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Archiv "Hypophysenvorderlappen- Insuffizienz und hypophysäres Koma" (16.02.1978)

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ÄRZTEBLATT

Heft 7 vom 16. Februar 1978

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Hypophysenvorderlappen- Insuffizienz

und hypophysäres Koma

Diagnose und Therapie

Klaus-Peter Littmann und Stefan Müller-Lissner

Aus der Medizinischen Universitätsklinik (Direktor: Professor Dr.

Gustav Adolf Martini) der Philipps Universität Marburg und der Medizinischen Klinik Holwedestraße der Stadt Braunschweig (Chefarzt: Privatdozent Dr. Klaus-Peter Littmann)

Die Hypophysenvorderlap- peninsuffizienz und das hypo- physäre Koma können oft auf Anhieb aus den klinischen Hautsymptomen und der Vor- geschichte diagnostiziert wer- den. Einfache laborchemische Untersuchungen — BZ, Elek- trolyte, Cholesterin usw. — stützen die Diagnose noch vor komplizierten Hormonbe- stimmungen weiter. Frühzei- tig erkannt, ist die Therapie heutzutage immer erfolgreich.

Der Hamburger Pathologe Sim- monds berichtete 1914 über die Sek- tion einer 46jährigen Patientin, die in einem ätiologisch ungeklärten Koma verstorben war. Außer einer extrem verkleinerten und atrophi- schen Hypophyse konnte kein weite- rer wesentlicher pathologischer Be- fund erhoben werden.

Seitdem ist die Hypophysenvorder- lappen-(HVL-)Insuffizienz als Sim- mondssche Krankheit allgemein be- kannt. Aufgrund ihrer Ätiologie grenzte Sheehan 1949 die postpar- tale ischämische Hypophysennekro- se von der Gruppe der übrigen HVL- Insuffizienzen ab, die durch ent- zündliche Erkrankungen, raumfor- dernde Prozesse, Hypophysektomie oder Bestrahlung und ähnliches zu- stande kommen (Tabelle 1).

Das Krankeitsbild der HVL-Insuffi- zienz entwickelt sich fast immer pro- trahiert über einen jahrelangen Zeit- raum. Im Vordergrund stehen meist sehr „uncharakteristische" Sympto- me: so zum Beispiel eine Anämie, psychische Verwirrtheitszustände, Elektrolytstörungen usw., die den Verdacht nur selten auf eine HVL- Erkrankung lenken.

In der vorliegenden Übersicht soll deshalb auf die häufigen und die pathognomonischen klinischen Symptome der HVL-Insuffizienz hin- gewiesen werden. Es sollen außer- dem die Besonderheiten dieses Krankheitsbildes — vor allem das hy- pophysäre Koma — dargestellt und damit zur frühzeitigen Diagnosestel- lung beigetragen werden. Die Hypo- physenvorderlappen-Insuffizienz gehört zu den wenigen Krankheits- bildern, die nahezu immer erfolg- reich behandelt werden können.

Häufigkeit

Die Häufigkeit der HVL-Insuffizienz beträgt etwa 1 : 5000; die postparta- le HVL-Insuffizienz wird bei etwa 50 Prozent aller Frauen mit schwerer Hämorrhagie beobachtet. Frauen er- kranken insgesamt dreimal häufiger als Männer. Umfangreichere epide- miologische Studien liegen bisher noch nicht vor.

Klinisches Bild

Alle klinischen Symptome entstehen durch den Ausfall der Hypophysen-

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Abbildung 1: Ausfall der Axillarbehaarung bei HVL-Insuffizienz

Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz

vorderlappen-Hormone selbst sowie der spezifischen peripheren hypo- physenabhängigen Hormone der Schilddrüse, der Nebennierenrinden und der Gonaden (Abbildungen 1 und 2, Tabelle 2).

Der Beginn der Krankheitserschei- nungen liegt meist viele Jahre zu- rück, in unserem Krankengut im Durchschnitt zwölf Jahre. Die häu- figsten anamnestischen Angaben sind zunehmende Leistungsminde- rung, Konzentrationsschwäche, ver- mehrtes Schlafbedürfnis, Kälteemp- findlichkeit, Libidoverlust und bei Frauen Amenorrhöe und eventuell Agalaktie. Setzt die HVL-Insuffizienz vor der Pubertät ein, entwickelt sich ein hypophysärer Zwerg- oder Minderwuchs.

