Diarrhöen und ihre Therapien
Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Pharmazie an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der KARL-FRANZENS-UNIVERSITÄT GRAZ
Verfasst von
Kerstin Sieglinde Bauernhofer
am Institut für pharmazeutische Wissenschaften BEREICH PHARMAZEUTISCHE CHEMIE
an der Karl-Franzens-Universität Graz unter der Leitung von
Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. phil. Klaus Schweiger
Vorgelegt von Kerstin Sieglinde Bauernhofer Graz, Juni 2014
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
Datum Unterschrift
Danksagung
Ein großer Dank gebührt meinem Betreuer Univ. Prof. Mag. Dr. Klaus Schweiger, der mir die Arbeit über dieses interessante und aktuelle Thema ermöglicht hat.
Ganz herzlich möchte ich mich bei meinen Eltern bedanken, die mir das Studium der Pharmazie ermöglicht und finanziert haben. Danke auch für eure seelische Begleitung während meiner Studienzeit und dass ihr immer ein offenes Ohr für mich hattet.
Besonders bedanken möchte ich mich auch bei meinen Freundinnen Sarah und Nici, sowie bei meinem Bruder Daniel, die mich mit ihren sehr guten Computerkenntnissen tatkräftig unterstützt haben. Ich konnte mich immer auf Euch verlassen.
Weiterer Dank gebührt meinem Freund Raimund, der mir in der letzten Zeit immer zur Seite gestanden ist.
Zum Schluss möchte ich mich noch bei meinen Studienkolleginnen für die gegenseitige Hilfsbereitschaft und Unterstützung bedanken.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ... 0
1 Magen-Darm-Trakt ... 1
1.1 Aufbau... 1
1.1.1 Mundhöhle ... 2
1.1.2 Pharynx... 2
1.1.3 Ösophagus ... 2
1.1.4 Magen... 2
1.1.5 Dünndarm... 3
1.1.6 Dickdarm... 3
1.2 Wände des Verdauungstrakts ... 4
1.3 Verschiedene Arten der Darmperistaltik... 4
1.3.1 Pendelperistaltik... 4
1.3.2 Segmentationsperistaltik ... 5
1.3.3 Propulsive Peristaltik... 5
1.3.4 Retrograde Peristaltik... 5
1.4 Passagezeiten im GIT... 5
1.5 Defäkation ... 6
1.6 Darmnervensystem... 6
2 Definition der Diarrhö... 8
3 Allgemeine Epidemiologie der Diarrhö ... 9
4 Sonderformen der Diarrhö ... 10
5 Krankheitserreger: Unterschiede zwischen Bakterien und Viren ... 11
5.1 Aufbau von Bakterien ... 11
5.2 Einteilungen von Bakterien... 12
5.2.1 Nach dem äußeren Erscheinungsbild ... 12
5.2.2 Aufgrund der Gramfärbung... 14
5.2.3 Nach Art der Begeißelung... 15
5.2.4 Abhängigkeit von Sauerstoff... 15
5.3 Bakterienvermehrung ... 15
5.3.1 Wachstumskurve ... 17
5.4 Unterschiede zwischen Prokaryonten und Eukaryonten... 18
5.5 Aufbau von Viren... 19
5.6 Virusvermehrung... 20
6 Verschiedene Arten der Diarrhö ... 22
7 Akute Diarrhö... 23
7.1 Mögliche Ursachen für das Auftreten einer akuten Diarrhö ... 23
7.2 Antibiotikaassoziierte Diarrhö (AAD) ... 24
7.2.1 Clostridium difficile ... 24
7.2.1.1 Infektionsweg ... 25
7.2.1.2 Risikogruppen für das Auftreten von CDAD... 26
7.2.1.2.1 Auswirkung durch die Einnahme von Antibiotika auf die Darmfunktion 26 7.2.1.2.2 Immunschwäche... 26
7.2.1.2.3 Medikamente, die die Magensäurebildung verhindern ... 27
7.2.1.2.4 Längerer Aufenthalt in einem Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung ... 27
7.2.1.3 Epidemiologie ... 27
7.2.1.4 Symptome... 28
7.2.1.5 Diagnostik ... 28
7.2.1.5.1 Nachweis in Kulturen... 29
7.2.1.5.2 Zytotoxizitätstest ... 29
7.2.1.5.3 Nachweis von Antigen und Toxin mittels ELISA oder Agglutinationstechniken... 29
7.2.1.5.4 Molekularbiologische Diagnostik ... 30
7.2.1.5.5 Diagnose mittels Endoskopie ... 30
7.2.2 Therapie der AAD... 31
7.2.2.1 Hefe ... 32
7.2.2.2 Metronidazol ... 33
7.2.2.2.1 Wirkungsmechanismus ... 33
7.2.2.2.2 Indikationen... 33
7.2.2.2.3 Interaktionen... 34
7.2.2.3 Fidaxomicin... 34
7.2.2.3.1 Wirkung... 34
7.2.2.3.2 Interaktionen... 35
7.2.2.4 Vancomycin ... 35
7.2.2.4.1 Wirkungsspektrum ... 35
7.2.2.4.2 Wirkungsmechanismus ... 36
7.2.2.4.3 Nebenwirkungen ... 36
7.2.2.4.4 Interaktionen... 36
7.2.2.4.5 Kontraindikationen... 36
7.3 Rotaviren ... 37
7.3.1 Epidemiologie ... 37
7.3.2 Pathogenese... 38
7.3.3 Klinische Charakteristika ... 38
7.3.4 Komplikationen... 38
7.3.5 Diagnostik ... 39
7.3.6 Therapie... 39
7.4 Noroviren ... 40
7.4.1 Epidemiologie ... 41
7.4.2 Pathogenese... 41
7.4.3 Klinische Charakteristika ... 41
7.4.4 Diagnostik ... 42
7.4.5 Therapie... 42
8 Chronische Diarrhö ... 43
8.1 Osmotische Diarrhö... 44
8.1.1 Laktoseintoleranz ... 46
8.1.1.1 Diagnose der Laktoseintoleranz ... 49
8.1.1.1.1 H2 –Atemtest... 49
8.1.1.1.2 Oraler Laktosetoleranztest... 50
8.1.1.1.3 Gentest... 50
8.1.1.1.4 Dünndarmbiopsie ... 51
8.1.1.2 Differentialdiagnose ... 51
8.1.1.3 Therapie... 52
8.2 Sekretorische Diarrhö... 52
8.2.1 Steatorrhö ... 53
8.2.2 Chologene Diarrhö ... 53
8.2.2.1 Medikamentöse Therapie der chologenen Diarrhö: Colestyramin ... 53
