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Archiv "Herzschrittmacher-Therapie — auch bei alten Menschen" (08.09.1977)

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Herzschrittmacher-Therapie — auch bei alten Menschen

Christoph Himmler, Alexander Wirtzfeld, Heinz Präuer und Karl-Friedrich Seidl

Aus der I. Medizinischen Klinik (Direktor: Professor Dr. Hans Blömer) und der Chirurgischen Klinik (Direktor: Professor Dr. Georg Maurer) der Technischen Universität München

Die Elektrostimulation des Herzens ist zu einem der wirksamsten und vergleichsweise risikoärmsten therapeutischen Prinzipien der moder- nen Kardiologie geworden; insbesondere bei bradykarden Herzrhyth- musstörungen, die bevorzugt im höheren Alter auftreten, ist durch eine Schrittmacherimplantation eine wesentliche Besserung der Pro- gnose und der Lebensqualität zu erreichen. Verschiedenste techni- sche Verbesserungen der letzten Jahre führten zu hoher Zuverlässig- keit und optimaler Funktionsdauer moderner Pulsgeneratoren, so daß das Ziel nur eines Impulsgebers für einen Schrittmacher-Patienten weitestgehend erreicht ist.

Befragungen zeigten überein- stimmend, daß Schrittmacher- Träger eine deutliche Verbesse- rung ihrer Leistungsfähigkeit in etwa 85 Prozent selbst bestäti- gen und sich zu 91 Prozent durch den Herzschrittmacher persönlich rehabilitiert fühlen

Seit vor knapp 20 Jahren erstmals ein künstlicher, elektrisch betriebe- ner Herzschrittmacher beim Men- schen implantiert wurde, hat die Me- thodik der Elektrostimulation erheb- liche Fortschritte gemacht. Sie ist zu einem der wirksamsten und ver- gleichsweise risikoärmsten thera- peutischen Prinzipien der modernen Kardiologie geworden. Insbesonde- re die Prognose der fortgeschritte- nen AV-Blockierungen konnte ent- scheidend verbessert werden: Wäh- rend früher die Mortalität nach Auf- treten des ersten Adams-Stokes- schen Anfalles etwa 50 Prozent in- nerhalb eines Jahres betrug, liegt die Lebenserwartung dieser Patien- ten bei Elektrotherapie heute nur gering unter der der altersgleichen Durchschnittsbevölkerung (Darstel- lung 1). Auch die Therapie des erst in den letzten Jahren in seiner Be- deutung richtig erkannten Sinus-

knoten-Syndroms wie auch die Be- handlung der bradykardiebedingten Herzinsuffizienz erfuhr mit der Elek- trostimulation eine wesentliche Be- reicherung.

Auf Grund dieser Tatsachen steigt die Zahl der Schrittmacher-Träger in der Bundesrepublik Deutschland ständig; man rechnet heute mit etwa 40 000 Schrittmacher-Patienten.

Das führt dazu, daß nicht nur der implantierende Chirurg oder Kardio- loge mit der speziellen Problematik dieser, vorwiegend das höhere Le- bensalter betreffenden Patienten- gruppen befaßt sind, sondern in zu- nehmendem Maße auch niederge- lassene Ärzte für Allgemeinmedizin und Internisten. Aus sicherlich ver- ständlichen Gründen besteht häufig eine gewisse Scheu und Zurückhal- tung, sich mit den kompliziert er- scheinenden Zusammenhängen von

2163

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Medizin und Technik der Herz- schrittmacher-Therapie auseinan- derzusetzen. Es soll deshalb Aufga- be dieses Artikels sein, einen kurzen Überblick über die Prinzipien der Elektrostimulation zu geben, wobei speziell auf einige Fragen eingegan- gen werden soll, die sich erfah- rungsgemäß bei älteren Schrittma- cher-Trägern ergeben.

Altersverteilung

bei Schrittmacher-Patienten ln den letzten Jahren wurde einer- seits eine hohe Perfektion in der Schrittmachertechnik erreicht, zum anderen konnte die operative Me- thodik der Schrittmacher-Implanta- tion so vereinfacht werden, daß eine immer breitere Indikationsstellung zur Elektrotherapie auch im hohen Alter möglich wurde. So ergeben sich heute von seiten des Alters des Patienten und der Schwere seiner kardialen Grunderkrankung oder et- waiger Begleiterkrankungen kaum

mehr Kontraindikationen für eine Schrittmacher-Behandlung, was von um so größerer Bedeutung ist, als die Indikation für eine Schrittma- cher-Implantation insbesondere bei solchen Erkrankungen gegeben ist, die im höheren Alter auftreten. Ta- belle 1 zeigt die Altersverteilung bei insgesamt über 1500 Schrittmacher- Patienten aus den Untersuchungs- reihen von Büchner, von Hager und Seling, von Kleinert und bei den letz- ten 600 Patienten aus dem eigenen Krankenhaus. Nach einer Repräsen- tativumfrage des Bundesgesund- heitsamtes ergibt sich in der Bun- desrepublik Deutschland ein Durch- schnittsalter der Schrittmacher-Pa- tienten bei Erstversorgung von knapp 70 Jahren.

