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Archiv "Patientenverfügungen: Zypries mahnt zur Eile" (26.05.2006)

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nderthalb Jahre ist es her, dass Bundesjustizministerin Brigitte Zypries mit einem Regierungs- entwurf zur Regelung des Umgangs mit Patientenverfügungen am Widerstand des Parlamentes scheiterte. Nun drängt die SPD-Politikerin erneut auf eine zü- gige Gesetzesinitiative. Patientenverfü- gungen gewännen zunehmend an Be- deutung. In den letzten sechs Jahren ha- be sich der Anteil von Menschen, die ei- ne Patientenverfügung abgefasst hät- ten, von acht auf 15 Prozent erhöht. „In der Praxis bestehen aber noch erhebli- che Unsicherheiten“, sagte die Ministe- rin bei einer Veranstaltung im Rahmen des Hauptstadtkongresses „Medizin und Gesundheit“ in Berlin.

Verwirrend ist allein schon die große Zahl der verschiedenen Vordrucke für Patientenverfügungen, auf denen mit- unter völlig unterschiedliche Informa- tionen abgefragt werden. Rund 120 For- mulare der verschiedensten Organisa- tionen sind derzeit im Umlauf. Der Ge- setzgeber müsse hier klare Regelungen schaffen, forderte Zypries. Mit Verweis auf den Koalitionsvertrag sprach sie sich für eine Entscheidung noch in die- ser Legislaturperiode aus, wobei die Initiative dazu nur „aus der Mitte des Parlamentes“ kommen könnte. Zypries selbst will keinen neuen Gesetzentwurf mehr einbringen. Gleichwohl formu- lierte sie Eckpunkte, an denen sich die gesetzlichen Regelungen ihrer Mei- nung nach orientieren müssten.

Anders als in ihrem gescheiterten Gesetzentwurf, bevorzugt Zypries nun schriftliche Verfügungen, weil diese eine höhere Beweiskraft hätten als mündlich geäußerte Willensbekundungen, die je- doch auch beachtet werden müssten.

Vormundschaftsgerichte sollten nur bei Zweifelsfällen, etwa bei Konflikten zwi- schen dem behandelnden Arzt und dem gesetzlichen Vertreter des Betroffenen,

angerufen werden. Als sinnvoll erachtet es die Ministerin, dass sich Ärzte vor der Einstellung lebensverlängernder Maß- nahmen mit einem Ethikkonzil beraten.

Dabei habe die Selbstbestimmung des Patienten ihre Grenze weiterhin im Ver- bot der aktiven Sterbehilfe, betonte Zy- pries. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass „nicht die Erlösung des Patienten, sondern die Erlösung

der Gesellschaft vom Patienten“ in den Vor- dergrund rücke.

Dass unklare Rege- lungen für Patienten- verfügungen einer sol- chen Entwicklung Vor- schub leisten könnten, befürchtet der Vorsit- zende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Prof. Dr. Wolf- gang Huber. Die Verfü- gungen müssten des- halb in ihrer Reichweite begrenzt werden. So dürfe es weder eine Pflicht zur Abfassung von Patientenverfügun-

gen geben, noch dürften sie als Ausweg aus dem Pflegenotstand oder als Kosten- dämpfungsinstrument missbraucht wer- den, forderte er. Gleichzeitig wies der EKD-Vorsitzende darauf hin, dass Men- schen Patientenverfügungen in der Re- gel verfassten, wenn sie sich noch nicht in einer Notlage befänden. „Die Verfügun- gen bedürfen daher immer einer Inter- pretation, um auf die aktuelle Situation eingehen zu können“, so Huber.

Patientenverfügungen dürften kei- nesfalls zu einer Art „allgemeinen Ge- schäftsbedingung im Krankheitsfall“

werden, meint auch Prof. Dr. jur. Hans- Ludwig Schreiber, Mitglied des Aus- schusses für ethische und medizinisch-

juristische Grundsatzfragen der Bun- desärztekammer. Zudem bedürfe es des Ausbaus palliativmedizinischer Lei- stungen. Die Angst vieler Patienten rühre auch daher, dass die Versorgungs- situation in den Alten- und Pflegehei- men zum Teil absolut unzureichend für die Bedürfnisse Sterbender sei.

Dies bestätigte Eugen Brysch, Ge- schäftsführender Vorstand der Deut- schen Hospiz-Stiftung, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Nach Angaben der Deutschen Hospiz-Stiftung liegt die Zahl sterbenskranker Patienten in Deutschland bei rund 820 000. Klare ge- setzliche Regelungen zum Umgang mit Patientenverfügungen seien daher drin- gend notwendig. Ebenso wichtig sei es aber, ein leistungsstarkes palliativmedi- zinisches Versorgungssystem zu etablie-

ren. Die Deutsche Hospiz-Stiftung hat hierfür einen 40-seitigen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der die Bereitstellung so genannter ambulanter Palliativdienste vorsieht. Diese sollen aus je zwei Ärz- ten, acht Pflegekräften und einem Ko- ordinator bestehen und maximal 26 Pa- tienten behandeln können. Insgesamt sollen die Dienste rund 200 000 Patien- ten palliativmedizinisch versorgen kön- nen. Brysch ist optimistisch, dass der Gesetzentwurf des Verbandes bei den Beratungen zur nächsten Gesundheits- reform Beachtung finden wird – auch deshalb, weil die Kosten für die ambu- lanten Palliativdienste im Entwurf soli- de gegenfinanziert seien. Samir Rabbata P O L I T I K

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A1430 Deutsches ÄrzteblattJg. 103Heft 2126. Mai 2006

Patientenverfügungen

Zypries mahnt zur Eile

Das Interesse an Patientenverfügungen steigt.

Die Politik muss für klare gesetzliche Regelungen sorgen.

Rund 120 Vordrucke für Patientenverfügungen sind derzeit im Umlauf. Für Patienten ist es schwer, den Überblick zu behalten.

Foto:dpa

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