8.2.2.1.1 Wirkmechanismus und Wirkung... 54
8.2.2.1.2 Indikation und Dosierung... 54
8.2.2.1.3 Nebenwirkungen ... 54
8.2.2.1.4 Interaktionen... 54
8.2.2.1.5 Kontraindikation... 55
8.3 Motilitätsbedingte (funktionelle) Diarrhö ... 55
8.3.1 Reizdarmsyndrom ... 55
8.3.1.1 Definition des Reizdarmsyndroms nach den ROM II-Kriterien ... 57
8.3.1.2 Ursachen... 58
8.3.1.3 Diagnostik und Abklärung ... 58
8.3.1.3.1 Koloskopie ... 59
8.3.1.3.2 Biomarker zur diagnostischen Unterstützung des RDS: Calprotectin ... 60
8.3.1.3.3 Eventuell in naher Zukunft verwendeter Biomarker... 61
8.3.1.4 Medikamentöse Therapie des RDS-O... 61
8.3.1.4.1 Laxantien... 61
8.3.1.4.2 5 HT4-Rezeptor- Agonist: Prucaloprid... 62
8.3.1.4.2.1 Wirkmechanismus... 62
8.3.1.4.2.2 Kontraindikationen... 62
8.3.1.4.2.3 Vorteile... 62
8.3.1.4.2.4 Nebenwirkungen ... 63
8.3.1.4.3 Chloridkanal-Aktivator: Lubiproston... 63
8.3.1.4.3.1 Wirkmechanismus... 63
8.3.1.4.3.2 Vorteile... 63
8.3.1.4.3.3 Nebenwirkungen ... 64
8.3.1.5 Medikamentöse Therapie des RDS-D... 64
8.3.1.5.1 Rifaximin... 64
8.3.1.5.1.1 Wirkmechanismus... 64
8.3.1.5.1.2 Nebenwirkungen ... 65
8.4 Entzündliche Diarrhö ... 65
8.4.1 Diarrhö bei HIV-Patienten ... 65
8.4.1.1 Medikamentöse Therapie: Crofelemer (Fulyzaq®) ... 66
8.4.1.1.1 Wirkmechanismus... 67
8.4.1.1.2 Nebenwirkungen ... 68
9 Allgemeine medikamentöse Therapie der Diarrhö ... 68
9.1 Orale Rehydratationstherapie... 69
9.2 Periphere Opioidrezeptor-Agonisten... 70
9.2.1 Loperamid ... 70
9.2.1.1 Wirkmechanismus... 70
9.2.1.2 Nebenwirkungen ... 71
9.2.1.3 Dosierung ... 71
9.2.1.4 Kontraindikation... 71
9.2.1.5 Präparate... 72
9.2.2 Racecadotril... 72
9.2.2.1 Wirkmechanismus... 72
9.2.2.2 Indikation ... 73
9.2.2.3 Nebenwirkungen ... 73
9.2.2.4 Dosierung ... 73
9.3 Probiotika ... 74
10 Komplementäre Therapien zur Behandlung von Durchfallerkrankungen ... 74
10.1 Ernährung ... 74
10.2 Diätetische Maßnahmen gegen Durchfall ... 75
10.2.1 Joghurt mit Ingwer und Muskat ... 75
10.2.2 Rohapfeldiät ... 76
10.2.3 Karottensuppe... 76
10.3 Homöopathie ... 77
10.3.1 Geschichte ... 77
10.3.2 Potenzierung... 78
10.3.3 Homöopathische Arzneien gegen Durchfall ... 79
10.3.4 Homöopathische Mittel zur Behandlung von Durchfall im Kindesalter... 80
10.4 Phytotherapie... 81
10.4.1 Phytotherapeutika mit Gerbstoffen ... 82
10.4.1.1 Brombeerblatt... 83
10.4.1.2 Frauenmantelkraut... 83
10.4.1.3 Heidelbeere... 83
10.4.1.4 Tormentillwurzel... 84
10.4.1.5 Eichenrinde... 84
10.4.2 Phytotherapeutika mit Quell- und Schleimstoffen ... 84
10.4.2.1 Flohsamen ... 85
10.4.2.2 Indischer Flohsamen ... 85
10.4.2.3 Leinsamen ... 86
10.5 pflanzliches Präparat bei Durchfall ... 86
10.5.1 Diarrhoesan®... 86
10.6 Irrtum: bei Durchfall ist eine Kombination aus Cola und Salzstangen geeignet ... 86
11 Zusammenfassung... 88
12 Literaturverzeichnis... 90
13 Quellenverzeichnis ... 92
14 Abbildungsverzeichnis ... 95
15 Tabellenverzeichnis... 97
16 Legende ... 98
Einleitung
Im Rahmen meiner Diplomarbeit habe ich mich ausführlich mit dem Thema Diarrhö befasst.
Ich habe mich mit der Symptomatik der Diarrhö beschäftigt, weil es viele Krankheitsbilder gibt, die mit einem Durchfall einhergehen. Gewählt habe ich dieses interessante und breit gefächerte Thema, weil jeder irgendwann in seinem Leben mit dieser Problematik konfrontiert ist.
Das vegetative Nervensystem setzt sich neben dem Sympathikus und Parasympathikus auch aus dem Darmnervensystem zusammen und ist mit der Anzahl an Nervenzellen, dem Rückenmark ähnlich. Das Darmnervensystem wird auch als enterisches Nervensystem bezeichnet und ist für die Steuerung der Aktivitäten im Magen-Darm-Trakt verantwortlich. Es besteht aus 100 Millionen Neuronen, welche sich zwischen dem Plexus myentericus und dem Plexus submucosus befinden.
Die Diarrhö ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom, das bei den verschiedenen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts sowie extraintestinaler Krankheiten vorkommt. Unter Durchfall versteht man, wenn mehr als 2-3 Mal täglich die Entleerung eines dünnflüssigen Stuhls stattfindet und das Gewicht des Stuhls pro Tag mehr als 200g entspricht.
Durch unterschiedliche Faktoren, wird das Bakterienmilieu im Darm gestört, dadurch kommt es zu einer Entzündung im Darm. Dies geht mit einer Abnahme der Mineralien und Nährstoffe einher. Folglich kommt es zu einem Flüssigkeitsanstieg im Stuhl, wodurch eine Diarrhö entsteht. Vor allem bei Säuglingen, Kleinkindern und älteren Personen kann der durch Durchfall bedingte Wasser und Elektrolytverlust auch schnell lebensbedrohlich werden.
Es gibt mehrere Formen der Diarrhö, auf die ich in meiner Diplomarbeit noch genauer eingehen werde.
