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m Aufschluss über die Zufriedenheit von Wöchnerinnen mit ihrer Lebens- situation zu erhalten, wurden im Rah- men einer „Kinderwunsch- und Wachs- tumsstudie“ bundesweit 5 143 Wöchne- rinnen befragt (1998 bis 2000). Aufgrund des unterschiedlichen generativen Ver- haltens in der DDR und in der Bundes- republik Deutschland (unter anderem Heirats- und Scheidungsverhalten, Alter bei der ersten Geburt, Anzahl der reali- sierten Kinder) gilt dem Vergleich neue zu alten Bundesländern ein besonderes Interesse.Dabei zeigen sich folgende Unter- schiede: Während rund 82 Prozent der Wöchnerinnen in den alten Bundeslän- dern insgesamt mit ihrem derzeitigen Lebensstandard zufrieden sind, sind dies in den neuen Bundesländern nur rund 72 Prozent. Aufgeschlüsselt nach der Kinderzahl, steigt der Anteil der Unzufriedenen mit der Anzahl ihrer Kinder sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern (hier stär- ker) an. Auch in der Zufriedenheit mit dem verfügbaren Haushaltsnettoein- kommen zeigten sich deutliche Unter- schiede. Danach waren rund 62 Prozent der Wöchnerinnen aus den alten Bun- desländern mit ihrem Einkommen
„eher beziehungsweise sehr zufrieden“.
In den neuen Bundesländern waren es nur rund 42 Prozent. Hinsichtlich der Zufriedenheit mit den Möglichkeiten der Kinderbetreuung sind weniger Un-
terschiede anzutreffen, als man er- warten könnte: Etwa die Hälfte der befragten Wöchnerinnen ist mit dem Angebot der Möglich- keiten der Kinderbetreuung zu- frieden (neue Bundesländer 55 Prozent; alte Bundesländer 57 Prozent). Gleichzeitig ist aber die Unzufriedenheit in den alten Bun- desländern (18,4 Prozent) höher als in den neuen Bundesländern (13,8 Prozent). Die insgesamt ho- he Unzufriedenheit mit der staatli- chen Unterstützung von Familien ist sehr auffällig. In den neuen Bundes- ländern liegt sie mit circa 51 Prozent höher als in den alten Bundesländern mit 47 Prozent.
Die Ursache für die hohe Unzufrie- denheit (besonders in den alten Bun- desländern) ist in einer unzeitgemäßen Familienpolitik zu suchen, die keine Gleichzeitigkeit von Mutterschaft und Erwerbsfähigkeit im Blick hat, sondern mit einem Nacheinander von Beruf, Kin- derpause und Wiedereinstieg den Er- wartungen der Frauen an eine Verein- barkeit von Familie und Beruf nicht ge- recht wird. Die Untersuchung zeigt, dass sich die Wöchnerinnen insgesamt mehr staatliche Unterstützung wünschen. Dies steht aber derzeit noch immer im Ge- gensatz zum Leitbild der deutschen Sozi- alpolitik, die Leistungen vom Staat gene- rell für nachrangig gegenüber der Selbst- hilfe und Privatinitiative der Familien an- sieht (Subsidiarität). Schnelle politische Entscheidungen zugunsten einer besseren Familienpolitik sind dringend notwen- dig. Priv.-Doz. Dr. Dr. rer. med. Manfred Voigt T H E M E N D E R Z E I T
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A600 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 10⏐⏐10. März 2006
Die Langfassung ist abrufbar unter www.aerzteblatt.de/
aufsaetze/0601.
Befragung von Wöchnerinnen
Unzufrieden mit Unterstützung
Ergebnisse der Kinderwunsch- und Wachstumsstudie
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eutschland ist, wie kaum eine andere Gesellschaft, von einem quasi dop- pelten Alterungsprozess gekennzeich- net; denn die konstante Zunahme der Zahl alter sowie vor allem sehr alter Menschen geht mit einem anhaltenden Geburtenrückgang einher, der die Ge- samtbevölkerung schrumpfen und den Anteil alter Menschen sowie das Durch- schnittsalter der Bevölkerung in bis- lang unbekanntem Ausmaß steigen lässt.Einerseits existieren zahlreiche Hin- weise darauf, dass medizinisch-techni- sche Innovationen zusammen mit ver- besserten Lebensbedingungen die kör- perliche und geistige Vitalität im Alter gesteigert haben und es immer besser ge- lingt, das Auftreten starker gesundheitli-
cher Belastungen in das hohe Alter zu verschieben. Andererseits nehmen zen- trale Risiken des langen Lebens,wie Pfle- gebedürftigkeit, im Altersgang deutlich zu. Bereits heute zählen 80-Jährige und ältere zu der am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppe, und mehr als zwei Drittel aller Leistungsempfänger der Pflegeversicherung sind 85 Jahre alt oder älter. Von daher soll ausführlich der Fra- ge nachgegangen werden, inwieweit die unterschiedlichen Sektoren und Akteure der pflegerischen Versorgung (das heißt Angehörige, ambulante Dienste und Heime) in quantitativer sowie qualita- tiver Hinsicht auf diese weiter voran- schreitende Entwicklung vorbereitet sind.
Zusammenfassend wird ersichtlich, dass die pflegerische Versorgung alter Men- schen, trotz des erheblichen sozialstaatli- chen sowie privaten Ressourceneinsat- zes, an vielen Stellen optimierungsbe- dürftig erscheint und weiterhin eine der zentralen Zukunftsherausforderungen darstellt. Dr. rer. cur. Maik H.-J. Winter
Demographischer Wandel
Herausforderungen für die Pflege
Versorgung alter Menschen als zentrale Zukunftsaufgabe
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