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DIE PRÜFUNG DER GOING-CONCERN-PÄMISSE

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Academic year: 2022

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RÜFUNG DER

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ONCERN

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ÄMISSE BEI

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RSTELLUNG DES

J

AHRESABSCHLUSSES

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Rechtswissenschaften

an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz

eingereicht von

Mag. (FH) Nicole Stefanie Kals

bei

ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerhard Schummer

Institut für Unternehmensrecht und Internationales Wirtschaftsrecht

Graz, im Juni 2015

(2)

II

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner an- deren inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektro- nischen Version.

Datum: Unterschrift:

(3)

III

I

NHALTSVERZEICHNIS

INHALTSVERZEICHNIS III

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS V

1 EINLEITUNG 1

2 DIE ERSTELLUNG DES JAHRESABSCHLUSSES 2

2.1 Der Jahresabschluss im UGB 2

2.1.1 Die Pflicht zur Jahresabschlusserstellung 2

2.1.2 Bestandteile des Jahresabschlusses und Fristen 4

2.1.3 Unterzeichnung und Verantwortung 5

2.2 Beauftragung Dritter mit der Jahresabschlusserstellung 7

2.2.1 Der (Steuer-) Beratungsvertrag 8

2.2.2 Verträge in der Beratungspraxis 9

2.2.2.1 Umfassender Beratungsvertrag 12

2.2.2.2 Steuerberatendes Dauermandat 12

2.2.2.3 Konkreter Einzelauftrag 13

2.3 Die Erstellung des Jahresabschlusses durch den Steuerberater 14

2.3.1 Berufsrecht des Steuerberaters 14

2.3.2 Funktionen des Jahresabschlusses 16

2.3.3 Anwendbare Normen 17

2.3.3.1 Europarecht 17

2.3.3.2 Nationales Recht 18

3 DER JAHRESABSCHLUSS IN DER UNTERNEHMENSKRISE 19

3.1 Die Unternehmenskrise 19

3.2 Die unternehmensrechtliche Going-Concern-Prämisse 20

3.2.1 „Fortführung des Unternehmens“ 20

3.2.2 Zeithorizont 22

3.2.3 Folgen des Abgehens von der Going-Concern-Prämisse 24

3.3 „Rechtliche und tatsächliche Gründe“ 25

3.3.1 Rechtliche Gründe 26

3.3.2 Tatsächliche Gründe 27

3.4 Prognosen zu Going-Concern 30

3.4.1 Unternehmensrechtliche Fortführungsprognose 30

3.4.2 Die insolvenzrechtliche Fortbestandsprognose 31

3.4.2.1 Die Insolvenz 31

3.4.2.2 Die insolvenzrechtliche Fortbestandsprognose 32

3.4.2.3 Abgrenzung Fortführungsprognose / Fortbestandsprognose 33

3.5 Anhangangabe zu negativem Eigenkapital 34

(4)

IV

3.5.1 Anhangangabe bei positiver Fortbestandsprognose 34

3.5.2 Anhangangabe bei negativer Fortbestandsprognose 36

3.5.3 Typische Anhangangaben aus der Praxis 38

3.5.3.1 Qualifizierter Rangrücktritt 39

3.5.3.2 Ausreichend stille Reserven 39

3.5.3.3 Deckung durch den Firmenwert 40

3.5.3.4 Zusammenfassung der Situation in der Praxis 41

4 NEBENPFLICHTENAUS DEM VERTRAGSVERHÄLTNIS 41

4.1 Der Steuerberater als Sachverständiger 42

4.1.1 Unkenntnis der anwendbaren Normen 43

4.1.2 Unvertretbare Rechtsansicht 44

4.2 Allgemeine Auftragsbedingungen und Vollständigkeitserklärung 44

4.2.1 Aufklärungspflicht des Klienten 44

4.2.2 Nachforschungspflicht des Steuerberaters 46

4.2.3 Nachforschungspflichten im Lichte der Krise 47

4.3 Aufklärungspflicht des Steuerberaters 48

4.3.1 Originäre Aufgabe des Leitungsorgans 50

4.3.1.1 Führung des Rechnungswesens 50

4.3.1.2 Gesetzliche Krisenindikatoren 50

4.3.1.3 Auslagern der Jahresabschlusserstellung 53

4.3.2 Allgemeine steuerliche Beratung 54

4.3.3 Grenzen des Erstellungsauftrags 56

4.3.4 Negatives Eigenkapital im Jahresabschluss als Warnung 58

5 FAZIT 59

LITERATURVERZEICHNIS 61

JUDIKATURVERZEICHNIS 68

ANLAGE I–MUSTERSCHRIFTSATZ 72

ANLAGE II–INHALT DES AUFTRAGSVERHÄLTNISSES 74

ANLAGE III–AUFTRAGSDETAILLIERUNG 75

(5)

A

BKÜRZUNGSVERZEICHNIS

AAB Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhandberufe ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch

Abs Absatz

AFRAC Austrian Financial Reporting and Auditing Committee AG Aktiengesellschaft

AktG Aktiengesetz

BGH Bundesgerichtshof (Deutschland) bzw beziehungsweise

dHGB deutsches Handelsgesetzbuch EKEG Eigenkapitalersatz-Gesetz EStG Einkommensteuergesetz etc et cetera

EU Europäische Union

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung IAS International Accounting Standards

IDW Institut der Wirtschaftsprüfer (Deutschland) IO Insolvenzordnung

IWP Institut der Wirtschaftsprüfer KG Kommanditgesellschaft

KWT Kammer der Wirtschaftstreuhänder lit litera

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OGH Oberster Gerichtshof UGB Unternehmensgesetzbuch

URG Unternehmensreorganisationsgesetz

WT-ARL Richtlinie des Vorstandes der Kammer der Wirtschaftstreuhänder über die Ausübung der Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreu- handberufs-Ausübungsrichtlinie 2003 - WT-ARL 2003) in der Fas- sung ABl-KWT 2/2005, ABl-KWT 2/2008, ABl-KWT 1/2010 und ABl- KWT Sondernummer I/2011

WTBG Wirtschaftstreuhandberufsgesetz

Z Ziffer

zB zum Beispiel

(7)

1 E

INLEITUNG

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Nebenpflichten für den Steuerberater aus einem Werkvertrag zur Jahresabschlusserstellung erwach- sen. Der Fokus liegt hier auf Aufklärungs-, Warn- und Hinweispflichten im Hinblick auf eine mögliche insolvenzrechtliche Überschuldung. Kern der Problematik ist, dass es zwar zur originären Aufgabe der Geschäftsführung gehört, die wirtschaftli- che Entwicklung des Unternehmens zu überwachen und eine Unternehmenskrise vorab zu erkennen, oft sieht jedoch der Steuerberater die Gefahr früher. Jedenfalls ist eine bilanzielle Überschuldung in der Unternehmensbilanz als Indiz für eine mögliche insolvenzrechtliche Überschuldung zu werten. Liegt ein solcher negativer Abschluss vor, ist dies vor allem ein Zeichen für das Leitungsorgan aktiv zu wer- den. Vielfach wird es aber nicht aktiv, was an unterschiedlichen Gründen liegen kann. Entweder überprüft der Unternehmer die Lage, schätzt sie aber falsch ein und sieht keinen Handlungsbedarf, oder er erkennt gar nicht, dass sich das Unter- nehmen in einer kritischen Situation befindet. Im Zuge einer Insolvenz versuchen Masseverwalter daher häufig auf den jahresabschlusserstellenden Steuerberater zu greifen, um den Haftungsfond zu vergrößern. Es wird argumentiert, dass gera- de der Steuerberater einen guten Einblick in die wirtschaftliche Situation des Un- ternehmens hatte und im Zuge der Erstellung des Jahresabschlusses ohnehin die Fortführbarkeit des Unternehmens im Sinne der Going-Concern-Prämisse hätte prüfen müssen.