1 Magen-Darm-Trakt 1.1 Aufbau
Der Gastrointestinaltrakt besteht aus dem schlauchförmigen, mit Schleimhaut ausgekleidetem Verdauungskanal und den Verdauungsdrüsen. Der Verdauungskanal beinhaltet die Abschnitte Oropharynx (Mund-Rachen-Raum), Ösophagus (Speiseröhre), Magen (Gaster), Dünn- und Dickdarm sowie den Anus. Zu den Verdauungsdrüsen gehören die Mundspeicheldrüsen, das Pankreas und die Leber, welche mit Hilfe ihrer Enzyme, Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette hydrolytisch spalten und dadurch die Verdauung ermöglichen. Die Hauptaufgabe des Gastrointestinaltrakts liegt darin, die mechanische Aufarbeitung, den Transport, die Speicherung, die Verdauung sowie die Resorption und die Sekretion zu gewährleisten.1
Abb. 1: http://www.magen.hexal.de/grundwissen/magen-darm-verdauung
1 Vgl. Mutschler, Schaible, Vaupel: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen, 6. Auflage 2007, S. 377 ff
Der Darm hat die Aufgabe, die mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe täglich in ihre einzelnen Bestandteile aufzutrennen. Dies geschieht mit Hilfe von Verdauungsenzymen. Die Bestandteile, die der Körper benötigt, sowie die Aufrechterhaltung des Wasserhaushaltes und Entleerung von unverdaulichen Nährstoffen, wird über den Darm geregelt. Des Weiteren ist unser Darm für das Immunsystem wichtig, da dort 80% der Immunzellen vorkommen.2
1.1.1 Mundhöhle
Die Nahrung wird in der Mundhöhle, welche mit Schleimhaut und vielen kleinen Speicheldrüsen ausgestattet ist, mittels Speichel in einen gleitfähigen Zustand umgesetzt und geht im hinteren Teil in den Rachen über.
1.1.2 Pharynx
Dort kreuzen sich die Wege der Luft- und Speiseröhre. Der Rachen ist ein Muskelschlauch, welcher wieder mit Schleimhaut ausgekleidet ist und in den Ösophagus mündet.
1.1.3 Ösophagus
Der 23-28 cm lange Muskelschlauch besteht aus einem mehrschichtigen Plattenepithel, welches durch Muzin aus der Ösophagusdrüse geschützt wird. An dem Übergang in den Magen ist die Speiseröhre gut verschlossen, sodass keine Magensäure aufsteigen kann und das Eindringen von Luft unterlassen bleibt.
1.1.4 Magen
Der Magen ist ein dehnbares Hohlorgan und befindet sich zwischen Speiseröhre und Zwölffingerdarm. Er wird in folgende Abschnitte unterteilt:
Kardia (Mageneingang)
Fundus (Magenkuppel)
Korpus (Magenkörper)
2 Vgl. http://www.forum-naturheilkunde.de/hausapotheke/indikationen/durchfall.html
Antrum (Erweiterung vor dem Magenausgang)
Pylorus (Magenpförtner)
Zwischen Mageneingang und Magenausgang liegt die kleine Kurvatur, der gegenüber sich die große Kurvatur befindet. Der Magen hat ein Füllungsvolumen von 1,5 bis 2 Liter. Nach 1 bis 5 Stunden wird der Speisebrei in das Duodenum weitergeleitet.
1.1.5 Dünndarm
Der Dünndarm stellt mit ungefähr 3 m den längsten Abschnitt des GIT dar. Dort werden die Nahrungsbestandteile weiter verdaut sowie kleinmolekulare Spaltprodukte absorbiert. Er beginnt am Pylorus des Magens und mündet in den Dickdarm.
Der Dünndarm wird in drei Abschnitte unterteilt:
das Duodenum (Zwölffingerdarm): es hat die Form eines C
das Jejunum (Leerdarm)
das Ileum (Krummdarm)
Die Krypten im Dünndarm sind für die Sekretion des Darmsafts verantwortlich und die Zotten für die Absorption der Nahrungsbestandteile.
1.1.6 Dickdarm
Der Dickdarm stellt den letzten Teilbereich des GIT dar und enthält folgende Abschnitte:
Caecum (Blinddarm) mit der Appendix vermiformis (Wurmfortsatz)
Kolon (Grimmdarm)
Rektum (Mastdarm oder Enddarm)
Dort werden in den einzelnen Bereichen der Darminhalt eingedickt und durch hinzufügen von Schleim die Fäzes gebildet. Wenn Kolon oder Rektum auf Grund unterschiedlicher
Erkrankungen beeinträchtig sind, können sowohl die Wasserresorption, der Elektrolythaushalt und die Motilität betroffen sein und zu einer Diarrhö führen.3
1.2 Wände des Verdauungstrakts
Die Wände der einzelnen Abschnitte des Magen-Darm-Trakts sind grundsätzlich nach dem folgenden Schema aufgebaut und bestehen aus vier Schichten.
Der Gastrointestinaltrakt wird im Inneren von einer Schleimhaut der Mukosa umgeben, welche mit einem Epithel, einer Bindegewebeschicht und einer Muskulatur versehen ist. Die Bindegewebeschicht ist mit Lymphfollikeln ausgestattet, die den Darm vor Keimen schützt, die mit der Nahrung aufgenommen wurden. Auf Grund der starken Faltung der Schleimhaut sowie der Submukosa können sie sich den jeweiligen Gegebenheiten durch Dehnung anpassen. Dies ist vor allem für den Weitertransport der aufgenommenen Nahrung durch die Speiseröhre wichtig.
Die Submukosa, in der die Blutgefäße sowie der Meissner-Plexus verlaufen, schließt nach außen hin an die Mukosa an.
Die Muskelschicht ist aus einer inneren Ringmuskulatur und nach außen hin mit einer Längsmuskulatur aufgebaut, wo sich dazwischen der Auerbach-Plexus befindet. Die Muskelschicht dient zur Durchmischung und dem Weitertransport des Nahrungsbreis.
Die Längsmuskelschicht wird nach außen von der Serosa umgeben, welche die Beweglichkeit der Organe des GIT mit der Umgebung ermöglicht.4
1.3 Verschiedene Arten der Darmperistaltik 1.3.1 Pendelperistaltik
Darunter versteht man die rhythmischen Kontraktionen der äußeren Längsmuskelschicht über den Darminhalt, welcher dadurch gut durchmischt wird.
3 Vgl. Mutschler, Schaible, Vaupel: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen, 6. Auflage 2007, S.377 ff.
4 Vgl. Schwegler: Der Mensch- Anatomie und Physiologie, 4. Auflage 2006, S. 180 f
1.3.2 Segmentationsperistaltik
Im Unterschied zur Pendelperistaltik zieht sich hier die Ringmuskulatur zusammen und teilt so den Nahrungsbrei in zwei Hälften. Diese Bewegungen kommen circa alle 4-5 Sekunden vor.
