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Archiv "Neurologischer Untersuchungskurs" (21.11.1974)

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Repeitc,unt Neurologischer Untersuchungskurs

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KOMPENDIUM

Einleitende Bemerkungen

In mehreren Fortsetzungen sollen der Gang und die Technik der neu- rologischen Untersuchung sowie die wichtigsten pathologischen Be- funde, ihre Pathogenese und ihre grundsätzliche Bedeutung darge- legt werden. Einzelne klinische Krankheitsbilder sollen nicht be- schrieben werden. Diese Ausfüh- rungen sollen für den Praktiker ein Repetitorium darstellen. Auf eine Schilderung der Hilfsuntersuchun- gen ist verzichtet worden. Die nachfolgende knappe Darlegung vermag nicht die ausführlicheren Darstellungen in Lehrbüchern und Monographien zu ersetzen, von denen einige am Ende des letz- ten Beitrages aufgeführt werden.

Die Darlegung der neurologischen Untersuchung ist in den einzelnen Beiträgen wie folgt gegliedert:

O Grundsätzliches zum Vorgehen bei der neurologischen Untersu- chung

• Psychostatus und neuropsycho- logische Aspekte

0 Allgemein internistische Befunde O Kopf und Hirnnerven

e

Haltung und Trophik

O Spontane und unwillkürliche Be- wegungen

O Bewegungstests und Ablauf will- kürlicher Bewegungen

• Tonus O Kraft O Reflexe

• Sensibilität und Schmerzprovo- kationen

O Gehen und Stehen

O Die neurologische Untersu- chung des Bewußtlosen

O Die neurologische Untersu- chung des Säuglings und des Kleinkindes

O Die neurologische Untersu- chung bei psychogenen Pseudopa- resen

O Schlußbemerkungen O Literaturhinweise 1. Grundsätzliches zur

neurologischen Untersuchung Die neurologische Untersuchung soll vollständig und peinlich genau durchgeführt werden, auch wenn eine rein lokale Störung vermutet wird. Selbst der sehr Erfahrene wird sonst früher oder später die richtige Deutung eines Befundes

verpassen. Daß der Patient sich hierfür ausziehen muß, ist selbst- verständlich. Der Untersucher ge- wöhne sich eine feste Systematik des Untersuchungsganges an. Die- se kann nach topischen Gesichts- punkten („von Kopf zu Fuß") oder nach Kategorien (motorisches Sy- stem, Reflexe, Sensibilität und so weiter) gegliedert sein. Obwohl die folgenden Darlegungen aus didak- tischen Gründen nach Kategorien geordnet sind, geht der Autor prak- tisch topisch vor:

• Eventuelles Prüfen des psychi- schen Verhaltens und neuropsy- chologischer Aspekte im Rahmen der Anamnese.

• Beobachten der aktiven Motilität des Patienten beim Herumgehen, beim Auskleiden usw.

• Prüfen des Gehens und des Ste- hens im Untersuchungszimmer.

• Beurteilung der Haltung und der Wirbelsäule am stehenden Pa- tienten.

• Untersuchung von Kopf und Hirnnerven an dem am Rande des Untersuchungstisches sitzenden Patienten.

• Untersuchung der verschiede- nen Aspekte an den oberen Extre- mitäten, am Rumpf und an den un- teren Extremitäten am liegenden Patienten.

• Gezielte Untersuchung der inne- ren Organe, des Blutdrucks, von Gewicht und Größe.

Wichtig ist, daß man in jeder Phase immer wieder zunächst mit einem gewissen Abstand und genügend

Neurologischer Untersuchungskurs

Marco Mumenthaler

Aus der Neurologischen Universitätsklinik Bern

(Chefärzte: Professoren Marco Mumenthaler, Albert Bischoff und Kasimir Karbowski)

Eine neurologische Untersuchung soll immer vollständig und pein- lich genau durchgeführt werden; dabei sollte man stets systema- tisch vorgehen, und zwar entweder nach topischen Gesichtspunk- ten oder nach Kategorien. Der erhobene Befund ist detailliert zu re- gistrieren. um bei späteren Untersuchungen feststellen zu können, ob sich der Befund verändert hat. In sechs Folgen werden Gang und Technik der neurologischen Untersuchung dargelegt.

