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Sozialreferat Abt. Altenhilfe S R A 11 / L S R A / P

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Sozialreferat

Abt. Altenhilfe S – R – A 11 / L S – R – A / P

Abteilungen für Blinde und Gehörlose in den Altenheimen der Münchenstift Antrag Nr. 1888 der Stadtratsmitglieder Gebhardt und Köstler vom 28.03.2000 1 Anlage

Beschluss des Sozialausschusses vom 16.07.2002 (SB) Öffentliche Sitzung

I. Vortrag des Referenten 1. Antragsgegenstand

Der Antrag drückt die Sorge um eine fachgerechte Unterbringung und Versorgung alter Menschen in den Heimen der MÜNCHENSTIFT gGmbH aus, die durch erhebliche Ein- schränkungen der Hör- und Sehfähigkeit besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Er be- rührt durch die geforderte Prüfung, ob eigene Stationen für die betroffenen Bewohne- rinnen und Bewohner eingerichtet werden können bzw. sollten, die grundsätzliche Fra- ge, inwieweit das integrative Pflegekonzept durchbrochen werden sollte, das der Pfle- ge und Betreuung in den Heimen der MÜNCHENSTIFT gGmbH zugrunde liegt (siehe jährliche Qualitätsberichte der MÜNCHENSTIFT gGmbH).

Aufgrund des Antrages Nr. 1862 der Stadtratsfraktion der CSU vom 31.10.1994 „Kon- zeption für Gehörlose in städtischen Altenheimen“ wurde der Sozialausschuss bereits in der Sitzung vom 11.11.1999 mit dieser Thematik befasst, soweit sie die Behinde- rung durch Gehörlosigkeit betrifft. Das Sozialreferat kam dabei in Abstimmung mit der MÜNCHENSTIFT gGmbH zu dem Fazit, dass spezielle Abteilungen für Gehörlose in Alten- und Altenpflegeheimen nicht befürwortet werden können.

Die Behandlung des vorliegenden Antrages wurde mit Zustimmung der Antragstellerin- nen zurückgestellt, weil die Thematik aus der Sicht der neuesten Entwicklungen im Hinblick auf das immer höher werdende Alter, die laufende Zunahme von Schwerstbe- hinderung bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Heime, die fortschreitende Ent- wicklung des Qualitätsmanagements und die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen auf der Grundlage der Forderungen des SGB XI unter Einbeziehung der Problematik der Seh- behinderung bzw. Blindheit noch einmal dargestellt werden sollte.

Die Problematik der Pflege und Versorgung schwerstbehinderter alter Menschen in den Einrichtungen der stationären Altenhilfe betrifft nicht nur die Heime der MÜN-

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CHENSTIFT gGmbH und beschränkt sich auch nicht nur auf die beiden im Antrag ge- nannten Behinderungen. Damit der Stadtrat im Rahmen der kommunalen Aufgabe der Schaffung adäquater Lebensbedingungen für die älteren Münchner Bürgerinnen und Bürger entsprechende Überlegungen anstellen kann, war eine sorgfältige Prüfung er- forderlich, die insbesondere die Frage der Fachlichkeit und Finanzierung aus der Sicht der Behindertenverbände und der Heimträger umfassen musste.