1.3.3 Propulsive Peristaltik
Hier wird der Inhalt in Richtung Anus transportiert. Nachdem die peristaltische Welle über den Darmabschnitt erfolgt ist, kommt es für eine kurze Zeit zur Relaxation der gesamten Muskulatur. Sie kommen nur ein bis zweimal pro Minute vor, was wiederum günstig ist, weil es sonst zu Durchfällen kommen kann. Die Darmschleimhaut braucht ausreichend Zeit, um die Stoffaufnahme zu ermöglichen.
1.3.4 Retrograde Peristaltik
Diese Form der Peristaltik ist nur im Dickdarm anzutreffen und transportiert den Darminhalt zur „falschen Richtung“ hin, nämlich dem Magen. Folge dessen wird die Darmentleerung verlangsamt, weil der Dickdarminhalt eine festere Konsistenz erhält. Dadurch wird verhindert, dass zu viel Salz und Flüssigkeiten mit dem Stuhl ausgeschieden werden können.5
1.4 Passagezeiten im GIT
Im Magen beträgt die Verweildauer der Nahrung etwa 2-3 Stunden, im Dünndarm etwa 5-6 Stunden. Im Dickdarm brauchen die Nahrungsreste für die Passage mehrere Tage. Aufgrund dessen ist nur mehr ein Drittel des Stuhls aus nicht verdauten Nahrungsbestandteilen aufgebaut. Der restliche Teil wird als ursprünglich körpereigenem Gewebe und Bakterien definiert. Die Abbauprodukte des Gallenfarbstoffs Bilirubin ist für die Braunfärbung des Stuhls verantwortlich.6
5 Vgl. Schwegler: Der Mensch- Anatomie und Physiologie, 4. Auflage 2006, S. 196 f
6 Vgl. Schwegler: Der Mensch- Anatomie und Physiologie, 4. Auflage 2006, S. 198
1.5 Defäkation
Soll eine Defäkation eintreten, kommt es zur Entspannung des Sphincter ani externus. Es kommt zur Relaxation der beiden Schließmuskeln, des Beckenbodens und zur Kontraktion des Rektosigmoids. Die Defäkation wird weiters noch durch die Begradigung des ano-rektalen Winkels und die Erhöhung des intraabdominalen Drucks eingeleitet.
Die tägliche Stuhlmenge ist stark von den jeweiligen Speisen abhängig und kann bis auf ein Gewicht von 500g anwachsen.
Die Stuhlfrequenz kann bei gesunden Menschen starken Schwankungen unterliegen von bis zu drei Stühlen/ Tag oder drei Stühlen/ Woche.7
1.6 Darmnervensystem
Das vegetative Nervensystem setzt sich neben dem Sympathikus und Parasympathikus auch aus dem Darmnervensystem zusammen und ist mit der Anzahl an Nervenzellen dem Rückenmark ähnlich.8
Das Darmnervensystem wird auch als enterisches Nervensystem bezeichnet und ist ein Teil des vegetativen Nervensystems. Grundsätzlich kann es als das eigentliche autonome Nervensystem angesehen werden, da es ohne zentralnervöse Einflüsse von Sympathikus und Parasympathikus funktionieren kann. Somit steuert das enterische Nervensystem die Aktivitäten des Magen-Darm-Trakts. Es besteht aus einem komplexen System, mit einer Ansammlung von mehr als 100 Millionen Nervenzellen.
Diese befinden sich einerseits im Plexus myentericus (Auerbach-Plexus), der sich zwischen der glatten Längsmuskulatur und der glatten Ringmuskulatur erstreckt. Andererseits sind die Nervenzellen im Plexus submucosus (Meissner-Plexus), innerhalb der Ringmuskulatur, zu finden. Es handelt sich dabei um sensorische und motorische Neurone, sowie Interneurone zwischen den afferenten und motorischen Neuronen.
Die Steuerung des Muskeltonus und Kontraktionsrhythmus erfolgt über den Plexus myentericus, wohingegen die Sekretion der Mukosazellen hauptsächlich über den
7 Vgl. Mutschler, Schaible, Vaupel: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen, 6. Auflage 2007, S. 403
8 Vgl. http://lexikon.stangl.eu/5398/bauchhirn/
Plexus submucosus stattfindet. Präganglionäre parasympathische Fasern führen zu einer Aktivierung der Neurone des Auerbach-Plexus und postganglionäre sympathische Fasern bewirken unter Einbeziehung der α2-Rezeptoren eine Hemmung.
Diese sogenannten NANC-Fasern enthalten weder Acetylcholin noch Noradrenalin als Neurotransmitter. Bei ihnen wird die Kontraktion des Muskels durch die Verbindungen Serotonin und Substanz P ausgelöst, die Relaxation erfolgt durch die Stoffe wie NO, VIP und ATP. Mit Hilfe des Parasympathikus und Sympathikus werden Darmfunktionen an das Verhalten des Organismus angepasst.9 10
Abb. 2: http://user.medunigraz.at/helmut.hinghofer-szalkay/IV.2.html
9 Vgl. http://user.medunigraz.at/helmut.hinghofer-szalkay/IV.2.html
10 Vgl. Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Menzel, Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Auflage 2013, S. 148 f.
2 Definition der Diarrhö
Unter Diarrhö (Durchfall) versteht man, wenn mehr als 2-3 Mal täglich die Entleerung eines dünnflüssigen Stuhls stattfindet und das Gewicht des Stuhls pro Tag mehr als 200g entspricht.11
Der Begriff Diarrhö leitet sich aus den griechischen Wörtern dia (durch) und rhein (fließen) ab. Es handelt sich dabei nicht um eine eigenständige Krankheit, sondern um ein Symptom, welches bei diversen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts sowie extraintestinaler Krankheiten vorkommen kann. Durch unterschiedliche Faktoren wie Entzündungen, für die Darmflora schädliche Mikroorganismen oder Stress können die Bakterien im Darm gestört werden. Das wiederum wirkt sich über einen ungünstigen Effekt auf die Verdauung aus.
Durch die Ausscheidungen dieser krankmachenden Bakterien kommt es in der Darmwand zu einer Entzündung. Dadurch wird die Flüssigkeitsaufnahme erschwert, was zu einem Mangel an Nährstoffen und Mineralien führt. Folglich kommt es zu einem Flüssigkeitsanstieg im Stuhl, der sich in Form eines Durchfalls bemerkbar macht.