Am Beginn dieser Arbeit wird aufgezeigt, dass die Erstellung von der Aufstellung des Jahresabschlusses zu unterscheiden ist und wen diese Pflichten jeweils tref- fen. Zudem wird darauf eingegangen, welche Arten von Verträgen zwischen Un- ternehmen und Steuerberatern möglich sind. Dabei wird ein Mustervertrag aus der Praxis zugrunde gelegt. In Kapitel 3 wird auf die Going-Concern-Prämisse einge- gangen. Was passiert, wenn im Zuge der Jahresabschlusserstellung eine negative Unternehmensentwicklung evident wird? In diesem Zusammenhang wird daher auch auf das negative Eigenkapital und die damit zusammenhängende Anhan- gangabe eingegangen. Auch hier wird ein Praxisbezug hergestellt, indem An- hangangaben aus offengelegten Jahresabschlüssen einer kritischen Würdigung unterzogen werden. Die Antwort auf die Frage, welche Pflichten sowohl den Man-

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danten als auch den Steuerberater in dieser Situation treffen, wird in Kapitel 4 ausgeführt.

2 D

IE

E

RSTELLUNG DES

J

AHRESABSCHLUSSES

2.1 Der Jahresabschluss im UGB

2.1.1 Die Pflicht zur Jahresabschlusserstellung

Im UGB finden sich die Regelungen zur Rechnungslegung im dritten Buch.

§ 189 Abs 1 UGB legt fest, dass diese Bestimmungen auf Kapitalgesellschaften und unternehmerisch tätige Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, anzuwenden sind.1 Weiters auf alle anderen Unternehmer die die Umsatzgrenze von 400.000,-- Euro über- schreiten und nicht unter die Ausnahmeregelung des Abs 4 fallen. Die maßgebli- che unternehmensrechtliche Bestimmung über die Pflicht zur Jahresabschlusser- stellung ist § 193 Abs 2 UGB. Der Unternehmer ist demnach zur Aufstellung eines Jahresabschlusses zum Ende eines jeden Geschäftsjahres, dem sogenannten Bilanzstichtag, verpflichtet.2 Bei Gesellschaften trifft diese Norm den geschäftsfüh- renden Gesellschafter bzw jene Personen, die von diesem dazu beauftragt wur- den.3 Die Feststellung des Jahresabschlusses erfolgt durch alle Gesellschafter.4 Grundsätzlich ist zwischen der Aufstellung und der Feststellung des Jahresab- schlusses zu unterscheiden. Die Feststellung des Jahresabschlusses ist ein Rechtsakt, dem ein rechtsgeschäftliches Anerkenntnis des vorgelegten Jahresab- schlusses innewohnt und das den Charakter eines Vertrags zwischen den Gesell- schaftern hat.5 Somit folgt die Feststellung der Aufstellung zeitlich nach.6 Wer für Aufstellung und Feststellung zuständig ist, ist abhängig von der Rechtsform der Gesellschaft.

1 zB GmbH & Co KG

2 Eine steuerrechtliche Vorschrift, welche die Erstellung eines Jahresabschlusses vorsieht, existiert nicht. § 4 Abs 1 EStG verlangt zum Zweck der Gewinnermittlung die Vorlage eines Betriebsvermö- gensvergleichs.

3 Hilber in Torggler, Unternehmensgesetzbuch § 193 Rz 13 (2013).

4 Kalss, Zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Vorstands für die Bilanzerstellung, in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer (Hrsg), Bilanzpolitik Wie- ner Bilanzrechtstage 2012 (2013) 147 (149).

5 OGH 28.11.1962, 7 Ob 188/62

6 Kalss, in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer, 147 (149).

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Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) haben die Geschäftsführer gemäß § 22 Abs 1 GmbHG die Aufgabe ein Rechnungswesen zu führen, dabei ist die Erstellung des Jahresabschlusses nach herrschender Ansicht Teil eines ord- nungsgemäßen Rechnungswesens.7 Diese Bestimmung besagt auch, dass die Geschäftsführer für ein internes Kontrollsystem Sorge tragen, das den Anforde- rungen des Unternehmens gerecht wird. Diese Bestimmung verpflichtet die Ge- schäftsführung also nicht nur zu einer vergangenheitsbezogenen Sichtweise, son- dern fordert auch eine zukunftsorientierte wirtschaftliche Betrachtung des Unter- nehmens.8 Der Zweck dieser Bestimmung liegt darin, die ordentliche Unterneh- mensführung sicherzustellen. Die Geschäftsführung muss folglich immer in der Lage sein, sich in angemessener Zeit ein umfassendes Bild von der wirtschaftli- chen Lage der Gesellschaft zu machen. Somit sind Bilanz und Gewinn- und Ver- lustrechnung nicht nur Informationen für Außenstehende, sondern auch für das Management und können als Instrument der Unternehmensführung dienen.9 Die Verantwortung für die Aufstellung und Unterzeichnung des Jahresabschlusses liegt bei allen Geschäftsführern, unabhängig von einer eventuellen internen Ge- schäftsverteilung.10 Die Feststellung des Jahresabschlusses einer GmbH obliegt gemäß § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG der Generalversammlung der Gesellschafter.

Durch die Feststellung wird der Jahresabschluss verbindlich.11

Die Aktiengesellschaft (AG) unterscheidet sich hinsichtlich der Kompetenzvertei- lung im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss, da hier auch der Aufsichtsrat eingebunden ist. Für das Rechnungswesen und das interne Kontrollsystem ist gemäß § 82 AktG der Vorstand verantwortlich. Sie haben den Anforderungen des Unternehmens zu entsprechen. Der Begriff Rechnungswesen bestimmt sich nach dem jeweils aktuellsten Stand der Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre. Das heißt, der Vorstand ist verpflichtet, neben der Buchführung noch andere notwendi- ge Rechnungsbücher, beispielsweise eine Kostenrechnung, zu führen.12 Zudem muss der Vorstand ein, der Komplexität des Unternehmens entsprechendes, in- ternes Kontrollsystem installieren. Diese Vorschriften dienen dazu, sicherzustellen,

7 Unger in Straube (Hrsg), Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz3 § 22 Rz 9 (2013); Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung6 § 22 Rz 244 (2008).

8 Koppensteiner/Rüffler, GmbH Gesetz Kommentar3 § 22 Rz 5 (2007).

9 Egger/Samer/Bertl, Der Jahresabschluss nach dem Unternehmensgesetzbuch I14 (2013) 34.

10 Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 22 Rz 16

11 Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 35 Rz 7.

12 Strasser in Jabornegg/Strasser (Hrsg), Aktiengesetz II5 §§ 77-84 Rz 15 (2010).

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dass sowohl die Finanzberichterstattung nach außen, als auch die Daten als Ent- scheidungsgrundlagen für eine ordnungsgemäße Unternehmensführung zeitge- recht zur Verfügung stehen.13 Die Verpflichtung aus § 82 AktG kann nicht abbe- dungen werden und stellt sowohl eine privatrechtliche als auch eine öffentlich- rechtliche Pflicht dar.14 Wie bei der GmbH kann ein Vorstandsmitglied nach der internen Geschäftsverteilung für die Führung des Rechnungswesens verantwort- lich sein, nach außen aber bleibt der Grundsatz der Gesamtverantwortung des Vorstands aufrecht.15 Der vom Vorstand aufgestellte Jahresabschluss ist unver- züglich an den Aufsichtsrat zu übermitteln (§ 222 UGB in Verbindung mit

§ 96 Abs 1 AktG). Der Aufsichtsrat prüft den vom Vorstand vorgelegten Jahresab- schluss im Hinblick auf die Recht- und Ordnungsmäßigkeit (Gesetzmäßigkeit) und im Hinblick auf Wirtschaftlich- und Zweckmäßigkeit.16 Bei der Rechtmäßigkeitsprü- fung entscheidet der Aufsichtsrat, ob die ihm vorgelegten Unterlagen den gesetzli- chen und den satzungsmäßigen Bestimmungen entsprechen. Zudem ist zu prü- fen, ob die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung und Bilanzierung eingehal- ten wurden, der Jahresabschluss der Generalnorm des true and fair view ent- spricht und somit ein möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Er- tragslage darstellt.17 Die Feststellung des Jahresabschlusses in der AG erfolgt gemäß § 96 Abs 4 AktG durch die Billigung desselben durch den Aufsichtsrat. Der Vorstand und der Aufsichtsrat können sich aber dafür entscheiden, eine Feststel- lung durch die Hauptversammlung vorzunehmen.

