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Archiv "Tango corrupti und die III-Mittel" (08.07.1994)

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Dr. med. Sabine Bergmann-Pohl

Foto: Deutsche Messe AG/Seewald

LITIK

Dem Thema ,,Gesundheitsprophylaxe und Impfungen" war ein Symposium im Deut- schen Hygiene-Museum (Dresden) gewid- met, zu dem auch Staatssekretärin Dr.

med. Sabine Bergmann-Pohl vom Bundes- gesundheitsministerium eingeladen war. In einem Kurz-Interview äußerte sie sich zu einigen gesundheitspolitischen Aspekten.

Frage: Impfungen sind ein wesent- licher Faktor der Prävention bestimm- ter Krankheiten. In der DDR war die allgemeine Durchimpfungsrate relativ hoch. Das hat sich inzwischen sehr ver- ändert. Weshalb?

Bergmann-Pohl: Da gibt es un- terschiedliche Gründe. Natürlich ist ein staatlich organisiertes Gesund- heits-Versorgungssystem mit „ver- ordneten" Pflichten von Vorteil, wenn es darum geht, bestimmte ge- setzlich verankerte Maßnahmen durchzusetzen. In einem freiheitli- chen System wie dem unseren ist das weit schwieriger.

Eine der wesentlichen Ursachen ist zudem darin zu sehen, daß die meisten Kinder in der DDR in Kin- derkrippen und Kindergärten be- treut und so also auch — was die Impfungen betrifft — erfaßt wurden.

Das ist heute längst nicht mehr der Fall.

Zudem hat — zumindest im nie- dergelassenen Bereich — die Impf- freudigkeit der Ärzte nachgelassen.

Besonders hier gilt es jetzt, zwischen dem öffentlichen Gesundheitsdienst und dem Bereich der niedergelasse- nen Ärzte einen Konsens herbeizu- führen, um die Impfhäufigkeit bezie- hungsweise die generellen Durch- impfungsraten wieder zu erhöhen.

Frage: Was konkret muß gesche- hen, um die präventiven Maßnahmen des umfassenden Impfschutzes rasch und breitenwirksam auf den anzustre- benden Stand zu bringen?

Bergmann-Pohl: Da ist vor allem gründliche Aufklärung angesagt, Aufklärung über Risiken von bereits als besiegt geglaubten Kinderkrank- heiten, die teilweise jetzt doch wieder

DAS INTERVIEW / KOMMENTAR

auftreten. Ohne Impfschutz entwik- kelt sich die akute Gefahr solcher Er- krankungen. Nehmen wir nur das Beispiel Poliomyelitis, die Kinderläh- mung: Das war ein nicht mehr exi- stierendes Problem. Aber an der epi- demiologischen Entwicklung in Hol- land sehen wir, daß das Problem wei-

Warum war die Reaktion auf den maßlos überzogenen Vorwurf über eine flächendeckende, salonfä- hige Korruption initial so flau? Au- ßer dem TV-Statement des Präsiden- ten der Bundesärztekammer, Dr.

med. Karsten Vilmar, prägte eine nach innen unsichere, teils argwöhni- sche Defensive das Bild.

Wieder einmal wurden die Ärzte kurze Zeit zum Opfer eines in sorglo- sen Zeiten teilweise verschlampten

„Kollegialitäts"-Begriffs und einer zahnlosen Milde gegenüber Miß- brauch im Ärztehaus. Schamloses

ter besteht und auch uns betreffen kann. Da ist breit angelegte Aufklä- rung dringend vonnöten.

Doch man muß auch über weite- re Maßnahmen nachdenken. Ich meine, man könnte da zwei Wege be- schreiten — einmal über den Bürger selbst, also Eigenverantwortlichkeit, zum anderen über den Arzt. Bei- spielgebend ist da England. Dort hat man die Durchimpfungsrate signifi- kant erhöhen können mit der Einfüh- rung eines speziellen Bonus-Malus- Systems für die Ärzte.

Frage: Wäre nicht auch eine Art

„Konzertierte Aktion" zur Information und Aufklärung sowohl der Ärzte als auch der Bevölkerung eine wirkungs- volle Möglichkeit?

Bergmann-Pohl: Das geschieht in gewisser Weise bereits durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die eine Fülle von Infor- mationsmaterial anbietet. Die Frage aber bleibt: Muß nicht doch im Rah- men der Aus- und Weiterbildung der Ärzte das Impfen eine größere Rolle spielen?

Derzeit ist die Novellierung der ärztlichen Approbationsordnung in der Diskussion. Ein wesentlicher Punkt dabei ist die Prävention. Diese sollte im medizinischen Studium eine stärkere Rolle bekommen. Da ist na- türlich die Prävention durch Impfun- gen mit einbezogen.

Interview: Hilmar Bierl

Zugreifen ist — direkt und immer mehr in seiner politischen Dimension

— unkollegial und muß wieder zu kla- ren Ausgrenzungen führen, wenn nö- tig auch zu staatlichen und/oder be- rufsgerichtlichen Ermittlungen.

Größeren Schaden als der in- haltsarme Herzklappen-Versuchs- ballon aber richtet möglicherweise die Folgedebatte über jede Art an Zuwendung von Industrieseite an, insbesondere deren unverdächtigste Form, die III-Mittel („Drittmittel").

Zudem wird der flott gemixte „Tango corrupti" in den Medien, auch von

Die Durchimpfungsrate signifikant erhöhen

Tango corrupti und die /Il-Mittel

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 27, 8. Juli 1994 (25) A-1873

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Ergebnis einer guten Schwangerenbetreuung: gesunde Mutter, gesundes Kind.