Indikationen und Kontraindikationen zur Schrittmacher-Therapie

Bei älteren Menschen stellen die (in- traventriku lären) AV-Biockieru ngen

Tabelle 1: Alter der Schrittmacher-Patienten zum Zeitpunkt der Implantation

Büchner Hager-Seling Kleinert Techn. Univ. Mü.

n

=

400 n = 240 n = 302 n = 600

älter als

60 Jahre 86,6% 88% 91% 89%

älter als

70 Jahre 56,6% 48% 61% 55%

älter als

80 Jahre 12,1% 7% 15% 12%

älter als

90 Jahre 1,5%

Tabelle 2: Indikation zur Schrittmacher-Implantation

0

Intermittierender oder permanenter AV-Biock zweiten und dritten Grades

8

Fortgeschrittene intraventrikuläre Blockierungen mit Syn- kopen

0

Sinusknoten-Syndrom

0

Bradyarrhythmie mit zerebraler oder kardialer Insuffizienz C) Karotis-Sinus-Syndrom

2164 Heft 36 vom 8. September 1977

DEUTSCHES ARZTEBLATT

die häufigste Indikation, wobei ätio- logisch neben der koronaren Herz- erkrankung auch an eine idiopa- thisch-degenerative Zerstörung des

Reizleitungssystems im höheren Al-

ter zu denken ist. Ebenso kommt das Karotis-Sinus-Syndrom fast aus- schließlich im höheren Lebensalter vor, verursacht durch eine Gefäß- sklerose der KarotisgabeL Auch das Sinusknoten-Syndrom ist im höhe- ren Lebensalter am häufigsten; von den meisten Autoren wird das Durchschnittsalter bei Sinusknoten- Syndrom um 65 Jahre angegeben, gelegentlich kann es auch bei jün- geren Patienten auftreten.

Grundsätzlich sind als Indikation zur Schrittmacher-Implantation alle bra- dykarden Herzrhythmusstörungen zu nennen, die auf Grund eines kriti- schen Abfalls der Herzfrequenz zu Symptomen einer verminderten Herzleistung geführt haben. Diese kann sich sehr unterschiedlich ma- nifestieren:

~ Als klassischer Adams-Stokes- scher Anfall durch passagere Unter- brechung des Hirnkreislaufes;

~ als bradykardiebedingte oder zu- mindest durch eine Bradykardie ag- gravierte Herzinsuffizienz;

~ oder auch nur als allgemeine Lei- stungsminderung infolge eines un-

zureichenden Herzzeitvolumens.

Gerade bei den zuletzt angespro- chenen, im allgemeinen wenig cha- rakteristischen Symptomen der ra- schen Ermüdbarkeit, der reduzier- ten Leistungsbreite und Antriebslo- sigkeit besteht häufig die Neigung, diese allein durch das fortgeschrit- tene Alter des Patienten zu erklären beziehungsweise abzutun.

Bei alten Menschen mit mehr oder weniger ausgeprägten gefäßsklero- tischen Veränderungen beobachtet man häufig, daß infolge der Brady- kardie bevorzugt ganz bestimmte Organe unterdurchblutet werden (sogenannte "letzte Wiese"), was sich zum Beispiel als bradykardiebe- dingte Angina pectoris oder als Nie- reninsuffizienz äußern kann. Hinzu kommt, daß die relative Bedeutung

(3)

90 - 80-- 70- 60- 50- 40- 30- 20 - 10—

Jahre

Darstellung 1: Überlebensdauer von 658 Schrittmacher-Patienten der Techni- schen Universität München nach Erstimplantation im Vergleich zu einer Kon- trollpopulation gleicher Struktur und konservativer Therapie

Indikationen zur Schrittmacherimplantation an der TU München (1000 Patienten) 500—

Bradyarrhythmie S K S

sonst

60% 21% 18% 1%

Darstellung 2: Prozentuale Aufteilung der Indikationen zur Schrittmacherim- plantation bei 1000 Schrittmacher-Patienten der Technischen Universität München

AV-Block einer Bradykardie für das Zustande-

kommen einer Störung oft schwer abzuschätzen ist und daß zum Bei- spiel nicht selten zerebrale Sympto- me, die zunächst nur als Ausdruck einer Zerebralsklerose gedeutet wurden, auch bei alten Menschen nach einer Schrittmacher-Implanta- tion verschwinden.