2. Stellungnahme der MÜNCHENSTIFT gGmbH

Anlässlich einer ausführlichen Besprechung der Thematik mit der MÜNCHENSTIFT gGmbH ergab sich keine Veränderung der im o.a. Beschluss dargestellten Sicht. Die MÜNCHENSTIFT gGmbH ist unverändert dem Prinzip der ganzheitlichen, integrativen Pflege und Versorgung verpflichtet. Sie hält es für fachlich unzuträglich, einzelne Grup- pen von Bewohnerinnen und Bewohnern nach deren Behinderung zu bilden. Die Be- hinderungen der Gehörlosigkeit bzw. Einschränkung der Sehfähigkeit bis hin zur Blind- heit sind typische Behinderungen, die mit der Hochaltrigkeit einhergehen. Die betroffe- nen alten Menschen leiden fast ausnahmslos nicht schon seit langer Zeit an diesen Behinderungen, sondern diese stellten sich mit fortschreitendem Lebensalter schritt- weise ein. Dementsprechend verfügt in den einzelnen Heimen kaum eine der betroffe- nen Personen über Kenntnisse in den speziellen Techniken des Umgangs und der Kommunikation, wie Gebärdensprache, Braille-Schrift, Lormen-Alphabet, wie sie Be- hinderte erlernen, bei denen die Behinderung in relativ frühem Lebensalter eintrat. Le- diglich im Altenpflegeheim an der Effnerstraße leben noch vereinzelte Bewohner/innen, die sich mit der Gebärdensprache verständigen können. Wie in der Beschlussvorlage vom 11.11.1999 dargestellt, konnte zu Zeiten der städtischen Heimverwaltung in die- sem Heim mit finanzieller Beteiligung durch die Stadt eine größere Bewohnergruppe Gehörloser gebildet werden, die laufend von Mitarbeitern des Stadtverbandes der Ge- hörlosen betreut wurde. Diese Bewohner/innen waren aber nicht in einer besonderen Station zusammengefasst, zum einen weil sie teils im Wohnbereich und teils in den Pflegestationen lebten, zum anderen, weil eine solche Zusammenfassung von den Be- troffenen nicht angestrebt und auch damals die Integration von Bewohnerinnen und Bewohnern mit Behinderung in die normalen Heimbereiche als vorrangig angesehen wurde. Es waren zwei Pflegekräfte im Heim tätig, die aufgrund des damaligen Perso- nalgestellungsvertrages vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe gestellt wur- den. Diese Kräfte fassten die Betroffenen zeitweise in Aufenthaltsbereichen zusam- men und unterhielten sich mit ihnen in der Gebärdensprache. Diese beiden Kräfte sind inzwischen ausgeschieden, ohne dass Ersatz mit dieser Befähigung gefunden werden konnte. Darüber hinaus wäre eine solche besondere Betreuung durch Pflegekräfte auch nicht mehr finanzierbar (s. unten). Der Kontakt zum Stadtverband der Gehörlosen besteht noch. Die noch verbliebenen Bewohner/innen dieser ehemaligen Gruppe wer- den noch in regelmäßigen Abständen von einer Mitarbeiterin des Stadtverbandes be- sucht.

Der Umgang mit altersbedingten Behinderungen und die pflegerische Versorgung von Menschen mit Behinderungen nahezu aller Art ist Gegenstand der Ausbildung der Al- tenpflegekräfte. Nachdem die Mehrzahl der hochaltrigen Bewohner/innen der Altenpfle- geheime unter mindestens einer solchen Behinderung leidet, gehört es zur täglichen Arbeit aller in der Altenpflege Tätigen, mit diesen Behinderungen umzugehen. Die Al- tenpflegekräfte sind sowohl in der Lage, die Kommunikation mit Gehörlosen herzustel- len, als auch Sehbehinderten oder Blinden das Leben im normalen Heimbereich zu er-

