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Die Alliteration im Alt-Arabischen. Von Dr. Maa: Grünert.
Wien 1888. Alfred Hölder. 47 SS. 8. [Separat-Abdr.
aus den Verbandlungen des VII. Internationalen Orientalisten- Congresses. Semit. Section, S. 183 ff.].
Der Inhalt vorliegender Schrift ist ein fast ganz anderer als
der Titel erwarten lässt. Nicht über Alüteration, Stabreim im
Altarab. ') handelt der Verf, sondern über reimende und assonirende
Pormeln und Redensarten. Da im Deutschen eine Reihe von alli¬
terirenden Formeln gleichen Zwecken dient wie im Arab, eine
Reihe von reimenden und assonirenden , so scheint Verf. lediglich
auf Grund dieser innerlichen Parallele geglaubt zu haben, die von
Alliteration äusserlich ganz verschiedene Erscheinung des Reimes
und der Assonanz in diesen mehr oder weniger festen Formeln
und Redensarten auch als Alliteration bezeichnen zu dürfen. Verf.
hat wohl selbst gefühlt, dass gegen diese Benennung leicht Wider¬
spruch erhoben werden dürfte, und dass dieser Widerspruch kaum
durch die Erwägung gemindert wird , dass auch wirklich ein paar
alliterirende Formeln im Arab, mit unterlaufen. Wenn Wölfflin
in seiner Abhandlung über die allitterirenden Verbindungen der
lateinischen Sprache (Sitzungsber. Münch. Akad. 1881 II) S. 26
sagt „Recht fatal ist es, dass die Orientalisten Allitteration gleich¬
bedeutend mit Reim gebrauchen', so empfängt dieser Vorwurf, der,
in solcher Allgemeinheit ausgesprochen, unter allen Umständen un¬
begründet ist, jetzt allerdings eine weitere Rechtfertigung. Auch
Trumpp, zu Mufassal § 211, hat „Alliteration' missbräuchlich
angewendet. Die Aelteren namentlich gebrauchen diesen Ausdruck
freilich im Sinne von Wortspiel überhaupt, so de Sacy, Chrest.^ II 502
allitteration ou jeu de mots; das meint auch wohl
Reiske, Proben aus Mutanabbi 41.
1) Dom Namen nach kennen die Araber die Alliteration nicht, sie kennen vielmehr nur don weit umfassenderen Begriff des jjmjoL>Lj . Ob , iu welcher Weise uud in welchem Umfange diu Alliteration thatsäcblich von den Arabern cultivirt worden ist, darüber fehleu m. W umfangreichere Beobachtungen.
Einiges bringt Verf. gelegentlich; vgl. Bötticher, suppl. lox. aram. 55.
Praetorius, Grünert's 'Alliteration im AU-Arabischen. 677
Wie Verf. S. 8 f. andeutet, beansprucht er nicht, eine ab¬
schliessende Abhandlung zu geben, sondem nur die Basis zu einer
solchen. Demgemäss macht seine Arbeit in der That vorMriegend
den Eindmck einer Materialsammlung, wenn es auch an einzelnen
Ausführungen nicht fehlt. Wir müssen also von vomherein auf
manches verzichten, das wir in einer abschliessenden Arbeit ungem
entbehrt hätten. Dahin dürfte vor allem eine scharfe Definition
und Begrenzung des Thema's zu rechnen sein. Nach dem Titel
und nach dem zwei Drittheile der ganzen Arbeit einnehmenden
Verzeichniss der in Betracht kommenden Formeln zu urtheilen,
beabsichtigt Verf. über die alliterirenden (d. h. also vomehmlich:
reimenden , assonirenden) Formeln des Alt - Arab, schlechthin zu
o
handeln , S. 4 dagegen giebt er als Thema seiner Arbeit das cLol
^ ' r.
an. Ich wüsste aber nicht, wie z. B. die vom Verf. unter No. 87
0 o 0 oc
aufgeführte Verbindung (_5-% (bekannte Belegstelle Ham. 384,6),
0-->*>--> -
oder wie No. 70 iuas^ oder Nro. 125 Juu jj^*^' y
als gLöl zu fassen sein sollten, wenigstens dann nicht, wenn Verf.
*o
das cLoi als eine zum tX^Sß gehörige oder ihm verwandte Er-
^ * £i
scheinung betrachtet. — Vermisst wefden würde weiter eine Be¬
urtheilung der verschiedenen von den Arabern gegebenen Definitionen
des cLo! und demnächst eine selbstständige Definition des Wesens
^ * ^
der unter ^Lo! zu verstehenden Erscheinung. Ein Ansatz zu einer
solchen selbstständigen Definition ist allerdings S. 4 unter No. 1
gemacht; aber dieselbe ist viel zu eng und trifft nicht das Wesen
der Sache (abgesehen davon , dass sie einen Widerspruch enthalten
o
dürfte). S. 7 dagegen zieht Verf. die Grenzen des ^Lj! wieder
viel weiter (No. 7 a. E. ; Anm. No. 3). Damit begründet sich frei-
o o£
lich die Aufnahme von Verbindungen wie j^-Ji^ l?^!, aber der
Verf. tritt damit eben wieder über die Grenzen der arabischen De¬
finitionen des gLfj'l hinaus. Nur AI Qäli spricht von einer Art:
yjuc j.ji. yLii! i-ö ; alle Anderen sind darin einig,
dass unter cLö'l nur die Assonanz ') zweier (oder mehrerer) zur
1) Das Wort in weiterem Sinne gebraucht.
Sinnverstärkung mit einander coordinirt verbundener Lautcomplexe
synonymen Charakters zu verstehen ist. Damit haben die Araber
denn freilich, wie so oft, verwandte Dinge auseinander gerissen;
indem sie eine unwesentliche Eigenschaft, die allerdings nicht ohne
Grund in der grossen Mehrzahl von Fällen zutreffend ist, zum
wesentlichen, charakteristischen Merkmal erhoben haben, sind alle
diejenigen assonirenden Formeln ausgeschlossen worden, deren beide
Bestandtheile nicht synonymen Sinn- haben, oder nicht coordinirt
sind. Es dürfte kaum einem Zweifel unterliegen, dass Verf wohl
daran gethan hätte , die assonirenden Pormeln des Altarabischen
überhaupt mit Entschiedenheit als sein Thema aufzusteUen und sich
o
um das, was die Araber als ^Lö! bezeichnen, nur nebenher zu
kümmem.