2.1.2 Bestandteile des Jahresabschlusses und Fristen

Der Jahresabschluss ist eigentlich innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres aufzustellen. Für Kapitalgesellschaften gilt hier aber gemäß

§ 222 Abs 1 UGB eine Frist von fünf Monaten ab dem Bilanzstichtag. Der Jahres- abschluss besteht grundsätzlich aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrech- nung. Neben diesen Grundbestandteilen gemäß § 193 Abs 4 UGB, beinhaltet der Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften nach

§ 221 Abs 5 UGB auch einen Anhang. Für Kapitalgesellschaften, mit Ausnahme

13 Nowotny in Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg), Kommentar zum Aktiengesetz I2 § 82 Rz 2 (2012).

14 Strasser in AktG II5 §§ 77-84 Rz 16.

15 Strasser in AktG II5§§ 77-84 Rz 17.

16 Kalss/Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg), Kommentar zum Aktiengesetz I2 § 96 Rz 32 (2012).

17 Kalss/Gruber in AktG I2 § 96 Rz 33.

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der kleinen GmbH, ist auch ein Lagebericht beizufügen und für börsennotierte AG ist ein Corporate-Governance-Bericht zu erstellen. Die Offenlegung des Jahresab- schlusses, des Lageberichts und des Corporate-Governance-Berichts im Firmen- buch hat laut § 277 UGB immer neun Monate nach Bilanzstichtag zu erfolgen. Of- fenzulegen ist bei prüfpflichtigen Gesellschaften auch der Bestätigungs- oder Ver- sagungsvermerk des Wirtschaftsprüfers.

2.1.3 Unterzeichnung und Verantwortung

§ 194 UGB normiert eine Unterzeichnungs- und Datierungspflicht für den Jahres- abschluss,18 wodurch die gesetzlichen Vertreter die Verantwortung für die Richtig- keit und Vollständigkeit des Jahresabschlusses zum Ausdruck bringen.19 Die Un- terschrift hat deklarative Wirkung und zeigt an, dass der vorliegende Jahresab- schluss der vom Leitungsorgan aufgestellte und von den Gesellschaftern bzw vom Aufsichtsrat festgestellte Jahresabschluss ist.20 Durch die Unterschrift wird das Ende der Erstellung des Jahresabschlusses dokumentiert.21 Das bedeutet e contrario, dass das Fehlen der Unterschrift ein Indiz für die Unfertigkeit ist und nicht zwingend einen Hinweis auf eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Jahresabschlusses darstellt.22 Maßgeblich für die Vollendung des Jahresab- schlusses ist der Beschluss des Aufstellungsorgans.23 § 194 UGB enthält keine Anhaltspunkte dahingehend, ob sich aus der Unterzeichnungspflicht auch zivil- rechtliche Ansprüche der Gesellschafter oder Dritter ableiten lassen. Die Beurtei- lung dieser Frage hängt wohl sehr stark vom zu beurteilenden Einzelfall ab.24 Die Unterzeichnung in Verbindung mit dem Datum kann aber unter Umständen im In- solvenzfall bzw bei drohender Insolvenz von Bedeutung sein.25

Die Pflicht zur Angabe des Unterzeichnungsdatums dient dazu, einen Anhalts- punkt für den Zeitpunkt der Fertigstellung des Jahresabschlusses zu geben.26 Der Jahresabschluss hat alle Ereignisse zu berücksichtigen, die bis zum Ende des

18 Diese Vorschrift findet sich auch in § 245 dHGB.

19 Nowotny in Straube (Hrsg), Unternehmensgesetzbuch II/RLG3 § 194 Rz 3 (Stand Juni 2011);

Hübner-Schwarzinger in Hirschler (Hrsg), Bilanzrecht – Einzelabschluss § 194 Rz 1 (2010).

20 Hilber in UGB § 194 Rz 2.

21 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen Kommentar zum HGB, AktG, GmbHG, PublG nach den Vorschriften des Bilanzrichtlinien-Gesetzes VI6 § 245 Rz 1 (1998).

22 Hübner-Schwarzinger in Bilanzrecht § 194 Rz 1.

23 Hilber in UGB § 194 Rz 2.

24 Nowotny in UGB II/RLG3 § 194 Rz 4.

25 Förschle/Kroner in Förschle/Schmidt/Grottel/Schubert/Winkeljohann (Hrsg) Beck’scher Bilanz- Kommentar9 § 245 Rz 6 (2014).

26 Hilber in UGB § 194 Rz 1.

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letzten Tages des Geschäftsjahres eintreten. Davon sind auch sämtliche werter- hellenden Umstände erfasst, die erst nach dem Bilanzstichtag, bis zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses, bekannt werden, ihre Ursache jedoch im vorhergehenden Geschäftsjahr haben.27 Bei der Datierung des Jahresabschlusses ist auf den Zeitpunkt der Aufstellung bzw Feststellung abzustellen, wenn die Un- terschriftsleistung allerdings erst danach erfolgt, dann soll die Datierung im Zeit- punkt der tatsächlichen Unterschrift erfolgen.28 Die Unterschrift ist nicht zwangs- weise mittels Ordnungsstrafen durchsetzbar. Wird der Jahresabschluss durch die Gesellschaftsorgane bestätigt, ist auch die Gewinnausschüttung möglich.29 Beim Firmenbuch muss grundsätzlich der unterfertigte Jahresabschluss offengelegt werden, die Unterschrift erübrigt sich jedoch, wenn keinerlei Zweifel über die Wirk- samkeit des vorgelegten Jahresabschluss bestehen.30

Der Gesetzeswortlaut sieht die Unterzeichnung des Jahresabschlusses durch den Unternehmer vor. Diese Verpflichtung kann nicht abgegeben werden, der Unter- nehmer kann sich auch nicht vertreten lassen. Selbst wenn der Unternehmer nicht der Ersteller des Jahresabschlusses ist, sondern die Erstellung beispielsweise an einen Steuerberater ausgelagert wurde, oder er nur mangelnde Kenntnis von Be- triebswirtschaftslehre hat, muss er den Jahresabschluss selbst unterzeichnen.31

§ 194 S 1 UGB spricht vom Unternehmer und in § 194 S 2 UGB wird weiter aus- geführt, dass bei Vorliegen mehrerer unbeschränkt haftender Gesellschafter alle ihre Unterschrift zu leisten haben. Bei einer Offenen Gesellschaft ist der Jahres- abschluss daher von allen Gesellschaftern zu unterzeichnen, da sie aufgrund ihrer Beteiligung alle als Unternehmer anzusehen sind.32 Bei einer Kommanditgesell- schaft (KG) darf der Wortlaut der Bestimmung nicht dahingehend interpretiert wer- den, dass die Feststellung des Jahresabschluss gänzlich ohne Einbeziehung des Kommanditisten erfolgen kann. Der Kommanditist ist aber von der Unterzeich- nungspflicht ausgenommen.33 Ist der unbeschränkt haftende Gesellschafter eine juristische Person, dann muss das zur Vertretung befugte Organ dieser juristi-

27 Rohatschek/Leitner-Hanetseder in Zib/Dellinger (Hrsg), Großkommentar zum UGB III/1 § 193 Rz 13 (2013).

28 Nowotny in UGB II/RLG3 § 194 Rz 18.

29 Nowotny in UGB II/RLG3 § 194 Rz 3.

30 OLG Wien 30.4.2009, 4 R 82/09x

31 Hübner-Schwarzinger in Bilanzrecht § 194 Rz 4.

32 Nowotny in UGB II/RLG3 § 194 Rz 7.

33 Nowotny in UGB II/RLG3 § 194 Rz 7.

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schen Person die Unterschrift leisten.34 Bei Kapitalgesellschaften geht die herr- schende Lehre davon aus, dass alle Mitglieder der Geschäftsführung bzw des Vorstandes den Jahresabschluss zu unterzeichnen haben.35 Diese Ansicht leitet sich von § 222 Abs 1 UGB ab, wonach auch alle gesetzlichen Vertreter der Kapi- talgesellschaft den Jahresabschluss aufstellen müssen.

