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Archiv "Von Schulmedizin und Zauberern: Schlußwort" (08.10.1981)

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Spektrum der Woche Aufsätze · Notizen

Von Schulmedizin und Zauberern

Und wenn in dem Kommentar be- hauptet wird "Was erfolgreich war, wurde Teil der Schulmedizin", so stehen gegen diese Behauptung die harten Fakten des ärztlichen Alltags.

Schön wär's!

Bei dem unterschiedlichen Kranken- gut ist es fraglich, ob eine Praxisthe- rapie sich auch im Krankenhaus be- währen würde; dagegen kann ich klar feststellen, daß sich die oft sehr massive Therapie der Kliniken in der Praxis bei Dauerpatienten nicht durchführen läßt. Unterschiedliche Größen kann man nicht vergleichen.

Allerdings können uns die Kliniker mit ihrer Erfahrung bei der Beurtei- lung unserer Außenseitermethoden mit fachlichem Rat zur Seite stehen. Dann wäre die Spreu leichter vom Weizen zu trennen. Nur ist ein wis- senschaftliches Arbeiten in der Pra- xis ungleich schwerer als in der Kli- nik. Die besten Vorsätze zerrinnen, wenn man als niedergelassener Arzt nach einem 12stündigen Arbeitstag erschöpft nach Hause kommt. Uns bleibt für wissenschaftliches Arbei- ten nur das Wochenende.

Dem Berufspolitiker Kanzow möchte ich noch einige Fragen stellen: Wenn es Außenseitermethoden gibt, die für manche nicht akzeptabel sind, und wenn diese Methoden auch noch Zusatzbezeichnungen tragen, warum hat denn die Ärzte- kammer in all den Jahren es nicht fertiggebracht, durch Definition der Lernziele hier klare Verhältnisse zu schaffen? Warum wird die Weiterbil- dungsordnung nicht allgemein so gefaßt, daß auch Kliniker zustimmen können? Geht es wirklich nur mit Anträgen auf Streichung einer Zu- satzbezeichnung?

Eine solche klare Definition einer Zusatzbezeichnung würde auch kei- nen Eingriff in die Therapiefreiheit bedeuten, da ja kein Kollege ge- zwungen wird, eine Zusatzbezeich- nung zu erwerben. Aber die ärztli- chen Berufspolitiker haben nicht den Mut, auch die Bestimmungen des Kassenarztrechts mit den Lern- zielen in Übereinstimmung zu bringen.

Das sind einmal -wie man sagt - zwei verschiedene Schuhe, und da- mit hat man recht. Der eigentliche Hinderungsgrund ist jedoch die Lobby der einzelnen Verbände, und das sollte man einmal klar und deut- lich feststellen.

Von wem der Begriff "Alternative Medizin" stammt, weiß ich nicht.

Aber Alternativen sind sinnvoll, so- lange es keine allein seligmachende Therapie gibt, und die wird es nie- mals geben.

Die naturwissenschaftlichen Er- kenntnisse und Möglichkeiten stellt kein vernünftiger Arzt in Frage. Aber das alles reicht nicht aus, um das Phänomen "Mensch" ganz zu erfas- sen. Der Mensch ist keine Maschine, er besteht aus Leib und Seele. Ist das jedoch ein Fehler? Wer von uns Ärzten würde lieber "Gesundheitsin- genieur" sein?

Entgegen der Behauptung im Kom- mentar wird die Schulmedizin durch die Außenseitermethoden nicht in Mißkredit gebracht. Keine unserer Methoden kommt ohne die Schul- medizin aus, jeder von uns behan- delt wo es notwendig nach den Prin- zipien der Schule. Wir sind ein Teil der Gesamtmedizin.

Noch etwas finde ich unfair: Es heißt, jeder Arzt wüßte, daß die Schulmedizin Irrtümern aufgeses- sen sei. Warum sollten wir Außensei- ter uns nicht irren dürfen? Warum wirft man unseren Methoden zum Teil über 100 Jahre alte Fehlbeurtei- lungen vor, selbst wenn diese- ge- nau wie in der Schulmedizin -schon längst berichtigt wurden? Natürlich gibt es bei den Außenseitern schwarze Schafe. Ob prozentual mehr als bei der Schule, wage ich zu bezweifeln. Es gibt auch solche, die behaupten, daß ihre Methode nicht nachweisbar wäre, da sie zu indivi- duell sei.