3392 Heft 47 vom 21. November 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Aktuelle Medizin Neurologische Untersuchung

Tabelle 1: Schema zum Festhalten der erhobenen neurologischen Befunde

Name: Status vom:

Kopf: Untersucher:

frei beweglich kein Meningismus

Schädel nicht klopfempfindlich auskultatorisch o. B.

Supra- und Infraorbitalpunkte Subokzipitalpunkte indolent

Karotiden beidseitig gut pulsierend Periorale Reflexe

auskultatorisch o. B.

Kaffee spontan/auf Vorschlag/beidseitig erkannt II Fernvisus unkorrigiert rechts ... links ...

Gesichtsfeld bei Fingerprüfung intakt Papillen beidseitig unauffällig III, IV, VI Augenmotilität frei und koordiniert

Kein Nystagmus

Pupillen rund, isocor, mittelweit reagieren prompt auf L und C V Sensibilität im Gesicht intakt

Kornealreflex beidseitig lebhaft

VII Mimisch und willkürlich o. B. Chvostek beidseitig positiv

VIII Gehör subjektiv o. B.

Flüsterzahlen rechts aus ... Meter, links aus ... Meter gehört

Weber nicht lateralisiert

IX, X Gaumensegel symmetrisch, beidseitig gleich innerviert Würgreflex auslösbar Schluckakt subjektiv unbehindert XI Sternokleido symmetrisch kräftig

XII Zunge symmetrisch, gerade herausgestreckt, Bewegungen frei

Sprache: unauffällig

Obere Extremitäten: Rechtshänder Linkshänder Trophik o. B.

Tonus beidseitig unauffällig Motilität allseitig frei Rohe Kraft beidseitig gut

Positionsv. beidseitig ohne Absinken kein Fingertremor Diadochokinese Icidseitig flüssig

Reboundphänomen beidseitig negativ

Finger-Nase-Versuch (FNV) beidseitig zielsicher, kein Intentionstremor

Fortsetzung auf Seite 3394

DEUTSCHES ARZTEBLATr Heft 47 vom 21. November 1974 3393

(3)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Neurologische Untersuchung

Tabelle 1: Schema zum Festhaiten der erhobenen neurologischen Befunde Fortsetzung von Seite 3393

Reflexe: Bizeps-Reflex symmetrisch, mittellebhaft Trizeps-Reflex symmetrisch, mittellebhaft

Radialis-Reflex symmetrisch_ , mittellebhaft Mayer beidseitig auslösbar

Sensibilität für Berührung beidseitig o. B.

Schmerzempfindung beidseitig o. B.

Temperatursinn beidseitig o. B.

Lagesinn der Finger beidseitig o. B.

Vibrationssinn beidseitig o. B.

Stereognose beidseitig prompt

Palmo-Mental-Reflex beidseitig

Knips und Trömner beidseitig

2-Punkt-Diskrimination beidseitig

Münzenerkennen beidseitig sicher Rumpf:

Wirbelsäule unauffällig, nirgends klopfdolent Sensibilität intakt

Bauchhaut-Reflex (BHR) symmetrisch, lebhaft Kremaster-Reflex (CrR) symmetrisch

Finger-Boden-Abstand (FBA) Schober

Untere Extremitäten:

Trophik beidseitig o. B. Fußpulse beidseitig kräftig

Tonus beidseitig unauffällig Motilität allseitig frei

Rohe Kraft für Dorsalextension des Fußes beidseitig gut

Lasägue beidseitig negativ Nervenstämme nicht druckdolent

Positionsv. in Rückenlage beidseitig ohne Absinken Knie-Hacken-Versuch (KHV) beidseitig zielsicher

Reflexe: Patellarsehnen-Reflex (PSR) symmetrisch, mittellebhaft Achillessehnen-Reflex (ASR) symmetrisch, mittellebhaft

Babinski beidseitig negativ Gordon beidseitig negativ

Sensibilität für Berührung beidseitig o. B.

Schmerzempfindung beidseitig o. B.

Temperatursinn beidseitig o. B.

Vibrationssinn beidseitig o. B.

Lagesinn der Zehen beidseitig o. B.

