigsten Jahrhundert- oder - Sulaimän MurSid , derMeister von Gauba " {muddctl l-ulühiyyafl l -qarn al -

"iSrin 'au Sulaimän MurSid "Rabb al -öauba") aus der Feder des griechisch-

orthodoxen ChristenGurg Butrus Dakar . Sie erschien imFrühjahr 1947in Latakia bei der Buchhandlung Där al -Haddäd , deren Inhaber'Amin Haddäd den Autor zur Verfassung seines Werkes ermutigt hatte ." Dakar behandelt

in dem Buch ausführlich Sulaimäns Kindheitund Jugendzeit, seine Krankheit, seinen Aufstieg zum Propheten und"Gott ", seine Zusammenarbeitmit den Franzosen sowieschließlich seine Hinrichtungin Damaskusim Dezember

1946 , nachdem seine "Festung " Gaubat Burgäl wenige Wochen zuvor von dersyrischen Gendarmerie erobert worden war . Ausgelassen wird von DA¬

KAR allerdings eine genauere Beschreibung des im Oktober 1946 begonnenen Prozesses , der zum Todesurteil über Sulaimän führte .

Q

Vgl.die Vorrede von MuhammadCA1I °Azmat zu George Dakars 1947 erschienen Buchin D

VIII : " . . . fT 1-waqt alladl'aufadat fihias -sahäfatän al - carabiyya wa - l - 'ifrangiyya mandüblhä 1- ittiläc °alä hawädhihl (sc. Sulaimän ) wa-kaifiyyat inhiyänhlyaqüm al - 'adlbas -sayyid Gurg Dakarbi - wad ckitäb mushib°an hayät SulaimänMurSid. . . ".

10 Auf den Artikel weist der alawitische Rechtsanwalt Ibrahim °Utmän in seinem Geleitwort zu Dakars Buch(DXII) hin:" fa-zacam anna Sulaimän kän hayyan fi qaumihl mundu talätat 'äläf sanatin wa -lacallahü kän qabsan min ruh Saihal-gabal ". Mir istesleider nicht gelungen, diesen Artikel aufzutreiben.

11Vgl.Dakars Vorwort,SeiteIX .Zirikll (Art .Salmänal -MurSid)gibt als Verfasser desBuches Amin Haddäd an. An derVerfasserschaft Dakars besteht meines Wissens aberkein Zweifel. Auch der iranische GelehrteAli AkbarZiyä' inenntimerstenBand seines Fihris masädir al-firaq al- 'islämiyya ,Seite 134 ,DAKAR als Verfasser desBuches.

(20)

Die MurSidiyyaim Schrifttum 7 DieseLücke könnte geschlossen werden , stände uns das 112 Seiten lange

Buch "Der Gerichtshof - oder - Das Urteil über Meister Muräid " ( al -maglis

al -adll[ 'au] al -hukm °alä r -rabb al -MurSid) des ismailitischen Journalisten Ahmad cIsä al-FIl aus Masyäf zur Verfügung, das im gleichen Jahr in Da¬

maskus erschienen ist . Wie das vorhergehende Werk ist auch dieses im Kata¬

log der Asad-Bibliothek in Damaskus verzeichnet,jedoch auf der Karteikarte mit einem mim = mammt(verboten ) versehen. Weder hier, noch beim Au¬

tor selbst , der hochbetagt in Masyäf lebt, gelang esmir , an das Buch her¬

anzukommen .12

Aus eineranderen Absicht heraus ist die Schrift "Die Alawiten. Wer sind

sie? Und wo stehen sie ?" ( al -Alawiyyün man hum ? wa -'aina hum ?) des sun¬

nitischen BeamtenMunTraS -SarIf , der im Jahre 1939 für einige Monate Muhäfiz der Provinz Latakia war , entstanden. Ihm geht es darum , die Ala¬

witen vor Vorurteilen aller Art zu schützen und sie in den Islam und die arabische Nation zu reintegrieren . An vielen Stellen zeigt sich das Bestreben des Autors, den von separatistischen Kräften wie Sulaimän angerichteten Vertrauensschaden im alawitisch -sunnitischen Verhältnis dadurch zu beheben, daß er diese Kräfte isoliert und als Ausschererinnerhalb der alawitischen Gesellschaftdarstellt. Sulaimän Muräid wird zwar nur an wenigen Stellen kurzerwähnt13, aber die Anspielungen auf seine Bewegung sind zahlreich.