Oft werden in der Vorgeschichte häufige Infekte mit verzögerter Re- konvaleszenz angegeben. Jede Art von Belastungen („Streß") wird schlecht toleriert. Psychisch fallen die Patienten durch Interesselosig- keit und Distanziertheit auf, die sich bis zu psychotischen Reaktionen steigern können. Gelegentlich treten Krämpfe auf.

Die Diagnose läßt sich meist schon bei der klinischen Untersuchung stellen. Eindrucksvoll sind die Haut- symptome (Abbildung 2):

Die Haut ist zart, blaß, manchmal alabasterfarben, kühl, gelegentlich auch teigig-myxödematös. Dies sind überwiegend Zeichen der sekundä- ren Hypothyreose. Die Pigmentie- rung — vor allem auch der Mamillen

— ist reduziert, wohl als Folge des Melanophorenhormon-(MSH-)Man- gels. Auch die Sekundärbehaarung ist vermindert: Die Behaarung fehlt unter den Axillen; die lateralen An- teile der Augenbrauen fallen aus; die Genitalbehaarung wird spärlich. Die Genitalien selbst sind meist als Fol- ge des Gonadotropinmangels atro- phiert. Differentialdiagnostisch sind hier Sekundärbehaarungsverluste anderer Ursache auszuschließen, zum Beispiel nach Röntgenbestrah- lung oder medikamentöser Tumor- therapie, bei primären Hauterkran- kungen usw. Die Gesichtshaut bei Tabelle 1: Ursachen der HVL-Insuffizienz

• Postpartale HVL-Insuffizienz (sogenanntes „Sheehan-Syndrom")

postpartale Hämorrhagie 80%

antepartale lämorrhagie — 9%

Schock, Sectio caesarea 9%

Eklampsie — 2%

Q Raumfordernde Prozesse Tumoren, intra- oder extrasellär Aneurysmata der Arteria carotis interna

• Entzündliche Veränderungen Tuberkulose, Morbus Boeck, Lues, Morbus Bang, Meningitiden

0 Autoimmunerkrankungen der Hypophyse (Lymphoide „Hypophysitis")

0 Ursache unbekannt (histologisch: fibröse oder zystische Degenera- tion des HVL, sogenannte „leere Sella")

0 Traumatische Zerstörung: zum Beispiel Schädelbasisfraktur

• latrogene HVL-Insuffizienz

Hypophysektomie bei endokrin aktiven oder inaktiven, intra- oder Bestrahlung suprasellären Tumoren

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Abbildung 2: Mehrere charakteristische Symptome bei HVL-Insuffizienz: Aus- fall der lateralen Augenbrauen (oben), Ausfall der Axillarbehaarung (Mitte).

Depigmentierung der Haut und Mamillen, Verlust der Genitalbehaarung (unten)

HVL-Insuffizienz weist eine auffal- lend feine, fast pathognomonische Fältelung überall auf.

Der organische Untersuchungsbe- fund liefert nicht immer typische Zeichen. Im Gegensatz zu der weit verbreiteten Ansicht besteht selten ein nennenswerter Gewichtsverlust.

Der Begriff der „Simmondsschen Kachexie", die nur gelegentlich und nur nach jahrelanger zusätzlicher Mangelernährung auftritt, sollte deshalb nicht mehr als wichtigstes diagnostisches Kriterium verwendet werden. Bei einigen Patienten findet sich eine Bradykardie und Hypoto- nie, wobei die Hypotonie oft jedoch auch durch die allgemeinen Gefäß- veränderungen mit blutdruckstei- gerndem Effekt bei den fast immer älteren Patienten überdeckt sein kann. Die Körpertemperatur ist in der Regel tief normal bis erniedrigt.

Laborchemische Befunde

Auch die laborchemischen Befunde sind sämtlich Folgen des jeweiligen Hormonausfalls. Der Reihenfolge nach ist meist zuerst die Wachs- tumshormonsekretion (STH) einge- schränkt, dann diejenige der Gona- dotropine (LH und FSH) und des Prolaktins, erst später die Sekretion des schilddrüsenstimulierenden Hormons (TSH) und schließlich des nebennieren rindenstimulierenden Hormons (ACTH).

Der Ausfall des STH, das beim Er- wachsenen unter anderem als Insu- linantagonist wirkt, führt zu hypo- glykämischen Stoffwechsellagen.

Diese oft protrahierten Hypoglyk- ämien, die durch den Ausfall der Ne- bennierenrindenhormone noch ver- stärkt werden, sind häufig eine der Ursachen der neurologisch-psychia- trischen Symptome bei HVL-Insuffi- zienz. Ein Diabetes mellitus kann sich während einer HVL-Insuffizienz zum Beispiel rasch bessern. In fort- geschrittenen Erkrankungsstadien ist STH im Serum nicht mehr nach- weisbar.