Zahlenerkennen am Unterschenkel beidseitig sicher

Oppenheim beidseitig negativ

Stehen und Gehen:

Romberg, auch bei verschiedenen Kopfstellungen negativ Gang unauffällig, mit guten Mitbewegungen

Fersengang beidseitig gut möglich Strichgang sicher

Fußspitzengang beidseitig gut möglich

Psyche:

ohne nähere Prüfung unauffällig

(Nur Unterstrichenes oder mit + Versehenes gilt als untersucht)

3394 Heft 47 vom 21. November 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(4)

L3

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Name: Datum:

vi

L4- si s2

,N.trigeminus N. auricularis magnus N. cutaneus colli Nn. supraclaviculares

,Rami ventrales nervorum intercostalium

N. cutaneus brachii radialis ( e ni. axillare)

,N. cutaneus brachii ulnaris Rami laterales

nervorum intercostalium N. cutaneus antebrachii dorsales ( e ni. radiale )

Rami ventrales nervorum intercostalium ,N. cutaneus

antebrachii ulnaris N. cutaneus antebrachii radialis ( e n. musculocut.)

R. superficialis ni. rad.

JR. palmaris ni. med.

N. medialis ( Nn. digit. vol.) olaris

manus ni. ulnari (Nn. digitales vol.)

( Ri. scrotales)

\`-N. iliohypogastricus

\ ( R. cutaneus lateralis) N. iliohypogastricus

\ R. ventralis)

\ 'N.genitofemoratis

\ \,( R. femoralis)

cutaneus femoris fibularis

\ N. femoralis ( Ri. cut. ventratis )

\\N. obturatorius R. cutaneus) cutaneus surae fibularis

"N. saphenus

N. peroneus superficialis --- N. suralis

N. peroneus profundus N.tAalis ( Ri. calcaneares)

Legende:

- -N.frontalis (V, - N. occipitalis major

-N. occipitalis minor - N. auricularis magnus

---Rami dorsales nervorum spinal. cervicales

--Nn. supraclaviculares

---N. cutaneus brachii radialis ( e n. axillare) Rami dorsales nervorum spin. cervic.,thorac.,lumb.

--Rami laterales nervor. intercostalium N. cutaneus brachii dors.

(e n. radiale) cutaneus brachii uln.

N. cut. antebrachii dors.

e n. radiale ) N. cut. antebrachii uln.

cut antebrachii rad.

( e n. musculocutaneus) ,R. superfic. ni. rad.

( Nn. digit. dors. ) - R. dors. manus

ni. uln.

( Nn. dig. dors.)

\ \\ ( Nn. digit. vol.)

\ N. itiohypogastricus

\ \

( R. cutaneus lat.)

\ \\Nn. clunium craniales

\\\ \Nn. clunium medii

\ Nn. clunium caudales N. cutaneus femoris fibularis N. cutaneus femoris dorsatis N. obturatorius ( R. cutaneus) - --N. cutaneus surae fibularis - N. suralis

saphenus

N. plantaris fibularis N. plantaris tibiatis

Der Untersucher:

Th

R.

almaris nervi -- ulnaris

\ \ medianus

Abbildung 1: Sensibilitätsschema• mit radikulären und peripheren Innervationszonen

lange den Patienten ruhig beob- achtet. Nur so wird man Haltungs- besonderheiten, trophische Störun- gen, unwillkürliche Bewegungen usw. wirklich sehen. Erst dann darf der Patient Testbewegungen aus- führen und der Untersucher den Patienten berühren.

Der Untersuchende muß die erho- benen Befunde sorgfältig festhäl- ten. Oberflächliche verbale Be- schreibungen sind fast wertlos, da sie bei Kontrollen quantitative Ver- gleiche nicht ermöglichen. Globale Erklärungen, wie „der Neurostatus ist normal", sind ebensowenig brauchbar, da man nicht sicher weiß, was beim einzelnen Untersu- cher alles dazugehört. Somit ist

ein Befundschema zu empfehlen, in welchem zeitökonomisch und übersichtlich die erhobenen Befun- de fixiert werden (Tabelle 1). Um die ebenfalls festgestellten Sensibi- litätsstörungen einzuzeichnen, ist zum Beispiel das Schema der Ab- bildung 1 geeignet. In einem späte- ren Kapitel wird auf eine Tabelle zur quantitativen Fixierung des Lähmungsgrades einzelner Mus- keln hingewiesen werden.

