• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Ederhof: „Zum zweiten Mal geboren“" (28.11.2003)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Ederhof: „Zum zweiten Mal geboren“" (28.11.2003)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

D

er zehnjährige Steppke mit den munteren Augen wird für einen kurzen Moment ganz ruhig. „Vor zwei Jahren“, sagt er ernst, „da wurde ich zum zweiten Mal geboren.“ Am 29.

November 2001 bekam Jan Kurtenbach Herz und Lunge transplantiert. „Davor geriet ich immer sofort aus der Puste und konnte nicht rennen, heute bin ich im Fußballverein“, beschreibt der Jun- ge seinen Weg von der Krankheit in ein halbwegs normales Leben.

Auch Miriam Brauner aus Hannover strahlt. Vor dreieinhalb Jahren bekam die heute 14-Jährige eine Niere ihrer Mutter übertragen; das Martyrium der Dialyse war end- lich vorbei. „Früher fühlte ich mich immer schlapp und hatte zu nichts Lust; jetzt geht es mir viel besser.“ Natürlich hat sie immer noch mit den Nachwir- kungen ihrer Operation zu kämpfen; aber längst haben Schule, Freizeit und Teenager- Träume die Krankheit aus dem Lebensmittelpunkt verdrängt.

Dass Jan und Miriam zurück in den Alltag gefunden haben, verdanken sie wie 1 300 andere Kinder auch dem Ederhof – einer in die- ser Form in Europa einzigartigen Ein- richtung. Seit zehn Jahren kümmert sich das Rehabilitationszentrum in Osttirol um Kinder und Jugendliche vor und nach einer Transplantation. Dort tanken die kleinen Patienten Kraft und Lebens- freude. „Wir wandern viel, gehen zum Herz-Kreislauf-Training, spielen und fei- ern“, schildert Miriam die Berg-Kur.

Nach den unzähligen Monaten in den sterilen Kliniken konnten Körper und Seele wieder durchatmen. Seit ewigen Zeiten sei sie nicht mehr am Rand ei- nes Schwimmbeckens stehen geblieben, sondern hineingesprungen, lobt die 14-

Jährige die Arbeit der 20-köpfigen Eder- hof-Mannschaft.

Geführt wird das Reha-Zentrum von der Rudolf-Pichlmayr-Stiftung, die in diesen Tagen ihr 15-jähriges Beste- hen feiert. Ihr Gründer und Namensge- ber leitete viele Jahre die Abdominal- chirurgie und die Transplantationsme- dizin an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). 4 378 Übertragun- gen von Leber, Niere und Pankreas so- wie mehr als 62 000 Operationen führte er dort durch. Als „Pionier der Trans- plantationsmedizin“, der der MHH zu

Weltruf verholfen habe, würdigte jüngst Bundeskanzler Gerhard Schröder den 1997 verstorbenen Mediziner. Als Er- ster in Europa begann Pichlmayr, Kin- dern Organe zu übertragen. Dabei er- kannte er schnell, dass es allein mit der Operation nicht getan ist, dass die Klei- nen aufgrund der langen Krankheitszei- ten mit großen Integrationsproblemen zu kämpfen hatten. Die Idee für ein spezielles Reha-Zentrum war geboren;

zusammen mit seiner Frau Prof. Dr.

med. Ina Pichlmayr erwarb er ein Bau-

erngut in Österreich und baute es An- fang der 90er-Jahre unter erheblichen finanziellen Schwierigkeiten zum heuti- gen Ederhof aus.