Nicht nur ein naher synonymer, sondern auch irgend ein ent¬
fernter liegender Pegriff aus einer Vorstellungsreihe, die an einen
genannten Begriff anknüpft, kann sich, wenn assonirend, mit diesem
erstgenannten Begriff zu einer festen Formel von selbst zusammen¬
finden. Vgl. Pott, Doppelung 77. Nicht selten sind beide Begriffe
grade die beiden Endpunkte der Vorstellungsreihe, in welchem
Falle die assonirende Formel noch besonders durch die Symmetrie
des Gegensatzes gefestigt wird. Am häufigsten und leichtesten
aber kommen naturgemäss .solche Begriffsvermählungen (wie Pott
in Kuhn's Zeitschrift 26, 134 es nennt) zustande bei assonirenden
Begriffen, die dnrch Synonymität einander ganz nah liegen, ünd
es mag sich unter mehreren Synonymen grade zwischen assonirenden
ein besonders enges Band gebildet haben, selbst wenn ihre Synony¬
mität ursprünglich keine ganz so nahe ist; und manches Wort,
das kaum mehr als Synonym zu bezeichnen wäre, mag sich sogar
lediglich in Polge einer Assonanz in assonirender Formel einem
anderen Wort auch dem Sinn nach etwas genähert haben. Dies wird
ungefähr das sein, was als »„abCx» bezeichnet wird. Es er¬
scheint dem Gefühle ja auch so natürlich, dass ähnlicher Klang
auch ähnlichen Sinn hat. VgL G. v. d. Gabelentz, Das lautsymbo¬
lische Gefühl in: Festgruss an Otto von Böhtlingk (Stuttg. 1888).
Das Arabische hat nun bei Ausdrücken, zu denen sich ein
assonirendes Synonymum nicht bieten wollte, ein solches neugeformt,
nur in der Absicht, das neugeschaffene Synonymum als zweites
Glied einer assonirenden Formel verwenden zu können. Dies nennt
o
man im engeren Sinne gLö'l , uud es hat gauz den Anschein , als
sei dieser Kunstausdruck ursprünglich nur zur Bezeichnung dieser
(wirklich oder vermeintlich) neu geformten assonirenden Lautcomplexe
ausgeprägt und dann erst auf schon vorhandene assonirende Syn¬
onyma ausgedehnt worden.
Praetorius, Gi'ünert's Alliteration im Alt-Arabischen. 679
Der neugeschaffene Lautcomplex bildet im Arab, zu seinem
Modell (immer V) einen möglichst vollen Reim und unterscheidet
sich von jenem nur durch den Anlaut. Er empföngt zwar gleich bei
seiner Entstehung eine Bedeutung , nämlich die Bedeutung seines
Musterwortes, aber er kann sich von letzterem nicht entfemen, ohne
sofort bedeutungslos zu werden. So scheint es wenigstens bei den¬
jenigen neugeschaffenen Lautcomplexen , die wir jetzt als solche
erkennen ; eine andere Frage aber ist es, ob nicht manche auf solche
Weise entstandenen Lautcomplexe sich doch später von ihrer Ur¬
sprungsstelle losgelöst und zur selbstständigen, lautäbnlichen Parallel-
wm'zel entwickelt haben, so dass wir hier wenigstens theoretisch
einen Weg zur Erklärung von Parallelwurzeln hätten (vgl. ZDMG.
XXIX, 327 f, XXXIV, 757 f.). Wohl denkbar ist es auch, dass
ein Wort entfemterer Bedeutung, das (auf Grund einer femliegenden
vermittelnden VorsteUung) ledigUch der Assonanz zu Gefallen sich
wie synonym mit einem anderen zusammengekoppelt hat, nun auch
ausserhalb dieser engen Verbindung anfangen kann, diese Bedeutung
an sich zu tragen. So sagt Abul'alä AI Ma'arri (ZDMG. XXXI,
M O O
471) bereits >.iA_^Ai!t J4^'-> bi frage nicht nach der
schlechten Kunde!, während vi^y ausgegraben bedeutet
■ j c-o
und eigentlich nur m der Verbindung vi/yukS» als erzwungenes
Synonym von vi*.A>j> gebraucht wird (vgl. S. 10 Nro. 4). Freilich
reimt auf ^ivy-ü gleich im folgenden Verse >^aa3., wodurch dem
Leser wenigstens nachträglich die alte Reimformel ci..AAE»
in Erinnerung gerafen wird.
Andrerseits muss man vorsichtig sein, dass man nicht ein
schon vorhandenes assonirendes Synonymum für ein adhoc neu
geschaffenes hält. Wörter und Wurzeln können veralten oder die
Bedeutung verändern und nur in irgend einer bestimmten Ver¬
bindung einen Rest zurücklassen , der dann leicht unverständUch
werden kann; vgl. Landberg, Proverbes et dictons I, 215. Wölfflin's Ausführangen a. a. 0. S. 35 ff., in der Sache gewiss zutreffend, sind
doch vielleicht ein klein wenig zu aprioristisch formulirt. Obwohl
Verf eine abschliessende Arbeit nicht zu geben beansprucht, so
muss doch selbst innerhalb des Rahmens des von ihm Gebotenen eine
grosse Lücke darin erblickt werden, dass er nicbt einmal versucht
hat, die wirklichen Neuschöpfungen auszusondern. Die S. 8 Nro. 10
gegebenen statistischen Angaben über den Anlaut des zweiten
Gliedes würden nur dann Werth haben, wenn sie sich ausschliesslich
auf die Neuschöpfungen bezögen. Nur dann würde sich vielleicht
ein Gesetz über die Art des Anlauts dieser Neuschöpfungen auf¬
finden lassen , wobei sich wohl auch Veranlassung bieten würde,
zu erörtern , ob in Neuschöpfungen nach dem Muster von Wörtera
mit Bildnngsvorsatz dieser Bildmigsvorsatz oder der erste Radikal
vei^dert wird (vgl. Nro. 21). Leicht allerdings ist, wie bemerkt,
eine sichere Aussonderung durchaus nicht überall. Man geräth dabei
zuweilen unwillkürlich auf Vermuthungen, die leicht trügerisch sein
können. Zwar ist es beispielsweise schwer, bei ^ 1 U.i ^.jLLy
nicht sofort an j^iA. ) >^ cr zu denken, und in der That denken
die Araber selbst theilweis bei jener Formel an das in ihrer Sprache
sonst nicht übliche verfluchen; aber sollte in dem alten
Hadit (es handelt sich um Adams Traurigkeit nach dem Tode
seines Sohnes) u^^Üjj iJLII u^ü»- etwa Lo auch aramäisch, nämlich =
jia sein? Sollte weiter Nro. 53 v_j11j ujlli- durch ^^i, .-^"^J ,
zu wHären sein? Sicherer können wir z. B. über das Verhältniss
von |.jb zn ys (S. 44 Nro. 6) urtheüen; s. ZDMG. XLI, 634.
o .