Jede Therapiemethode muß nach- prüfbar und reproduzierbar sein, das ist unabdingbar. Im übrigen ist eine nicht nachweisbare Methode auch gleichzeitig eine nicht lehr- bare!

1944 Heft 41 vom 8. Oktober 1981 DEUI'SCHES ARZTEBLATT

Aber wer hat denn Herrn Professor Hackethai jemals als den Sprecher der deutschen Chirurgen hinge- stellt?

ln der Berufsordnung der deutschen Ärzte steht: "Unsachliche Kritik an der Behandlungsweise oder dem be- ruflichen Wissen eines Arztes sowie herabsetzende Äußerungen über seine Person sind berufsunwürdig."

Und von Virchow wird überliefert:

" ... die Wissenschaft ist groß ge- nug, alle diese Richtungen gewäh- ren zu lassen, wenn sie nicht exklu- siv sein wollen, wenn sie nicht ihre Grenzen überschreiten, wenn sie nicht alles zu leisten präten- dieren ... "

..,. Wir sollten miteinander mehr sprechen, mehr sachlich diskutie- ren, mehr Toleranz aufbringen.

Sanitätsrat Dr. med.

Georg Wünstel

Arzt für Allgemeinmedizin -Naturheilverfahren,

Homöopathie - Kaiserstraße 12 6500 Mainz

Schlußwort

Herr Wünstel polemisiert in vorste- hender Zuschrift an meinem Beitrag vorbei, weshalb ich auf diesen ver- weisen muß, um Wiederholungen zu vermeiden. Nachdem von mir auf dem Ärztetag 1970 in Stuttgart der Antrag gestellt worden war, die Zusatzbezeichnung "Homöopathie"

aus der Berufsordnung der deut- schen Ärzte zu streichen, weil über 150 Jahre kein hinreichender Beleg für die Richtigkeit der Hahnemann- schan Axiome und der davon abge- leiteten Therapieform erbracht wor- den sei, lernte ich Herrn Kollegen Wünstel kennen. Er erbot sich, ge- meinsam mit seinen an der Homöo- pathie interessierten Kollegen, zur baldigen Durchführung wissen- schaftlich nachprüfbarer Therapie- versuche mit Homöopathica. ln mehreren Sitzungen mit einer von der Bundesärztekammer eingesetz- ten Kommission wurden die Planun- gen dafür diskutiert. Seitdem sind

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Die Regelung und Handhabung der Organtransplantation Verstorbener ist sozusagen die Totenmaske des Persönlichkeitsrechts eines Staates.

Wer Willen und Recht der Toten und damit die Totenruhe nicht respek- tiert, macht auch mit den Rechten der Lebenden meist kaum viel Fe- derlesen. Besonders die DDR schmückt sich im Gesundheitswe- sen von der Wiege bis zur Bahre gern mit Federn, die ihre Bürger zu- vor unfreiwillig lassen mußten. Das gilt auch für die Organtransplanta- tionen.

Als die DDR-Medizin vor sechs Jah- ren in der Lage war, in ihrer Funk- tion beeinträchtigte oder funktions- unfähige Organe durch funktions- tüchtige zu ersetzen, erließ der Mini- sterrat der DDR am 4. Juli 1975 eine Verordnung über die Durchführung von Organtransplantationen. Da- nach sind Organentnahmen grund- sätzlich gestattet, sofern der Ver- storbene zu Lebzeiten keine andere Feststellung getroffen hat. Das Ärz- tekollektiv, das den Tod feststellt, darf jedoch die Transplantation nicht selbst vornehmen.

Nach der Ersten Durchführungsver- ordnung vom 29. März 1977 werden Nierentransplantationen in den Nie- rentransplantationszentren im Städ- tischen Krankenhaus im Friedrichs- hain in Berlin, im Bereich Medizin der Wilhelm-Pieck-Universität Ro- stock und im Bereich Medizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wit- tenberg vorgenommen. Die drei Transplantationszentren arbeiten eng mit der RGW-Organisation „In- tertransplant" — dem Gegenstück von „Eurotransplant" — zusammen.