2.2 Beauftragung Dritter mit der Jahresabschlusserstellung

Die verantwortlichen Leitungsorgane der Gesellschaft müssen das Rechnungswe- sen, insbesondere die Aufstellung des Jahresabschlusses, nicht im wörtlichen Sinn persönlich durchführen, auch wenn die entsprechenden gesetzlichen Best- immungen regelmäßig so formuliert sind. Es besteht aber die Pflicht dafür zu sor- gen, dass das Rechnungswesen lege artis geführt wird.36 Diese Vorgehensweise stellt auch die Realität in vielen Unternehmensstrukturen dar. Vielfach bedient sich die Unternehmensleitung, je nach Größe und Komplexität des Unternehmens, an- gestellter Bilanzbuchhalter oder einer für das Rechnungswesen zuständigen Ab- teilung. Nicht immer werden Buchhaltung und Rechnungswesen im Unternehmen selbst vorgenommen, sondern werden beispielsweise auch an Konzerngesell- schaften oder Wirtschaftstreuhänder ausgelagert. Auch diese Vorgehensweise entspricht den Anforderungen des Gesetzes, solange gewährleistet ist, dass Buchhaltung und Rechnungswesen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und ein zuverlässiger und fachkundiger Vertragspartner ausgewählt wurde.37 Die Geschäftsführung trifft hier also eine besondere Sorgfaltspflicht bei der Auswahl des Steuerberaters, der verantwortlichen Mitarbeiter und auch des geeigneten Buchhaltungssystems.38 Zudem verbleibt die Letztverantwortung für die Führung der Bücher und das Aufstellen des Jahresabschlusses bei der Unternehmenslei- tung. Sie muss in der Lage sein, jederzeit in die Buchhaltung Einsicht zu nehmen und diese auch nachzuvollziehen.39 Auch bei Betrauung eines Steuerberaters bleibt die Haftung für die Rechtskonformität des Rechnungswesens bei den auf-

34 Hübner-Schwarzinger in Bilanzrecht § 194 Rz 5; Rohatschek/Leitner-Hanetseder in UGB III/1

§ 194 Rz 2.

35 Hübner-Schwarzinger in Bilanzrecht § 194 Rz 6; Nowotny in UGB II/RLG3 § 194 Rz 9; Hilber in UGB § 194 Rz 6.

36 Temmel in Gruber/Harrer (Hrsg), GmbHG Kommentar § 22 Rz 16 (2014).

37 Nowotny in AktG I2 § 82 Rz 4.

38 Strasser in AktG II5 §§ 77-84 Rz 15.

39 Temmel in GmbHG § 22 Rz 16.

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stellenden Organen.40 Kommt das Leitungsorgan seinen Pflichten im Rechnungs- wesen nicht in ausreichender Weise nach, hat der OGH bereits entschieden, dass die Vernachlässigung dieser Pflichten zumindest als fahrlässige Pflichtverletzung im Zusammenhang mit Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorwerfbar ist.41 Selbst dann, wenn der Geschäftsführer, aufgrund untauglicher Aufzeichnungen, keine Kenntnis über die kritische Situation hatte.42 In der Verantwortung der Orga- ne verbleibt auch, je nach Komplexität des Unternehmens, der Aufbau eines Kon- troll- und Revisionssystem zur laufenden Überwachung der Prozesse im Rech- nungswesen.43

2.2.1 Der (Steuer-) Beratungsvertrag

Die Beauftragung eines Steuerberaters ist für kein Unternehmen verpflichtend.

Meist wird jedoch ein Steuerberater engagiert, um Aufgaben zu übernehmen, für die besonderes Fachwissen erforderlich ist. Die Dienstleistungen, die von Steuer- beratern angeboten werden, sind sehr vielseitig und gehen über die Erstellung von Steuererklärungen hinaus. Die Berufsgruppe der Steuerberater bietet vielfältige Dienstleistungen im Bereich der steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung an.

„Steuerberater sind nichts weniger als allumfassende Berater in allen steuer- wirtschaftlichen Lebenslagen“.44 Die Bandbreite reicht von der Vertretung gegen- über der jeweiligen Steuerbehörde und Prüfung der Steuerbescheide, über die Beratung bei Umgründungen und Betriebsübergaben, Mitwirkung bei Investitions- und Finanzplanung bis hin zur Erstellung des Jahresabschlusses. Daneben bieten Steuerberater auch rechnungswesenbezogene Dienstleistungen an. Dazu gehört auch die laufende Buchhaltung oder Lohnverrechnung. Vor allem bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen zeigt die Praxis, dass die Buchführung und die Jahres- abschlusserstellung teilweise oder zur Gänze ausgelagert werden, wohingegen große Unternehmen regelmäßig eigene Rechnungswesenabteilungen haben und sich nur mit einzelnen Spezialfragen an den Steuerberater wenden.

Zwischen dem Steuerberater und seinem Klienten wird ein Vertrag geschlossen.

Die Vertragspartner sind hier zum einen der Steuerberater bzw die Steuerbera-

40 Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 22 Rz 16.

41 OGH 13.6.1978, 5 Ob 511/78

42 Unger in GmbHG § 22 Rz 12.

43 Strasser in AktG II5 §§ 77-84 Rz 15.

44 KWT, Steuerberater http://www.kwt.or.at/desktopdefault.aspx/tabid-37/ (Stand 01.06.2015)

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tungsgesellschaft und zum anderen der Klient als Einzelunternehmer oder als ju- ristische Person. Je nachdem, welche Aufgaben der Steuerberater übernehmen soll, kommt ein Werkvertrag im Sinne des § 1151 ABGB oder ein Geschäftsbesor- gungsvertrag im Sinne des § 1002 ABGB zustande. Der Abschluss eines Steuer- beratungsvertrags erfolgt nach den allgemeinen Regeln von Angebot und Annah- me im Sinne des § 861 ABGB und kann unter Umständen gemäß § 863 ABGB auch konkludent erfolgen. Nach herrschender Lehre ist in diesem Fall die Vertrau- enstheorie heranzuziehen, nach der es nicht darauf ankommt, was der Erklärende nach seinem inneren, ungeklärten Willen wollte, sondern was der redliche Erklä- rungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen musste.45 In diesem Fall sind sowohl an das schlüssige Verhalten des Auftraggebers als auch des Steuerberaters, sehr hohe Anforderungen zu stellen, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.46 Die Erklärung muss aus der Sicht des Erklärungsempfängers sorgfältig gedeutet werden.47

Schuldet der Steuerberater einen bestimmten, konkreten Erfolg spricht man in der Regel von einem Werkvertrag. Das geschuldete Werk ist in diesen Fällen ein Ziel- schuldverhältnis und kommt beispielsweise bei Unternehmensbewertungen, Sa- nierungsberatungen, Erstellung einer Steuererklärung oder auch bei der bloßen Jahresabschlusserstellung vor.48 Von den Werkverträgen zu unterscheiden sind solche Aufträge, die die laufende Betreuung und Beratung des Klienten zum Inhalt haben. In diesem Fällen liegt ein Dauerschuldverhältnis in Form eines Geschäfts- besorgungsvertrages vor.49

2.2.2 Verträge in der Beratungspraxis

In der Steuerberatungspraxis werden meist Standardverträge mit Klienten ge- schlossen, welche sich an den Vorlagen und Richtlinien der Kammer der Wirt- schaftstreuhänder (KWT) orientieren. Derartige Musterverträge können die Kam- mermitglieder kostenlos vom Online-Mitgliederportal der KWT herunterladen und ihren Anforderungen anpassen. Diese Mustervereinbarung soll im Rahmen dieser

45 Riedler in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar IV4 § 863 Rz 2 (2014); Rummel in Rummel (Hrsg), ABGB3 § 863 Rz 1 (Stand 2000); Wiebe in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON

§ 863 Rz 2 (Stand Juli 2013).

46 Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung (2014)5 Rz 24.

47 Wiebe in ABGB-ON § 863 Rz 14.

48 OGH 26.1.1995, 8 Ob 7/93

49 Apathy in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar IV4 § 1002 Rz 4 (2014); OGH 26.1.1995, 8 Ob 7/93

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Arbeit als Referenz herangezogen werden, da viele Wirtschaftstreuhänder die Kammervorlagen mehr oder weniger unverändert übernehmen, um dem öster- reichweiten Standard zu entsprechen bzw um ihr Haftungsrisiko zu minimieren.

(1) Ich (Wir) beauftrage(n) Sie, auf Grund der Ihnen von mir (uns) zur Ver- fügung gestellten Unterlagen und der Ihnen von mir (uns) erteilten Auskünfte, welche vollständig und richtig sind (auch im Sinne der je- weiligen Vollständigkeits- und Richtigkeitsformel der Finanzverwaltung, wie sie auf der letzten Seite der Steuererklärungsformulare festgehal- ten ist), mit der Durchführung aller Tätigkeiten, welche zur Erstellung meiner (unserer) Steuererklärungen bzw. deren Einreichung und Inter- pretation bei den zuständigen Finanzbehörden notwendig sind.50

In Abs 1 der Vereinbarung über das Auftragsverhältnis erteilt der Auftraggeber den Auftrag zur Erstellung der Steuererklärung auf Basis der von ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und erteilten Auskünfte.