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möglichen. Von der baulichen Ausstattung her sind die nach den Maßgaben der Heim- MindestbauVO behindertengerecht gebauten und ausgestatteten Heime zur Versor- gung von alten Menschen mit diesen Behinderungen geeignet. Da die Betroffenen in ihrer häuslichen Umgebung gelebt haben, bis zumeist das Hinzukommen weiterer Be- einträchtigungen den Heimaufenthalt unumgänglich gemacht hat – die Leistungen der Pflegeversicherung werden auch nur unter dieser Voraussetzung bewilligt – sind sie mit ihrer Behinderung den Umgang mit Nichtbehinderten, nicht aber mit Menschen gleicher Behinderung gewöhnt. Es erfolgt aber auch nur selten die Heimaufnahme ausschließlich wegen der Behinderung der Gehörlosigkeit oder Blindheit. Es sind fast immer weitere Leiden, die zur Gebrechlichkeit im Sinne von Heimpflegebedürftigkeit geführt haben. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Betroffenen die Aufnahme in eine spezielle auf ihre Behinderung abgestellte Einrichtung wünschen. In der tägli- chen Pflege und Versorgung in den normalen Pflegebereichen der Heime der MÜN- CHENSTIFT gGmbH treten wegen dieser Behinderungen keine besonderen Probleme auf. Dies gilt auch für andere Behinderungen wie Rollstuhlabhängigkeit, geistige Behin- derungen oder Mehrfachbehinderung bzw. Multimorbidität. Ebenso wenig, wie fachlich geboten ist, besondere Stationen bzw. Pflegebereiche für die hör- bzw. sehbehinderten alten Menschen in den Heimen einzurichten, wäre es aus fachlicher Sicht angebracht, besondere Bereiche für diese ebenso schwerwiegenden Behinderungen zu schaffen.

Eine Ausnahme bilden die beschützenden Abteilungen bzw. gerontopsychiatrische Wohngruppen. Ein Separieren behinderter Bewohner/innen käme einer Aussonderung aus der Gemeinschaft gleich und würde Einrichtungen der Behindertenpflege innerhalb der Altenheime schaffen.

Die MÜNCHENSTIFT gGmbH lehnt solche Pflegemodelle, die der ganzheitlichen, inte- grativen Pflege zuwiderlaufen, als mit den Zielen zeitgemäßer Altenpflege unvereinbar ab.

3. Stellungnahme anderer Heimträger

Die Thematik wurde mit den entsprechenden fachlichen Führungskräften der Caritas, der Arbeiterwohlfahrt und des BRK erörtert, die die konzeptionellen Inhalte der über- wiegenden Zahl der Alten- und Altenpflegeheime Münchens verantworten.

Übereinstimmend wird auch von diesen Fachkräften die gleiche Meinung vertreten, wie sie von der MÜNCHENSTIFT gGmbH dargestellt wurde. In keinem einzigen der Heime dieser Träger bestehen spezielle Abteilungen oder Bereiche für Bewohner/in- nen mit diesen Behinderungen. Lediglich in den Bereichen der gerontopsychiatrischen und somatischen Fachpflege werden Bewohner/innen zu Wohngruppen zusammenge- fasst. Gehörlosigkeit und Blindheit werden übereinstimmend als Behinderungen gese- hen, mit dem das Pflegepersonal im Sinne der Erhaltung von soviel Normalität für die Betroffenen wie möglich und im Sinne integrativer Pflege in den regulären Pflegeberei- chen aufgrund seiner Fachlichkeit umgehen kann. Die Bildung spezieller Bereiche für diese Behinderungen wird trägerübergreifend abgelehnt.

4. Stellungnahme des Heimes für blinde Frauen, Winthirstraße

Die Leiterin des speziell mit dieser Thematik betrauten Heimes für blinde Frauen wur- de ebenfalls anlässlich eines eingehenden Gespräches um ihre fachliche Einschät-

