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Archiv "Fehler in Schönheitsklinik: Koma nach falscher Infusion" (02.05.2014)

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A 778 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 18

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2. Mai 2014

FEHLER IN SCHÖNHEITSKLINIK

Koma nach falscher Infusion

Nach einer Schönheitsoperation hat sich in Mainz ein schwerer Fehler ereignet.

Die Klinik, der operierende Arzt und eine Medizinstudentin sollen nun haften.

Der Fehler zeigt Parallelen zu einem Fall in Bielefeld.

Z

unächst läuft alles ohne Kom- plikationen: Lidstraffung, Hals- straffung, Facelifting – ein Routine- eingriff. Die Patientin soll nach der OP in Vollnarkose noch ein bis zwei Tage in der privaten Schönheitskli- nik in Mainz bleiben.

Doch dann gibt es Probleme. Die Patientin ist Diabetikerin und hat Schwierigkeiten mit ihrem Blutzu- ckerspiegel. Sie muss sich außer- dem mehrfach übergeben. Die ein- zige Nachtwache der Abteilung, ei- ne Medizinstudentin, ist offenbar überfordert. In der Akte ist als Me- dikation „Infusionsrest aus Op iv“

eingetragen. Die Studentin ent- scheidet sich, die angebrochene In- fusion zu verabreichen, die sich noch im Operationssaal befand.

Diese hat ein Etikett mit der Auf- schrift „NaCl“. Allerdings ist in der Flasche nicht nur Kochsalzlösung, sondern auch das Narkosemittel Propofol. Der Inhalt ist milchig.

Die Patientin erleidet daraufhin ei- nen Atem- und Kreislaufstillstand und muss vom alarmierten Notarzt reanimiert werden. Seither liegt die zweifache Mutter im Koma.

Das war im Juni 2011. In einem Urteil vom 15. April hat das Land- gericht Mainz nun entschieden: Die Klinik, der operierende Arzt und die Studentin müssen für den Fehler haften (Az.: 2 O 266/11). In wel- cher Höhe, soll nach einer weiteren Beweisaufnahme festgelegt wer- den. Der Ehemann verlangt Scha- densersatz von mehr als 800 000 Euro für die Pflege seiner Frau.

Studentin traf „gravierende Fehlentscheidungen“

Nach Einschätzung des Gerichts haben strukturelle Probleme in der Organisation der Klinik den Fehler verursacht. Die Betreuung einer frisch operierten Patientin habe nicht allein einer Studentin anver- traut werden dürfen. Der operieren- de Arzt und Geschäftsführer der Klinik hätte nach Meinung des Ge- richts erkennen müssen, dass die Studentin für die Nachtwache unge- eignet war. Auch diese sei aber haft- bar zu machen, so der Richter. Sie habe „gravierende Fehlentschei- dungen“ getroffen. So habe sie eine angebrochene Infusion verabreicht,

von der sie nicht sicher wissen konnte, worum es sich handelt. Der Anästhesist hingegen muss laut Ge- richt nicht für den Vorfall haften. Er hatte argumentiert, seine Anwei- sung in Bezug auf den Infusionsrest habe sich auf die Flasche bezogen, die noch anhing, als die Patientin aus dem OP kam. Nur diese habe durchlaufen sollen. Dass die Stu- dentin eine andere Infusion ange- hängt habe, sei unverständlich.

Das Urteil des Landgerichts Mainz ist noch nicht rechtskräftig.

Neben dem zivilrechtlichen Verfah- ren wird derzeit auch die strafrecht- liche Relevanz des Vorfalls über- prüft. Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Kör- perverletzung eingeleitet.

Der Fall in Mainz hat Parallelen zu einem Fehler, der sich im Som- mer 2011 in einem Krankenhaus in Bielefeld ereignete. Dort hatte ein Student im praktischen Jahr (PJ) ei- nem Säugling versehentlich ein ora- les Antibiotikum intravenös ge- spritzt. Das Baby starb. Der Student wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Ermittlungsverfahren gegen die Klinik wurde unterdessen kürzlich eingestellt.

In dem Bielefelder Fall hatte ei- ne Krankenschwester die milchig aussehende Injektion ins Patienten- zimmer gebracht, die in den Mund des Säuglings geträufelt werden sollte. Der Student war zu diesem Zeitpunkt in dem Zimmer mit einer Blutabnahme beschäftigt. Genau wie die Mainzer Studentin war der Bielefelder PJler davon überzeugt, er habe den Auftrag gehabt, das Präparat zu verabreichen.

Dr. med. Birgit Hibbeler Liegen in Ihrer Abteilung manchmal aufgezoge-

nen Spritzen herum, die nicht beschriftet sind?

Oder vielleicht angebrochene Infusionen mit frag- lichem Inhalt? Dann tun Sie sich, Ihren Patienten

und den anderen Mitarbeitern einen Gefallen:

Entsorgen Sie solche Dinge – und zwar sofort.

Fehler in der Medizin passieren. Und manch- mal ist das Versagen eines Einzelnen der Grund.

Häufig aber trägt die Organisation, in der der Feh- ler stattfindet, eine Mitschuld. Das letzte Glied in der Kette sind dann immer wieder auch Medizin- studenten: So war es in der Mainzer Schönheits- klinik – und auch in Bielefeld, wo ein Säugling durch eine falsche Spritze getötet wurde.

Die Urteile zeigen: Auch Studierende müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Aber sie verdeutlichen auch, dass junge Mediziner ermu- tigt werden müssen, sich selbst und das Verhal- ten anderer zu hinterfragen. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben der medizinischen Lehre.

KOMMENTAR

Dr. med. Birgit Hibbeler, DÄ-Redakteurin

Bitte wegwerfen!

@

Die Urteile aus Mainz und Bielefeld:

www.aerzteblatt.de/14778

Foto: Fotolia/jannoon028

P O L I T I K

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