(2) Weiters beauftrage(n) ich (wir) Sie, nach Maßgabe der weiteren Auf- tragsdetaillierung alle jene Maßnahmen und Rechtshandlungen zu set- zen, welche zu meiner (unserer) steuerlichen und wirtschaftlichen Ver- tretung erforderlich oder nützlich erscheinen. Ebenso bezieht sich mein (unser) Auftrag auch auf die steuerliche Beratung sowohl im Zusam- menhang mit Ihrer Vertretungstätigkeit für mich (uns) als auch die Grundzüge steuerlicher gesetzgeberischer Maßnahmen betreffend, worüber ich (wir) im Einzelfall mit Ihnen ein Einvernehmen herzustellen beabsichtige(n).51

In Abs 2 wird der Steuerberater zudem ermächtigt, alle Maßnahmen und Rechts- handlungen zu setzen, die zur Verfolgung der steuerlichen und wirtschaftlichen Interessen des Auftraggebers notwendig sind, sofern eine weitere Auftragsdetail- lierung vorgenommen wurde.

Die weitere Spezifizierung des Auftragsverhältnisses erfolgt meist ebenfalls an- hand eines standardisierten Schriftstücks, welches in der Regel so gestaltet ist, dass man mittels Ankreuzen aus verschiedenen angebotenen Dienstleistungen auswählt.

50 KWT, Musterschriftsatz, Anlage I

51 KWT, Musterschriftsatz, Anlage I

(17)

Es werden folgende Aufträge übernommen:

o Allgemeine Steuerberatung

o Beratung zu Buchführung und Bilanzwesen

o Buchführung monatlich / quartalsweise / jährlich / fallweise o Lohnverrechnung monatlich / jährlich / fallweise

o Auswertungen (Saldenliste, mehrjährige Erfolgsrechnung) monatlich / jähr- lich / quartalsweise / fallweise

o Erstellung von Jahresabschlüssen und -erklärungen o Allgemeine Betriebsberatung

o Vertretung in Abgabensachen und Beitragsangelegenheiten o Prüfung Jahresabschluss

o Sonstige Vereinbarungen: …

o Ausdrücklich ausgenommen werden folgende Tätigkeiten: …52

Im Rahmen dieser Arbeit soll vorwiegend jener Fall betrachtet werden, in dem mit dem Auftraggeber die „Erstellung von Jahresabschlüssen und -erklärungen“ ver- einbart wird. Die Jahresabschlusserstellung auf Basis der vom Klienten übermittel- ten Saldenlisten erfordert mehr als lediglich die Bilanzierungsbuchungen vorzu- nehmen. Um den Jahresabschluss erstellen zu können, sind diverse Vorarbeiten durchzuführen, die entweder der Klient selbst, oder der Steuerberater vornehmen kann. Dazu wird der Auftrag „Erstellung von Jahresabschlüssen und -erklärungen“

mit Hilfe eines Formulars zur Auftragsdetaillierung genauer definiert. In diesem Formular finden sich unter Punkt C „Auftragsdetaillierung bei Erstellung von Jah- resabschlüssen“53 wieder verschiedene Auswahlmöglichkeiten für den Auftragge- ber.

Mittels Ja- und Nein-Fragen kann der Klient auswählen, ob im Zuge der Jahresab- schlusserstellung eine Saldenabstimmung der Personen- oder Sachkonten durch den Steuerberater erfolgen soll, ob die Forderungen im Hinblick auf drohende oder bereits eingetretene Verjährung zu prüfen sind, ob die Vorratsinventur einer Plau- sibilitätskontrolle unterzogen werden soll und ob auch die Anlagenbuchhaltung übernommen wird. Es kann auch vereinbart werden, dass der Steuerberater die Zahlen aus dem Rechnungswesen des Auftraggebers ungeprüft übernimmt.

Aus dem oben ausgeführten Beispiel lässt sich erkennen, dass die tatsächliche Einordnung des Vertragsverhältnisses zwischen Steuerberater und Klient sehr

52 Inhalt des Auftragsverhältnisses, Anlage II

53 KWT, Auftragsdetaillierung, Anlage III

(18)

komplex ist. Die Differenzierung zwischen Werkvertrag und Geschäftsbesor- gungsvertrag stellt das zeitliche Element in den Vordergrund. Für die Beurteilung des Pflichtenumfangs, vor allem der vertraglichen Nebenpflichten aus dem konkre- ten Vertrag, ist es erforderlich die Inhalte der vereinbarten Dienstleistungen zu definieren. Wie es die Berufsbezeichnung bereits ausdrückt, liegt ein wesentlicher Fokus der Steuerberater auf steuerlichen Dienstleistungen. Aus dem Abs 2 des Auftragsverhältnisses ergibt sich aber auch ein Hinweis darauf, dass auch die wirtschaftliche Vertretung durch den Steuerberater erfolgt. Dies korreliert auch mit der bereits dargestellten Präsentation des Berufsstandes als allumfassende Bera- ter in allen steuer- und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Bei Vorliegen eines schriftlichen Steuerberatervertrags ist dessen Inhalt maßgeblich und der Umfang der vereinbarten Dienstleistungen richtet sich nach dem Wortlaut des Vertrags.54 Anhand der bisher dargestellten Tätigkeitsfelder der Steuerberater lassen sich im Wesentlichen drei Auftragsmodelle identifizieren, wobei hier der Pflichtenumfang für den Steuerberater stark variiert.

2.2.2.1 Umfassender Beratungsvertrag

Einmal kann ein umfassender Beratungsvertrag vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn der Auftraggeber neben der allgemeinen Steuerberatung auch noch wirt- schaftliche Beratungsleistungen in Anspruch nimmt. Unter wirtschaftlichen Bera- tungsleistungen sind im Hinblick auf das oben dargestellte Musterformular bei- spielsweise die Beratung zu Buchführung und Bilanzwesen, die allgemeine Be- triebsberatung und vor allem die Aufbereitung von betriebswirtschaftlichen Aus- wertungen zu verstehen. Bei einem sehr weit gefassten Beratungsvertrag bewegt sich der Steuerberater regelmäßig an der Schnittstelle zwischen Steuer- und Un- ternehmensberatung.

2.2.2.2 Steuerberatendes Dauermandat

Der Begriff steuerberatendes Dauermandat stammt aus der deutschen Literatur und Rechtsprechung und beschreibt ein Vertragsverhältnis, das nicht eine einma- lige Beratungsleistung zum Gegenstand hat, sondern eine wiederkehrende, lau- fende Beratungsleistung in steuerlichen Angelegenheiten. Bei einem Dauerman- dat handelt es sich demnach jedenfalls um keinen Werkvertrag, sondern es liegt

54 Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung5 Rz 25.

(19)

regelmäßig ein Dauerschuldverhältnis vor. Eine klare Abgrenzung der darin ent- haltenen Pflichten ist schwierig, da es eine große Schnittmenge zwischen steuerli- cher und wirtschaftlicher Beratung gibt. Es gibt keine allgemeingültige Definition eines Dauermandats, es muss auch hier zur Auslegung auf die vertraglichen Ver- einbarungen zwischen Klient und Steuerberater zurückgegriffen werden. Die Auf- gaben des Steuerberaters ergeben sich aus dem Umfang des ihm erteilten Man- dates.55 Wenn beispielsweise die laufende Buchführung und Bilanzerstellung ver- einbart wurde, kann nicht automatisch ein Beratungsbedarf im Gebiet von Spezial- fällen erwartet werden.56 Es muss jeweils im konkreten Einzelfall beurteilt werden, wann es sich um ein Spezialproblem handelt und wann von einem Beratungsbe- darf im Rahmen des steuerberatenden Dauermandats ausgegangen werden muss. Jedenfalls ist dem Steuerberater ein zusätzlicher Auftrag zu erteilen, wenn der Klient eine Beratungsleistung erwartet, die von den vereinbarten Beratungs- leistungen nicht gedeckt ist.

