Physikalische Chemie I Musterl¨osung ¨Ubung 6 FS 2009
Musterl¨ osung ¨ Ubung 6
Aufgabe 1: Entropie als Zustandsfunktion
a) Da wir auf jeden Fall reversibel arbeiten, gilt unter Verwendung des ersten Hauptsatzes immer:
δQrev =δQ = dU −δW =ncVdT +pdV
Somit gilt f¨ur einen infinitesimalen Schritt entlang einer bestimmten Kurve
δQisobar =ncpdT δQisochor =ncVdT δQisotherm =pdV δQadiab = 0, (1.1) wobei wir f¨ur δQisobar die Beziehung dU = dH−pdV −Vdp = ncpdT −pdV verwendet haben. Durch Integration von (1.1) erhalten wir die gesuchten W¨armen:
QA→B = Z
δQisobar =
TB
Z
TA
ncpdT =ncp(TB−TA)
QC→B = Z
δQisochor =
TB
Z
TC
ncVdT =ncV(TB−TC) QD→B = ncV(TB−TD)
QA→C = Z
δQisotherm =
VC
Z
VA
pdV =nRTA
VC
Z
VA
dV
V =nRTAln VC
VA
QA→D = 0
b) F¨ur die Entropiezunahme ∆S entlang eines bestimmten Weges benutzen wir Gl. (1.1) aus dem Aufgabenblatt und integrieren analog zu oben:
∆SA→B =
Z δQisobar
T =
TB
Z
TA
ncpdT
T =ncp
TB
Z
TA
dT
T =ncpln TB
TA
∆SC→B =
Z δQisochor
T =
TB
Z
TC
ncVdT
T =ncV
TB
Z
TC
dT
T =ncV ln TB
TC
∆SD→B = ncV ln TB
TD
∆SA→C =
Z δQisotherm
T =
VC
Z
VA
pdV T =
VC
Z
VA
nRTdV
T V =nRln VC
VA
∆SA→D = 0
c) Es gilt VB=VC =VD, TA =TC und pA =pB. Damit ergibt sich auch die Beziehung VD
VA = VC VA = VB
VA = nRTB pB · pA
nRTA = TB TA
1
Physikalische Chemie I Musterl¨osung ¨Ubung 6 FS 2009 Ferner erlaubt uns die Adiabatengleichung pVκ =const. eine Formulierung f¨ur TD als
pDVDκ = pAVAκ TDVDκ−1 = TAVAκ−1
TD = TA VA
VD
κ−1
=TA VA
VB
κ−1
=TA TA
TB
κ−1
=TAκ·TB1−κ.
Damit ist es m¨oglich alle W¨armen und Entropien alleine als Funktion von TA und TB auszudr¨ucken:
QA→B = ncp(TB−TA)
QC→B = ncV(TB−TC) =ncV(TB−TA)
QD→B = ncV(TB−TD) = ncV(TB−TAκ·TB1−κ) = ncVTB
1−
TA TB
κ
QA→C = nRTAln VC
VA
=nRTAln TB
TA
QA→D = 0
∆SA→B = ncpln TB
TA
∆SC→B = ncV ln TB
TC
=ncV ln TB
TA
∆SD→B = ncV ln TB
TD
=ncV ln TB
TA κ
=ncVκln TB
TA
∆SA→C = nRln VC
VA
=nRln TB
TA
∆SA→D = 0
d) Summieren wir die Teilst¨ucke entlang der Wege 1–3 auf, so erhalten wir f¨ur die entstehen- den W¨armenQ1, Q2 und Q3 drei unterschiedliche Resultate:
Q1 = QA→B =ncp(TB−TA) Q2 = QA→C +QC→B =nRTAln
TB TA
+ncV(TB−TA) Q3 = QA→D+QD→B= 0 +QD→B =ncVTB
1−
TA TB
κ
Machen wir dasselbe mit ∆S, so erhalten wir dreimal dieselbe Entropie¨anderung
∆S1 = ∆SA→B =ncpln TB
TA
∆S2 = ∆SA→C+ ∆SC→B =nRln TB
TA
+ncV ln TB
TA
=n(cV +R) ln TB
TA
∆S3 = ∆SA→D+ ∆SD→B = 0 +ncVκln TB
TA
, da κ = ccp
V und cp = cV + R f¨ur ein ideales Gas gelten. Die Entropie S ist hier also tats¨achlich wegunabh¨angig.
2
Physikalische Chemie I Musterl¨osung ¨Ubung 6 FS 2009 e) Wie wir gesehen haben, wird bei einer reversiblen adiabatischen Zustands¨anderung weder W¨arme δQ noch Entropie dS mit der Umgebung ausgetauscht. Die Adiabate ist also gleichzeitig auch die Isentrope (allerdings nur f¨ur reversible Prozesse!).
Aufgabe 2: Entropie¨ anderung in spontanen Schmelzprozessen
Es wird n¨aherungsweise davon ausgegangen, dass sich der See in Aufgabe a) und b) als ideales Bad verh¨alt, so dass er keine Volumenarbeit leistet und insbesondere seine Temperatur konstant bleibt. Im Gegensatz dazu sei das Gesamtsystem (also System plus Umgebung) in Aufgabe c) perfekt isoliert und lasse keinen W¨armetransport zu. Dort wird sich also eine neue Endtem- peratur einstellen, w¨ahrend in Aufgabe a) und b) der Eisw¨urfel (bzw. das daraus gewordene Schmelzwasser) die Temperatur des Sees annimmt.