Spuren hat Sulaimäns Fall auch inder Korrespondenzdes britischen Fo¬

reign Office hinterlassen, dassich nachder Besetzung Syriens durch britisch - freifranzösische Truppen im Jahre1941 der Frage gegenübergestellt sah , ob

Säg!al -MurSid ,der heutige Imäm der MurSidiyya ,bezeichnte mir gegenüber al - FTl alseinen früheren amerikanischen Spion und beschuldigte ihn ,Unwahrheiten über seinen Vaterverbreitet

zu haben.Der alawitische GelehrtecAbd ar -Rahmänal -HAYYIR wirftihm vor ,SulaimänMurSid

nach dessen Verhaftungin einem Artikelals"Rabbal- 'Alawiyyln " (Der Meister derAlawiten )be¬

zeichnetzu haben,was eine Provokationfür die Alawitenund dieFortsetzung der konfessionalisti- schen Politik der Kolonialzeitsei .Mit einigen anderen Alawiten soller damalseinTelegramm an

die Pressegewerkschaften inSyrienund demLibanon geschickthaben, indemsie sich gegendiese Bezeichnung verwahrten.Als im Mai 1947 ein weiterer Journalist den Titel Rabb al- cAlawiyy[n für Sulaimän MurSid gebrauchte , schickte al -HAYYIR ein zweites Telegramm , diesmal anden syrischen Präsidenten,dasKabinett ,das Parlamentund verschiedene Zeitungen,in demer denje¬

nigen,die zukünftig noch diesen Titel gebrauchten,mit einer Klage drohte unddie Regierung aufforderte,siegleichfallszubestrafen.AnnehmbaralsBezeichnung für Sulaimän MurSidsei nur Rabb al -öauba (Der Meister von Gauba). Das Telegramm ist von 41 Alawiten unterschrieben.

Vgl .dazu HAYYIR 50- 54.

13 Vgl .die Seiten69,75und118. Eng an §ARIFs Buch schließt sich diekulturgeographische Studie "Die Nusairi imheutigen Syrien "des deutschen Orientalisten Rudolph STROTHMANN

an,die er nach einer Reisein den Orientverfaßte .Er erwähnt Sulaimän MurSid auf Seite35.

(21)

8 Die MurSidiyyaim Schrifttum

es die provokative französischeMinderheitenpolitik;in Syrien dulden sollte oder nicht . Was in den Akten des ForeignOffice , und besonders in den wöchentlichen Berichten der pro -unionistischen Spears Mission an Informa¬

tionen steckt , hat vor allem der israelische Historiker Itamar RABINOVICH in seinem Artikel"The compact minorities and the Syrian State, 1918 -45 " ge¬

zeigt . 14Ebenfalls britische Perspektive vermittelt S . H . LONGRlGGs"Syriaand Lebanon under FrenchMandate",das sich auf die bei eigenen Aufenthalten

im Mandatsgebiet gesammelte Erfahrung des Autors stützt .Für die"half-sini -

ster , half-ludicrous figure of theobese , illiterate , miracle -working 'god ', Sulayman al -Murshid" empfindet LONGRIGG nur Geringschätzung .

Von denjenigen, die nachfolgend in der westlichen Welt über MurSid schreiben, 15bezieht erst wieder PhilippS . KHOURY eine neue Quelle mit ein.

In seinem umfangreichen Werk"Syria and the French Mandate" verweist er auf den Artikel"Salmän al -Muräid " in dem biographischen Werk al -'A 'läm des syrischen Gelehrten Hairad -DTn az -Zirikli. 16DerArtikel , der im we¬

sentlichen auf Ziriklis eigenen Erinnerungenbasiert , geht zwar von der falschen Annahme aus , daß Sulaimän die Führung über die gesamten Alawi-

14RABINOVICH bezieht sich vor allemauf folgende Akten des Foreign Office: 1 .die Weekly Political Summaries der Spears Mission vom1 .Juni1942 (FO 37131472) ,vom16 .und23 .Juni

1943 (FO 37135177) ,vom9 .Februar 1944 (FO 371 40300)undvom 16 .Februar 1944 (FO371

40299 );2. Mehrere Telegramme , die zum Thema Sulaimän MurSid imAugust1942zwischen

Beirut,Kairo und Damaskus ausgetauschtwurden ,FO 371 31474; 3 .Bericht vonCol .MacKereth und General Holmes an das ForeignOffice,deraufAnforderungvon GeneralSpears 'geschrieben

wurde ,FO371 40318 ; 4 .Telegramme der Britischen Legationin Beirut vom März 1945 ,FO371

45553 ; 5 .Ausführliches Memorandum(März 1945 )von TerenceShone,dem Britischen Minister

in Beirut ,anSir Anthony Eden FO371 45562,das eine Beschreibung von SulaimänsLebensweg

enthält . Vgl.zu diesem Thema untenS.117ff .