2.2.2.3 Konkreter Einzelauftrag

Im Auftragsverhältnis kann auch nur die Erstellung des Jahresabschlusses verein- bart werden. Fraglich ist, ob es sich in einem solchen Fall um einen Einzelauftrag oder um einen Dauerauftrag handelt. Entscheidend ist allein der Parteiwille, selbst wenn zur Jahresabschlusserstellung Jahr für Jahr der gleiche Steuerberater her- angezogen wird.57 In diesem Fall stellt der Klient die Saldenlisten zur Verfügung und der Steuerberater erstellt daraus den Jahresabschluss. Je nachdem wie der Auftrag im konkreten Fall detailliert wurde, können auch hier die Nebenpflichten des Steuerberaters unterschiedlich weit gehen.58 Die Erstellung des Jahresab- schlusses erfolgt nie rein nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten, da in Öster- reich der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz für die Steuerbi- lanz gilt. § 5 Abs 1 EStG sieht vor, dass für die Gewinnermittlung die unterneh- mensrechtliche Bewertung heranzuziehen ist, außer es stehen zwingende steuer- liche Vorschriften dagegen. Es ist daher nicht möglich den Auftrag zur Jahresab- schlusserstellung ausschließlich der steuerlichen Sphäre zuzuordnen. Ob auch betriebswirtschaftliche Auswertungen im Rahmen der Jahresabschlusserstellung

55 BGH 4.3.1987, IVa ZR 222/85; BGH 6.2.2003, IX ZR 77/02; OLG Koblenz 30.05.2012, 2 U 694/11

56 Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung5 Rz 25.

57 OLG Frankfurt 15.8.2008, 19 U 57/08

58 Siehe dazu KWT, Auftragsdetaillierung, Anlage III

(20)

zu machen sind, ohne dass dies mit dem Mandanten explizit vereinbart wurde, hängt wieder vom Einzelfall ab.

2.3 Die Erstellung des Jahresabschlusses durch den Steuerberater Die Erstellung des Jahresabschlusses stellt mitunter eine der komplexesten Tätig- keiten im Aufgabenspektrum des Steuerberaters dar. Sie ist durch einen geringen Grad an Standardisierbarkeit und zugleich durch einen hohen Individualisierungs- grad geprägt.59 Sie erfordert die Mitwirkung des Klienten, da er dem Steuerberater die notwendigen Informationen liefern muss, die dieser braucht um seinen Auftrag zu erfüllen. Zu den Aufgaben des Steuerberaters gehört es, im Rahmen der ge- setzlich zugestandenen Grenzen, Gestaltungsspielräume im Sinne seines Klienten zu nutzen, um die Zielvorstellungen des Klienten möglichst zu erfüllen.60

Die Jahresabschlusserstellung durch einen Wirtschaftstreuhänder ist gesetzlich nicht gesondert geregelt. Es muss auf allgemeine Bestimmungen zurückgegriffen werden, die allgemein für den Aufsteller des Jahresabschlusses gelten.61

2.3.1 Berufsrecht des Steuerberaters

Der Wirtschaftstreuhänder muss bei der Durchführung seines Auftrags zusätzlich die berufsrechtlichen Bestimmungen beachten, insbesondere das WTBG. Der drit- te Teil des WTBG enthält die Bestimmungen über die berufliche Vertretung. Die KWT ist dafür als Körperschaft öffentlichen Rechts zuständig und kann in dieser Funktion Verordnungen erlassen. Die WT-ARL ist eine Verordnung gemäß

§ 83 WTBG und regelt unter anderem das standesgemäße Verhalten im Ge- schäftsverkehr mit Auftraggebern. Die WT-ARL ist somit bei der Jahresabschlus- serstellung anwendbar.62 In § 2 Abs 1 WT-ARL wird normiert, dass der Steuerbe- rater seinen Auftrag gesetzmäßig auszuführen hat und dabei die allgemein aner- kannten Regeln zu beachten hat. Zudem hat er die Interessen des Klienten, ge- genüber jedermann, mit Treue und Nachdruck zu erfüllen. Hier wird besonders auf die Fachgutachten der KWT hingewiesen, welche der Steuerberater anwenden

59 Kern/Schlager, Die Quellen des Selbstverständnisses des deutschen und österreichischen Be- rufsstandes der Steuerberater und ihre Bedeutung für die Qualität der Leistungserbringung (Teil IIb), VWT 2008/5, 46 (47).

60 Kern/Schlager, VWT 2008/5, 46 (48).

61 Kros/Weber/Kuntner, Neue fachliche Regelungen zur Erstellung von Abschlüssen, in IWP Inst.

Österr. Wirtschaftsprüfer (Hrsg), Wirtschaftsprüfer-Jahrbuch 2013 (2013) 251 (263).

62 Die WT-ARL wurde im ABl-KWT II/2003 kundgemacht und seither viermal novelliert, zuletzt im ABl-KWT I/2001.

(21)

muss. Die Mindestanforderungen bzw Qualitätsstandards, welche im Fachgutach- ten festgelegt werden, dienen unter anderem dazu, die Haftungspotentiale der Wirtschaftstreuhänder zu verringern.63 Die deutsche Bundessteuerberaterkammer und das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) in Deutschland haben zu diesem Thema ebenfalls Leitlinien erlassen, welche für die Berufsangehörigen dort be- achtlich sind.

In Zusammenhang mit der Jahresabschlusserstellung ist vor allem das KFS/RL 26 über die Grundsätze für die Erstellung von Abschlüssen relevant. Darin wird fest- gehalten, was Auftragsgegenstand und Inhalt der Erstellung des Abschlusses ist.

Es wird betont, dass es bei der Erstellungsleistung um mehr geht als „das bloße Ordnen und Zusammenstellen von Informationen zu einem Abschluss“64, vielmehr soll der Steuerberater sein Fachwissen im Bereich der Bilanzierung zur Verfügung stellen. Den Lagebericht erstellt der Steuerberater nicht, er kann aber diesbezügli- che Beratungsleistungen erbringen.65 Wie bereits ausgeführt, kann im Auftrag zwi- schen Wirtschaftstreuhänder und Klient der Umfang der, in Zusammenhang mit der Jahresabschlusserstellung vereinbarten, Leistungen individuell definiert wer- den. Das KFS/RL 26 ist jedoch nur auf jene Auftragsverhältnisse, die die bloße Erstellung ohne Plausibilitäts- oder sonstige Beurteilung zum Inhalt haben, an- wendbar.66 All diese Leit- und Richtlinien enthalten Handlungsanweisungen zu den unterschiedlichen Schritten im Prozess der Jahresabschlusserstellung. Daher sind sie bei der Beurteilung der Pflichten des Steuerberaters in die Betrachtung mitein- zubeziehen.

Das Fachgutachten enthält einleitend eine allgemeine Begriffsdefinition zur Jah- resabschlusserstellung. Wichtig ist, zwischen den Begriffen Aufstellung und Erstel- lung des Jahresabschlusses zu differenzieren. Die Jahresabschlusserstellung tritt zeitlich vor die Jahresabschlussaufstellung und beinhaltet die diesbezüglichen Vorarbeiten. Der Steuerberater erstellt den Jahresabschluss nach den Angaben des Klienten und übt dabei die Ansatz-, Bewertungs- und Ausweiswahlrechte ent- sprechend den gesetzlichen Vorschriften und den Wünschen des Klienten aus.67

63 Kros/Weber/Kuntner, in IWP Inst. Österr. Wirtschaftsprüfer, Jahrbuch 2013 (2013) 251 (252).

64 KFS/RL 26 Fachgutachten des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revision der Kammer der Wirtschaftstreuhänder über Grundsätze für die Erstellung von Abschlüssen, Rz 15.

65 KFS/RL 26, Rz 16.

66 KFS/RL 26, Rz 5.

67 KFS/RL 26, Rz 11.

(22)

Die KWT definiert den Aufgabenbereich des Steuerberaters also lediglich als Hil- festellung für den Klienten, indem dieser ihm Alternativen und Gestaltungsmög- lichkeiten aufzeigt und ihn somit bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten unterstützt.68

2.3.2 Funktionen des Jahresabschlusses

Es stellt sich die Frage, an wen sich der Jahresabschluss richtet. Man unterschei- det grundsätzlich zwischen internen und externen Bilanzadressaten. Intern soll der Jahresabschluss dazu dienen, die Ausschüttungshöhe festzulegen und er soll als Kontroll- und Planungsinstrument für die Unternehmensleitung fungieren.69 Zudem richtet sich der Jahresabschluss an alle Gesellschafter, die nicht direkt mit der Ge- schäftsführung betraut sind. Für die externen Bilanzadressaten, wie Gläubiger o- der Anteilserwerber, dient der Jahresabschluss der Senkung des Risikos. Sie sol- len in die Lage versetzt werden, die Entwicklung des Unternehmens beurteilen zu können.70 Interessenten des Jahresabschlusses können beispielsweise Arbeit- nehmer, Gewerkschaften, Verbände oder Wissenschaftler sein.