POLITIK

Ärzten, für zweifelhafte Sekundär- ziele — zum Beispiel für eine Gene- ralabrechnung mit dem Chefarztwe- sen — genutzt.

III-Mittel definieren sich durch ihre Zweckbindung und werden, in welcher Form auch immer, transpa- rent verwaltet. Stammen sie aus der Industrie, sind sie zwar meist ohne Frage ein werbendes und kalkuliertes Marketinginstrument, aus Kliniker- sicht aber vor allem eine flexible Fi- nanzierungsmöglichkeit für den klini- schen Wissenschaftsbetrieb, wie sie weder Krankenkassen, DFG noch staatliche Förderung gewährleisten.

Diese Mittel sind in ihrer über- wältigenden Mehrzahl — nur von ihr kann hier die Rede sein — keine ver- abredeten prozentualen Rückläufe aus Bestellungen und stehen weder in Höhe noch im Zeitpunkt in direk-

KOMMENTAR / AKTUELL

ter Verbindung damit. Ein Drittel der Gelder, so wird geschätzt, kommt von Firmen, die gar keine konkrete Lieferaussicht haben. Sie stehen zu- dem unter einem Zielvorbehalt, ei- ner Auswertung, Datensammlung, Testung usw. und werden dafür auch verwendet. Bleibt etwas übrig, von al- len Beteiligten sicher nicht immer ungewollt, wird auch das in der For- schung gehalten und erlaubt oftmals Vorhaben, für die Mittel gezielt nicht oder noch nicht zu bekommen sind.

Zieht man von dem industriellen III-Mittelvolumen alle Gerätean- schaffungen und Personalausgaben, zeitliche Patientenhonorare und ein- zelne, in ihrem Zusammenhang mit einem Projekt legitimierte Ausgaben ab, bleiben — vielleicht — Zahlungen für eine . Tagung, über deren Rahmen man diskutieren kann, oder eine un-

verhältnismäßig üppig ausgefallene Bewirtungsrechnung einer unsensib- len und verwöhnten Kollegenschar.

Nicht gefunden wird aber da die Rechnung eines Autohauses, das Flugticket für die Tochter, die Ab- rechnung von Festverzinslichen und auch nicht die Renovierung des Dritthauses.

Was sollten die Ärzte lernen? An- deren ähnliche Fehler nachzuweisen, mindert die eigenen nicht. Vertrauen ist kollegial, Kontrolle ist sachdien- lich und angebracht. Wird das nicht verstanden, wird es auch in diesem Bereich Fremdkontrolle geben wie bei so vielem anderen, wo die Innen- ausstattung der Ärzteschaft nur Cha- os zeigte. Wird es aber verstanden, kann nächstes Mal früher, schärfer und schadensmindernd dementiert werden. Wolfgang Rühle, Lübeck

Die Bundesrepublik Deutsch- land hat ihre internationale Spitzen- stellung bei der Schwangerenbetreu- ung behauptet. Dies geht aus der Ab- schlußdokumentation über Mutter- schaftsvorsorge und Entbindungen für das Jahr 1990 hervor. Die Kassen- ärztliche Bundesvereinigung hat den Bericht für den Bereich der alten Bundesländer Ende Mai vorgelegt.

Die Doku mentation be- rücksichtigt ne- ben Daten des Statistischen Bundesamtes die Ergebnisse der sogenann- ten Perinataler- hebungen. Da- für sind die Ärz- tekammern und die Kassenärzt- lichen Vereini- gungen zustän- dig. Über 870 geburtshilfliche Abteilungen ha-

ben sich beteiligt. Die Erfassungsrate lag bei 90 Prozent der geborenen Kinder.

Die sogenannte perinatale Mor- talität, das heißt, die Sterblichkeit von Neugeborenen bis zu ihrem sieb- ten Lebenstag, hat sich seit 1983 um fast ein Drittel reduziert. 1990 star- ben demnach sechs von tausend Neu- geborenen. Unter den zwölf Staaten

der Europäischen Union ist dies das beste Ergebnis.

Die Säuglingssterblichkeit, das heißt, die Rate der im ersten Jahr verstorbenen, lebend geborenen Kin- der, lag 1990 bei 7,1 pro tausend.

Zum Vergleich: 1983 starben stati- stisch betrachtet noch 10,2 von 1 000 Säuglingen. Zurückgegangen ist auch die Müttersterblichkeit. 1990 starben 53 Frauen während oder nach der Geburt. Dies entspricht einer Müt- tersterblichkeit von sieben pro 100 000 Müttern. Noch 1975 lag diese Rate etwa sechsmal so hoch.

Diese Erfolge führt die KBV auf den hohen Stand der deutschen Ge- burtshilfe, aber auch auf die Lei- stungsfähigkeit und gute Akzeptanz des Vorsorgeangebots zurück. So nahmen 1990 insgesamt 72,5 Prozent der Schwangeren mindestens zehn Vorsorgeuntersuchungen in An- spruch.

Im einzelnen weichen die Daten der Bundesländer etwas voneinander ab. Das gilt auch für das Vorgehen bei Entbindungen. So betrug die Kai- serschnitt-Rate 1990 bundesweit 15,5 Prozent. Berlin beispielsweise wies mit 10,8 Prozent eine sehr niedrige Rate auf. Insgesamt sei festzustellen, daß die seit Jahren kontinuierlich an- steigende Kaiserschnitt-Rate 1990 gegenüber dem Vorjahr erstmals nicht mehr gestiegen ist. EB

Schwangerenbetreuung

Deutschland behält Spitzenstellung

A-1874 (26) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 27, 8. Juli 1994

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