Der Ausfall der Gonadotropinsekre- tion (LH/FSH) führt zu einer Abnah-

me der Testosteron- beziehungswei- se Östrogenproduktion und deren Serumkonzentrationen. LH und FSH sind im Serum nur in sehr geringen Konzentrationen oder gar nicht mehr nachweisbar — im Gegensatz zur Menopause, in der normalerwei- se erhöhte Konzentrationen gefun- den werden. Bei rascher postparta- ler Entwicklung einer HVL-Insuffi- zienz kann der Ausfall der Prolaktin- sekretion zur Agalaktie führen.

Abnahme beziehungsweise vollstän- diger Verlust der TSH-Produktion und Sekretion haben eine sekundä- re Hypothyreose mit deutlich ernied- rigten Serumthyroxin-(T4-) und Tri- jodthyroni n-(T3-)Konzentrationen zur Folge.

Über diesen Mechanismus der se- kundären Hypothyreose läßt sich auch der Anstieg des Serumchole- sterins erklären.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 16. Februar 1978

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Hypophysenvorderlappen-lnsuffizienz

Der Ausfall von ACTH bewirkt schließlich eine Einschränkung der adrenalen Steroidbiosynthese, ins- besondere des Kortisols und der An- drogene, aber auch zum Teil der Mi- neralokortikoide. Daraus resultieren Elektrolytstörungen mit Tendenz zur Hyponatriämie.

Selten treten akute Hormonmangel- zustände wie beim Morbus Addison

auf. Dies ist darauf zurückzuführen, daß jedes periphere endokrine Or- gan auch ohne die hypophysäre Sti- mulation eine geringe Basishormon- produktion über lange Zeit aufrecht- erhält, die allerdings nicht mehr re- gulierbar ist (Tagesrhythmus usw.) und sich erhöhten Anforderungen nicht anpassen kann. Unter beson-. deren Belastungen wie .,StreB, phy- sischer Anstrengung, Infektions-

Tabelle 2: Häufigkeit der Symptome bei HVL-Insuffizienz im eigenen Krankengut

Geschlechtsverteilung ~ :

cJ

= 9 : 4

Dauer vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnose: V2 bis 39 Jahre, im Durchschnitt 12% Jahre

~ Klinische Symptome: Amenorrhöe

Fehlen der sekundären Behaarung Adynamie

Anämie

Depigmentierung Hypotonie Genitalatrophie Gewichtsverlust Verwi rrtheit

Verzögerte Infektheilung Bradykardie(< 60)

~ Laborbefunde BSG-Besch Ieu nigu ng Erniedrigte Kortisolsekretion NTR/T4 erniedrigt

Cholesterin im Serum erhöht Nüchternblutzucker

<

60 mg-%

Hyponatriämie

Tabelle 3: Funktionsdiagnostik bei HVL-Insuffizienz Bestimmung von:

prozentual:

100%

85% 85% 54%

46%

46%

38% 38%

23%

15%

15%

92% 85%

69% 46%

38%

38°1o

Organ

Hypophyse STH, TSH, LH, FSH, Prolaktin und ACTH im Serum sowie nach kombinierter Stimulation mit TRH und LHRH

Schilddrüse

Nebennierenrinde Gonaden

Stoffwechsel

Thyroxin, Trijodthyronin, NTR auch nach Sti- mulation mit TSH bzw. TRH

Schilddrüsenszintigramm, Tc-uptake Plasmakortisol mit Tagesrhythmik ACTH-Sti m u lationstest

TestosteronlÖstradial und östriol HCG-Sti mu lationstest

LHRH-Stimulationstest

Glukose; nüchtern und Tagesprofil

352 Heft 7 vom 16. Februar 1978

DEUTSCHES ARZTEBLATT

krankheiten und anderem" wird je- doch ein kritischer Hormonausfall beobachtet und führt dann zum Krankheitsbild des hypophysären Komas.