Der normale Stuhl bei Kindern und Erwachsenen ist definiert durch ein Stuhlgewicht unter 200g/ Tag, bei Kleinkindern jedoch unter 10g/kg KG/Tag.
Differentialdiagnostisch müssen zwei Erscheinungen nämlich die Pseudodiarrhö und die Stuhlinkontinenz von der Diarrhö abgegrenzt werden. Bei der Pseudodiarrhö handelt es sich um einen Anstieg der Stuhlentlehrungsfrequenz, ohne dass es dabei zu einem Anstieg des Stuhlgewichts kommt. Sie kann unter anderem bei Motilitätsstörungen sowie beim Colon irritabile oder bei einer Proktitis auftreten. Als Stuhlinkontinenz hingegen wird der unwillkürliche Abgang von meist flüssigem Stuhl bezeichnet.12 13
Als Folge von Wasser und Elektrolytverlust kann es zu einer lebensbedrohlichen Dehydratation kommen.14
Die Gründe für eine Durchfallerkrankung können sehr unterschiedlich sein. Unter anderem können Infektionen mit gewissen Bakterien und Viren, sowie Lebensmittelunverträglichkeiten, entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa), seelische Störungen (wie Stress oder Angst), verdorbene Lebensmitteln, Therapie mit
11 Vgl. Siegenthaler, Blum: Klinische Pathophysiologie, 9. Auflage 2006, S. 834
12 Vgl. Caspary, Stein: Darmkrankheiten, 1999, S. 87 f
13 Vgl. http://vancomycin.de/patienten/durchfall/was-ist-durchfall/
14 Vgl. http://www.netdoktor.at/krankheit/durchfall-7651
Antibiotika oder Alkohol-sowie Nikotinmissbrauch die auslösenden Ursachen sein. Auf die einzelnen Störquellen, die zu einer Diarrhö führen können, werde ich in den nachfolgenden Kapiteln näher eingehen.15
3 Allgemeine Epidemiologie der Diarrhö
Auf der ganzen Welt sind bereits Durchfallerkrankungen nach den Erkrankungen des Herz- Kreislauf-Systems an zweiter Stelle der Todesursachen zu finden. Vor allem der Mangel an sanitärer Grundversorgung stellt neben den Naturkatastrophen die größten Probleme der Durchfallerkrankungen in Entwicklungsländern dar.
Um eine Seuchenprävention zu gewährleisten ist es sehr wichtig, dass die Planung und Konstruktion von Latrinenanlagen sowie saubere Trinkwasserstellen abgesichert sind. Da die unsachgemäße Entsorgung von Exkrementen zu zahlreichen Erkrankungen führen, sind die Folgen für die Gesundheit gravierend. So sind öfters in Entwicklungsländern die Kinder von Durchfällen betroffen, die zum Großteil tödlich enden. Schätzungsweise geht man davon aus, dass jeden Tag 4000 Kinder vor allem unter fünf Jahren den Kampf gegen die dort als„tödliche Krankheit“, ohne entsprechende Hilfe angesehene Diarrhö, verlieren. Dies könnte durch ausreichende Hygiene und sauberes Wasser verhindert werden, da 90% der Durchfallerkrankungen auf diese Ursachen zurückzuführen sind. Durch den Nährstoffmangel, der auf Grund der akut infektiösen Diarrhö entsteht, kommt es oft zu einer Verstärkung der Anorexie und der Mangelernährung. Somit sind unterernährte Kinder anfälliger für Durchfallerreger, weil ihnen die Abwehrmechanismen durch die Dehydrierung fehlen und so einen nie endenden Teufelskreis darstellt.
Die Gefahr einer Diarrhö darf im hohen Alter auch nicht unterschätzt werden, da durch bestehende Krankheiten der Mensch bereits vorbelastet ist und je nach körperlichem Zustand dies tödlich enden kann. In Mitteleuropa und Nordamerika erleidet jeder Mensch mindestens einmal im Jahr eine Durchfallerkrankung und jedes Jahr sterben ca. sechs Millionen Kinder an den Folgen einer Diarrhö. Bei Säuglingen besteht die Gefahr an einer Diarrhö zu erkranken nicht, da sie durch die Kolostrum-Antikörper von der Mutter geschützt sind.
Erst wenn die Mutter ihr Kind fertig abgestillt hat, nimmt das Risiko an einer Infektion zu erkranken, zu.16 17
15 Vgl. http://www.forum-naturheilkunde.de/hausapotheke/indikationen/durchfall.html
Des Weiteren sind Infektionen mit Noroviren weltweit gesehen der häufigste Auslöser für akute Durchfälle mit mehr als 250 Millionen Betroffenen pro Jahr, wobei die Dunkelziffer weitaus höher eingestuft wird. Sie sind auch bei Kindern, die an einer akuten Diarrhö erkranken, als Auslöser nach den Rotaviren, an zweiter Stelle zu finden. Das Potenzial dieser Viren, Durchfälle bei den Betroffenen zu verursachen, ist durch ihre geringe Infektionsdosis von 10-100 Viruspartikeln, ihre große Umweltstabilität und die Vielfältigkeit der Transmissionswege sehr hoch. Sie überleben Temperaturen von -60°C bis 20°C und auf Grund dieser Fähigkeiten sind Norovirenausbrüche auch auf Kreuzfahrtschiffen zu finden, da viele Menschen auf engstem Raum und über mehrere Tage lang miteinander zusammenleben.18
4 Sonderformen der Diarrhö
Falsche Diarrhö: Der Betroffene klagt über eine Zunahme der Stuhlgänge, jedoch ist das Stuhlgewicht normal. Dies ist bei einer Proktitis zu finden.
Paradoxe Diarrhö: Auf Grund einer bakteriellen Vergärung des Stuhls, sowie die Wanddehnung vor Stenosen, bei Karzinomen oder bei geriatrischen Patienten kommt es zu einer Verflüssigung der Fäzes.