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zung zum Gegenstand des Antrages befragt. Dabei ergab sich, dass dieses Heim die gleiche Altersstruktur, Häufigkeit und Schwere der Pflegebedürftigkeit der Bewohnerin- nen wie der Durchschnitt der Altenpflegeheime aufweist. Das Heim arbeitet auch in der Form eines Altenpflegeheimes mit analogen Pflegesätzen wie die übrigen Altenpflege- heime, jedoch mit dem Schwerpunkt der Versorgung älterer blinder Frauen. Es handelt sich also um keine Einrichtung der Behindertenhilfe. Da sich aus der Bewohnerstruktur eine ähnlich hohe Fluktuation wie bei anderen Pflegeheimen ergibt, kann die Heimlei- tung Frauen, die speziell in ihr Heim aufgenommen werden wollen, die Aufnahme in der Regel in absehbarer Zeit ermöglichen. Die Heimleitung sieht aber keine fachliche Notwendigkeit, dass die altersbedingt erblindeten Frauen in ihrem Heim versorgt wer- den müssen. Sie teilte die oben dargestellte Meinung der Führungskräfte der Träger der Altenpflegeheime, dass diese alten Menschen ebenso gut in den Pflegebereichen der Altenpflegeheime versorgt werden können. Wenn die Altenpflegekräfte die Regeln und Maßnahmen beachten, die sie in der Ausbildung zu ihrem Beruf und in notwendi- gen Fortbildungen diesbezüglich erlernt haben, darf die integrierende Pflege und Ver- sorgung in Altenpflegeheimen nach ihrer Auffassung keine Probleme bereiten. Der Vorteil einer speziellen Einrichtung, wie der von ihr geleiteten, kann insbesondere von den blinden Frauen wahrgenommen werden, die wegen früher Erblindung die obenge- nannten speziellen Techniken beherrschen, weil Pflegekräfte mit entsprechender Befä- higung im Heim tätig sind. Für solche Frauen steht mit ihrer Einrichtung ein ausrei- chendes Platzangebot zur Verfügung.

5. Stellungnahme des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes e.V.

Die Landesgeschäftsstelle des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes e.V.

stellt dar, dass ihr Interesse an einer guten Integration und Teilhabe an der Gemein- schaft für die Betroffenen besteht. Zugleich ist die Ausrichtung auf die Barrierefreiheit und auf die Beseitigung der Informations- und Kommunikationsbarrieren wichtig. Auch werden entsprechende Schulungen für Mitarbeiter/innen von Altenheimen angeboten.

Spezielle Stationen für Blinde und Gehörlose wird für eine nicht geeignete Kompro- misslösung und integrationsschädlich empfunden. Der Verband kann sich auch nicht vorstellen, dass dafür eine entsprechende Nachfrage bestehen würde.

Da das „Heim für blinde Frauen“ lediglich drei Männer aufnimmt, favorisiert der Ver- band einen Neubau einer Senioreneinrichtung für Blinde mit ca. 60 Plätzen. Diese Kon- zeption wird derzeit vom Sozialreferat geprüft.

6. Stellungnahme des Gehörlosenverbandes München und Umland e.V.

Dieser Verband weist zunächst darauf hin, dass eine Unterscheidung zwischen Spä- tertaubten und Gehörlosen, die vor dem Spracherwerb ihr Gehör verloren haben, sinn- voll ist. Für die Gruppe der Gehörlosen (zur Zeit ca. 160 über 60-Jährige in München) ist es vorteilhaft, gemeinsam zu leben, da sie sich somit über gebärdensprachliche Kommunikation austauschen können. Dazu ist erforderlich, folgende Rahmenbedin- gungen für gehörlose Menschen in Altenheimen zu schaffen:

Intensiv geschultes und in der Anzahl an den höheren Zeitaufwand angepasstes Per- sonal, entsprechende Technik (Lichtsignalanlage, Schreibtelefon/Bildtelefon/ Fax) und die Möglichkeit, an Veranstaltungen des Gehörlosenverbandes teilzunehmen.

Lediglich für die Gehörlosen, nicht für Spätertaubte, befürwortet der Verband, eigene Stationen einzurichten.