Nro. 78 aber y^ mit ! Die im Arab, sonst ganz ungewöhn¬
liche, im Sabäischen aber sehr gewöhnliche Wurzel neu sein
(Sab. Denkmäler S. 62; ZDMG. XXXIX, 229) kehrt in den Pormeln
zweimal wieder Nro. 67 und 120. Zu erwägen würde auch sein,
ob nicht hie und da in loser Anlehnung an vorhandenen Sprach¬
stoff gebUdet worden ist (vgl. Nro. 158).
o
Der Verf. hat ganz Becht, wenn er das gLö! in gewissem
Sinne als BedupUkation auffasst (S. 6). Aber die Sprache hat
solche dissimiUrenden Doppelungen zu einem wirklichen Kunstmittel der Bede entwickelt (S. 10 Mitte i ^öi |.büül yjyJ); das gedoppelte
Wort hat volle formale Selbstständigkeit und Flexionsfähigkeit und
ist in Folge der Dissimilation doch mit dem Grundworte nicht
identisch. Es giebt indess auch FäUe, in denen solche Doppelungen nicht zu jener Höhe entwickelt sind, in denen sie vielmehr lediglich grammatisches Bildungsmittel mit verschiedenartiger Wirkung bleiben.
Doppelungen wie jU yis»-, yL« ijäiLs-, auch j\a sind durch-
o - -
aus nicht in jeder Hinsicht auf eine Stufe zu stellen mit y».»-
o ,,
, und ich möchte an der vom Verf. S. 5 Anm. bekämpften
arabischen Lehre wenigstens nicht Alles für unrichtig halten.
Zwischen o"*'^ '""^ u-L« (jil-s» dürfte ein ähnlicher Unter-
Praetorius, Grünert's Alliteration im Alt-Arabischen. 681
schied zu fühlen sein, wie im Deutschen zwischen Knittern und
Knattern, es flimmte und flammte einerseits und krims-
krams, ticktack andrerseits.
tj
Die Araber streiten darüber, ob beim ^LjI die Copula ^
gestattet, c or ob das Asyndeton für dasselbe charakteristisch sei.
Ich glaube , die Sache liegt ziemlich einfach , aber ganz anders als
Cl
Verf. S. 7. annimmt. Weil das ^Lo! weitaus am häufigsten beim
Adjektiv gebildet wird, kommt auch das Asyndeton weitaus am
häufigsten vor, denn bekaimtlich pflegen Adjectiva im Arab, asyn¬
detisch mit einander verbunden zu werden. Deshalb sagt man
Of Oi t-
^.,yt ^•,yl, yi yiS, y^ ^y^i yj»^ u. s. w. Ebenso natür-
o
lich, wenn das ^Loi ein dem Substantiv beigeordnetes Adjeetiv ist.
Wird aber das ^Lj! von Substantiven gebildet, so tritt die bei
^ * s-
Substantiven überhaupt gewöhnliche Verknüpfung durch ^ (event.
n Eo - - .
bS^) aueh hier ein, so ijjijmA^ [ja^Ms^ , ^SiS^ ^JbLiaJl, «-«jj x*.^ y>,
bIj ^ U u. s. f. Ebenso bei Verben, wie u^Ujj iJjt «ilÄ»-.
'i 'i - i o-.
Vgl. femer JLi jLto mit iJbUJl^ jUbLaJU, Jw iii> mit ci^Jü»
. h ij^ Bei adverbialisehen Zusätzen verschiedener Art tritt das
&
^Lj'i ebenfalls asyndetisch zusammen ; wenn das Asyndeton hier öfters
mit ^ wechselt, so zeigt sich ganz deutlich, dass ^ mehr dainn
gebraucht wird, wenn der adverbialische Zusatz in mehr substan¬
tivischer Weise ausgedrückt wird, voll flektirt und mit Präposition
versehen. — Nicht anders verhält es sich mit der hin und wieder
vorkommenden Behauptung der Araber, dass das ^Lö! den Artikel
nicht haben dürfe: Weil eben in den weitaus meisten Fällen die
beiden Glieder der Pormel naturgemäss artikellos sind (meist als
prädikat. Adjekt.) , hat man diese Eigenthümliehkeit wieder verall¬
gemeinert und eine rein zuMlige, nebensächliche Erscheinung als
Charakteristicum angesehen.
Neben dem alten Inventar, welches Sujuti im Muzhir (Mizhar)
registrirt, giebt Verf ungefähr fünfzig neu gesammelte meist reimende Formeln, in dem ganz richtigen Bewusstsein, damit den vorhandenen
4 7
Vorrath längst nicht erschöpft zu haben. Ich möehte Dem das
sehr Wenige, das mir zur Hand ist, (ungeordnet) hinzufügen:
iU^tj iL*J^jJ! Pihrist 19, 10; bl^ j!; bi ZDMG. XXH, 149;
Ztschr. d. Palästinav. 6, 85 (cf. Grünert Nro. 188);
=- O- , s s - >
5üJu»5 iüls lex., i.*yj bi^ LwjJic ui*Ä3 lex. Manches findet sich
zusammengestellt bei Dietrich, Abh. hebr. Gramm. S. 220—257;
vgl. auch Nöldeke, Gesch. d. Qoräns S. 32, Goldziher, Mythos 232 f. ;
auch airf die eingangs erwähnte Sehrift Boetticher's sei nochmals
hingewiesen.
o
Dass das ci^jt im engeren Sinne anderen Spraehen nieht fremd
^ ü
ist, ist dem Verf. wohl bekannt. Man wird sogar sagen müssen,
dass in anderen Sprachen, wie Türkisch, Jakutisch, Hindustani, diese
Erscheinung ungleich häufiger als im Arab, auftritt. Pür das
Semitisehe sei hier noch verwiesen auf Nöldeke, neusyr. Gr. § 50
a. E. und auf ZDMG. XXVIII, 441. Und zu der vom Verf. gleichfaUs
&
angeregten Prage über das Vorkommen des gLj'l im eng. Sinne im
Modem-Arabischen kann, ausser auf Landberg's bereits vom Verf.
citirten Proverbes et dictons I 215, 218 noch auf Michail Sabbäg
15, 21 ff. verwiesen werden (vgl. auch noch ZDMG. XXXVII, 216
Nro. 746). —
>
Oefters findet sich der Ausdrack i^jl^. Verf. verweist in
Betreflf desselben (S. 12 Anm. 2) auf Muhit s. v. und auf
Mehren, Rhetorik 103. Der Muhit ist mir nicht zugänglich, aber
der Hinweis auf Mehren ist entschieden unzutreffend. Es hätte
dagegen noch verwiesen werden können auf Pleischer, Kl. Schriften
I 285 f., aueh Thorbecke in Morgenl. Forschungen 254 f Wer nioht
o
blos über das puji , sondern über die assonirenden Formeln des
^ c
Alt-Arabischen schlechthin handeln wollte , müsste sich auch um
) o
das kümmern was die Araber unter iLi-jij^ oder ^1^03! ver¬
stehen. Es scheint, dass diese Ausdrücke in weiterer Fassung über¬
haupt die Assonanz zweier nah zusammentretender Wörter bedeuten,
ohne Rücksicht darauf, ob sie synonym sind oder nicht. In der das
4 7
Praetorius, Grünert's Alliteration nn Alt-Arabischen. 683
& ^
cLoi und die i^j!^ zusammen treffenden Definition des Ibn-Päris (S. 9
^ t
Nro. 2) ist wohl daher auch von iXfSy keine Bede. Aber gerade so wie
^Lj! im engeren Sinne von der durch die erörterten Neuschöpfungen
zustande kommenden Assonanz gebraucht wird, so werden jene beiden
Kunstausdrücke fast immer in einem engeren Sinn ganz ähnlicher
Art angewendet, nämlich von der gleichfalls der Assonanz zuliebe
statthabenden Umgiessung eines vorhandenen Worts in die Porm
eines anderen. So bezeichnet Hafegl zu Harm's Durra (Constant.
