Die Information:
Bericht und Meinung
NACHRICHTEN
Gegen höhere Mehrwertsteuer für Arzneimittel
Fragen von Botho
Prinz zu Sayn-Wittgenstein MdB an die Bundesregierung
Wo bleibt das neue Arzneimittelge- setz? Diese Frage richtete der Vor- sitzende des Bundestags-Unteraus- schusses „Arzneimittelrecht", Bo- tho Prinz zu Sayn-Wittgenstein MdB, Gesundheitspolitischer Spre- cher der CDU/CSU-Fraktion, An- fang September im „Deutschland- Union-Dienst" an die Bundesregie- rung. Er bezeichnete es als uner- läßlich, daß die Bundesregierung sich jetzt eindeutig erkläre, ob sie an der Verabschiedung des Arznei- mittelgesetzes noch in dieser Le- gislaturperiode interessiert sei.
Diese Frage stelle sich vor dem Hintergrund der von der Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen.
Zur Erläuterung: Die Durchführung des geplanten Gesetzes würde im- merhin eine große Zahl zusätzli- cher Planstellen für qualifizierte Mitarbeiter in der Arzneimittelüber- wachung sowie nicht unerhebliche Mehrkosten bei Bund und Ländern erfordern.
Beschleunigen
die gesammelten Informationen die Ausschußberatungen?
Bevor der Unterausschuß „Arznei- mittelrecht" nach Beendigung der parlamentarischen Sommerpause seine Beratungen am Gesetzent- wurf zur Neuordnung des Arznei- mittelrechts fortsetzt, haben Mitglie- der des Unterausschusses die USA, Großbritannien und Schwe- den besucht, um dort Informatio- nen über gesetzliche Regelungen zur Verbesserung der Arzneimit- telsicherheit und deren Durchfüh- rung zu sammeln. Es ist zu erwar- ten, wie Prinz Botho betont, daß die dort gemachten Erfahrungen zur Beschleunigung des Gesetz- gebungsverfahrens beitragen kön- nen.
Die CDU-Abgeordneten des Unter- ausschusses hatten nach Mittei- lung des „Deutschland-Union-Dien- stes" bereits die Sommerpause ge- nutzt, um in der Schweiz zusätzli- che Informationen über Probleme der Arzneimittelsicherheit zu erhal- ten. Mit diesem Besuch, so heißt es, wurde der intensive Meinungs- austausch zwischen der CDU/CSU- Fraktion und den im Arzneimittel- wesen sachverständigen Stellen fortgesetzt, wobei die negativen und positiven Erfahrungen des Nachbarlandes wertvolle Anregun- gen für die weiteren Beratungen des Gesetzentwurfs zur Neuord- nung des Arzneimittelrechts erga- ben.
Bei den jetzt anstehenden Beratun- gen solle, wie der Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses for- derte, „die Regierung endlich Vor- schläge zur Anpassung des Ge- setzentwurfes an neue Erkenntnis- se" machen. Konsequenzen aus Rechtsgutachten bezüglich einer erwünschten Sonderregelung für Naturheilmittel, ungeklärte Proble- me hinsichtlich des Arzneimittel- Entschädigungsfonds, eindeutige Begriffsbestimmungen sowie not- wendige Abgrenzungen z. B. für Implantate und Transplantate seien hierzu Stichworte.
Als Voraussetzungen für eine wei- tere sachgerechte und zügige Ar- beit des Unterausschusses nannte Botho Prinz zu Sayn-Wittgenstein,
„daß die Bundesregierung
1. die bereits im Januar 1975 ange- kündigten Stellungnahmen zu zahl- reichen Anregungen des Bundesra- tes dem Unterausschuß endlich vorlegt,
2. eindeutige Zusagen gibt, allen finanziellen Auswirkungen des Ge- setzentwurfs im Haushalt 1976 und in der Finanzplanung Rech- nung zu tragen, und
3. alle noch ungeklärten Rechtsfra- gen überprüft und dem Unteraus- schuß so bald wie möglich das Er- gebnis dieser Überprüfung be- kanntgibt."