Endokrine Funktionsdiagnostik Die funktionsdiagnostischen Ver- fahren zur Abklärung einer HVL-In- suffizienz sind in Tabelle 3 zusam- mengestellt. Die Serumkonzentra- tionen der hypophysären adenotro- pen Hormone, aber auch diejenigen von Prolactin, STH und MSH sind erniedrigt, zum Teil nicht mehr nachweisbar. Unter Stimulation mit hypothalamisehen Releasing-Hor- monen steigen sie nicht an. Die peri- pheren HVL-abhängigen endokri- nen Organe - Schilddrüse, Neben- nierenrinden und Gonaden - besit- zen nur noch eine basale Restpro- duktion ihrer spezifischen Hormone, jedoch ohne Tagesrhythmik und mit nur verzögertem und unzureichen- dem Anstieg der Serumkonzentra- tionen nach Stimulation.

Besondere Verlaufsformen Eine große Zahl von HVL-Insuffi- zienzen entwickelt sich postoperativ nach Entfernung von Tumoren aus der Sellaregion. Das volle klinische Bild wird nur beobachtet, wenn der Hormonausfall nicht unmittelbar nach der Operation substituiert wird. Oft bestehen die Zeichen der Grundkrankheit - zum Beispiel Akromegalie - gemeinsam mit de- nen der Insuffizienz. Die häufigsten von uns beobachteten postoperati- ven Symptome waren Amenorrhöe, Diabetes insipidus mit Polydipsie und Polyurie, Adynamie, partielle Hirnnervenausfälle und eine Ein- schränkung der mnestischen Hirn- leistung. Eine 42jährige Pati~ntin,

die seit 16 Jahren amenorrhoisch war, brachte sechs Monate nach Hy- pophysektomie wegen Akromegalie nach regelrechter komplikationslo- ser Entbindung ein gesundes Kind zur Weit.

Das hypophysäre Koma

Eine besondere Verlaufsform ist auch das nicht sehr bekannte hypo-

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physäre Koma. Rechtzeitige Diagno- se sichert fast immer das Überleben. Das hypophysäre Koma tritt fast nur bei bis dahin unerkannt gebliebenen

Hypophysenvorderlappen-lnsuffi- zienzen auf. Die Symptome lassen sich oft jahrelang zurückverfolgen. Das Koma entwickelt sich meist im Verlaufe mehrerer Tage. Die Patien- ten werden verlangsamt und schläf- rig. Die Sprache ist dysarthrisch. Es fällt zunehmende körperliche Schwäche und Apathie auf. Gele- gentlich treten Lähmungserschei- nungen - bevorzugt im Bereich der Hirnnerven - in wechselnder Aus- prägung auf. Manchmal gehen Pha- sen motorischer Unruhe und an- schließender Erschöpfung voraus, die möglicherweise durch Hypoglyk- ämien ausgelöst sind.

Der klinische Befund zeigt häufig das volle Bild der Hautsymptome:

blasse, trockene, pastöse Kutis, spärlicher Bartwuchs, fehlende Brust-, Achsel- und Pubisbehaarung und fehlende laterale Augenbrauen. Im Verlauf des komatösen Zustan- des entwickelt sich nahezu immer ein protrahierter Blutdruckabfall mit Schocksymptomatik. Laborche- misch fallen eine deutlich beschleu- nigte BSG, eine Anämie, Hyponatri- ämie und Hypokaliämie, Hypoglyk- ämie und erniedrigte Plasmakorti- solwerte sowie ein niedriges Thyr- oxin schon rasch auf und sichern zusammen mit dem klinischen Bild bereits die Diagnose.

Nach Substitution mit Glukokorti- koiden und Schilddrüsenhormon sowie Ausgleich der Elektrolyt- Stoffwechselstörungen und der Hy- poglykämie und einer eventuell not- wendigen begleitenden Schockthe- rapie oder symptomatischen Be- handlung bessert sich der komatöse Zustand zusehends im Laufe mehre- rer Tage. Alle bisher von uns beob- achteten Patienten haben das hypo- physäre Koma überlebt.

Therapie

Die Behandlung der HVL-Insuffi- zienz ist mit Hilfe der inzwischen

Tabelle 4a: Substitutionstherapie bei HVL-Insuffizienz Nebennieren- Kortisol morgens: 20-25 mg/die

abends: 10-12,5 mg/die rinde: Hydrokortison

bei StreB, physischer und psychi- scher Belastung: kurzfristige Er- höhung der Dosis auf das 2-3- fache

Mineralokortikoide nur in Ausnahmefällen notwen- dig (nach Elektrolytkontrolle im Serum und Urin)

zum Beispiel Cortiron® 1,0 mg p. o./die;

Astonin-H® 0,1 mg/die;

Cortiron-Depot® 50 mg i. m. alle 3 Wochen

Schilddrüse: Thyroxin L-Thyroxin 100-150 !lg/die;

bei Hypothyreose Anfangsdosis 10-25 !lg/die, langsam steigern!