1299) S. 79 flf. das Jyd(ij wiederholt als eine Art von Äi/LiJ,
d. i. die Bedefigur, in der ein Begriff durch ein ihm eigentlich
nicht zukommendes Wort ausgedrückt wird. Diese Bezeichnung
G
des —IjOvl(zj ^ ist aber nur dann zutreffend, wenn der durch das eineI
Glied des assonirenden Wortpaares ausgedrückte BegriflF in einer
ihin eigentlich nicht zukommenden Wortform erscheint, ünd auch
V ^
sonst giebt Hafägi deutlich genug zu erkennen, dass er ein ^IjJjl
nur bei Umformung des einen Gliedes annimmt. In diesem engeren
o Sinne steht iU>.j!i* deutlich auch Nro. 161. — Wenn sich das cLj'!
^ C ■ ^
unter dem Gesichtspunkt der Doppelung betrachten lässt, so kann
Cl
das —Ljit auch als eine besonders nahgelegte Analogiebildung und
(L"^ ^
als ein Ausgangspunkt von solcher angesehen werden.
Mit den vorstehenden Bemerkungen möge angedeutet sein, in
welcher Richtung die weitere Beihe von Besultaten, die nach des
Verf.'s gewiss richtiger Meinung schärferer Beobachtung sich nicht
entziehen werden, etwa zu suchen sein dürfte.
Breslau Aug. 1888. F. Praetorius.
The Mahäbhärata of Krshna Dvaipäyana Vyäsa translated
into English prose. Published and distributed chiefly
(p-atis by Pratap Chandra Roy. Parts 24—35. Calcutta
1886. 1887.
Die ersten dreiundzwanzig Theile dieses Werkes sind von mir
in Emst Kuhn's Literaturblatt I, 178—183, II, 71—73, HI, 58—
63 angezeigt worden. Seitdem ist ^e üebersetzung des vierten
und fünften Buches und der Anfang des sechsten bis zum zehnten
Abschnitte der Bhagavadgita erschienen. Es ist gewiss mit Preude
zu begrüssen, dass das schwierige und patriotische Werk des un¬
eigennützigen Pratäpa Candra Räya seinen ungestörten und raschen
Portgang nimmt. Auch dass die Haltung dieser Hefte eine viel
wissenschaftlichere ist als die der zuerst erschienenen, dass die
Noten immer zahlreicher und interessanter werden, wird jeder Leser
willkommen heissen, vielen auch angenehm sein, dass vom Beginne
des sechsten Buches an die Verszählung in jedem einzelnen adhyäya
beigedruckt ist. Andere Hilfsmittel als den Commentar des
Nilakantha scheint der Uebersetzer nur für die Bhagavadgita zuge¬
zogen^ zu haben ; hier benutzt er die Scholien des gridhara, Qankara
und Änandagiri, er vergleicht aber auch die Uebersetzungen von
Schlegel und von John Davies, sowie die beiden von Telang (gegen
den er öfters polemisirt), einmal, Bhishma S. 76, nennt er sogar
das Petersburger Wörterbuch und erklärt sich gegen die dort ge¬
gebene Deutung des Nameus Hrshike(;a. Ueberhaupt scheint die
Europäische Gelehrsamkeit ihm nicht besonders zu imponiren ; die
Ansicht, dass in der Bhagavadgltä gegen die Veda Pront geraacht
werde, findet er einfaeh ergötzlich: „it is amusing to see how con¬
fidently they dogmatise upon this point" Bhishma S. 84. Abge¬
sehen aber vou der Bhagavadgita bezieht er sich nur auf Nila¬
kantha und es ist besonders auf&llig, dass er bei Erklärung des
schwierigen Abschnittes Sanatsujäta die Uebersetzung Telang's gar
nicht nachgesehen hat (vgl. seine Note zu Udyoga S. 164 mit
Telang S. 48, 193), obwohl sie mit der von ihm benutzten Ueber¬
setzung der Bhagavadgltä im gleichen Bande der Saered Books zu
finden ist. Wir können also jetzt über das Sanatsujäta zwei eng¬
lische Uebersetzungen gelehrter Inder vergleichen ; sie gehen , zu
unserm Tröste , oft reeht weit auseinander , doch hat Telang an
(j^ankara einen besseren Pührer als unser Translator an Nilakantha.
Man vgl. z. B. Stellen wie 5, 42, 8 = 1583, 5, 44, 6 = 1689,
5, 46, 1 = 1737, 5, 46, 74 = 1762 in beiden Uebersetzungen.
Der erstere (Telang) hat „and then he undergoes death after death',
der andere (der Translator) „it is for this that ignorance receive
the name of death' ; tad vai devä upäsate heisst nach ersterem :
„which the gods worship" (so (^laiikara), nach letzterem : „it leadeth the senses" (so Nil.); 9ästrakäräli ersterer: „authors of (jästras", letzterer : „the embodiments of Brahma" ; u. s. w. Ueberhaupt ver¬
steht sich Nilakantha nicht auf die ars nesciendi, er commentirt
auch ganz verdorbene Stellen „seeking to put sense in nonsense"
wie unser Translator einmal bemerkt, der seinerseits aufrichtig ge¬
steht Udyoga S. 140: „the subject is evidently treated in a
mystical way that is beyond ordinary comprehension". Es enthält aber das fünfte Buch einige ausserordentlich schwierige Partieeu,
wäbrend im vierten der Text oft unheilbar verdorben scheint, be¬
sonders in Gleichnissen, vgl. die Noten zu Viräta S. 121, 132. —
Holtzmann, Pratdp Chandra Roy's MahAbhdrata. 685
Eine Lieblingsgrille des Nil. ist es, zusammenbängende Wörter
ganz unnöthiger Weise in mehrere einzelne aufzulösen. So will er
4, 87, 18 = 1489 das Wort Hastinäpuram in ha asti na puram
trennen, „with his usual ingenuity" bemerkt der Translator ab¬
weisend. Aber in andern FäUen geht er auf seines Scboliasten
Trennungswuth bereitwillig ein. So ist samavikshya 4, 33, 24 =
1090 nur eine Nachlässigkeit statt samavekshya, vgl. 4, 38, 4 =
1234 avekshetäm statt des in der Handschrift zu Copenhagen
(Sörensen S. 323) stehenden richtigen avaikshetäm. (Das auffällige
äsasäda in letztgenanntem Verse, mitten unter Dualformen, ist wohl
ein alter Fehler statt äsädya ca.) Unser NU. aber trennt sama =
sädho und vikshyä und ihm folgt die üebersetzung: „with the
words : o good king". Ebenso versteht der Translator 4, 64, 4 =
1663 die Form äsädayeyam nicht, nur weil er äsädaye ayam
trennen wiU. Auch in andern Fällen schliesst sich der Uebersetzer
zu rasch den gezwungenen Erklärungen des Scboliasten an, z. B.