Deshalb sei nochmals darauf hinge- wiesen, daß ein hohes Alter für sich allein niemals als Kontraindikation einer Schrittmacher-Implantation gelten sollte; auch die im Alter ge- häuft vorkommenden Zweiterkran- kungen wie arterielle Hypertonie, koronare Herzerkrankung mit Myo- kardinsuffizienz, pulmonale, zere- brale oder renale Insuffizienz, Dia- betes mellitus und andere Stoff- wechselerkrankungen sollten nicht dazu Anlaß geben, eine indizierte Schrittmacher-Therapie zu unterlas- sen. Lediglich bei Patienten mit ei- nem terminalen Malignom oder ei- ner anderen, rasch zum Tode füh- renden Grunderkrankung erscheint eine Schrittmacher-Implantation wenig sinnvoll.

Zusammenfassend kommen als In- dikation zur Schrittmacher-Therapie im höheren Alter die in Tabelle 2 aufgeführten Krankheitsbilder be- ziehungsweise Herzrhythmusstö- rungen in Frage.

Eine prozentuale Verteilung der an- gegebenen Indikationen bei den letzten 1000 Schrittmacher-Patien- ten der Technischen Universität München zeigt Darstellung 2.

Technik

der Schrittmacher-Implantation Ein Herzschrittmacher-System be- steht aus einem Impulsgeber (—

Elektronik + Batterie) und einer Elektrode, die den vom Impulsgeber gebildeten Stromstoß an das Myo- kard weiterleitet. Die Elektrode er- reicht entweder auf transvenösem Wege das Herz und liegt der Herzin- nenwand an (endokardiale Stimula- tion, Abbildung 3 rechts), oder sie wird auf das Herz aufgenäht (epikar- diale Stimulation, Abbildung 3 links)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 36 vom 8. September 1977 2165

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beziehungsweise myokardial veran- kert (myokardiale Stimulation).

Die letztgenannten Methoden erfor- dern einen verhältnismäßig großen chirurgischen Eingriff in Form einer Thorakotomie oder Pericardiatomia inferior, der eine Allgemeinnarkose erforderlich macht und für ältere und hinfällige Patienten ein erhebli- ches Risiko bedeutet. Erst mit der Entwicklung der transvenös appli- zierbaren endokardialen Elektrosti- mulation (Furman, 1958) gelang der entscheidende Durchbruch, auch alte und gebrechliche Patienten risi- koarm der Schrittmacher-Therapie

zuzuführen. Diese Methode setzte sich seither weltweit durch und gilt heute allgemein als die Methode der Wahl:

Unter Lokalanästhesie wird die Vena cephalica oder jugularis externa (seltener die Vena jugularis interna) freipräpariert; nach Fixierung und Eröffnung der Vene wird die Elektro- de unter Röntgenkontrolle transve- nös bis in die Spitze des rechten Ventrikels vorgeschoben, wo sie vom Trabekelwerk der Herzmusku- latur gehalten wird. Zugleich wird eine möglichst niedrige Reizschwel- le am Endokard aufgesucht. Der Im-

pulsgeber wird dann subkutan oder subfaszial im Bereich des Pektoral- muskels, seltener in der Bauchre- gion, implantiert.

Insgesamt erfordert eine unkompli- zierte transvenöse Schrittmacher- Implantation eine durchschnittliche Operationsdauer von etwa 30 bis 40 Minuten; gelegentlich können aber

— besonders bei großen und dilatier- ten Herzen — die Fixierung der Elek- trode sowie das Auffinden einer op- timalen Reizschwelle große Schwie- rigkeiten bereiten, wodurch sich die Operationsdauer entsprechend ver- längern kann. Im allgemeinen kön- nen die Patienten bereits ein oder zwei Tage nach dem Eingriff wieder mobilisiert werden, was besonders bei älteren Patienten von Bedeutung ist, um sie nicht den Gefahren einer längerdauernden Bettruhe auszu- setzen.