Das Bezirksinstitut für Blutspende- und Transfusionswesen Berlin fun- giert als Zentrales Typisierungszen- trum und koordiniert die Arbeit der Typisierungszentren Halle und Ro- stock. Nach § 2 der Ersten Durchfüh- rungsverordnung gehören zu dem

vom Bezirksarzt zu bestimmenden Ärztekollektiv, das „die Feststellung des Todes eines Bürgers, bei dem Reanimationsmaßnahmen zur künstlichen Aufrechterhaltung von Organfunktionen mit dem Ziel der Lebenserhaltung durchgeführt wer- den, trifft", mindestens ein Facharzt für Neurologie/Psychiatrie und der leitende Arzt der Fachabteilung der Gesundheitseinrichtung, in der der Patient zuletzt behandelt wurde, be- ziehungsweise dessen diensthaben- der Vertreter.

In den letzten Jahren wurde die Kapazität der Nierentransplanta- tionszentren auf über 130 Organent- nahmen und Transplantationen er- höht, so daß die Nierentrans- plantation in den drei Zentren bereits zur Routine gehört. Dabei kam es immer wieder zu Protesten von Bürgern, deren Angehörige sich zu Lebzeiten aus religiösen oder an- deren Gründen gegen die Organent- nahme nach ihrem Tode ausgespro- chen und auch entsprechende Fest- legungen darüber getroffen hatten, die jedoch in der Praxis nicht re- spektiert worden waren. Mehrfach wandten sich Ärzte zu Lebzeiten der Verstorbenen privat an die Angehö- rigen und informierten sie über die beabsichtigte Organentnahme nach dem Tode. Die daraufhin von Ange- hörigen erhobenen Einwände wur- den meist mit dem Hinweis auf neue- ste Rechtsbelehrungen im zuständi- gen Fachorgan zurückgewiesen.

Nunmehr beseitigte der Leiter der Abteilung Recht im Ministerium für Gesundheitswesen, Dr. J. Mandel, in seinem Beitrag „Zu einigen prinzi- piellen Fragen des Verhältnisses zwischen Medizin und Recht" in Heft 10/1981 der DDR-Zeitschrift

„Das deutsche Gesundheitswesen"

alle Zweifel über die Anwendung des Transplantationsrechts in der DDR.

Danach besteht die Rolle des Rechts in der DDR darin, „dafür Sorge zu Von Schulmedizin und Zauberern

viele Jahre vergangen, ohne daß mir je ein verwertbares Ergebnis be- kannt wurde, welches die Thesen der Homöopathie von den vielen Zweifeln befreit.

Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT hat in Heft 32 (1981) mit Aufsätzen von R.

Gross, K. H. Gebhard und Irmgard Oepen zum Thema Homöopathie sehr lesenswerte Beiträge geliefert, auf die ich verweisen möchte.

Unterschiedliche Krankheitsarten in Praxis und Krankenhaus rechtferti- gen zwar differente Behandlungs- weisen, aber keine unterschiedliche

„Wissenschaft", somit auch keine Para-Wissenschaftlichkeit. Dabei können „Lernziele" nur definiert werden, wenn ein hinreichend aner- kannter und mit den (jeweils gülti- gen) Kriterien der Nachprüfbarkeit abgesicherter Wissensbereich anvi- siert wird. Daran hapert es bei den sogenannten Außenseiter-Metho- den, sonst wären sie ja nicht

„außen"!

Somit gehen auch die von Wünstel in Frageform gekleideten Forderun- gen an Ärztekammern (Weiterbil- dungsordnung) und den Gesetzge- ber (Kassenarztrecht) am Problem vorbei. — Es geht, wie Wünstel selbst eingesteht, um Nachprüfbarkeit und Reproduzierbarkeit definierter The- rapieformen. Die sogenannte Schul- medizin mußte auf diesem Felde manche Niederlage hinnehmen und aus den Fehlern immer wieder ler- nen. Den sogenannten Außenseiter- methoden — was immer man darun- ter verstehen mag — können ähnli- che Erschütterungen nicht erspart und das Rigorosum nicht erlassen werden!

Übrigens, der im Schlußabsatz von Kollegen Wünstel gemachte Vorwurf mit Hinweis auf die Berufsordnung („unsachliche Kritik an der Behand- lungsweise ...") ist abwegig und wird von mir ebenso kollegial wie nachdrücklich zurückgewiesen.

Prof. Dr. med. Ulrich Kanzow Städtisches Krankenhaus Gotenstraße 1

5650 Solingen

AUS DER DDR

Auch die Leiche gehört dem Staat

Recht und Praxis der Nierentransplantation in der DDR

1946 Heft 41 vom 8. Oktober 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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