Der Jahresabschluss eines Unternehmens dient folglich verschiedenen Zwecken.

Diese ergeben sich nicht direkt aus dem Gesetz, können aber aus dem Norm- zweck der §§ 190 ff UGB abgeleitet werden. Der Unternehmer hat Bücher zu füh- ren, aus welchen die unternehmensbezogenen Geschäfte und die Vermögenslage ersichtlich sein sollen. Die Buchführung muss so gestaltet sein, dass ein sachver- ständiger Dritter innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die wirtschaft- liche Lage des Unternehmens erhält. Die Norm dient also dazu, die teilweise un- terschiedlichen Interessen der Jahresabschlussadressaten gleichermaßen zu be- rücksichtigen und sicherzustellen, dass der Jahresabschluss objektiv nachprüfba- re Informationen enthält. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Objektivie- rungsgrundsatz. Die primäre Funktion des Jahresabschlusses ist demnach die Informationsfunktion.71 Zudem erfüllt der Jahresabschluss die Ausschüttungsbe- messungsfunktion und regelt damit die Zahlungsbemessungsinteressen betreffend

68 KFS/RL 26, Rz 12.

69 Egger/Samer/Bertl, Jahresabschluss nach UGB I14, 2.

70 Egger/Samer/Bertl, Jahresabschluss nach UGB I14, 2.

71 Frick, Bilanzierung nach dem Unternehmensgesetzbuch8 (2007) 41; Coenen- berg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse22 (2012) 18; Eg- ger/Samer/Bertl, Jahresabschluss nach UGB I14, 1.

(23)

der ergebnisabhängigen Einkommenszahlungen, wie zB Dividendenzahlungen.72 Aus steuerlicher Sicht erfüllt er auch die Steuerbemessungsfunktion.73 Er stellt nach seiner Feststellung auch eine beweiskräftige Urkunde dar und erfüllt damit den Zweck der Dokumentation.74 Wesentlich ist auch die Planungsfunktion, dient der Jahresabschluss doch der Analyse vergangener Perioden und der Planung zukünftiger unternehmerischer Entscheidungen.75 Der Gläubigerschutz erfordert in bestimmten Fällen eine Begrenzung der auszuschüttenden Beträge, daraus leitet man die Erhaltungsfunktion des Jahresabschlusses ab.76 Darunter versteht man die Aufrechterhaltung des Unternehmensbestandes durch Verhinderung eines zu großen Mittelabflusses und die Vermeidung des Ausweises einer zu hohen Steu- erbemessungsgrundlage. Im Gesetz finden sich die maßgebenden Bestimmungen in den §§ 201-211 UGB in den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen und Bewer- tungsvorschriften. In diesen Bestimmungen sind unter anderem der Grundsatz der Bilanzvorsicht, das Niederstwertprinzip, das imparitätische Realisationsprinzip, das Verbot der Unterbewertung und die Going-Concern-Prämisse verankert. Da- mit soll vermieden werden, dass es bei guter Ertragslage zu einer Verhinderung von Gewinnausschüttungen oder einer Steuerverschiebung kommt und sicherge- stellt werden, dass bei schlechter Ertragssituation eine Unternehmenskrise korrekt dargestellt und nicht verzögert wird.77 All diese Funktionen erfüllt der Einzelab- schluss, wohingegen der Konzernabschluss lediglich der Information dient.78

2.3.3 Anwendbare Normen 2.3.3.1 Europarecht

Seit dem 19. Juli 2013 ist die Jahresabschlussrichtlinie RL 2013/34/EU79 der EU in Kraft und ersetzt die 4. und 7. Bilanzrichtlinie80. Die Mitgliedsstaaten haben bis

72 Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss22, 18; Egger/Samer/Bertl, Jahresabschluss nach UGB I14, 1.

73 Frick, Bilanzierung8, 41; Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss22, 18; Egger/Samer/Bertl, Jahresabschluss nach UGB I14, 1.

74 Frick, Bilanzierung8, 41.

75 Frick, Bilanzierung8, 41.

76 Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss22, 18.

77 Egger/Samer/Bertl, Jahresabschluss nach UGB I14, 2.

78 Egger/Samer/Bertl, Jahresabschluss nach UGB I14, 1.

79 RL2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 über den Jahresab- schluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimm- ter Rechtsformen, ABlL 2013/182, 19

80 RL 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, Abl L 222/11;

(24)

zum 20. Juli 2015 Zeit, die Jahresabschlussrichtlinie umzusetzen. Die erstmalige Anwendung der Jahresabschlussrichtlinie können die Mitgliedsstaaten für Ge- schäftsjahre vorsehen, die im Jahr 2016 beginnen. Solange sind im Hinblick auf die Erstellung des Jahresabschlusses weiterhin die 4. und 7. Bilanzrichtlinie maß- geblich. Die Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie erfolgt in Österreich durch das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 mit welchem unter anderen das UGB, das AktG und das GmbHG geändert werden. Dieses Gesetz tritt am 20. Juli 2015 in Kraft. Durch die Umsetzung dieser Richtlinie soll ein moderneres, einfacher anwendbareres und international vergleichbareres Bilanzrecht geschaf- fen werden.81

2.3.3.2 Nationales Recht

Für die Rechnungslegung und die Erstellung des Jahresabschlusses ist grund- sätzlich das dritte Buch des UGB (§§ 189 ff UGB) anwendbar. Bei der Jahresab- schlusserstellung nach UGB sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung einzuhalten, die sich aus drei Komponenten zusammensetzen.

Primär sind die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und die jeweilige Rechtsprechung heranzuziehen. Subsidiär können allgemein anerkannte Übun- gen, der sogenannte Kaufmannsbrauch, anzuwenden sein. Ebenfalls wesentlich sind die Gutachten und Stellungnahmen der relevanten nationalen und internatio- nalen Berufsorganisationen und Kammern. In Österreich sind hier die KWT, das Institut der Wirtschaftsprüfer (IWP) und das AFRAC zu nennen.82

Der Steuerberater muss nun, nach Erteilung des Auftrags, unter Berücksichtigung der standesrechtlichen und unternehmensrechtlichen europäischen und nationa- len Vorschriften den Jahresabschluss erstellen. In der vorliegenden Arbeit wird darauf eingegangen, wie weiter vorzugehen ist, wenn sich herausstellt, dass eine Unternehmenskrise vorliegt.

RL 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 auf Grund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags über den konsolidierten Abschluss, ABl L 1983/193.

81 Erläuterungen zur Regierungsvorlage: ErlRV 367 BlgNR XXV. GP.

82 Egger/Samer/Bertl, Jahresabschluss nach UGB I14, 37.

(25)

3 D

ER

J

AHRESABSCHLUSS IN DER

U

NTERNEHMENSKRISE

3.1 Die Unternehmenskrise

In der Regel tritt eine Unternehmenskrise nicht von einem Bilanzstichtag zum an- deren überraschend auf, sondern kündigt sich an. Man spricht von Unterneh- menskrisen, die sich stufen- bzw phasenweise entwickeln. Eine Unternehmenskri- se liegt vor, wenn der Bestand des Unternehmens bedroht wird oder gefährdet ist und die Krise entweder durch eine Sanierung überwunden wird oder aber zur Li- quidation des Unternehmens führt.83 Es werden in der Regel mehrere Eskalati- onsstufen der Krise unterschieden. Die KWT unterteilt in ihrem Fachgutachten KFS/BW 584 den Verlauf der Unternehmenskrise in drei Eskalationsstufen: die po- tentielle, die latente und die akute Krise.85 Die erste Stufe ist die potentielle Krise, in welcher erste Struktur- bzw Strategiemängel auftreten, die die zukünftige Ent- wicklung des Unternehmens nachhaltig negativ beeinflussen können.86 Potentielle Krisen führen noch nicht dazu, dass das Unternehmen nicht mehr fortgeführt wer- den kann, denn es handelt sich lediglich um die mögliche Wurzeln einer künftigen Krise. Wenn die Schwächen nicht behoben oder erst gar nicht erkannt werden, kann sich die Situation des Unternehmens weiter verschlechtern und erste Verlus- te treten auf. Es kommt zur Aufzehrung von Eigenkapital und man spricht von ei- ner latenten Krise.87 Auch in dieser Situation kann in der Regel noch von der Wei- terführung des Unternehmens ausgegangen werden. Problematisch wird es, wenn das Eigenkapital verbraucht wurde und negativ wird bzw wenn ein Liquiditätseng- pass und Zahlungsunfähigkeit drohen.88 Die Krise ist in diesen Fällen akut. Einen ähnlichen Verlauf der Unternehmenskrise zeichnet Gurmann, der ihn aber in fünf Phasen teilt. Als letztes Stadium nennt er die Insolvenz.89