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7. Finanzielle Gesichtspunkte

Die Besprechung der Thematik mit dem an allen Pflegesatzverhandlungen für die Al- ten- und Altenpflegeheime beteiligten und für die Heime der Behindertenhilfe originär zuständigen Kostenträger Bezirk Oberbayern, Sozialhilfeverwaltung ergab, dass die Pflege und Versorgung gehörloser und blinder alter Menschen von den Kostenträgern als reguläre Aufgabe der Alten – und Altenpflegeheime angesehen wird, die im Rah- men der allgemeinen, vereinbarten Pflegesätze zu leisten ist. Im Bereich des Bezirks Oberbayern gibt es kein einziges Alten – bzw. Altenpflegeheim, dem ein besonderer Pflegesatz bzw. irgendein Zuschlag für die Pflege und Versorgung gehörloser oder blinder Bewohner/innen erstattet wird. Dem Bezirk ist auch keine Altenpflegeeinrich- tung bekannt, die eine eigene Abteilung für diese Bewohner/innen hätte. Selbst das Heim für blinde Frauen erhält, wie von der Leiterin des Heimes bestätigt, lediglich die regulären Pflegesätze für vergleichbare Altenpflegeheime. Es blieb kein Zweifel, dass der Bezirk jeden Versuch, für spezielle Abteilungen für solche behinderte alte Men- schen in den Alten- und Pflegeheimen eigene Pflegesätze abzuschließen, negativ be- handeln würde. Er kann sich dabei auch auf die Vorgabe des 4. Bayer. Landesplans für Altenhilfe berufen, der hinsichtlich der Ursachen der Pflegebedürftigkeit nicht nach Behinderungen oder sonstigen Gebrechen unterscheidet. Er listet vielmehr unter Ziffer 5.1. die Beeinträchtigungen der Hör- und Sehfähigkeit unter den häufigsten Erkrankun- gen mit auf, die zu Hilflosigkeit und Gebrechlichkeit im Alter führen und denen die Leis- tungen und Förderungen nach dem Landesaltenplan gelten. Nahezu alle Alten- und Al- tenpflegeheime wurden im Zuge ihrer Errichtung bzw. Modernisierung und Schaffung von Pflegeplätzen nach den Förderrichtlinien durch staatliche Zuschüsse und Darlehen gefördert, die auf der Basis des Landesaltenplanes bzw. seiner Vorgänger ergangen sind. Damit steht außer Zweifel, dass diese Beeinträchtigungen Gegenstand der Alten- pflege in den Alten – und Altenpflegeheimen und der für diese Einrichtungen vereinbar- ten Pflegesätze sind.

Wollte man in den Heimen eigene Abteilungen für Blinde und Gehörlose einrichten, so wäre dies nur sinnvoll, wenn den Bewohnern dort eine besondere Betreuung zugute käme. Diese könnte nur durch besonders geschultes Fachpersonal, durch eine besse- re Personalausstattung und / oder durch zugeschaltetes therapeutisches Personal er- folgen. Das wäre aber zwangsläufig mit höheren Kosten verbunden.

Die höheren Pflegesätze könnten über die Vereinbarung von Zusatzleistungen gem. § 88 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI, die die Betroffenen selbst zu tragen hätten, begründet werden.

Da ein solches Leistungsangebot den Pflegekassen und den überörtlichen Sozialhilfe- trägern schriftlich mitzuteilen wäre, diese aber bislang solche Pflege – und Betreu- ungsleistungen als Regelleistungen ansehen, die mit dem Pflegesatz abgedeckt sind, würde der Versuch der Finanzierung über Zusatzleistungen am Widerstand der Kos- tenträger scheitern. Auch die Möglichkeit, neben der Vergütung analog der Einstufung gemäß der §§ 14, 15 SGB XI einen entsprechenden Pflegesatz gemäß der Pflegeklas- sen nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB XI zu erlangen, hat trotz BSG - Urteil (vom

10.02.2000, Az.: B 3 P 12/99 R) wenig Aussicht auf Erfolg. Auf die potenzielle Dynamik zwischen Pflegestufen und Pflegeklassen der Pflegeversicherung wurde immer wieder hingewiesen. Die Pflegekassen und die Medizinischen Dienste haben sich bisher kon- sequent einer von der Pflegestufe abweichenden Pflegeklassenzuordnung verweigert.

