FÜR SIE GELESEN
Brustkrebs:
Identifikation von Frauen mit
erhöhtem Risiko
Die Bedeutung verschiedener Ri- sikofaktoren für Brustkrebs wurde untersucht bei Frauen mit gutarti- gen proliferativen Erkrankungen der Brustdrüse.
Dazu wurden die Probebiopsien aus der Mamma von 3303 Frauen neu beurteilt und klassifiziert. Die Nachbeobachtungszeit betrug im Median 17 Jahre.
Alle Frauen mit benignen, prolife- rativen Veränderungen ohne aty- pische Hyperplasie hatten ein et- wa doppelt so großes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, wie Frauen mit nichtproliferativen Er- krankungen.
Zusätzliche Risikofaktoren im Ver- gleich zu Frauen mit nichtprolife- rativen Veränderungen sind:
~ atypische Hyperplasien (5,3fach),
~ Atypien und Verkalkungen (8,3fach),
~ Atypien und Brustkrebs in der Familie (11fach).
Nach diesen Ergebnissen können Frauen mit einem erhöhten Brust- krebsrisiko identifiziert werden auf der Basis der atypischen Hy- perplasie und einer entsprechen- den Familienanamnese.
Frauen, die nichtproliferative Ver- änderungen der Brust aufwiesen (ca. 70 Prozent aller Probeentnah- men), hatten im Vergleich mit ei- ner historischen Kontrollgruppe kein erhöhtes Risiko, an Brust- krebs zu erkranken. hrm
Dupont. W. D.; Page D. L.: Risk factors for breast cancer in women with proliferative breast disease. N. Engl. J. Med. 312 (1985) 146--151
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER
DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION
DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT INFORMIERT:
Spätdyskinesien
nach Neuroleptika-Gabe
Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft für
Neu ropsychopharmakolog ie und Pharmakopsych iatrie (AGNP) zum Problem der neuroleptika bedingten Spätdyskinesie (späte extrapyramidale Hyperkinese)
Die Einführung der Neurolepti- ka stellt in der Behandlung en- dogener Psychosen einen be- deutenden Fortschritt dar und hat grundsätzlich neue Thera- piemöglichkeiten geschaffen.
Als schwerwiegende Neben- wirkungen sind jedoch unter neuraleplischer Therapie Spät- dyskinesien zu beachten, die ein therapeutisches Problem darstellen.
Die Spätdyskinesie ist eine ex- trapyramidalmotorische Bewe- gungsstörung mit abnormalen unwillkürlichen Bewegungen vor allem im oralen und peri- oralen Bereich sowie an den Extremitäten und am Rumpf.
Sie tritt in der Regel nach mehrjähriger neuraleplischer Therapie auf mit einer Häufig- keit von etwa 20 Prozent. Die Häufigkeit steht im Zusammen- hang mit der Dauer und Ge- samtmenge der neurolepti- schen Medikation und verteilt sich - mit Ausnahme des Clo- zapins - auf alle Neuroleptika.
Anticholinergika verstärken die Symptome der Spätdyskinesie.
Eine differentialdiagnostische Abklärung der durch Neurolep- tika bedingten Spätdyskinesie zu anderen extrapyramidalmo- torischen Störungen (zum Bei- spiel Chorea Huntington, M.
Wilson, Encephalitiden, de- mentielle Erkrankungen) ist
notwendig. Da es geeignete therapeutische Verfahren nicht gibt und die durch Neurolepti- ka bedingte Spätdyskinesie da- zu neigt, lange Zeit zu persi- stieren oder irreversibel zu sein, ist die Früherkennung be- sonders wichtig. Die Sympto- me werden vom Patienten sub- jektiv kaum als störend emp- funden und mitgeteilt. So muß der Arzt im Sinne einer Früher- kennung auf erste Hinweise, vor allem eine beginnende pe- riorale Unruhe, besonders ach- ten. Die Behandlung besteht hauptsächlich in einer Reduk- tion der Dosis oder dem schritt- weisen Absetzen der Neurolep- tika. Der Prävention ist beson- dere Beachtung zu schenken.
ln der Anwendung der Neuro- leptika als Tranquilizer oder Schlafmittel bei vergleichswei- se harmlosen Grunderkrankun- gen sollte reiflich erwogen werden, ob eine neurolepti- sche Behandlung, verbunden mit dem Risiko einer Spätdys- kinesie, tatsächlich gerechtfer- tigt erscheint. Eine allzu groß- zügige Ausweitung des Indika- tionsbereichs von Neuroleptika könnte die Spätdyskinesie zu einem gesundheitspolitischen Problem werden lassen und der in der Öffentlichkeit noch immer vorhandenen Skepsis gegenüber Psychopharmaka neuen Vorschub leisten. D
Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 23 vom 5. Juni 1985 (77) 1787