Bhimas tu bhlmasankä(jaLi 4, 33, 46 = 1112: der nur mit sich
selbst zu vergleichende Bhima; es ist ein einfaches Wortspiel wie
Bhimo bhimaparäkramah im Anfange des Nala. Oder wenn es
6, 3, 67 = 126 von Dhrtaräshtra heisst, seine Tugend habe
Abbruch erhtten parena , so ist der „andere" eben sein Sohn
Duryodhana; die üebersetzung schliesst sich an Nil. (parena, ati-
^ayena) an: „Thy virtue is sustaining a very great deminution".
Dass der Uebersetzer nicht in der Lage war, zu dem an Sprüchen
überreichen fünften Buche die „Indischen Sprüche" zu vergleichen,
ist freilich zu beklagen. Sprüche wie 6664. 1441. 2879 imd viele
andere sehen bei Böhtlingk ganz anders aus als beim Translator.
— Die Noten theilen oft abweichende Lesarten mit, einige der
wichtigeren sind 4, 56, 2 = 1760 prahäribhis (so auch die Copen¬
hagener Handschrift Sörensen S. 336) statt prahärinah, 4, 61, 7 =
1966 godhäghätena (ebenso Sör. 341) statt gadäghätena oder
gadäpätena, 4, 69, 4 = 2244 viryavän (ebenso Sörensen 349)
statt shadrathän, 5, 42, 6 = 1570 tasmän näitad für tasmäd etad,
5, 73, 26 = 2700 praskandena (praskanda „a single weak root")
statt praskundena (praskunda „das Wort ist verdächtig" P. W.),
5, 95, 8 = 3391 värayitä statt dhärayitä, 5, 173, 17 5959
raeghasankä^aih statt gajasankä9aih, 6, 3, 33 = 100 grastäv etau
fiir grahenaitau, 6, 26, 37 = 916 oder Bhagav. 2, 37 yudhyasva
für ynjyasva („do battle for battle's sake"). Ausserdem bringen
die Noten uns manche dankenswerthe Notizen, wie Udy. 212 über
die genaue Bedeutung des Wortes iti, zu 5, 96, 42 = 3490 über
Käkudika und andere Namen von Waffen, zu 5, 44, 22 = 1705
über rasabheda als Bezeichnung des wunderbaren Edelsteines cin¬
tämani (bestätigt von Telang), zu 5, 140, 9 = 4734 über nigraha
in der Bedeutung Bestimmung, Vorschrift. FreUich wird man
seine Erklärungen nicht immer auf Treu und Glauben annehmen
dürfen, z. B. dass 4, 37, 1 = 1195 vedivilagnamadhyä „possessed
Bd. XLII. 44
t> 1 *
of a waist slender as that of the wasp" und ebendaselbst padma- patträbhanibha , endued with the splendour of Lakshml" bedeute,
oder dass die „Könige", welche nach 5, 139, 14 = 4717 unter
der Herrschaft des Kubera stehen, als Yaksha verstanden werden
müssen. Zu Udy. S. 406 macht sich der Translator imnöthige
Sorge darüber, dass Sanjaya hier über Dinge berichte, die er noch
nicht wissen könne ; dieses Bedenken kennt das alte Epos nicht,
und gerade der hier vorliegende Abschnitt von der Versuchung des
Karna durch den listigen Krshna ist sicher alt, wenn auch nicht
seine Einschachtelung in den Bericht des Sanjaya. Der „Stab des
Brabman", Nota zu Udyoga S. 185, ist ein Symbol des unabweis¬
baren Schicksales, vgl. diese Zeitschrift XXXVIII, S. 226, N. 101.
Ein kleiner und unbedeutender adhyäya 4, 63, 1 = 2021 ff. ist
in der üebersetzung ganz ausgefallen. Druckfehler sind in der
Uebersetzung selten , aber häufig in den Noten, z. B. Udy. S. 308
Vishma lies Vishnu, ebenda S. 343 Wunita lies Urmilft.
Freiburg i. B.
Adolf Holtzmann.
Teart Book of Documentary Chmese, with a vocabulary,
edited by F. Hirth, Ph. D. Dep. Commissioner and
Assistant Statist. Seer., Inspectorate Oeneral of Customs,
Shanghai, Statistical Department of the Inspectorate Ge¬
neral of Customs I 1885, II. Vocabulary, Appendix
(Selected Translations) 1888. VIII, 272. 299. 4«.
F. Birth, Notes on the Chinese documentary style. Leipsic
& Munich: Georg Hirth. Shanghai. ifong-Kong. Yoko¬
hama. Singapore: Kelly & Wcush, limited, 1888. 8'*.
VI, 150.
Der durch sein Werk „China and the Boman Orient" und viele
andere scbätzenswertbe Arbeiten rühmlichst bekannte Verfasser,
welcher im vorigen Jahre die wissenschaftliche Welt durch seine
Nachrichten über das von ihm erworbene Hua-i-yi-yü ') erfreut hat,
legt durch seine in diesem Jahre erschienenen Werke „Ancieut
Porcelain" und die obigen wieder ein glänzendes Zeugniss von seiner
fast beispiellosen Thätigkeit ab. Das „Text Book of documentary
Chinese" ist zwar zunächst für die dem chinesischen Zolldienst sich
widmenden Europäer und Amerikaner bestimmt; es ist aber theils
an und für sich selber, theils durch die sorgfältigen Erklärungen 1) S. Journal of the China Brauch of the Royal Asiatic Society, vol. XXII (1887): The Chinese Oriental College by F. Hirth S. 203—23. Das „Oriental College" ist die 1407 errichtete Dolmetscher-Schule SsS-yi-kuan, und die Hand¬
schrift des Hua-i-yi-yü enthält Wörtersammlungen ^ der in dieser Anstalt ge¬
triebenen Sprachen der Mongolen, Birmanen(?), Zu-tsT= Tungusen, Tibeter, Uiguren, Perser, Pa J, Pa Pai u. s. \v. mit entsprechenden Schriftzeichen.