Wenn diese wie andere Fragen be- friedigend und schnellstens beant- wortet würden, wenn künftig keine Vertagungsanträge gestellt würden und seitens des Bundesministe- riums für Jugend, Familie und Ge- sundheit dem Unterausschuß bes- ser als bisher zugearbeitet würde, sollte es möglich sein, so schreibt Prinz Botho, den überarbeiteten Gesetzentwurf dem Bundestag zur 2. und 3. Lesung Anfang des Jah- res 1976 zuzuleiten.
Warum muß der Patient für Arzneimittel
so viele Steuern zahlen?
Abschließend mahnt der Parlamen- tarier: „Im Hinblick auf die nach wie vor höchst aktuelle Diskussion über die ‚Kostenexplosion' im Ge- sundheitswesen muß sich die Bun- desregierung vom Parlament wie vom Verbraucher fragen lassen, warum sie mit der geplanten Erhö- hung der Mehrwertsteuer einmal mehr den Patienten bzw. die Kran- kenversicherungen zur Kasse bit- tet, um den Staatshaushalt zu sa- nieren. Die geplante Steuererhö- hung wird außer Zweifel zur weite- ren Kostensteigerung auf dem Arz- neimittelmarkt führen. Es ist daher zu wünschen, daß die Bundesregie-
rung dem Verbraucher klarmacht, warum sie im Gegensatz zu ande- ren Ländern Arzneimittel so hoch besteuert." WZ/DUD
Beirat
für Rehabilitation konstituiert
Der nach dem Schwerbehinderten- gesetz beim Bundesminister für Ar- beit und Sozialordnung zu bildende Beirat für die Rehabilitation der Behinderten hat sich in Bonn kon- stituiert. Er hat den Bundesarbeits- minister in Fragen der Arbeits- und Berufsförderung Behinderter sowie bei der Förderung von Rehabilita- tionseinrichtungen zu beraten und wirkt bei der Vergabe der Mittel des Ausgleichsfonds mit, der aus den von den Arbeitgebern zu zah-
2812 Heft 41 vom 9. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
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Bericht und Meinung
lenden Ausgleichsabgaben nach dem Schwerbehindertengesetz ge- speist wird.
Unter den 33 Mitgliedern des Bei- rats befinden sich Vertreter der Ar- beitgeber, der Arbeitnehmer, der Organisationen der Behinderten, der Länder, der kommunalen Selbstverwaltung, der Bundesan- stalt für Arbeit, der Sozialversiche- rungsträger sowie auch der Ein- richtungen der beruflichen Rehabi- litation. DÄ
Teurer Nachwuchs
Die Heranbildung des akademi- schen Nachwuchses wird immer teurer. Zwischen 1971 und 1973 ha- ben sich die Kosten für ein kom- plettes Universitätsstudium im Schnitt von 90 000 DM auf 113 000 DM — das heißt um fast 26 Prozent
— erhöht.
Gleichzeitig stiegen auch die Aufwendungen je Student und Stu- dienjahr um rund 18 Prozent. Die Differenz beider Größen — in de- nen lediglich die Kosten des Uni- versitätsbetriebs berücksichtigt sind — geht auf das Konto „länge- rer Studienzeiten": 1971 betrug die durchschnittliche Studiendauer 5,9 Jahre, 1973 hingegen 6,4 Jahre.