2. Psychostatus und

neuro-psychologische Aspekte In sehr vielen Fällen wird auch der Neurologe über die psychische Seite des Patienten beim Erheben der Anamnese und auf Grund sei-

nes Verhaltens bei der somati- schen Untersuchung einen meist genügenden Eindruck erhalten.

Nicht selten aber wird bei neurolo- gischen Krankheiten eine Störung gewisser psychischer Funktionen einen Teil der Symptomatik dar- stellen und muß entsprechend ana- lysiert und verwertet werden.

a) Das Bewußtsein kann beein- trächtigt sein. Es kann verändert sein im Sinne von Dämmerzustän- den, zum Beispiel im Rahmen epi- leptischer Anfälle. Vor allem kann aber eine Bewußtseinsverminde- rung auftreten, etwa als Ausdruck eines intrakraniellen raumfordern- den Prozesses. Hierbei unterschei- den wir

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 47 vom 21. November 1974 3395

(5)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Neurologische Untersuchung

..,. Benommenheit (mit verlangsam- ten, lückenhaften, unpräzisen Re- aktionen).

..,. Somnolenz (aus welcher der Pa- tient durch äußere Reize immer wieder geweckt werden muß).

..,. Sopor (wobei nur starke Weck- reize den Patienten kurzdauernd aus dem schlafähnlichen Zustand wecken können).

..,. Koma (durch äußere Reize nicht weckbar).

Auch innerhalb des Komas sind Abstufungen vorhanden. Nur wenn diese im Einzelfall genau beschrie- ben werden, kann man eine Ver- schlechterung oder Besserung der Bewußtseinslage beurteilen und daraus therapeutische Folgerun- gen ziehen; das gilt zum Beispiel für Patienten mit Schädeltraumen, bei denen intrakranielle Komplika- tionen auftreten. Tabelle 2 gibt die hierfür gültigen Kriterien wieder.

b) Eine psycheorganische Störung wird manche Erkrankung des Ge- hirns begleiten, allenfalls sogar eine wesentliche Manifestation der- selben sein. Ohne hier auf die Technik der Untersuchung des psycheorganischen Syndroms im Detail einzugehen, seien folgende Störungen angeführt:

..,. Störungen von Merkfähigkeit und Gedächtnis zeigen sich gele- gentlich schon bei der Anamnese. Der Patient muß vorgesprochene Zahlen wiederholen (normalerwei- se mindestens sechs Zahlen) und in umgekehrter Reihenfolge wie- dergeben (mindestens vier). Eine vierstellige Zahl kann er sich über 15 Minuten merken, acht schemati- sche Figuren wieder aufzählen, vier Worte nach fünf Minuten wie- derholen.

..,. Störungen der Triebe und An- triebe, besonders deutlich beim hirnlokalen Psychosyndrom, bei- spielsweise nach Schädeltrauma, ergeben sich oft schon aus der Anamnese beziehungsweise aus den Schilderungen der Angehöri- gen. Sie können sich auch ohne nennenswerte Störungen des Ge-

dächtnisses bemerkbar machen.

Dazu gehören rasche Ermüdbar- keit, mangelndes Interesse an den Dingen, ungenügendes Beharren im Erledigen von Aufgaben, man- gelnde Zuwendung zu Menschen und Aufgaben, allgemeine Interes- selosigkeit bis zur "Wurstigkeit".