Auswahl der Impulsgeber

Um den unterschiedlichen biologi- schen Anforderungen gerecht zu werden, sind verschiedene Schritt- macher-Modifikationen entwickelt worden (Darstellung 4).

Bei weitem am häufigsten (etwa 95 Prozent), insbesondere im höheren Lebensalter, werden ventrikelge- steuerte Schrittmacher implantiert, da die einfachste transvenöse Elek- trodenplazierung im Trabekelwerk des rechten Ventrikels erfolgt. Vor- hofgesteuerte Impulsgeber finden bisher noch relativ wenig Verwen- dung, da eine sichere Fixierung der Elektrode im Vorhof oft nicht mög- lich ist und zudem gerade im höhe- ren Alter oft kein stabiler Sinus- rhythmus besteht. Auch ist der Vor- teil einer Vorhofsteuerung häufig sehr gering, so daß der größere ope- rative und apparative Aufwand nicht gerechtfertigt erscheint. Gelegent- lich ist es sinnvoll, Patienten mit in- termittierendem AV-Block oder mit einem Sinusknoten-Syndrom mit frequenzvariablen Impulsgebern oder Bedarfsschrittmachern mit ei- ner niedrigen Grundfrequenz (50 bis 60/min) zu versorgen, um diesen Pa- tienten möglichst lange ihren Herz- Tabelle 3: Theoretische Schrittmacher-Funktionszeiten bei ver-

schiedenen Batteriesystemen (Impulsbreite 0,5-1,0 msec) Batteriesystem ± Funktionszeiten (Jahre)

4 Mallory

RM1

3,5— 6,5

2 SAFT Li-210

6 —10

3 Du-Pont-Cordis 7 —11,5

1 WG 755 9 —13

1 WG 702 14 —19

2 ARCO Li-2 13 —18

Tabelle 4: Aufklärung eines Schrittmacher-Patienten

gie

Sinn, Indikation und Arbeitsweise des Schrittmachers

49

Funktionsdauer des Herzschrittmachers

• Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit, körperliche Aktivität, Arbeitsfä- higkeit

• Hautpflege und Achten auf Entzündungszeichen

(I)

Regelmäßige Kontrollen in der Schrittmacher-Ambulanz; regelmä- ßige Überwachung der Pulsfrequenz, besser: patienteneigene Über- wachungsgeräte

• Aufsuchen der Schrittmacher-Ambulanz bei Schwindelerschei- nungen oder Synkopen

• Keine Anwendung von Hochfrequenzbestrahlungsgeräten, Kurz- oder Mikrowellen; Vorsicht bei Elektrochirurgie

() Normalgebrauch aller üblichen Elektrohaushaltsgeräte

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1977

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Epikardiale Implantation Pervenöse Implantation

Darstellung 3: Elektrodenverbindungen zum Herzen

Herzschrittmacher

asynchron (= fest-frequent)

R-Welle Bedarfs-SM)

synchron

P-Welle

= vorhofgesteuert)

getriggert inhibiert bifokal

Ilung 4: Die unterschiedlichen biologischen Anforderungen verlangen edene Schrittmacher-Modifikationen

eigenrhythmus zu belassen, sie an- dererseits aber sicher vor Asystolien beziehungsweise kritischen Brady- kardien zu schützen.

Zur Frage der Verwendung konven- tioneller Schrittmacher mit Queck- silberoxidbatterien (Kostenpunkt etwa 2000 bis 4000 DM pro Impuls- geber) oder langlebiger Schrittma- cher mit Lithiumbatterien (Kosten- punkt etwa 3000 bis 6000 DM) wurde erst jüngst auführlich Stellung ge- nommen (Dt. Med. Wschr. 102 [1977]

951).

Allein aus ökonomischen Gründen, auf Grund der hohen Krankenhaus- aufenthalts- und Operationskosten, aber auch zur optimalen Versorgung des Patienten ist besonders im hö- heren Lebensalter zu fordern, daß die zu erwartende Funktionszeit des implantierten Schrittmachers mög- lichst der abgeschätzten Lebenser- wartung des Patienten entspricht.

Diese Forderung ist heute für die meisten Schrittmacher-Patienten er- füllbar, da uns dank verbesserter Elektronik, verbesserter Elektroden, verkürzter Impulsdauer und der Ver- wendung von Batterien mit höherer Energiedichte Impulsgeber mit Funktionszeiten zwischen 4 und 18 Jahren (Tabelle 3) zur Verfügung stehen. Die Indikation zur Verwen- dung konventioneller Impulsgeber mit Quecksilberoxidbatterien ist un- seres Erachtens heute kaum mehr gegeben; denn wenn auch mit die- sen Batterien Funktionszeiten von über vier Jahren zu erreichen sind, so können doch unerwartete früh- zeitige Batterieausfälle nie mit Si- cherheit ausgeschlossen werden.