Gonaden: Testosteron zum Beispiel Testoviron-Depot®

100-250 mg i. m. alle 3-4 Wo- chen beziehungsweise Analog- präparate

Östrogene zum Beispiel Ovestin® 1 Tbl./die entspricht 1 mg östriol bezie- hungsweise Analogpräparate Tabelle 4b: Therapie beim hypophysären Koma

lntensivtherapie: lntensivü berwachung, intermittierend Sauerstoff; bei Hyperkapnie (pC02 =

60 mmHg) Tracheotomie und assistier- te Beatmung.

Erste Blutuntersuchungen: Blutzucker, K+, Na+, Blutbild: Eosino- philie! Thyroxin (T4); Kortisol; Blutgas- analyse, Osmolarität, Harnstoff.

Infusion:

Magensonde:

Zusätzlich:

~ 0,9% NaCI-Lösung; anfangs 500-1000 ml/2-5 Std.

~ 100 bis 200 mg Kortisol {bzw. analo- ges Präparat) sofort i. v.

~ weitere 100 mg Kortisol per infusio- nem über 3-4 Std.

~ bei Hypoglykämie: 50 ml Glukose 40%ig

~ bei Na+-Mangel: zusätzliche NaCI- Zufuhr je nach Defizit

~ bei Hypotonie: 250-750 ml Human- albumin

~ L-Thyroxin alle 12 Std.; Anfangsdo- sis 25 !lg/die

später: langsam! steigernd auf 100-200

!lg/die

~ bei Hyponatriämie: 50 mg eines De- pot-Mineralokortikoids i. m., z. B.

Corti ron-Depot""

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 7 vom 16. Februar 1978 353

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FÜR SIE GELESEN

Arzneimittelbedingte Todesfälle

im Krankenhaus

Über medikamenten-induzierte To- desfälle liegen recht widersprüchli- che Angaben vor. Die Boston Col- laborative Drug Surveillance Gruppe hat jetzt die sorgfältig analysierten Daten von 26 462 Patienten veröf- fentlicht, die in Akutkrankenhäuser aufgenommen werden mußten. Bei 24 Patienten (0,9 Promille) wurde ein Zusammenhang zwischen dem Ab- leben des Patienten und der Einnah- me eines oder mehrerer Medika- mente für wahrscheinlich gehalten.

Die meisten dieser Patienten waren schwer erkrankt, die häufigsten Komplikationen betrafen Nebenwir- kungen von Zytostatika, Digoxin und einer intravenösen Flüssigkeitszu- fuhr. Sechs der 24 Todesfälle (fünf durch Überwässerung, einer durch eine exzessive Kaliumsubstitutions- therapie) erschienen, retrospektiv betrachtet, vermeidbar. Die Auf- schlüsselung der in sieben Ländern ermittelten Daten (für die Bundesre- publik lieferte das Klinikum Steglitz, Berlin, die Angaben) ergab weitge- hend identische Komplikationsraten in den einzelnen Ländern.

Porter, J., Jick, H.: Drug-related deaths among medical inpatients; J. Amer. med. Ass. 237 (1977) 879-881; Boston Collaborative Drug Surveillance Program, 400 Totten Pond Rd., Waltham, MA 02154

Wachstumshormonmangel bei konnatalen Röteln

Eine intrauterine Wachstumsretar- dierung ist ebenso wie eine postna- tale Wachstumsverzögerung als Zei- chen einer intrauterin erworbenen Rötelninfektion bekannt. Frühere Untersuchungen konnten Endokri- nopathien als Ursache dieser Stö- rung nicht nachweisen. Die Autoren berichten nun über einen sechs- be- ziehungsweise zwölfjährigen Kna- ben mit konnatalen Röteln, die beide einen deutlichen Minderwuchs auf- wiesen. Als Ursache fand sich ein isolierter Mangel an STH. Schon nach 18monatiger Substitution konnte ein signifikanter Anstieg der

Körpergröße erzielt werden. Die Au- toren weisen darauf hin, daß bei ei- ner pränatalen Rötelninfektion die Kinder gezielt auf Endokrinopathien hin untersucht werden sollten und der Minderwuchs nicht generell als Folge einer allgemeinen Wachs- tumsverzögerung bei pränataler In- fektion angesehen werden darf. Dck

Preece, M. A., Kearney, P. J., Marshall: Growth- Hormone deficiency in congenital rubella; Lan- cet 2 (1977) 842; Departments of Growth and Development and Microbiology, Institute of Child Health, University of London, and Royal Hospital for Sick Children, Bristol

Magen- oder

jejunoilealer Bypass?