4 7 *
Himly, Hirth's Text Book of Docum^entary Chinese 687
und das zugehörige Wöriierbuch des zweiten Bandes für alle Die¬
jenigen von Wichtigkeit, welche die in den Sprachlehren mehr oder
weniger unbeachtet gebliebene Schreibweise der Urkunden kennen
lemen wollen. Die im Jahre 1867 von Wade herausgegebene
,Series of papers selected as specimens of documentary Chinese"
enthält zwar eine umfangi-eiche Sammlung von amtlichen und halb¬
amtlichen Schreiben, Bittschriften, Eingaben und Urkunden ver¬
schiedener Art und zu 75 von den 148 gegebenen Stücken sind
auch die Uebersetzungen, zu 65 die genauen Erklärungen beigegeben;
aber gerade das hier Gebotene fehlt, nämlich der Verkehr der mit
dem Zoll zusammenhängenden Behörden unter sich und mit den
Kauf leuten, die Verfügungen in Beziehung auf Häfen , Ein- und
Ausfuhr des Jahres 1882, Schiffsverkehr 1882, Durchgangs-Zoll-
Verfügungen , mehrere neuere Uebereinkommen , welche sich z. B.
auf deutschen Schiffsverkehr beziehen, die Uebereinkunft wegen der
Kuli-Auswanderung, ein Auszug aus der Uebereinkunft von Tschifu
u. s. w. ; zudem sind hier die Erklänmgen auf die ganze Sammlung
ausgedehnt und von einem ausführlichen Wörterbuche begleitet.
S. 204 ist eine Liste von Schriftzeichen , welche , als den Namen
verstorbener Kaiser angehörig, eine Abänderung erfahren haben.
Einen entschieden wissenschaftlichen Werth für die Kenntniss
der Sprache an sich haben die Notes on the Chinese Docimientary
Style, da sie zu den bisherigen Darstellungen der ältem chinesischen Schrift-Sprache einer- und der neueren andererseits eine nothwendige
Ergänzung büden. Der Vorrede zufolge hat freüich der Verfasser
solche Leser im Auge gehabt, die in China die Landessprache
sprechen lernen und zugleich oder später berufmässig sich mit der
Schriftsprache zu beschäftigen haben , wobei sie leicht in den Fall
kommen, nachdem sie so weit sprechen gelernt haben, um sich zu
verständigen, dass sie sich auf die mündlichen Umschreibungen von
Seiten eines chinesischen Lehrers als „Eselsbrücke" verlassen müssen.
Um dieses zu vermeiden, räth H. Hirth, die gesprochene mit der
Schriftsprache zugleich in Angriff zu nehmen, ohne Lehrer und mit
Hülfe des obengenannten vocabulary des 2. Bandes die ersten 43
Schriftstücke des 1 Bandes seines Text Book zu übersetzen und
die Uebersetzung mit seiner eigenen im Appendix zu vergleichen,
sodann dasselbe mit den ersten 57 Schriftstücken in Wade's Docu¬
mentary Course zu thun, den Schlüssel dazu sorgfältig zu ver¬
arbeiten und das Wörterbuch daneben zu gebrauchen. Wenn man
die Vorrede St. Julien's zu seiner Uebersetzung des Si Yü Ki liest
und Herrn Hirth's Vorrede zu seinen „Notes" damit vergleicht, kann
man sich denken, mit welcher Genugthuung jener berühmte Sprach¬
forscher die letztere gelesen haben würde, da H. Hirth sagt, dass
die Durcharbeitung von Julien's Syntaxe Nouvelle ihn schon vor.
16 Jahren gelehrt hätte, die durch diese Arbeit gemachten Fort¬
schritte mit den durch blosse thatsächliche Uebung erlangten sehr
zu Ungunsten der letztem zu vergleichen.
44»
Der Verf. giebt in der Einleitung über die Urkunden- oder
Geschäftsprache (documentary language or business style) die Worte
von Meadows wieder, welcher sich in seinen .Desultory Notes" aus¬
führlich über die Sache ausgelassen und von der dunkeln, gedrun¬
genen, viele Füllwörter enthaltenden alten Büchersprache (ku wön),
sowie der schon wortreicheren, aber dem Ebenmass der Satzglieder
viel Spielraum lassenden späteren Gelehrtensprache (dem wön thsang)
die immer nach Deutlichkeit strebende, oft ganz der Füllwörter
entbehrende, das Ebenmass (rythmus) ausser Acht lassende Geschäft-
Sprache (business style) , wie auch anderseits die letztere von der
Schriftsprache des Umgangs (familiar style) unterschieden hat, welche
letztere Vieles aus der gesprochenen (neuem) Umgangssprache ent¬
lehnt. Herr Hirth giebt indessen nicht zu, das die Geschäftsprache
ganz des Ebenmasses entbehre (S. 16, Anmerkung), da in gewissem
Sinne derartige Bestrebungen die ganze Sprache, wenigstens die
Schrift - Sprache , durchdringen. Mit der Zeit wird man vieUeicht
immer mehr finden, dass auch der Einfluss der Zeit auf die
Wandelungen in der Bedeutung der Ausdrücke gewisse Unter¬
scheidungen bedingt und nicht nur gerichtliche Ausdrücke, wie
kung .aussagen", oder hochtrabendere wie thSöng .angeben" einer¬
seits . das ^uo .sagen" der Umgangsprache , anderseits das alter¬
thümliche yüS verdrängen , sondem z. B. das in der alten Zeit
ausschliesslich für .Baum' gebrauchte mu durch su, oder gar das
SU - mu der Umgangsprache ersetzt ist. So theilt schon Gabelentz
(Anfangsgründe S. 3 f) die Sprache nach den Zeiträumen 1) bis
zum 6. Jahrhundert, 2) bis zum 1. Jahrhimdert v. Chr. imd 3) von
da bis zur Mongolenzeit ein, in welcher 4) die Umgangsprache
auch nebenbei Schriftsprache wurde , indem er die wön - thsang
genannte an den dritten Zeitraum anschliesst. Den üebergang zur
letztem würde dann wohl die Geschäftsprache zu bilden haben;
indessen hat man bei diesen Eintheilungen immer mit der Schwierig¬
keit zu kämpfen, dass wir die alte Umgangsprache nicht kennen,
da die Schauspieldichtung erst in unserm Mittelalter beginnt und
die Anführangen aus älteren Werken ohne Quellenangabe überaus
häufig sind.
Wenn der Verf. S. 3 die .Notes" nur als einen Umriss für
spätere wissenschaftUche Werke hinstellt, so ist dieses wohl zu
bescheiden ausgedrückt; es versteht sich überall von selber, dass
unsere Kenntnisse mit der Zeit fort schreiten müssen, und, wenn
nicht der ganze, hier als bekannt, oder durch andere Hilfsmittel
erreichbar vorausgesetzte Stoff, welcher die Sprache als Ganzes
betrifift, mit einverleibt werden sollte, wäre wohl selbst von einem
so fleissigen Bearbeiter, wie der Verf. ist, schwerlich eine licht¬
vollere und voUständigere DarsteUung der hier in Betracht kommenden Sprachgesetze zu erwarten gewesen.