Komplikationen

der Schrittmacher-Therapie

Obwohl am günstigen Erfolg der Schrittmacher-Therapie nicht zu zweifeln ist, darf die Vielzahl der Komplikationsmöglichkeiten nicht übersehen werden. Auch von erfah- renen und großen Schrittmacher- zentren werden bei über 10 Prozent der Schrittmacher-Patienten opera- tive Korrekturen nötig. Die häufigste

Komplikation bei der transvenösen Elektrodenapplizierung ist eine un- genügende postoperative Elektro- deneinheilung, so daß Elektroden- dislokationen oder pathologische Reizschwellenanstiege mit ineffekti- ver Stimulation resultieren (bei etwa 6 bis 7 Prozent).

Demgegenüber ist eine Perforation der Elektrode durch das Myokard wesentlich seltener und verläuft zu- dem meist unbemerkt; nur in Einzel- fällen kommt es zu einem klinisch erfaßbaren Perikarderguß. Als weite- re Komplikationen sind Drucknekro- sen im Bereich der Impulsgeberta-

sche, Serome oder revisionsbedürf- tige Hämatome, Infektionen und in sehr seltenen Fällen Thrombosen der elektrodenführenden Venen zu nennen. Von den Spätkomplikatio- nen stand bislang die Erschöpfung der Batterie an erster Stelle und war in über 90 Prozent die Ursache für einen Impulsgeberwechsel. Die in jüngster Zeit verwendeten Lithium- Schrittmacher lassen hier eine Än- derung erwarten.

Elektronikdefekte mit Störung der Schrittmacherfunktion und Elektro- denbrüche sind im Vergleich hierzu wesentlich seltener.

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 36 vom 8. September 1977 2167

(6)

Betreuung

des Schrittmacher-Trägers

Jeder Schrittmacher-Träger bedarf neben einer allgemeinen interni- stisch-kardiologischen Betreuung einer speziellen Überwachung sei- ner Schrittmacherfunktion, die zum Teil von niedergelassenen Ärzten, zum Teil von der implantierenden Klinik durchgeführt wird. Das wich- tigste Hilfsmittel dabei ist das Elek- trokardiogramm, mit dem die mei- sten Störungen erkannt und richtig eingeordnet werden können: Prinzi- piell sind elektrokardiographisch die Reizfrequenz, die Effektivität sowie der Demand- beziehungsweise Sensmechanismus oder die Syn- chronisation zu prüfen. Daneben werden in der Klinik spezielle Geräte eingesetzt, mit denen exakte Mes- sungen bestimmter Schrittmacher- Parameter möglich sind, die im Ein- zelfall die Ursache einer Störung ge- nauer definieren. In den letzten Jah- ren finden schließlich auch patien- teneigene Testgeräte sowie beson- ders im Ausland Telefonüberwa- chungsmethoden Verwendung, wo- durch die Zahl der notwendigen Kli- nikkontrollen wesentlich verringert werden konnte.

Zur medikamentösen Therapie eines Schrittmacher-Trägers ist zu sagen, daß hierbei grundsätzlich die glei- chen Behandlungsprinzipien wie bei anderen kardialen Erkrankungen anzuwenden sind. Eine Digitalisie- rung ist bei Auftreten kardialer In- suffizienzerscheinungen erforder- lich, wird jedoch in unserer Klinik nicht routinemäßig durchgeführt.

Gelegentlich müssen Antiarrhythmi- ka eingesetzt werden, zum Beispiel zur Unterdrückung von Extrasysto- len, die einen sonst regelmäßigen Schrittmacher-Rhythmus stören.

Abgesehen von minimalen und da- her zu vernachlässigenden Ände- rungen der Reizschwelle sind Medi- kamente ohne Einfluß auf die Schrittmacherfunktion, so daß eine medikamentöse Therapie ohne Rücksicht auf den Schrittmacher angewandt werden kann; es ist je- doch zu bedenken, daß bei einem Herzschrittmacher-Patienten die Herzfrequenz mehr oder weniger

begrenzt ist, so daß die Möglichkeit einer Kreislaufanpassung durch Fre- quenzsteigerung eingeschränkt ist.