15Erwähnungen der Bewegung Sulaimän MurSids sindseitden späten fünfziger Jahrenein fester Bestandteil von westlichen Studien über diejüngere Geschichte Syriens und des Nahen Ostens sowie über den Aufstieg der alawitischenMachtelite . Vgl . S . / N .RONART:Concise Encyclopae- diaofArabCivilisation .The ArabEast,1959 Art .Nusairt; D .PERETZ:TheMiddle East today,

1963 ,Seite 346;G.H. TORREY:Syrian Politics and theMilitary , 1945 - 58, 1964 ,S.82;H. BATATU:Some observations on the Social Rootsof Syria 'sRiding Military Group and the Cau-

ses ofitsDominance, 1981 , S . 335 ; A .LAURENT: Syrie -Liban: Les fauxfreres jumeaux ; 1983 ,

S.598;M.FAKSH :The AlawiCommunity of Syria:A new dominant political force, 1984 , S.

138f . ; G .VOSS :"QAlawlya oder Nusairtya? "Schiitische Machteliteinder SyrischenArabischen

Republik , 1987 , Seiten 111, 116 ; P.SEALE :Asadof Syria;The strugglefor theMiddle -East,

1988 , S . 20 - 21 ; M .KRAMER:Syria 'sAlawis andShi 'ism , S . 243 ; D .PIPES : The AlawiCapture

ofPowerin Syria, 1989 ,Seiten429 ,439f.

16KHOURY 523-525;ZIRIKLI Art .Salmänal -Mursid(III 112 ).

(22)

Die MurSidiyyaim Schrifttum 9 ten innehatte,doch ist er deswegen wertvoll , weil er für einige Berichte Da¬

kars eine Bestätigung liefert .

Die beiden jüngstenwestlichen und zugleich ausführlichsten Studien zum Thema Muräid stammen wieder aus der Feder von RABINOVICH bzw .aus der seiner Schülerin Gitta Yaffe . Es sind dies der gemeinsam verfaßte Fest¬

schriftbeitrag"An anthropologist as a Political Officer :Evans -Pritchard, the French and the Alawis " (1990) sowie Yaffes Aufsatz : "Suleiman al- Murshid:Beginnings of an AlawiLeader " ,der Ende 1993 in MiddleEastern Studies erschienenist . Der 16 Seiten lange Artikel ist ein Auszug aus der

(hebräischen) Dissertation der Autorin über alawitischeAutonomiebestrebun¬

gen zwischen1920 -1936 , die von I. Rabinonvich und M . Kramer an der Tel Aviv University betreut wurde . Er basiert im wesentlichen auf den Akten des französischenNachrichtendienstes der Jahre 1924 -1934 , die eine Fülle von Informationen zur Frühzeit von Sulaimäns Bewegung liefern . 17Ausbei¬

den Artikelnkonnte ich zahlreiche Ergänzungen für die vorliegende Studie übernehmen .

Was das arabischeSchrifttum der Nachkriegszeit betrifft , so scheint nach

-Sarif , Dakar , al -Fil undaz -Ziriku kaum nochjemandin Syrien ge¬

wagt zu haben , dasProblem"MurSidiyya " anzusprechen. Zu mächtig waren

die konfessionalistischen Verwicklungen im politischen Alltag geworden,um dieses empfindliche Kapitel der alawitischen Geschichte im eigenen Land aufzuarbeiten . Studien , die sich mit Werdegang oder Glaubenslehre dieser neuen Religionsgemeinschaft befaßten , mußten Manuskripte bleiben .18

Aus den Unstimmigkeiten und Widersprüchen, dieYaffesTextaufweist ,läßt sichallerdings

ablesen , daß er recht flüchtig zusammengeschrieben wurde .So beschreibt die Autorin zumBei¬

spiel über Seiten hinweg(625-638 )Sulaimäns Aufstiegvom Hirtenzum Propheten undschließlich zum Stammeschef,äußert dann aberamEnde ihresAufsatzes : "Inconclusion, al -Murshidstarted

asasmall tribal chief. . . " .Wenig einleuchtend erscheint mirauch ,daß Sulaimän nach ihrerSchil¬

derung erstim Herbst 1930 aus seinem langjährigen Exilimweit entfernten Raqqazurückkehren

darf(633 ), aber schon vorher , imJahre1928 ,Mitglied der Freimaurerloge von Latakia wird

(631 ),in das Nachrichtenbüro vonal -Haffa eingeladen wird undin Dörfern seiner Anhänger im

Alawitengebirge auftaucht (632 ). Ein Beispiel für weitere Widersprüche :Fürdas Bündnis der Haidariyya-Gassäniyya wirdals Gründungsjahr einmal 1930(S. 639,Anm. 15 ), einandermal 1934( S .636)angegeben.