Gleich im Anfang ist von den sprachgesetzlichen HUfsmitteln
(grammatical agents) die Rede, und der Verf. führt hier nebeu den
Himly, Hirth's Text Book of Documentary Chinese. 689
allgememen Hilfsmitteln der Stellmig und der Hilfswörter (auxiliary
characters) als etwas der Geschäft - Sprache Besonderes — wobei
indess das weiter oben Gesagte zu beachten — das Ebenmass hinzu.
Dann folgen Vielheit und Allheit mit den verschiedenen dafiir
gebrauchten Ausdrücken , die Zahl-Redensarten , die Verdoppelung,
der Gebrauch von töng und lei, die Mehrheit auszudrücken, wobei
namenthch ersteres in seinen verschiedenen Anwendungen Hchtvoll
an Beispielen erläutert ist, kai und so yu xmd dann das Zahlwort i
,eins", welches durch unser ,der, die, das" wiedergegeben werden kann. S. 34 unter .Subject" heisst es, es sei kein willkürliches
Gesetz, sondem der natürliche Gang des menschlichen Denkens,
der uns zuerst an den Gegenstand der Aussage (subject) denken
lasse ; denn auch in Sprachen , wo die Stellung keineswegs wesent¬
lich zur Unterscheidung der Redetheile sei, seien diejenigen Fälle
eine Ausnahme, wo der Aussagegegenstand hinter dem Zeitworte
stehe. Denjenigen, welche sich mit semitischen Sprachen beschäftigt
haben, wird hier freihch die dem entgegenstehende Besonderheit
derselben auffallen. Der Gebrauch von yu zur Einleitung von
Sätzen, in welchen das .logical subject* dem .grammatical subject"
vorangestellt ist, wie .vom" (yu) .Statthalter wurde ein Schreiben
gerichtet an den Konsul* erinnert an die von Gabelentz, irren wir
nicht, mit denselben Kunstausdrücken bezeichneten Fälle. Was hier
eine Eigenthümliehkeit der Amtsprache ist, findet man in andem
Spraehen, wie im Tibetischen und Hindustanischen als strenges
Gesetz wieder (s. S. 34). Wie hier yu dem folgerichtigen Aussage¬
gegenstand , so erscheinen im Polgenden tsiang , pa , i (.nehmen,
gebrauchen") mit dem Zielworte dem Hauptzeitworte vorangesetzt,
mit Hervorhebung des vorzugsweise in der Amtsprache gebrauehten
tsiang, da pa eigentlich der Umgangsprache angehört. Unter Object
S. 39 f. ist die Stellung der SatzgUeder 1. Subject, 2. Verb, 8.
Dative, 4. Object, (.cf. Julien p. 14") angegeben mit einem Beispiele,
worauf sogleich folgt, Beispiele der Art seien so selten und die
Regel erleide so viele Ausnahmen im .business style", dass man
zum gesunden Menschenverstände als sichersten Führer seine Zuflucht
nehmen müsse. Es folgt dann das Beipiel: chi w6n lo-po-tan ,to
give letter to Robert Thom", gleichsam .to letter give Robert Thom*.
Hier ist das wen (jletter") nur ein kurzes Wort, auf welches die
drei Sylben folgen, welche den auf ehinesiche Weise verdrehten
Namen enthalten, und man könnte auf den Gedanken kommen,
dass Länge vmd Kürze der beiden Zielwörter von Einfluss gewesen
wären. Ein ähnliches Beispiel (iam-t'eu sam-pek lin) findet sich in
Gabelentz' „Anfangsgründen" S. 63, wo die abweichende Stellung
wie oben aus der .redensartlichen Verbindung des Accusativs mit
dem Verbum" erklärt ist. Sollten solche Fälle oft vorkommen, —
wie man könnte aus den Worten des Verf. herauslesen wollen, —
so wäre wohl gerade hier in dem sonst so reich mit Beispielen
ausgestatteten Buehe eine grössere Anzahl solcher erwünscht. Allein
es scheint dem Berichterstatter, — und vieUeicht hatte der Verf.
auch daran gedacht, — als ob sich das Chinesische meistens anderer
Weisen der Wiedergabe bediente, z. B. ,yu (s. o.) mou iön tsiang
wön tSuan ki Lo-po-tan", ,von Jemand nehmen Brief einhändigen an Robert Thom", wie anderseits der Satz bei Gabelentz 6an-thou san pai lön „schnitt ab die Köpfe 300 Menschen" recht wohl lauten
könnte 6an san pai iön (tli) thou mit pai iön als von thou ab¬
hängigem Wessfalle. Der Verf hat indessen, wie er S. 10 am
Ende der Einleitung sagt, die Beispiele grösstentheüs Wade's Docu¬
mentary Course entnommen und die Seitenzahlen des letztem bei¬
gefügt. Dort sehe ich , dass es sich um GützlafTs Ersetzung durch
Robert Thom als Konsul um Ningpo handelt, und der Satztheü
lautet voUständiger: tz6 thSa Kuo-Il-la hwei Yüe tsai tsi, ying ki
wön Lo-po-tan yü tao Ning th ii thsin kiao thSa tSao, ,da nunmehr
Gützlaff baldigst nach Kuang-Tung zurückkehrt, muss man einen
Brief geben, den Robert Thom am Tage seiner Ankunft in Ningpo
selber zur Prüfung einhändigen kann". Aus Wade's Uebersetzung ist nicht zu sehn, wie er die Sache auffasst ; da aber im chinesischen
Wortlaut das ying ki wön Lo-po-tan durch das Satzzeichen o
abgetrennt ist, würde hiemach des Verfassers Auffassung gerecht¬
fertigt sein. JedenfaUs scheint dieses aber ein besonderer FaU,
der wohl für sich allein nicht für diese Art Satzbau massgebend
sein sollte (?). — Mit einer FüUe von Beispielen ist der Gebrauch
des obigen i erläutert; wir können hier aber nicht überall die neuen
vom Verf. aufgesteUten Gesichtspunkte auch nur andeuten; genug,
dass hier der abweichende Gebrauch in der Amtsprache hei-vor-
gehoben wird, wonach das durch i eingeführte Zielwort meist dem
Hauptzeitworte folge. Zu dem Ausdrucke der Bescheidenheit für
,ich, mir" i „Ameise" S. 74 möchte ich noch thSung „Wm-m" hinzu¬
fügen. Diese ganze Lehre von den Fürwörtern S. 68—74 ist
übrigens sehr ausführUcb behandelt und besonders der Aufmerksam¬
keit des Lesers zu empfehlen. S. 80 unterscbeidet der Verf. zwischen
Depeschen (despatches), in welchen der volle Amtsname vorgedmckt