Bei Vorliegen von negativem Eigenkapital kann also von einer akuten Krise bzw von einer weit fortgeschrittenen Krisenentwicklung ausgegangen werden. Negati- ves Eigenkapital liegt gemäß § 225 Abs 1 UGB dann vor, wenn das Eigenkapital

83 Gurmann, Grundzüge des Gesellschafts- und Insolvenzrechts (2014) 147.

84 Leitfaden zum Erkennen von Unternehmenskrisen

85Egger/Samer/Bertl, Der Jahresabschluss nach dem Unternehmensgesetzbuch III (2014) 207 ff.

86 KWT, KFS/BW 5

http://www.kwt.or.at/en/PortalData/2/Resources/downloads/downloadcenter/KFS-BW5.pdf (Stand 01.06.2015) Rz 2.

87 KFS/BW 5, Rz 3.

88 KFS/BW 5, Rz 4.

89 Gurmann, Gesellschafts- und Insolvenzrecht, 148.

(26)

durch Verluste aufgebraucht worden ist. Das bedeutet, dass die Verluste die Summe des Nennkapitals und etwaiger Kapital- und Gewinnrücklagen überstei- gen.90 In der Bilanz ist dieser Situation insofern Rechnung zu tragen, als die Be- zeichnung des Bilanzpostens gemäß § 225 Abs 1 UGB nunmehr „Negatives Ei- genkapital“ lauten muss. Wie bereits ausgeführt, erstellt der Steuerberater den Jahresabschluss nach den Bestimmungen des dritten Buchs des UGB über die Rechnungslegung. Darin ist in § 201 Abs 2 Z 2 UGB auch die so genannte Going- Concern-Prämisse geregelt. Bei Vorliegen von negativem Eigenkapital ist fraglich, ob diese Prämisse weiterhin Anwendung findet.

3.2 Die unternehmensrechtliche Going-Concern-Prämisse

3.2.1 „Fortführung des Unternehmens“

§ 201 Abs 2 Z 2 UGB besagt, dass bei der Bewertung im Zuge der Bilanzierung von der Fortführung des Unternehmens auszugehen ist.91 Dies gilt allerdings nur, solange dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen. Diese Bestimmung ist wesentlicher Bestandteil der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung und Bilanzierung, unter deren Beachtung der Steuerberater den Jah- resabschluss zu erstellen hat. Eine fast gleichlautende Bestimmung findet sich in

§ 252 Abs 1 Z 2 dHGB. Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unterneh- menstätigkeit auszugehen, außer es sprechen rechtliche oder tatsächliche Gege- benheiten dagegen. Die Formulierung unterscheidet sich von jener im UGB dadurch, dass statt von „der Fortführung des Unternehmens“ von „der Fortführung der Unternehmenstätigkeit“ die Rede ist. Inhaltlich meinen die Bestimmungen dasselbe.92 Das Gesetz entstand im Zuge der Umsetzung der Bilanzrichtlinie RL 78/660/EWG, welche in Art 31 Abs 1 lit a den Mitgliedsstaaten vorschreibt, dass für die Bewertung der Posten im Jahresabschluss der Grundsatz der Fort- setzung der Unternehmenstätigkeit unterstellt werden muss. Dazu wurde das Rechnungslegungs-Gesetz93 erlassen und das Going-Concern-Prinzip wurde

90 § 268 Abs 3 dHGB spricht vom Nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag.

91 Der Grundsatz der Unternehmensfortführung ist auch im Steuerrecht in § 6 Z 1 EStG enthalten.

92 Urnik/Urtz in Straube, Unternehmensgesetzbuch II/RLG3 § 201 Rz 29 (Stand Juni 2011); Heben- streit/Neugschwandtner in Zib/Dellinger (Hrsg), Großkommentar zum UGB III/1 § 201 Rz 49 (2013).

93 BGBl 1990/475

(27)

erstmals explizit festgeschrieben. Davor gab es nur allgemeine Hinweise auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung.94

Der Zweck der Norm ist es, die Vermögensgegenstände und Schulden so in der Bilanz zu erfassen, wie sie ihrer Bestimmung nach im Unternehmen verwendet werden sollen.95 Die hier festgelegte Going-Concern-Prämisse wird in der Literatur als Ausfluss der dynamischen Bilanztheorie beschrieben.96 Das heißt, alle Auf- wendungen und Erträge werden der Periode zugerechnet, zu der sie wirtschaftlich gehören und in der Bilanz erfolgen entsprechende Anpassungen, beispielsweise Abschreibung von Anlagevermögen über die Nutzungsdauer oder die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten. Die Bilanzierung zu Fortführungswerten stellt den Regelfall dar. So muss nach § 201 Abs 2 Z 2 UGB auch bewertet werden, es sei denn rechtliche oder tatsächliche Gründe sprächen dagegen.97

Praktisch ist es jedoch meist schwierig, den Zeitpunkt festzustellen, ab dem nicht mehr von der Fortführung des Unternehmens ausgegangen werden kann. Grund- sätzlich ist sowohl nach österreichischer98 als auch nach deutscher99 herrschender Lehre im Rahmen der Bilanzerstellung vom Unternehmer zu prüfen, ob entgegen- stehende Gründe vorliegen, immerhin ist die Bilanzierung Aufgabe der Unterneh- mensleitung.100 In der Kommentarliteratur zu § 201 UGB wird jedoch von keinem Autor darauf eingegangen, ob die Pflicht zur Prüfung der Fortführbarkeit mit dem Erstellungsauftrag an den Steuerberater übergeht. Zum Teil wird die Meinung ver- treten, dass nur dann zu prüfen sei, wenn konkrete Indizien gegen eine Fortfüh- rung sprechen.101

94 Die International Auditing Standards verlangen ebenfalls, dass der Jahresabschluss unter der Annahme der Unternehmensfortführung aufzustellen ist, zumindest solange, bis das Unternehmen liquidiert werden soll, der Betrieb eingestellt werden soll oder keine realistische andere Option zur Verfügung steht (Lukas/Zetter, Rechnungslegungsgesetz3 (2001) 321).

95 Konezny in Torggler (Hrsg), Unternehmensgesetzbuch § 201 Rz 12 (2013).

96 Fraberger/Petritz in Hirschler (Hrsg), Bilanzrecht – Einzelabschluss § 201 Rz 24 (2010); Heben- streit/Neugschwandtner in UGB III/1 § 201 Rz 51.

97 Fraberger/Petritz in Bilanzrecht § 201 Rz 26.

98 Hebenstreit/Neugschwandtner in UGB III/1 § 201 Rz 53; Konezny in UGB § 201 Rz 14; Hirsch- ler/Christian/Fraberger/Neugschwandtner/Petritz/Schiebel in Hirschler (Hrsg), Bilanzrecht – Einzel- abschluss § 201 Rz 27 (2010).

99 Winkeljohann/Büssow in Förschle/Schmidt/Grottel/Schubert/Winkeljohann (Hrsg) Beck’scher Bilanz-Kommentar9 § 252 Rz 10 (2014); Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch36 § 252 Rz 7 (2014).

100 Janssen, Überlegungen zum „Going concern concept“, WPg 1984, 342 (344).

101 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen. Kommentar zum HGB, AktG, GmbHG, PublG nach den Vorschriften des Bilanzrichtlinien-Gesetzes I6 § 252 Rz 25 (1995).

Referenzen

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