..,. Zu den allgemeinen Symptomen einer hirnorganischen Schädigung gehören ferner mangelnde Konzen- tration oder abnormes Haftenblei- ben, Abgleiten in Nebensächliches, wortreiches Herumreden, ohne das Wesentliche einer Frage zu beant- worten, Kritiklosigkeit, Selbstüber- wertung, Distanzlosigkeit und man- gelnder Takt. Ferner Affektinkonti- nenz, besonders unangemessene Neigung zu Weinen (zu unterschei-

den vom Zwangsweinen oder Zwangslachen, zum Beispiel bei Pseudobulbärparalyse und Status lacunaris). Früh schon sind höhere

Tabelle 2: Einteilung der Tie- fe eines Komas

..,. Auf (Schmerz) Reizegeziel- te Abwehrbewegungen, ..,. auf Schmerzreize rea- gierend, aber ohne gezielte Abwehrbewegungen,

..,. keinerlei Reaktionen, auch nicht auf starke Schmerzrei- ze, jedoch erhaltene Reflexe (Lichtreaktion der Pupillen, Kornea!-, Würg- und Muskel- eigenreflexe),

..,. keinerlei Reaktionen auf starke Schmerzreize und Er- löschen (aller oder einzelner) der genannten Reflexe bei erhaltener spontaner Atemtä- tigkeit, Kreislaufregulation und Herzaktion,

..,. keinerlei Reaktionen, kei- ne Fremdreflexe und Si- stieren der spontanen Atem- tätigkeit (sowie der Kreislauf- regulation), bei erhaltener Herzaktion. Der Patient muß beatmet werden (der Kreis- lauf gestützt). Der Patient ist an der Schwelle des zerebra- len Todes.

3396 Heft 47 vom 21. November 197 4 DEUTSCHES ARZTEBLATT

intellektuelle Funktionen, etwa Kombinationsgabe, beeinträchtigt.

Man kann dies mit einfachen Un- terschiedsfragen (Kind/Zwerg, Baum/Busch, Fluß/See, Geiz/Spar- samkeit, usw.), dem Deuten kom- plexer Bilder, dem Nacherzählen einer Geschichte und so weiter, prüfen.

..,. ln extremen Fällen kann die Orientierung in Ort und Zeit gestört sein.

c) Die neuropsychologischen Stö- rungen im engeren Sinne umfassen vor allem die Störungen der Kom- munikation und im besonderen die Sprachstörungen. Zunächst muß die Intaktheil der Innervation der Sprachmuskeln und der sprachfor- menden Strukturen selber erwie'"

sen sein, um eine Dysarthrie aus- schließen zu können. Im folgenden seien nur einige Beispiele der Kommunikationsstörungen aufge- führt:

..,. Die eigentlichen Aphasien stel- len Störungen des Sprachentwur- fes, des Sprachverständnisses be- ziehungsweise der Sprachkontrolle dar. Man beurteilt sie zunächst auf Grund des spontanen Sprechens des Patienten. Im weiteren muß er Gegenstände benennen, Vorge- sprochenes nachsprechen, auto- matische Wortreihen (Monatsna~

men, Wochentage usw.) aufsagen, dasselbe dann in umgekehrter Rei- henfolge. Er muß Aufforderungen befolgen und unter mehreren dar- gebotenen Gegenständen einen benannten auswählen. Art und Aus- maß der hierbei festgestellten Normabweichungen entscheiden über die spezielle Zuordnung der Aphasie zu den motorischen, den sensorischen, gemischten amnesti- schen Formen oder der Jargon- aphasie.

..,. Eine Störung in der Ausführung bestimmter, zweckmäßiger motori- scher Akte wird als Apraxie be- zeichnet. Die Prüfung geschieht durch das Ausführenlassen befoh- lener mimischer Bewegungen, von Gesten oder bestimmten gewohn- ten Handlungen, wie Zähneputzen, Uhr aufziehen usw. [>

(6)

Neurologische Untersuchung

~ Als konstruktive Apraxie wirken sich Störungen der räumlichen Orientierung aus. Dies bedeutet zum Beispiel die Unfähigkeit, einfa- che Gegenstände auf Befehl zu zeichnen oder nachzuzeichnen.

~ Verschiedene Formen von Agno- sie sind möglich. Man versteht dar-

~:Jnter die Unfähigkeit, mittels eines bestimmten Sinnes ein Ding in sei- ner Bedeutsamkeil zu erfassen. Bei der Astereognosie kann der Patient einen Gegenstand durch Betasten nicht erkennen, während er ihn beispielsweise optisch oder aku- stisch durchaus richtig identifiziert.

Als besondere Form der visuellen Agnosie kann die Alexie, die Unfä- higkeit, Schrift als Symbol zu er- kennen, bezeichnet werden. Die Autotopagnosie ist die Unfähigkeit, die Körperteile zu identifizieren, beziehungsweise sich daran zu orientieren.