Zu dessen Konzept gehören nicht nur die medizinische Vor- und Nachsor- ge, sportphysiologische Trainingspro- gramme und die psychosoziale Stabili- sierung der kleinen Patienten, sondern auch Betreuung und Therapie für die betroffenen Familien. Eltern und Ge- schwistern wird geholfen, die durch die enormen Belastungen entstandenen Konflikte abzubauen. Sie lernen aber auch, ohne Schuldgefühle wieder ihren eigenen Interessen nachzugehen. „Wir können hier endlich mal loslassen“, sagt Jans Vater Frank Kurtenbach, „der lockere Umgang mit den Kindern über- trägt sich auch auf uns.“ Die Betreuer würden Ängstlichkeit, übergroße Vor- sicht gegenüber ihren Kindern über- winden helfen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen sei von unschätz- barem Wert. „Einfach mal mit anderen Eltern abends ein Glas Wein trinken, das hat uns sehr viel weiterge- bracht“, meint Udo Röck aus Saulgau, dessen zehnjährige Tochter Alisa sich auf dem Ederhof von einer Lebertrans- plantation erholte.

Drei Monate Aufenthalt in der frischen Bergluft seien opti- mal, sagt Ederhof-Mitbegrün- derin Ina Pichlmayr, wohl wis- send, dass die Krankenkassen nicht mitspielen. Wurden früher noch sechswöchige Kuren mit einer zweiwöchigen Verlänge- rungsmöglichkeit bewilligt, sind es heute nur noch drei plus eins.

Reha für Kinder habe schon immer, al- so auch vor den Zeiten der drastischen Sparzwänge im Gesundheitswesen, kei- nen besonderen Stellenwert bei den Krankenversicherungen besessen, be- klagt der Vorsitzende des Stiftungsvor- standes, Prof. Dr. med. Dr. phil. Eckhard Nagel. Er weist deshalb auf die Notwen- digkeit ehrenamtlichen Engagements und finanzieller Unterstützung – etwa durch private Patenschaften – hin. Dazu zählt auch der Schulunterricht. Dreimal in der Woche sollen die Kinder in der Bergwelt der Dolomiten büffeln, damit sie zu Hause nicht allzu sehr den An- schluss verpassen. Peter Mlodoch T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4828. November 2003 AA3147

Ederhof

Zum zweiten Mal geboren

Das von der Rudolf-Pichlmayr-Stiftung geführte Reha- bilitationszentrum in Osttirol kümmert sich um Kinder und Jugendliche vor und nach einer Transplantation.

Weitere Informationen: www.transplantationsstiftung.de;

www.ederhof.de

Im Ederhof wird transplantierten Kindern geholfen, zurück in den Alltag zu finden.

Foto:Ederhof

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

"Gaming Society" wendet sich an Jugendliche und Erwachsene ab 16 Jahren und wird sich mit sogenannten Serious Games beschäftigen.. Ziel wird es sein, eher trockene

Versuchen Sie in einem zweiten Terminalfenster das Programm ein zweites Mal zu starten und hier eine Schreibsperrung zu bekommen, w¨ ahrend im anderen Prozess noch eine

Dresdener Ärztekon- greß (14. Mai 1991) mit den großen „Killern", den kardiovaskulä- ren Erkrankungen (rund 50 Prozent) und den malignen Erkrankungen (rund 25 Prozent —

Die Ärzteschaft muß sich nachdrücklich dagegen wenden, daß die GOÄ er- neut dazu eingespannt werden soll, insbesondere die finanziellen Inter- essen der Beihilfe zu bedienen

= 37 Prozent, auf „Medicare" (ge- setzliche Versicherung für über 65jährige) = 23 Prozent, auf „Medic- aid" (gesetzliche Versicherung für Mittellose) = 13 Prozent, auf die

Die öffentliche Förderung muss sich damit auf eher branchenübergreifende Prozesse oder (Optimierungs-)Verfahren konzentrieren, ins- besondere auf die Querschnittstechnologien (zu

Während die Bundes- ärztekammer und die Arbeitsgemein- schaft Wissenschaftlich Medizinischer Fachgesellschaften, unterstützt durch Wissenschaftler der Jurisprudenz,

„Dass das Schulholz nicht gerodet wird, ist endlich auch mal eine gute Nachricht für den Wald in der Region um