zu sehr verhaftet mit dem Anhänger der klassischen Homöopathie nach Hahne- mann. Auch im Denken der Krankenkassen, der Ärzte- verbände und der Pharma- kologen muss diese Entwick- lung wahrgenommen wer- den. Die Therapierichtung
„Homöopathie“ steht schon lange nicht mehr für die Ver- treter der dogmatisch-reli- giösen Seite, sondern für die der naturwissenschaftlichen Seite. Hier sollten die An- sprechpartner gesucht wer- den, um das Verständnis die- ser Therapierichtung trans- parenter zu gestalten und letztendlich auch verstehen zu lernen.
Die gängige Praxis beweist schon seit Jahren, dass mit evidenzbasierten homöopa- thischen Komplexmitteln – zudem ohne eine aufwendige Zusatzqualifikation
„Homöopathie“ absolviert zu haben – erfolgreich thera- piert werden kann. Leider ist dieser Entwicklung in den Weiterbildungskatalogen
„Homöopathie“ der Lan- desärztekammern auch noch nicht Rechnung getragen worden. Hier haben die An- hänger Hahnemanns immer noch ihren Freibrief, 200- jährige Geschichte zu lehren, ohne neue naturwissen- schaftliche Erkenntnisse fun- diert durch klinische und ex- perimentelle Untersuchun- gen zu berücksichtigen.
Die Forderung von Herrn Dr. Lüdke nach „evidence based homoeopathy“ kann nur nachhaltig unterstützt werden.
Literatur beim Verfasser
Armin Jacoby,Gesundheitsökonomie, Biologische Heilmittel Heel GmbH, Dr.-Reckeweg-Straße 2–4, 76532 Baden-Baden
Fehlendes Interesse der Industrie an Studien
Herr Dr. Lüdke fordert in seinem Artikel die „Ent- wicklung“ einer „evidence based homoeopathy“. Die Aufnahme unwirksamer Arzneimittel in die „Materia homoeopathica“ will er rück- gängig machen. Doch wenn die Homöopathie denn eine Arzneimitteltherapie sein soll, was spricht dann gegen eine klassische doppelblinde Prüfung. Was gibt es dann noch zu „entwickeln“? Die Wahl der zu behandelnden Krankheiten oder „Zustän- de“, die Wahl der homöopa- thischen Schule (naturwissen- schaftlich oder orthodox), al- les kann wie in der Schulme- dizin frei gewählt werden:
Der homöopathisch ge- schulte und versierte Arzt stellt die Diagnose bzw. ver-
schreibt das zu prüfende Mittel.
Die Arzneizubereitung er- folgt durch einen ebenfalls homöopathisch geschulten und versierten Apotheker, dem auch die Aufgabe der Verblindung zufällt.
Die Prüfung der Wirkung erfolgt nach den allgemein gültigen Kriterien für doppel- blinde Studien. Der zugrunde liegende Wirkmechanismus ist in der Tat völlig nachran- gig. Die wissenschaftliche Be- wertung der Studie kann nach den bekannten Grundsätzen doppelblinder Studien erfol- gen (Studiendesign [Grup- pengröße, Einschlusskriteri- en, Randomisierungs-Proce- dere usw.] sinnvoll, Wahl des Endpunktes sinnvoll, etc.).
Einzig der nicht mögliche Pa- tentschutz der Medikamente und das daher fehlende In- teresse der Industrie an aus- B R I E F E
sagekräftigen Studien kann angeführt werden, warum derartige Studien bisher Mangelware sind.
Dr. Matthias F. Jung,Temmenhauser Straße 23, 89134 Blaustein
Dialog zwischen den Methoden führen
Die Ausführungen von Herrn Lüdke offenbaren eine Verwir- rung über die wissenschafts- theoretischen Grundlagen und die konkrete Praxis der Homöopathie. Wie bei kon- ventionellen medizinischen Methoden existieren sicher auch innerhalb der Homöo- pathie fragwürdige Entwick- lungen. Daraus aber allge- meingültige Schlüsse über die Methode als solche zu ziehen widerspricht dem An- spruch auf Rationalität. Es ist leider nicht möglich, im Rah- men einer Leserzuschrift auf alle Fehlinterpretationen ein- zugehen, einige Aspekte soll- ten jedoch korrigiert werden.
Die Forderung nach einem evidenzbasierten Vorgehen in der Medizin ist unbestrit- ten. Entgegen der Behaup- tung, Homöopathie sei nicht wirksam (ohne Literaturnach- weis!), muss man nach Durch- sicht der mittlerweile umfang- reichen Literatur objektiv feststellen, dass viele Homöo- pathiestudien signifikante und auch kostensparende Ef- fekte nachgewiesen haben.
Dem Gedanken der eviden- ce based medicine (EbM) fol- gend, ist die Frage nach der Wirksamkeit wichtiger als die Frage „warum“ (ein Thera- pieverfahren hilft). Biologi- sche Plausibilität („warum“) ist wünschenswert, im Rah- men der EbM aber nicht zwingend notwendig, allein auch nicht ausreichend. Die konventionelle Medizin ba- siert letztendlich auf den kar- tesianischen Prinzipien der Physik, als wissenschaftliche Referenzmethode. Deren Weiterentwicklung, insbeson- dere die Bedeutung der Quantenphysik, wurde bis- lang nicht in medizinische Modelle integriert. Die Homöopathie ist eine kyber-
netische Methode, es geht um Regulierung von Funktionen oder Steuervorgängen, Dosis- Wirkungs-Beziehungen erhal- ten bei dieser Betrachtung eine andere Bedeutung. Die Entwicklung neuer Wirkmo- delle ist dringend notwendig, sie werden uns in Zukunft helfen, die Phänomene rund um die Homöopathie besser zu verstehen.
Die Behauptung, Hahne- mann sei dogmatisch-religiös geleitet und die Homöopa- thie sei eine Art Teufelsaus- treibung, entspringt einer eher oberflächlichen und ten- denziösen Betrachtung. Im Gegenteil, Hahnemann fühl- te sich als einer der ersten Ärzte seiner Zeit einem ra- tionalen Vorgehen verpflich- tet: „Nur unablässiges Nach- denken, unermüdliche For- schungen, treue Beobachtun- gen und die genauesten Ver- suche“ bilden die Grundla- gen seiner Arbeit. Bis auf we- nige Ausnahmen trennte er sein persönliches Religions- verständnis von der homöo- pathischen Lehre. Bei einer wertfreien Interpretation hi- storischer Quellen scheint es eigentlich selbstverständlich, den historischen Kontext zu berücksichtigen. Begriffe wie
„Lebenskraft“ oder „Mias- men“ waren seinerzeit geläu- fige rationelle Erklärungs- modelle. Mit Hahnemanns ursprünglichem Modell der Miasmen teilt die Homöopa- thie heute im Wesentlichen die Begriffe, nicht die weiter- entwickelten Inhalte. Wer würde schon auf die absurde Idee kommen, aus histori- schen Schriften auf die Praxis der heutigen Medizin oder Pharmakologie zu schließen?
Die theoretischen Proble- me des Autors mit homöopa- thischen Komplexmitteln sind völlig unverständlich.
Warum „die Patienten nach Verwendung dieser ,Kom- plexmittel‘ schwer krank werden oder sogar subito tot umfallen“ müssten, bleibt sein Geheimnis.
Die Vorstellung des Autors, dass homöopathische Ärzte über die Heilung ihrer Pati- enten durch Homöopathie