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Archiv "Krankenstand 1996: So niedrig wie nie" (07.11.1997)

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A-2945

Seite eins

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 45, 7. November 1997 (1)

Müde Ärzte

it den Arbeitsbedingun- gen junger Ärzte in den Krankenhäusern der Eu- ropäischen Union steht es nicht zum besten. Wachsende Arbeits- belastung, ständige (unbezahlte) Überstunden und die allgemeine Nichtbeachtung der Arbeitszeitge- setze prägen den Alltag. Der däni- sche Arzt und Vorsitzende der Ständigen Arbeitsgruppe der Eu- ropäischen Jungen Ärzte, Jesper Poulsen, hat auf einem Kongreß beim Marburger Bund vor den Folgen gewarnt: Übermüdete und überlastete Ärztinnen und Ärzte machen Fehler, was letztlich die Patienten gefährdet.

Poulsen belegte seine Thesen mit den Ergebnissen einer euro- paweiten Studie, die seine Orga- nisation unter Ärzten in der Wei- terbildung durchgeführt hat: 67 Prozent der Befragten bezeichne- ten ihre Arbeitsbelastung wäh- rend des Tages und während der Bereitschaftsdienste als Problem.

83 Prozent fühlten sich hin und wieder, oft oder sehr oft gezwun- gen, unbezahlt länger zu arbeiten.

45 Prozent gaben an, ihre Berufs-

wahl manchmal zu bereuen. Für 46 Prozent der Befragten ist das Gefühl der Erschöpfung ein großes Problem.

Düstere Aussichten haben auch die deutschen Kranken- hausärzte. Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Frank Ulrich Montgomery, wies darauf hin, daß für junge Ärzte Arbeitszeiten von bis zu 80 Wochenstunden die Re- gel seien, gleichzeitig aber mehr als 10 000 Ärztinnen und Ärzte ar- beitslos seien. Ein Paradoxon, das daher rührt, daß in Zeiten knapper Kassen auch am Personal gespart wird. Das läßt befürchten, daß sich in absehbarer Zeit die Lage der Kliniker kaum verbessern dürfte.

Dabei gibt es sowohl tarifver- tragliche als auch gesetzliche Vor- gaben wie das Arbeitszeitgesetz von 1994, das Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten regelt. Das Pro- blem ist, daß sich offenbar kaum je- mand daran hält. Dabei haben es die deutschen Ärzte noch ver- gleichsweise gut. Das Arbeitszeit- gesetz klammert im Gegensatz zu anderen europäischen Rege- lungen immerhin die Option ei-

ner entsprechenden EU-Richtlinie aus, die Ärzte in der Weiterbildung von der Arbeitszeitregelung aus- nimmt. Offenbar werde, so Poul- sen, europaweit die medizinische Versorgung zunehmend ökonomi- schen Vorgaben untergeordnet.

Dazu kommt die „Maulkorb- funktion“ befristeter Arbeitsver- träge. Welcher Arzt, der sich stel- lenpolitisch sozusagen auf dem Schleudersitz befindet, vertritt sei- ne Rechte gegen die Interessen seines Arbeitgebers?

Reformen sind – im Interesse von Ärzten und auch von Patien- ten – dringend notwendig. In ei- nem Grundsatzdokument, das die Konferenz verabschiedet hat, wird gefordert, daß im Sinne der Qua- litätsverbesserung Weiterbildung, Lehre und Supervision als Teil der täglichen Arbeitszeit aller Ärzte anerkannt werden. Bereitschafts- dienste sollten sich auf die reine Notfallbereitschaft beschränken.

Zudem sei es an der Zeit, über- kommene hierarchische Struktu- ren an den Krankenhäusern abzu- bauen und durch Teamarbeit zu ersetzen. Heike Korzilius

M

So niedrig wie nie

ie Zeit scheint reif für gute Nachrichten – auch, wenn die dahintersteckenden Fakten so aufsehenerregend gar nicht sind. Aktuelles Beispiel: der jährliche Bericht des Bundesver- bandes der Betriebskrankenkassen (BKK) über den Krankenstand seiner Pflichtversicherten. Die Fehltage wegen Krankheit, gab der Kassenverband bekannt, lagen 1996 auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. „Rekordtief beim Kran- kenstand“ hieß es sogleich in der Presse. Das stimmt – und erweckt dennoch einen falschen Eindruck.

Bei näherer Betrachtung rela- tiviert sich das „Rekordtief“ näm-

lich auf den Rückgang um einen einzigen Fehltag. Im vergangenen Jahr blieben die bei den Betriebs- krankenkassen pflichtversicherten Arbeitnehmer durchschnittlich 20 Tage wegen Krankheit der Arbeit fern; 1993 bis 1995 waren es jeweils 21 Tage. Im Osten der Republik sind die durchschnittlichen Krank- heitszeiten ebenfalls um einen Tag zurückgegangen, aber die Entwick- lung der letzten Jahre stellt sich an- ders dar. 1991 gab es zehn Fehltage, 1992 waren es 15, 1993 dann 18 und 1995 der Höchststand mit 19 Tagen.

Jetzt sind es wieder 18 Tage.

Sind die Arbeitnehmer jetzt weniger oft krank? Der BKK-Bun-

desverband vermutet vorrangig an- dere Hintergründe. Er verweist auf die dramatische Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und die Vielzahl der betrieblichen Vereinbarungen zur Senkung des Krankenstandes.

Der seit Oktober 1996 gelten- den Regelung zur Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheits- fall messen die Betriebskranken- kassen hingegen weniger Bedeu- tung bei. Zum einen sei in vielen Tarifverträgen die 100prozentige Lohnfortzahlung festgeschrieben worden, andererseits habe ein

„spürbarer Rückgang der Fehlzei- ten bereits im Frühjahr 1996 einge-

setzt“. Josef Maus

D

Krankenstand 1996

Arbeitsbedingungen in Kliniken

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