Es bedarf einer präzisen Pflegeprozessplanung,

-dokumentation und -evaluation und einer qualitätshinterlegten Leistungsbeschreibung.

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Es bleibt abzuwarten, ob die Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen nach dem Pfle- gequalitätssicherungsgesetz (PQsG) hier eine entsprechende finanzielle Honorierung von Spezialisierungen ab dem Jahr 2004 nach sich zieht. Die Heime sind dazu aufge- rufen, ihre Leistungen exakt zu beschreiben, was im Sinne der Betreuung und Pflege von Blinden und Gehörlosen ebenfalls erfolgen könnte. Von Bedeutung ist hierbei, dass die Einrichtung gemäß § 80 a Abs. 2 SGB XI/PQsG von der Ermittlung der Be- wohnerstruktur (im SGB XI genannte Krankheitsbilder) über das daraufhin abgestimm- te Leistungsangebot bis zum adäquaten Mitarbeitereinsatz (organisatorisch und quali- tativ) aussagekräftige Belege erbringt.

Inwieweit eine Spezialisierung ohne gesonderten Versorgungsvertrag, wie etwa für ge- rontopsychiatrische Pflegebereiche oder Bereiche für Wachkoma-Patienten auch zu ei- ner entsprechenden Preisgestaltung führt, oder ob die besonders erbrachten Leistun- gen aus den angenommenen Wirtschaftlichkeitsreserven einer Einrichtung zu erfolgen hat, bleibt derzeit noch offen.

Ebenso wenig wären besondere bauliche Maßnahmen bzw. Ausstattungen über die Umlegung als betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen gem. § 82 Abs. 3 SGB XI auf die Pflegesätze zu refinanzieren, weil die behindertengerechte Ausstattung Regel- leistung des Angebotes von Alten- und Altenpflegeheimen ist (s. HeimmindestbauVO).

Damit könnte nicht mit der nach § 82 Abs. 4 SGB XI erforderlichen Zustimmung der Regierung von Oberbayern zu einer solchen Umlegung gerechnet werden. Letztlich wären also die erhöhten Kosten solcher speziellen Stationen sowohl hinsichtlich der erhöhten Betreuungskosten als auch evtl. erhöhter Investitionskosten ausschließlich von den Heimträgern selbst zu tragen. Da die Heimträger die Notwendigkeit solcher spezieller Abteilungen aber verneinen, wird es auch nicht zur Finanzierung dieser zu- sätzlichen Kosten durch die Heimträger kommen.

8. Bewertende Zusammenfassung des Sozialreferates

Nach der Bewertung aller Stellungnahmen ist nach Ansicht des Sozialreferates bei den beiden genannten Behinderungen und der damit verbundenen pflegerischen Versor- gung auf alle Fälle zu unterscheiden in Blinde und Gehörlose, die diese Behinderun- gen von Geburt oder jüngerem Alter an haben und so u.a. auch spezielle Kommunika- tionstechniken erlernen konnten, und in die, die erst in höherem Alter erblindet oder er- taubt sind. Insgesamt ist der Einbeziehung behinderter alter Menschen in die Gemein- schaft der Heimbewohner/innen im Sinne ganzheitlicher, integrativer Pflege Vorrang vor der Herauslösung von Bewohner/innen mit bestimmten Behinderungen und deren Pflege und Betreuung in eigenen Abteilungen bzw. Stationen einzuräumen. Die heuti- gen Bewohner/innen der Alten – und Altenpflegeheime sind nahezu ausnahmslos von einer oder mehreren erheblichen Behinderungen bzw. von schwerer Erkrankung be- troffen. Der Verbleib in der eigenen Häuslichkeit wird durch das SGB XI bei allen Be- troffenen gefördert. Somit stellt der Einzug in ein Alten – und Altenpflegeheim den letz- ten, unvermeidlichen Schritt dar, wenn eine Versorgung zu Hause nicht mehr machbar ist. Im Vordergrund stehen dann primär die Multimorbidität (mehrfache Erkrankungen) mit intensivem Pflege - und Betreuungsbedarf, nachrangig sind weitere Behinderungen zu sehen. Die pflegebegründende Diagnose, die den Heimeinzug bedingt, ist dann we- der Blindheit noch Gehörlosigkeit. Dies stellt allerdings eine weitere Herausforderung an die Pflegenden dar. Wie bei allen ist auch bei blinden und gehörlosen Bewohnerin- nen und Bewohnern das Heim- und Pflegemanagement in der Einrichtung gefordert, Lösungen zu finden, um eine bestmögliche Lebensqualität herzustellen und zu wah-