Des weiteren unterscheiden wir zwei Prozesse, bei denen eine Entropie¨anderung stattfindet:
Zum einen die Entropiezunahme durch Erw¨armung, wo f¨ur konstanten Druck
∆S=
T2
Z
T1
δQrev T =
T2
Z
T1
dH
T =ncp
T2
Z
T1
dT
T =ncpln T2
T1
gilt, zum anderen die Entropiezunahme durch das Schmelzen bei konstanter Temperatur:
∆fusS =
Z δQrev T = Q
T = n∆fusH T . Betrachten wir nun die verschiedenen Schmelzvorg¨ange:
a) Die Entropiezunahme ist allein durch das Schmelzen bedingt. Deshalb gilt ∆SS = ∆fusS = 22.0 J/K. Die ben¨otigte Schmelzw¨arme kommt aus dem See, welcher dieselbe Temperatur wie der Eisw¨urfel hat. Somit ist ∆SU = −22.0 J/K und damit ∆Stot = ∆SS+ ∆SU = 0.
Dieser Prozess ist also reversibel.
b) Die Entropiezunahme im System ist nun eine Kombination von Schmelzen und Erw¨armen auf 10◦C. Da die Entropie eine wegunabh¨angige Gr¨osse ist, k¨onnen wir die beiden Prozesse voneinander trennen. Die Erw¨armung um 10◦C entspricht einer Entropiezunahme von 2.7 J/K und ergibt zusammen mit der Schmelzentropie von oben ∆SS = 24.7 J/K. Der Umgebung wird insgesamt die W¨arme Q = n∆fusH +ncp∆T = 6763 J entzogen, was einer Entropieabnahme von ∆SU=−23.9 J/K entspricht. Damit ergibt sich ein ∆Stot von 0.8 J/K, also eine Zunahme der Gesamtentropie.
c) Hier ¨andert sich nun auch die Temperatur der Umgebung, weshalb man zuerst die gemein- same Endtemperatur ermitteln sollte. Wegen der Energieerhaltung gilt
X
i
Qi =nS∆fusH+nScp(T −TS) +nUcp(T −TU) = 0
woTSundTUdie Anfangstemperaturen von System und Umgebung sind. Durch Umformen ergibt sich die Endtemperatur
0 = nS∆fusH
cp + (nS+nU)T −nSTS−nUTU T = nSTS+nUTU
nS+nU − nS∆fusH cp(nS+nU)
= 331.48 K−13.30 K
= 318.19 K.
3
Physikalische Chemie I Musterl¨osung ¨Ubung 6 FS 2009 Man sieht sehr sch¨on, dass die Endtemperatur ohne den Schmelzvorgang eigentlich um 13◦C h¨oher liegen w¨urde. F¨ur die Entropien ergeben sich mit den obigen Formeln
∆SS = 22.0 J/K + 11.5 J/K = 33.5 J/K
∆SU = −28.4 J/K
∆Stot = 5.1 J/K.
Aufgabe 3: Entropie und Unordnung
Um zu entscheiden, ob ein Prozess spontan oder nicht spontan abl¨auft, muss neben dem eigent- lichen System immer auch noch die Umgebung ber¨ucksichtigt werden, denn ∆Stot ≥ 0 ist nur dann g¨ultig, falls es sich beim Gesamtsystem um ein adiabatisch geschlossenes System handelt.
Da reversible Prozesse lediglich idealisierte Grenzf¨alle sind, die in der Natur nicht beobachtet werden, gilt bei wirklichen Prozessen f¨ur das Gesamtsystem stets ∆Stot > 0. Solange f¨ur das Gesamtsystem eine Entropiezunahme resultiert, ist es somit durchaus m¨oglich, dass gewisse Teilprozesse stattfinden, obwohl sie mit einer Entropieabnahme verkn¨upft sind.
a) Das Gefrieren von Wasser ist mit einer Entropieabnahme verbunden. Da es sich dabei aber um einen exothermen Vorgang handelt, wird bei diesem Prozess W¨arme an die Umgebung abgegeben, was zu einer Erh¨ohung der Entropie in der Umgebung f¨uhrt, so dass ∆Stot >0 erf¨ullt ist.
Die wichtigsten Angaben, welche f¨ur eine quantitative Erkl¨arung ben¨otigt w¨urden, sind u.a. die Schmelzw¨arme und die Schmelztemperatur von Wasser, sowie die Temperatur der Umgebung.
b) Das vollst¨andige Mischen von Wasser und Benzol w¨urde zu einer Entropiezunahme f¨uhren.
Da aus energetischen Gr¨unden bei diesem Prozess aber W¨arme aus der Umgebung zu- gef¨uhrt werden m¨usste, nimmt dadurch die Entropie in der Umgebung st¨arker ab, so dass
∆Stot <0 und der Prozess somit nicht spontan abl¨auft.
Um den Effekt quantitativ erkl¨aren zu k¨onnen, m¨usste man u.a. die Mischungsenthalpie von Wasser und Benzol sowie die genaue Entropiesituation in reinem Wasser und reinem Benzol kennen.
4