Nosokomiale Diarrhö: Typische Erkrankung, die 72 Stunden nach der Aufnahme in das Krankenhaus bei Patienten beobachtet wird.19
16 Vgl.
http://www.sonnenseite.com/Eine+Welt,Alle+15+Sekunden+stirbt+ein+Kind+durch+verschmutztes+Trinkwass er+,18,a6106.html
17 Vgl. Marre, Mertens, Trautmann, Zimmerli: Klinische Infektiologie, 2. Auflage 2008, S. 432
18 Vgl. http://www.online-zfa.de/article/noroviren-haeufigste-ursache-der-akuten-gastroenteritis/uebersicht- review/2010/06/1091
19 Vgl. http://www.aerzteblatt.de/pdf/103/5/a261.pdf
5 Krankheitserreger: Unterschiede zwischen Bakterien und Viren 5.1 Aufbau von Bakterien
Die Größe eines Bakteriums kann zwischen 0,5-5µm betragen und ist stark von den jeweiligen Wachstumsbedingungen abhängig. Bakterien sind prokaryotische Zellen. Das Zytoplasma mit den 70S-Ribosomen wird von der Zytoplasmamembran umgeben, welches nach außen hin von einer Zellwand umschlossen wird. Die Zellwand dient der Stabilität des Bakteriums und schützt es vor schädigenden Einflüssen. Bakterien enthalten auch sogenannte Geißeln, welche zur aktiven Fortbewegung dienen. Auf diesen Geißeln befinden sich H-Antigene, mit ihrer Hilfe kann die serologische Typisierung der Bakterien erfolgen.
Die Zytoplasmamembran ist aus einer doppelten Lipidschicht aufgebaut und ermöglicht die Aufrechterhaltung des Nährstoff- und Ionengleichgewichts, sowie die Energiegewinnung. Das Nukleoid ist der Träger der genetischen Information (DNA) und wird auch als Bakterien- Chromosom bezeichnet. Es ist nicht mit einem Zellkern, welcher in prokaryotischen Zellen nicht vorkommt, zu verwechseln. Neben dem Nukleoid können außerhalb des Chromosoms kleine DNA-Ringe enthalten sein, sogenannte Plasmide. Sie enthalten Informationen zum Schutz gegen Antibiotika und sind Träger von Resistenzgenen.20
Die Mureinschicht oder das Peptidoglykan stellt das Grundgerüst der Zellwand dar. Es wird hauptsächlich aus Aminozuckerketten, welche über N-Acetylglukosamin und N-Acetylmuraminsäure quervernetzt sind, mit den Oligopeptiden verbunden. Grampositive Bakterien besitzen eine dickere Zellwand als gramnegative, weil dort mehrere Mureinschichten übereinander liegen.21
20 Vgl. Clad, Enno: Mikrobiologie, 3. Auflage 1996, S. 16 ff
21 Vgl. Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Menzel, Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Auflage 2013, S. 738 f.
Abb. 3: http://www.biokurs.de/skripten/12/bs12b.htm?bs12-24.html
5.2 Einteilungen von Bakterien 5.2.1 Nach dem äußeren Erscheinungsbild
Bakterien lassen sich in fünf Grundformen einteilen:
1. kugelförmige Bakterien (Kokken) 2. stäbchenförmige Bakterien 3. spirillenförmige Bakterien 4. fadenförmige Bakterien
5. Vibrionen (Kommabakterien)22
22 Vgl. http://flexikon.doccheck.com/de/Bakterium
Abb. 4: http://www.spektrum.de/lexika/showpopup.php?lexikon_id=11&art_id=1192&nummer=143
5.2.2 Aufgrund der Gramfärbung
Mit Hilfe der Gramfärbung lassen sich die Bakterien in grampositive und gramnegative Bakterien unterteilen. Auf Grund der unterschiedlichen Färbung der Bakterien kann ein Rückschluss auf die Ausprägung der Zellwand erfolgen. Da gramnegative Bakterien nur aus einer Mureinschicht aufgebaut sind, kann die Lugol-Lösung nach Entfärben mit Alkohol wieder vollständig entweichen. Somit erscheinen nach einer Gramfärbung gramnegative Bakterien rot und Grampositive blau. Nachfolgend wird die Durchführung einer Gramfärbung Schritt für Schritt erklärt.23
Abb. 5: Groß: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, 2. Auflage 2009, S. 27
23 Vgl. Groß: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, 2. Auflage 2009, S. 26 f.
5.2.3 Nach Art der Begeißelung
Das Bakterium kann auf vier verschiedene Arten begeißelt sein. Es wird zwischen einer monotrichen, amphitrichen, lophotrichen und peritrichen Begeißelung unterschieden.
monotriche Begeißelung Das Bakterium enthält eine Geißel.
amphitriche Begeißelung Es ist sowohl vorne als auch hinten begeißelt.
lophotriche Begeißelung Das Bakterium hat mehrere Geißeln an einer Stelle gebündelt.
peritriche Begeißelung Das Bakterium ist allseits begeißelt.
Tab. 1: Clad, Enno: Mikrobiologie, 3. Auflage 1996, S. 18
5.2.4 Abhängigkeit von Sauerstoff
Aerobe Bakterien benötigen für den Stoffwechsel Sauerstoff.
Anaerobe Bakterien werden durch die Hydroperoxidradikale zerstört, da sie nicht das Enzym Superoxid-Dismutase besitzen, welche die zerstörende Wirkung dieser Radikale verhindert.
Mikroaerophile Bakterien weisen ein optimales Wachstum bei erhöhter Kohlendioxidspannung und erniedrigter Sauerstoffspannung auf.
Bei fakultativ anaeroben Bakterien ist die Vermehrung vom Sauerstoff unabhängig.
Carboxiphile Bakterien wachsen unter normaler Sauerstoffspannung, aber nur bei erhöhter Kohlendioxidspannung.24
5.3 Bakterienvermehrung
Die Vermehrung von Bakterien erfolgt asexuell infolge einer Zellteilung. Entscheidend dafür ist die Vermehrung der Erbsubstanz, bei der folgende Vorgänge wichtig sind: die Replikation, die Transkription sowie die Translation.25
24 Vgl. Groß: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, 2. Auflage 2009, S. 28
Die Verdoppelung der bakteriellen DNA beginnt am so genannten „origin of replication“, wo sich der DNA-Doppelstrang in zwei Einzelstränge öffnet. Jeder Einzelstrang dient als Matrize für die bakterielle DNA-Polymerase, die jeweils einen komplementären DNA-Strang zu den zwei Einzelsträngen synthetisiert. Danach erhält man zwei idente DNA-Doppelstränge, die jeweils aus einem neuen und einem alten Strang bestehen.26
Bei der Transkription bindet die RNA-Polymerase an die DNA und beginnt mit der Übertragung der Nukleotidabfolge der DNA auf die mRNA, welche anstelle der Base Thymin die Base Uracil enthält. Das entstandene mRNA-Molekül wird danach freigesetzt.27
Anschließend erfolgt die Translation, wo die Basensequenz der mRNA in die Aminosäuresequenz der Proteine mit Hilfe von Ribosomen übersetzt wird. Drei Basen codieren jeweils eine Aminosäure und werden als Codon bezeichnet. Es gibt vier Basen und somit sind 64 unterschiedliche Codons möglich. Die Translation wird durch drei dieser Basentripletts beendet. Auch spielt die tRNA eine entscheidende Rolle bei der Translation, diese liefert über das Ribosom auf der mRNA die geeignete Aminosäure für das jeweilige Codon an.28
25 Vgl. http://www.pharmxplorer.at/lernelemente/?leid=65
26 Vgl. http://www.onmeda.de/krankheitserreger/bakteriengenetik-dna-replikation-%28dna-verdoppelung%29- 2946-3.html
27 Vgl. http://www.onmeda.de/krankheitserreger/bakteriengenetik-transkription-2946-4.html
28 Vgl. http://www.onmeda.de/krankheitserreger/bakteriengenetik-translation-2946-5.html
5.3.1 Wachstumskurve
Abb. 6: http://www.olivernolte.de/mibi_skript_04/IE5up/Kapitelseiten/Bacterial%20lifestyle.html
Bei der Wachstumskurve des Bakteriums unterscheidet man zwischen vier Phasen, die in der unteren Tabelle zu entnehmen sind.