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ren. Mittels Schulungen und Sensibilisierung auf die besonderen Bedürfnisse der Be- wohner/innen müssen die Pflegekräfte in den Heimen auf die speziellen Anforderun- gen an ihre Tätigkeit vorbereitet werden. Dies trifft bei Blinden und Gehörlosen ebenso zu wie bei anderen Einschränkungen. Im Gegensatz zu diesem Personenkreis ist es gerade für altersgemäß spätertaubte oder erblindete Menschen noch schwieriger, sich in einer neuen Umgebung einzufinden. Technische Hilfen sind entweder Bestandteil der Einrichtung, Privateigentum oder Leistung der Krankenkasse. Die Zusammenfüh- rung von Menschen mit ähnlicher oder gleicher Einschränkung ist im Sinne eines gu- ten Managements eine der von Seiten der Einrichtung selbst zu übernehmenden steu- ernden Aufgaben. Im Sinne der Normalität ist ebenso der Umgang mit Menschen ver- schiedener Beeinträchtigungen und Behinderungen anzustreben, um eine Ausgren- zung zu vermeiden. Die Integration in einen regulären Alltag ist mit entsprechendem Engagement und Fachlichkeit erstrebenswert und auch erreichbar.

Stärker als Spezialisierung sollte die Nachschulung und weitere Qualifizierung im Vor- dergrund stehen, denn die Berufsbilder der professionell Pflegenden beinhalten grund- sätzlich auch das Wissen um den Umgang mit Einschränkungen. Die differenzierte Personalausstattung sollte sich an den besonderen Bedürfnissen des Einzelnen aus- richten und aus dem Pflegeprozess und den Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen ableitbar sein.

Wenn im Rahmen des Behindertentages ein Beschluss dahingehend gefasst wurde, dass Interesse an solchen speziellen Betreuungsformen besteht, so stellt dies wohl eher die Meinung einzelner, ggf. jüngerer Behinderter dar, deckt sich aber nicht mit der großen Zahl tatsächlicher Bewerber/innen für den Einzug in die Heime.

Etwas differenzierter ist jedoch die pflegerische Versorgung für die nicht erst im Alter Erblindeten und Gehörlosen zu sehen.

Für diese Personengruppe sollte nicht generell eine spezielle Versorgungsstruktur ab- gelehnt werden. So befürworten auch beide Behindertenverbände für diesen Perso- nenkreis eigene Unterbringungsmöglichkeiten.

Zusammen mit den Behindertenverbänden muss deshalb noch genauer ermittelt wer- den, inwieweit der Bedarf und die Finanzierungsmöglichkeit für eine eigene Einrich- tung, z.B. ein zweites Altenheim für Blinde, wie es der Bayer. Blinden- und Sehbehin- dertenbund seit Jahren fordert, für eigene Stationen bzw. auch eine Anbindung an eine bestimmte Einrichtung, wie es beim Altenheim Effnerstraße schon einmal erfolgreich praktiziert wurde, gesehen wird.