Dies kann sich zum Beispiel bei An- wendung von Gefäßdilatatoren ne- gativ auswirken.

Aufklärung

der Schrittmacher-Patienten Vor der Implantation ist der Patient über die Art seiner Herzerkrankung sowie davon zu unterrichten, wie das zu langsam schlagende Herz durch den künstlichen Schrittma- cher auf eine optimale Frequenz ge- bracht wird. Postoperativ ist eine ge- wisse körperliche Schonung für etwa drei Wochen anzuraten, um eine ungestörte Wundheilung zu er- möglichen. Dann aber sollte der Pa- tient ermutigt werden, sich wieder normalen Aktivitäten zu widmen; der Arzt muß ihm klarmachen, daß seine Leistungsfähigkeit durch den Schrittmacher nicht etwa abgenom- men, sondern entscheidend zuge- nommen hat und daß er vor quälen- den Beschwerden — wie zum Bei- spiel Synkopen — auf Dauer ge- schützt ist. Entsprechende Befra- gungen zeigten übereinstimmend, daß Schrittmacher-Träger eine deut- liche Verbesserung ihrer Leistungs- fähigkeit in etwa 85 Prozent selbst bestätigten und sich zu 91 Prozent durch den Schrittmacher persönlich rehabilitiert fühlten.

Das eigentliche Ziel der Schrittma- cher-Therapie ist es, die Patienten wieder so weit zu rehabilitieren, daß sie ein weitgehend normales, ihrem Alter und allgemeinen Gesundheits- zustand entsprechendes Leben füh- ren können, wozu auch körperliche Aktivitäten wie Sport und Wande-

rungen, Reisen und eventuell die Wiederaufnahme einer Arbeit gehö- ren. Hierbei soll der Patient unter Berücksichtigung der untengenann- ten Ausnahmen seinen Schrittma- cher mehr oder weniger „verges- sen". Man sollte die Patienten je- doch auf die Notwendigkeit einer Hautpflege an der Stelle der Impuls- geberimplantation hinweisen, um Drucknekrosen oder exogene Ta- scheninfektionen zu vermeiden.

Gegen externe Störungen oder elek- trische Fremdsignale sind die heuti- gen Schrittmacher relativ unemp- findlich: So können Schrittmacher- Patienten heute ohne Bedenken mit elektrischen Haushalts- und Hand- werksgeräten arbeiten, sich elek- trisch rasieren, Auto fahren, das Flugzeug benutzen und hierbei die Waffensuchgeräte passieren. Dage- gen sollen Herzschrittmacher-Trä- ger nicht Kurz- oder Mikrowellen so- wie Niederfrequenz- und Hochfre- quenzreizstromgeräten ausgesetzt werden, da hierdurch auch moderne Impulsgeber beeinflußt werden kön- nen. So wurde erst jüngst ein tödli- cher Zwischenfall durch Schrittma- cherrasen bei einer Hochfrequenz- bestrahlungstherapie bekannt, so daß auf diese Therapieformen bei Schrittmacher-Trägern vorerst ver- zichtet werden muß. Beim Einsatz elektrochirurgischer Geräte ist be- sondere Vorsicht nötig, und das Ver- halten des Schrittmachers sollte während des Eingriffs genau über- wacht werden.

Die Punkte, über die ein Schrittma- cher-Patient aufgeklärt werden sollte, sind in Tabelle 4 zusammen- gefaßt (s. Seite 2166).

Literatur

(1) Büchner, C., Drägert, W.: Schrittmacher- Therapie des Herzens. Boehringer, Mannheim (1973) — (2) Hager, W., Seling, A.: Praxis der Schrittmachertherapie, Stuttgart, Schattauer (1974) — (3) Irnich, W.: Stand der Schrittma- chertherapie, Bisherige Erfahrungen und Ent- wicklungstendenzen, Herz/Kreisl. (1974) 95 — (4) Riecker, G. (Edt.): Herzschrittmacher, Inter- nist (1977) 1-44 — (5) Watanabe, Y. (Edt.): Car- diac Pacing; Proceedings of the Vth Intern.

Symposium an cardiac pacing. Amsterdam/

Oxford (1977) — (6) Wirtzfeld, A., Ch. Himmler:

Technischer Entwicklungsstand künstlicher Herzschrittmacher. Internist (1977) 38-44 — Weitere Literatur beim Verfasser

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Christoph Himmler I. Medizinische Klinik der Technischen Universität München

Ismaninger Straße 22 8000 München

2168 Heft 36 vom 8. September 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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