Lag-Phase (Latenzzeit) In der Lag-Phase passen sich die Bakterien an das Milieu an und die Kultur wächst nur langsam weiter.
Log- Phase (exponentielles Wachstum) Es findet eine exponentielle Vermehrung der Bakterienzellen unter optimalen Bedingungen statt.
Stationäre Phase Hier ist keine weitere Zunahme der
Bakterienzahl möglich, weil sich Zelltod und Zellteilung die Waage halten.
Absterbephase In dieser Phase werden
Stoffwechselabfallprodukte nicht entfernt und es kommen keine neuen Nährsubstrate hinzu. Das führt zum Absterben der Bakterien.
Tab. 2: http://www.olivernolte.de/mibi_skript_04/IE5up/Kapitelseiten/Bacterial%20lifestyle.html
5.4 Unterschiede zwischen Prokaryonten und Eukaryonten
Prokaryonten Eukaryonten
Organismen Bakterien Pilze, Pflanzen, Tiere,
Mensch
Zellorganisation einzellig ein- oder mehrzellig
Zellbegrenzung Zellwand Zellmembran
Organellen Cytoskelett, Zellteilungsapparat fehlt vorhanden
DNA kleines Genom, ringförmiges
Bakterienchromosom, liegt ohne Membran im Cytoplasma, keine Introns in den Genen, Plasmide
großes Genom, liegt im Zellkern, viele Introns in den Genen
RNA-Synthese und RNA-Reifung
einfach, im Cytoplasma kompliziert, im Zellkern
Protein-Synthese und Protein- Reifung
einfach, an RNA-Synthese gekoppelt kompliziert, im Cytoplasma
und im rauen endoplasmatischen
Retikulum (ER)
Stoffwechsel anaerob oder aerob, große Anpassungsfähigkeit
hauptsächlich aerob, in Kompartimenten
Zytoplasma keine Mitochondrien und kein ER, 70- S- Ribosomen
Mitochondrien und ER, 80- S- Ribosomen29
Tab. 3: http://www.onmeda.de/krankheitserreger/bakterien_aufbau_struktur.html
29 Vgl. http://www.pharmxplorer.at/lernelemente/pdf/alg_mb_virologie.pdf
5.5 Aufbau von Viren
Viren verfügen über keinen eigenen Stoffwechsel, sie enthalten keine Organellen und sind nicht zu einer eigenen lebensfähigen Existenz befähigt. Bei ihrer Replikation sind sie von lebenden Wirtszellen abhängig.
Der Durchmesser der Viren liegt zwischen 18-300 nm (Pockenviren), also deutlich kleiner als bei Bakterien. Das ist auch der Grund für die nicht Nachweisbarkeit von Viren, im Lichtmikroskop, mit Ausnahme der Pockenviren.
Ein vollständig aufgebautes, infektionsfähiges Viruspartikel wird als Virion bezeichnet. Es enthält im Inneren ein Genom, das entweder aus RNA oder DNA aufgebaut ist. Die Nukleinsäuren können einzel- oder doppelsträngig, sowie linear, segmentiert oder zirkulär vorliegen. Die Nukleinsäure wird von einem Mantel aus Proteinen, dem sogenannten Kapsid, umhüllt, welches in der Gesamtheit als Nukleokapsid bezeichnet wird. Je nach Art des Virus unterscheidet man beim Nukleokapsid zwischen einer helikalen oder ikosahedralen Struktur.
Es gibt Viren die nackt sind und solche die mit einer Außenhülle umgeben sind. Diese Außenhülle stammt entweder von der Plasmamembran oder von intrazellulären Membranen der Wirtszelle ab.
Nackte Viren (unter anderem Noro-und Rotaviren), auf die ich später noch näher eingehen werde, können ungehindert die Magen-Darm-Passage durchdringen und werden häufig über den oral- fäkalen Weg übertragen. Bei den umhüllten Viren ist eine intakte Hülle für die Infektiösität wichtig, weil diese der Bindung an die Wirtszelle dient.30 31
30 Vgl. Marre, Mertens, Trautmann, Zimmerli: Klinische Infektiologie, 2. Auflage 2008, S. 4
31 Vgl. Groß: Kurzlehrbuch Medizinische Mirkobiologie und Infektiologie, 2. Auflage 2009, S. 115 f.
5.6 Virusvermehrung
Die Virusvermehrung beginnt wie in der nachfolgenden Abbildung zu sehen ist mit der Adsorption (1.). Dort dockt sich das Virus an einen speziellen Rezeptor der Zellmembran an.
Anschließend erfolgt die Virusaufnahme in die Zelle. Dieser Schritt, der als Penetration (2.) bezeichnet wird, kann auf zwei Hauptwege erfolgen. Bei nackten Viren kann die Aufnahme über eine Rezeptor- vermittelte Endozytose oder durch einen direkten Transport durch die Membran stattfinden. Die Penetration bei umhüllten Viren geschieht entweder durch Fusion der Virushülle mit der Plasmamembran der Wirtszelle, welche nicht vom pH-Wert abhängt oder durch eine Endozytose, die Rezeptor wie auch pH- Wert abhängig ist.
Danach wird die Virushülle geöffnet und die virale Nukleinsäure wird aus dem Kapsid freigesetzt. Dieser Vorgang wird als Uncoating (3.) bezeichnet. Der Zeitraum zwischen dem Uncoating und der Neubildung von Tochter-Viruspartikeln nennt man Eklipse. Es folgt die Enzymsynthese von „frühen Proteinen“ und Strukturproteinen, den sogenannten „späten Proteinen“ durch die Transkription der Virus-Nukleinsäure in die mRNS.