Es ist zu erwarten, dass der für den Bereich Behinderung zuständige Bezirk Oberbay- ern kaum auf die Schaffung einer speziellen Einrichtung hinwirken wird, zumal er sich der fachlich begründeten Auffassung anschließt, dass die fachgerechte Versorgung dieser Personen in den Alten – und Altenpflegeheimen erfolgen kann. Über spezielle Abteilungen in Heimen kann das Problem, sofern ein solches künftig auftreten sollte, aber nur gelöst werden, wenn mit den Kostenträgern eine entsprechende zusätzliche Finanzierung vereinbart werden kann.

Am praktikabelsten wird vom Sozialreferat die Anbindung an eine bestimmte Einrich- tung gesehen, da so am ehesten eine Mischung aus integrativer Pflege und ggf. mit Unterstützung der Behindertenverbände ein spezielleres Eingehen auf die Bedürfnisse der Behinderten (z.B. durch speziell geschulte Mitarbeiter/innen) erreicht werden kann.

Auch die zusätzlichen Kosten hielten sich so in Grenzen.

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Im Ergebnis kommt das Sozialreferat aus heutiger Sicht zu dem Schluss, dass es nicht sinnvoll bzw. empfehlenswert ist, generell spezielle Abteilungen für Blinde und Gehörlose in den Alten – und Altenpflegeheimen der MÜNCHENSTIFT gGmbH oder der anderen Münchner Heimträger einzurichten.

Lediglich für die Personengruppe der früh Erblindeten und Ertaubten hält das Sozialre- ferat nochmals eine genauere Untersuchung erforderlich, ob für diese Behinderte noch Verbesserungen in der bisherigen pflegerischen Versorgungsstruktur möglich sind.

Es wird diese Punkte deshalb zusammen mit den Behindertenverbänden und der MÜNCHENSTIFT gGmbH bzw. den anderen Einrichtungsträgern untersuchen und dem Stadtrat über dieses Ergebnis Anfang nächsten Jahres nochmals berichten.

Der Korreferentin/dem Korreferenten, der Stadtkämmerei, der Beauftragten des Oberbür- germeisters für den Altenpflegebereich, der Frauengleichstellungsstelle, dem städtischen Beraterkreis Behinderte und dem Seniorenbeirat wurde ein Abdruck dieser Vorlage zuge- leitet.

Die Korreferentin/der Korreferent hat der Vorlage zugestimmt / nicht zugestimmt / hat die Vorlage zur Kenntnis genommen.

II. Antrag des Referenten

1. Von dem Ergebnis der mit dem Antrag geforderten Überprüfung wird zustimmend Kenntnis genommen. Die Einrichtung eigener Stationen für Blinde und Gehörlose in den Heimen der MÜNCHENSTIFT gGmbH ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht an- gezeigt. Eine Aufforderung an die MÜNCHENSTIFT gGmbH, derartige spezielle Statio- nen einzurichten, erfolgt vorerst nicht.

2. Das Sozialreferat wird jedoch beauftragt, für die Gruppe der früh Ertaubten und in jün- gerem Alter Erblindeten zu prüfen, ob die vorhandene pflegerische Versorgung ausrei- chend ist und nach Ablauf eines Jahres über das Ergebnis dieser Untersuchung zu berichten.

3. Der Antrag Nr. 1888 der Stadtratsmitglieder Gebhardt und Köstler vom 28.03.2000 ist damit geschäftsordnungsgemäß erledigt.

III. Beschluss nach Antrag.

Der Stadtrat der Landeshauptstadt München

Die Vorsitzende Der Referent

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Dr. Gertraud Burkert Friedrich Graffe

Bürgermeisterin Berufsm. Stadtrat

IV. Abdruck von I. mit III.

über den Stenografischen Sitzungsdienst an das Direktorium - Dokumentationsstelle an die Stadtkämmerei

an das Revisionsamt

an die Beauftragte des Oberbürgermeisters für den Altenpflegebereich an den Seniorenbeirat

an die Frauengleichstellungsstelle

an den städtischen Beraterkreis Behinderte z. K.

V. Wv.Sozialreferat

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Referenzen

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