Den stärksten Anstieg der jährli- chen Kosten je Student verzeich- neten die Geisteswissenschaften (plus 29 Prozent), den geringsten die Naturwissenschaften (plus 5 Prozent). iw
In einem Satz
Krankenhäuser — 60 Prozent der rund 3500 Krankenhäuser in der Bundesrepublik sind so alt, daß sie teils saniert, teils neu gebaut wer- den müssen, erklärte Professor Hans-Werner Müller, Hauptge- schäftsführer der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft (DKG), anläß- lich des jüngsten Deutschen Kran- kenhaustages in Düsseldorf fest. HC
Landwirtschaftliche Krankenversicherung:
Keine Unterschiede bei der Prävention
Früherkennungsmaßnahmen gegen Schäden am Bewegungs- und Stutz- apparat forderte die Landwirt- schaftliche Krankenversicherung auf dem Präventionstag 1975 der Träger der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung Anfang Sep- tember in Kassel, weil in der Land- wirtschaft nach gesicherten Erfah- rungen die Schäden am Bewe- gungs- und Stützapparat einen we- sentlichen Anteil an den Gesund- heitsschäden ausmachen. Solche Früherkennungsmaßnahmen will die Landwirtschaftliche Kranken- versicherung auf Grund eigener Satzungsregelungen durchführen, zu der sie zunächst einmal eine entsprechende Ermächtigung des Gesetzgebers braucht. Auch weite- re Früherkennungsmaßnahmen könnten dann über den bisherigen Katalog satzungsgemäß geregelt werden, wie die Früherkennung von Herz- und Kreislauferkrankun- gen, Störungen des Fettstoffwech- sels und Diabetes, wenn die Ko- stenauswirkungen entsprechend geprüft und überschaubar sind.
Neben der Unfallverhütung waren die Themen Früherkennung und Vorsorge wichtigster Diskussions- stoff auf diesem Präventionstag. In der Tat werden Ärzte und Kranken- kassen den Problemen der Inan- spruchnahme der Früherken- nungsmaßnahmen durch die land- wirtschaftliche Bevölkerung beson- dere Aufmerksamkeit widmen müs- sen.
Die Statistiken über die Inan- spruchnahme von Vorsorgeunter- suchungen weisen auch für 1974 bei der Landwirtschaftlichen Kran- kenversicherung ein unter dem Durchschnitt liegendes Ergebnis auf. Sie lagen 1973 bei den Frauen bei 25,3, 1974 bei 30 Prozent, bei den Männern 1973 bei 6,2 und 1974 bei 8,5 Prozent. Die Ui- und U2-Un- tersuchungen bei Säuglingen lagen
im landwirtschaftlichen Bereich etwa im Rahmen des Bundesdurch- schnitts. In Kassel wurde festge- stellt, daß die Beteiligung der Landbevölkerung bei den Krebs- vorsorgeuntersuchungen insbeson- dere deshalb so niedrig sei, weil ein falsch verstandenes Schamge- fühl den rechtzeitigen Arztbesuch oder den Arztbesuch überhaupt ne- gativ beeinflußt. Daß hier eine bes- sere Aufklärung der Bevölkerung durch Krankenkassen und Ärzte er- folgen muß, liegt auf der Hand und wurde in Kassel dringend gefor- dert. Ohne aktive Mitarbeit der Pa- tienten kann kein besseres Ergeb- nis erreicht werden.
Daß die landwirtschaftliche Bevöl- kerung in Zukunft kaum die Mög- lichkeit haben werde, Vorsorge in Anspruch zu nehmen bzw. die In- anspruchnahme zu intensivieren, weil dem „ländlichen Raum eine ärztliche Auszehrung" drohe, wie der Präsident des Deutschen Bau- ernverbandes, Constantin Freiherr von Heeremann, in seinem Vortrag auf diesem Präventionstag behaup- tete, war bereits vorher in den Ar- beitskreisen von den Vertretern der Ärzteschaft mit handfesten statisti- schen Unterlagen und Erfahrungs- berichten widerlegt worden. Es gibt nach neuen Zahlen genügend niedergelassene Ärzte, die — un- terstützt durch ermächtigte Kran-
kenhausärzte — diese Aufgabe er- füllen können. Ein Mangel an Ärz- ten, die auf dem Land für Vorsor- geuntersuchungen zur Verfügung stehen, gibt es deshalb nicht.
Die Krankenversicherung kennt keine Unterschiede bei gesetzli- chen Vorsorgemaßnahmen zwi- schen der landwirtschaftlichen Be- völkerung und den anderen Grup- pen.
Bisher sind solche Unterschiede auch nicht für notwendig gehalten worden. Bevor jedoch der Katalog der zur Zeit angebotenen Vorsor- gemaßnahmen erweitert wird, soll- ten intensiver als bisher die psy- chologischen Hemmnisse bei der Landbevölkerung abgebaut wer- den. HW
DER KOMMENTAR Nachrichten
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 41 vom 9. Oktober 1975 2813