..,. Als Anosognosie wird die Ver- neinung des Krankseins bezeich- net. Obwohl dies besonders oft bei linksseitigen Hemiparesen be- schrieben wurde, ist diese Störung keineswegs an eine Schädigung der rechten Parietalgegend gebun- den, sondern kommt auch bei Lä- sionen im Bereich der linken Groß- hirnhemisphäre vor.

3. Internistische Untersuchung des neurologisch Kranken

Zum vollständigen Neurostatus ge- hört selbstverständlich die allge- meine internistische Untersuchung.

Sie soll hier nicht näher aufgeführt werden. Besondere Beachtung ist dem Vorliegen einer arteriellen Hy- pertonie, einer Herzinsuffizienz, ei- ner Stenose oder einem Verschluß peripherer Arterienäste und dem Nachweis eines Malignoms innerer Organe beziehungsweise der Mam- mae zu schenken.

e

Wird fortgesetzt Anschrift des Verfassers: Professor Marco Mumenthaler CH-3012 Bern

Inselspital

Aktuelle Medizin KOMPENDIUM

Ist die Behandlung der Ateminsuffizienz mit Sauerstoff

nützlich oder gefährlich?

Dietrich Nolte

Aus dem Zentrum für Innere Medizin der Universität Gießen und der Inneren Abteilung II des Städtischen Krankenhauses Bad Reichenhall

Es ist weniger der toxische, sondern der atemdepressorische Effekt hochprozentigen Sauerstoffs, der für den Kranken mit respiratori- scher Insuffizienz gefährlich werden kann. Um eine bedrohliche Hy-

poventilation mit C02-Retention zu vermeiden, muß der Sauerstoff

- wie bei jedem anderen hochwirksamen Medikament - individu-

ell dosiert und in seinem Effekt auf die Blutgase kontrolliert wer- den. Unter diesen Voraussetzungen bleibt die einfache 01-Sonde auch im Zeitalter der Intensivmedizin die Methode der Wahl, um eine arterielle Hypoxämie zu beseitigen.

Schon Priestley, einer der beiden Schon bald, nachdem die Sauer- Entdecker des Sauerstoffs, deutete stoffsonde allgemeinen Eingang in in seiner 1775 erschienenen Origi- die Klinik gefunden hatte, häuften nalmitteilung darauf hin, sein neu sich Beobachtungen darüber, daß entdecktes Element könne auf Kranke mit respiratorischer lnsuffi- Grund seiner chemischen Eigen- zienz zwar eine rosige Farbe beka- schaften nützlich, in hohen Kon- men, gleichzeitig aber auch auffal- zentrationen aber möglicherweise lend schläfrig wurden, schwitzten schädlich für den Menschen sein. und über Kopfschmerzen klagten.

Die toxische Wirkung hochprozen- Es handelt sich um typische Symp- tigen Sauerstoffs auf das Lungen- tome einer C02-Retention, wie sie gewebe, die 120 Jahre später von in erster Linie bei Patienten mit be- dem Pathologen J. Lorrain Smith reits vorbestehender Hyperkapnie beschrieben worden ist, interes- unter 02-Therapie auftreten kön- siert heute eine ganze Reihe von nen.

Spezialgebieten der Medizin, zum Beispiel Neonatologie, Respirator- beatmung, hyperbare Therapie, Luftfahrt- und Raumfahrtmedizin.

Bei Kranken mit Ateminsuffizienz liegen die Gefahren der 02-Thera- pie aber meist auf einer ganz ande- ren Ebene: Sie betreffen den atem- depressorischen Effekt des Sauer- stoffs.

Während beim Gesunden der arte- rielle pC02 und die H+-Jonen-Kon- zentration als Führungsgrößen im Regelkreis der Atmung (Darstel- lung 1) eine viel größere Rolle spielen als der arterielle Sauer- stoffdruck (p02), liegen die Verhält- nisse bei Kranken mit respiratori- scher Globalinsuffizienz anders. I>

DEUTSCHES ARZTEBLA'IT Heft 47 vom 21. November 1974 3397

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