Bei der Behandlung der extremen Adipositas durch den Chirurgen konkurrieren derzeit zwei Verfahren:

eine Verkleinerung des Magens und eine weitgehende Ausschaltung der Resorptionsfläche durch einen Dünndarmkurzschluß. Bei zwei Gruppen von je 100 Patienten ka- men beide Operationsverfahren zum Einsatz. Während Operationszeit und Operationsmorbidität beider Gruppen annähernd gleich waren, traten Langzeitkomplikationen nach jejunoilealem Bypass häufiger auf.

Schwerwiegende Komplikationen machten bei 32 Prozent der Patien- ten eine erneute Hospitalisierung in- nerhalb eines Jahres erforderlich.

Bei annähernd gleicher Gewichtsre- duktion lag die Zahl der Rehospitali- sierungen nach einem 90prozenti- gen Magenbypass bei 12 Prozent.

Durchfälle, Müdigkeit, Leberverän- derungen, Nierensteine und Polyar- thritis wurden nur bei Patienten mit jejunoilealem Bypass beobachtet, der bei vier Patienten wieder aufge- hoben werden mußte. Wegen der si- gnifikant selteneren Spätkomplika- tionen sollte bei der chirurgischen Behandlung der extremen Adiposi- tas dem Magenbypass gegenüber dem jejunoilealen Bypass der Vor- zug gegeben werden.

John F. Aiden: Gastric and Jejuno-ileal By- pass; Arch. Surg. 112 (1977) 799-806; Depart- ment of Surgery, Mounds Park Hospital and the Miller Division of United Hospitals of St. Paul, St. Peter Str. 350

Hypophysenvorderlappen

zahlreich entwickelten Hormonprä- parate fast risikolos möglich. Bei gu- ter medikamentöser Einstellung und Überwachung ist nicht bekannt, daß die Lebenserwartung dieser Patien- ten geringer wäre als diejenige gleichaltriger Gesunder.

Die therapeutischen Maßnahmen sind in den Tabellen 4a und 4b zu- sammengefaßt. Prinzipiell wird eine Substitution nicht mit Hypophysen- vorderlappen-Hormonen, sondern mit den Hormonen der peripheren endokrinen Organe wie der Neben- nierenrinde, der Schilddrüse und der Gonaden durchgeführt. Diese Substitutionsbehandlung sollte der natürlichen Sekretion dieser peri- pheren endokrinen Organe mög- lichst weitgehend angepaßt werden, so der Höhe der Sekretionsrate und der eventuellen Tagesrhythmik. Sie muß sich im einzelnen an den je- weils vorliegenden klinischen und laborchemischen Parametern orien- tieren. Ein Ersatz der ausgefallenen hypophysären Hormone ist derzeit aus mancherlei Gründen noch nicht empfehlenswert, unter anderem weil hypophysäre Hormone fast aus- schließlich parenteral zugeführt werden müssen, weil sie als Eiweiß- körper zur Antikörperbildung nei- gen, weil ihre Wirkung auf die peri- pheren Organe Nebennierenrinde, Schilddrüse und Gonaden im Ein- zelfall sehr unterschiedlich sein kann, nicht zuletzt auch, weil diese Behandlung mit höheren Kosten verbunden wäre.

Literatur

Simmonds, M.: Über Hypophysisschwund mit tödlichem Ausgang, DMW 7 (1914) 322 - Sheehan, H. L., Stanfield, J. P.: The pathogenesis of post partum necrosis of the anterior lobe of the pituitary gland, Acta En- docr. (Kbh) 37 (1961) 479 - Brunner, H. E., Labhart, A.: Das Koma bei Hypophyseninsuffi- zienz, Differentialdiagnose und Behandlung.

Internist 6 (1965) 406 - Kind, H.: Die Psychiatrie der Hypophyseninsuffizienz, speziell der Sim- mondsschen Krankheit, Fortschr. Neurol.

Psychiat. 26 (1958) 501 - Odell, W. D.: Isolated deficiencies of anterior pituitary hormones, J.

Amer. med. Ass. 197 (1966) 1006

Anschrift für die Verfasser:

Privatdozent

Dr. med. Klaus-Peter Littmann Chefarzt der Medizinischen Klinik Städtisches Krankenhaus

Holwedestraße, 3300 Braunschweig

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Referenzen

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