18Erwähnenswert sind hier: "Das politische Lebenander syrischenKüste "(Al-hayätas-siyäsiyya fl s -sähilas -sürt)vondem alawitischen Rechtsanwalt HäSimCUTMÄN, auf das der Autor in seiner apologetischen Schrift"Die Alawiten zwischen Legende und Wahrheit"(Al-°Alawiyyün bainal - 'ustürawa-l-haqlqa )S. 121 Anm. 1, hinweist ,sowie das Buch "Unsere Brüder inden Bergen von Latakia( 'Ihwatunäflgibälal-Ladiqiyya )von Muhammadal -MAGDÜB,aus demM. SAK'Aseine Informationen über die MurSidiyyaschöpft .

(23)

10 Die MurSidiyyaim Schrifttum

So wurde das Feld ausländischen Wissenschaftlern überlassen, wie etwa dem ägyptischen Universitätsprofessor Mustafa aS -Sak c a ". In seinem häre - siologischen Werk"Islam ohne Lehrrichtungen " ( 'Isläm bi -madähib) wid¬

met er ein ausführliches Kapitel ( S. 301 -318 ) den Alawiten , die er als eine Gemeinschaft kennzeichnet,die sich infolgeihres jüngsten Erwachens (yaqzri) zum großen Teil von der Unwissenheit (gahl) befreien konnte , die sie früher

"im Schlamm der falschen Glaubenslehren zugrunderichtete " (318) . Nur eine

Minderheit, zu der die Anhänger Sulaimäns gehören,habe das "ketzerische , rauhe Schiff " des gulüw ,der religiösen Übertreibung durch Vergöttlichung , bestiegen und bedürfe deshalb der Aufklärung(310). AS -Sakca berichtet auch von der weiterenEntwicklung der "Sekte ", der Vergöttlichung von Sulaimäns Sohn Muglb , sowie nach dessen Tötung dem Einfluß der anderen

Sulaimän -Söhne bei den Gläubigen. 20 Er scheint dabeiseine Informationen hauptsächlich auf ein Buch von Muhammad al-MaGdübzu stützen .21

In etwas abgewandelter Form hat sich die Geschichte Sulaimäns schließlich noch in dem Buch"Mission und Kolonisation in den arabischenLändern "

(at-taMir wa - l -istfmär ft l -biläd al - arabiyyä) der beiden libanesischen Ge¬

lehrten Mustafa HälidI und cUmarFarrOh niedergeschlagen . Sulaimän wird hier (Seite 157 ) als ein Feudalherr dargestellt, den dieFranzosenim Einver¬

nehmenmit den Jesuiten dazuermutigten, die Göttlichkeit in Anspruch zu

nehmen , woraufhin er seinVolk, die Alawiten , auf dieser Grundlage behan¬

delte . Dann sei er umhergeirrt , habe begonnen zu rauben , zuplündern und zu morden, bis die syrische Regierung ihn ergriff , wegen Raubes und Mor¬

des anklagte undschließlich henkte .

Angesichts des Bekanntheitsgrades , den Sulaimän Mur§id und seine Bewe¬

gung seit dem Erscheinen vonMASSlGNONsArtikel erreicht haben , ist es erstaunlich ,daß der imFrühjahr1993 erschienene Artikel Nusayriyya vonH . Halm in der zweiten Auflage der Encyclopaedia of Islam das Thema völlig unter den Tischfallen läßt .

YAFFE 639 ,Anm.5zitiert eine weitere inKairo erschieneneSchrift :ABUL -HAITAM, Al-

'islöm flmuwägahat al -bätiniyya, die Sulaimäns Geschichteauf den Seiten 101 -104behandelt. 20 Mugibs Aufstand wird bei folgenden Autoren erwähnt : FAKSH , 139;PIPES 440; SEALE

1965 , 144 Anm. 17 ;SEALE 1988 ,21 ;SEURAT92.

21Vgl . Anm. 15.Als weitere Quellen benutzter aS -Sahrastänl und as -Sarif.Eine sehrnegative Bewertung seines Kapitels über die Alawiten gibtH .°UTMÄN , S. 110- 30.

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