wird, und „official and private notes', wo der Name des Absenders
nur auf einer abgesonderten Karte zu finden sei. Es mag richtig
sein, dass unamtUchen Briefen auf gewöhnlichem Papier solch eine
Karte auf rothem Papier beigelegt wird; indessen giebt es halb-
amtUche, oder auch auf den gewöhnlichen geschäftlichen Verkehr
bezügliche Schreiben , die aus einer oder mehreren rotben Karten
bestehn, auf deren erster ausser dem Namen ohne Hinzufügung der
amtlichen SteUung gleich der Anfang des Briefes folgt. Neben den
Fürwörtem der 1. Person wäre wohl das shen mit anzuführen
gewesen, welches im vocabulary aufgeführt wird, also auch wohl
im Text book vorkommt, wie es auch neben ch'in „ipse" eine Stelle
verdienen möchte; es entspricht etwa nach Anwendung und Gmnd-
bedeutung den hebräischen DIS?. — Eine schöne Ergänzung der
HiUsbücher füj- die Erlernung der Sprache überhaupt ist der Theü,
Himly, Hirth's Text Book of Documentary Chinese. QQ\
welcher von den Zahlwörtern handelt, indem darin z. B. die po
kia sing oder ,100 Namen', nach denen das ,Volk' po sing genannt
wird, hier vollständig und gesondert angefiihrt sind, während sie
in der allgemeinen Liste in WiUiams' dictionary mit über 300
anderen unter etwa 1600 als die gebräuchlicheren durch gesperrte
Schrift ausgezeichnet sind, — femer eine PüUe von Beispielen für
den Gebrauch der hua-ma, einer kürzeren Art von Zahlenbezeichnung,
gegeben ist. OfFenbar ist der Verf. im Rechte, wenn er gegen
Remusat S. 103 yü und hü nicht die Bedeutung .environ, un peu
plus ou un peu moins', sondern nur die von .mehr als" zu¬
erkennt. Auch das putöng .unbestimmt', .ungefähr' ist hier ganz
entsprechend der dem bejahenden töng S. 25 ff. zu Theil gewordenen AusführUchkeit behandelt.
Zu Adjectives S. 112, wo es sich in der Anmerkung (s. Schott
S. 57) um einen anscheinenden AusnahmefaU der Nachsetzung eines
Eigenschaftswortes handelt, der nur mit vorgesetztem wei vor¬
kommen soll(?), ist wohl eine einfache Auflösung des Räthsels
möglich, indem man das Eigenschaftswort als Aussage auffasst und
Kuang wei iön Uen übersetzt durch .Kuang als Mensch (wei
iön) war bescheiden'. Dieses wei iön .einen Menschen machend',
.als Mensch", .in der Eigenschaft eines Menschen" kommt in den
Sprüchen des Khung-fu-tze u. s. w. öfter vor. — Zu S. 115, wo
von der Voranstellung des Wortes to .viele" die Rede ist, möchte
ich hinzufügen, dass diese SteUung namentUch auch mit der Be¬
deutung .mehr" zu verbinden ist.
Zu S. 123 ist ts'ung, — wie es scbeint im Gegensatz zu des
Verf eigener Auffassung S. 235 des vocabulary, — durch .very"
wiedergegeben mit dem Beispiele ts'ung - chung chiu - pan .to pro¬
secute and punish most severely", im vocabulary steht bei ts'ung chung nur severe; strict (as punishment), wie auch andere Beispiele der Art folgen, z. B. ts'ung k'uan .to remit', ts'ung fong .liberal", ts'ung scheint hier gemäss der Grundbedeutung .folgen" nur: .ein Verfahren befolgen" zu bedeuten.
Zu Seite 144 tsai an „in the records, on record, is on
record", .Uegt vor" (zu den Acten), welches am Ende ans den
Acten angeführter Stellen häufig vorkommt, möchte ich noch das
ohne solche Wiederholung vorangesetzte an erwähnen, wie es im
vocabulary S. 119 in an chä vorkommt. Es ist z. B. häufig im
San tsai tsu ye zu finden, wo es einfach das hinzugefügte Neue
einleitet und etwa durch unser .Zusatz' übersetzt werden könnte
(an bedeutet bekanntlich die Richterbank). Ein Index dient dazu,
den Gebrauch des ungemein nützUchen und belehrenden Buches
zu erleichtern, welches, wie gesagt, nicht allein für den Dolmetscher,
sondem auch für die des Chinesischen BefUssenen überhaupt eine
wichtige Ergänzung der bisherigen Hilfsmittel ist.
K. Himly.
Bemerkung zu Band XLII S. 41.
Herr Dr. M. Klamroth schlägt vor, Ja'qübi I, !n 1. 4 statt
oLaOJÜI ZU lesen o'u>.jOJi nnd verweist dafür nach S. 4, Anm. 1.
i
Dort lesen wir: »Für das unbekannte oL>OJ', welches ein per¬
sisches Lehnwort sein müsste , lese ich das durch den Zusammen¬
hang geforderte oL=»-jO = ßct&fioi'^ u. s. w. Ich erlaube mir, den
geehrten Kritiker in Bezug auf das Wort oLsO./ zu verweisen
nach Pihrist S. Cva 1. 6, wo ein Buch oder Abhandlung erwähnt
wird unter dem Titel:
i_«cs-\!i o'lso^ f^J^'
In einer Note zur bezeichneten Stelle S. 131, 132 bemerkt
der gelehrte Herausgeber, nachdem er die verschiedenen Schreib¬
weisen des Wortes aufgezählt hat , dasselbe komme auch sonst an
verschiedenen Stellen vor und sei von Reinaud u. a. in der Ein¬
leitung zu Abu-'l-Pidä S. XLII, Anm. 4 erklärt als ein Sanskrit Lehn¬
wort = crama djia, sinus droit. Ob diese Ableitung richtig
sei, muss ich dem Urtheile der Sanskritisten überlassen (ich hege
einige Zweifel), allein soviel steht fest, dass die Lesart vollkommen richtig ist und das Wort oL:>oJ' überhaupt nicht als „unbekannt"
bezeichnet werden darf.
Weil ich mich jetzt mit völlig verschiedenen Sachen beschäftige,
bin ich nicht im Stande, die wichtigen Bemerkungen des Herm
Kritikers durchgehends zu prüfen; ohne Zweifel hat er, wie man
berechtigt war zu erwarten, viele gute Emeudationen vorgeschlagen,
doch hat er bisweilen etwas mit Unrecht getadelt, z. B. wenn er
S. lit , 1. 1 V. u. i^^Lpjj statt j-S^i lesen will. Er scheint
dabei übersehen zu haben, dass die arabische Orthographie solcher
Infinitiv-Pormen von Verben ult. ^ die Schreibweise ^li^j vor¬
schreibt und dass (^^LsO^ fehlerhaft sein würde.
Dr. M. Th. Houtsma.