Folge dessen wird die Replikationsphase eingeleitet (5.), in der die Nukleinsäure vermehrt wird. Meistens findet bei DNS-Viren die Transkription sowie die Synthese neuer Nukleinsäuren im Zellkern statt. Während bei RNS-Viren die Bildung von mRNS und genomischer RNS im Zytoplasma auf Grund viraler Replikasen zu Stande kommt.
Der vorletzte Schritt ist der Zusammenbau der Virusbestandteile zu Viruspartikeln, welcher als Reifung (Assembly 6.) bezeichnet wird. Die Zelle besteht nun aus einer Vielzahl an Viria.
Die fertigen Viria werden bei unbehüllten Viren (7 a.) entweder durch Exozytose oder durch Wirtszelllyse freigesetzt. Bei behüllten Viren (7 b.) erfolgt sie durch Knospung, die als Budding definiert wird.32
32 Vgl. Stock: Bakterien, Viren, Wirkstoffe, 2009, S. 223 f.
Abb. 7: Groß: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, 2. Auflage 2009, S. 117
6 Verschiedene Arten der Diarrhö
Im Kapitel „Definition der Diarrhö“ bin ich auf die Bedeutung und Erklärung dieses Wortes eingegangen. Nun möchte ich die Pathophysiologie des GIT und die damit verbundenen unterschiedlichen Diarrhöen mit jeweils einem Krankheitsbild näher beschreiben.
Grundsätzlich unterscheidet man bei Durchfallerkrankungen in der Medizin zwischen einer akuten und einer chronischen Diarrhö. Letztere lässt sich in die osmotische, sekretorische, funktionelle und entzündliche Diarrhö unterteilen. Wenn der Durchfall länger als 4-6 Wochen ununterbrochen andauert spricht man von einem chronischen Durchfall, welcher einer ausführlichen Anamnese bedarf.33
Abb. 8: Brunkhorst, Schölmerich: Differenzialdiagnostik und Differenzialtherapie, 1. Auflage 2010, S. 43
33 Vgl. Brunkhorst, Schölmerich: Differenzialdiagnostik und Differenzialtherapie, 1. Auflage 2010, S. 42
7 Akute Diarrhö
Eine akute Diarrhö von infektiöser Genese endet oft nach 2 Tagen, da es sich um eine virale oder toxische Ursache handelt. Diese Patienten benötigen meistens keine spezielle Diagnostik und Therapie, da der Körper eine Schutzreaktion gegenüber eingedrungenen Krankheitserregern ausübt.
Weiters können akute Diarrhöen länger als 2 Tage andauern und mit zusätzlichen Symptomen, unter anderem mit Fieber, Bauchkrämpfen, blutigen Durchfällen, starken Abdominalschmerzen oder Dehydrierung einhergehen. Unter diesen Aspekten ist davon auszugehen, dass es sich um keine virale Genese sondern um eine bakterielle handelt.
Immunsuprimierte Patienten mit Durchfällen, sowie Ältere und Reiserückkehrer bedürfen ebenfalls einer diagnostischen Abklärung.34
7.1 Mögliche Ursachen für das Auftreten einer akuten Diarrhö
Lebensmittelvergiftungen, die durch Aufnahme von Bakteriengiften (Toxine) mit der Nahrung ausgelöst werden. Dazu zählen Staphylococcus aureus, Bacillus cereus, Clostridium perfringens.
Infektionen mit verschiedenen Bakterien (Salmonellen, Shigellen, Campylobacter jejuni, Eschericia Coli, Yersinien, Cholera sowie Ruhr)
Infektionen mit Viren (Rotaviren, sowie Corona-, Noro-, Adeno-, Astro- und Enteroviren)
Einnahme von Nikotin, Kaffee und Alkohol
Durch Aufnahme ungewohnter Mengen bestimmter Lebensmitteln
Reisediarrhö, die durch entsprechende Bakterien und Viren, vor allem durch das Toxin von Escherichia coli hervorgerufen wird.
Einnahme von bestimmten Medikamenten, wie Antibiotika, die eine AAD auslösen können
34 Vgl. Brunkhorst, Schölmerich: Differenzialdiagnostik und Differenzialtherapie, 1. Auflage 2010, S. 42
In sehr seltenen Fällen sind Vergiftungen mit ungenießbaren Pilzen oder Schwermetallen der Grund
Psychisch bedingt durch Stress, Angst und Aufregung35
7.2 Antibiotikaassoziierte Diarrhö (AAD)
Es handelt sich um eine nosokomiale Infektion, die grundsätzlich während oder nach einer Antibiotikatherapie auftreten kann.36
Häufig Gelegentlich Selten
Ampicillin Tetracycline Aminoglykoside
Amoxicillin Erythromycin Bacitracin
Cephalosporine Trimethoprim Vancomycin Clindamycin Chinolone
Tab. 4: Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhö, 2004, S. 10
Wie in Tabelle 4 zu entnehmen ist, hängt die Häufigkeit an AAD, CDAD sowie an PMC zu erkranken, vom jeweiligen Antibiotika ab.
7.2.1 Clostridium difficile
Der toxinbildende Keim ist für einen Großteil der Durchfallerkrankungen nach einer Antibiotikagabe verantwortlich. Wegen der Schwere der Symptome werden unterschiedliche Erkrankungen definiert. Die Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD), die
35 Vgl. http://www.durchfall.org/ursachen/
36 Vgl. Marre, Mertens, Trautmann, Zimmerli: Klinische Infektiologie, 2. Auflage 2008, S. 459
antibiotikaassoziierte Kolitis und die pseudomembranöse Kolitis (PMC). Ich werde bei der AAD auf die Clostridium difficile assoziierte Diarrhö näher eingehen.37
Das Bakterium, Clostridium difficile, wurde 1935 von Hall und O´Toole entdeckt. Seinen Namen „difficile“ erhielt es, weil sich anfänglich der kulturelle Bakteriumnachweis als schwierig erwies.
In den 1960er und 70er Jahren konnte man eine Zunahme der AAD sowie der PMC, eine schwere Verlaufsform der AAD, durch die Einnahme von Antibiotika beobachten. Erst Ende der 1970er Jahre konnten die Toxine des Clostridium difficile für 20 % der AAD- Fälle und als Ursache für die PMC identifiziert werden. 38
7.2.1.1 Infektionsweg
Es handelt sich um ein anaerobes, grampositives und sporenbildendes Stäbchenbakterium, welches zwei Toxine bildet. Das Enterotoxin A und das Zytotoxin B, diese führen zu einer Entzündung in der Darmschleimhaut und rufen Durchfall hervor.39
Das Enterotoxin A führt über G-Proteinen zu einem intrazellulären Calciumanstieg und einer Stimulierung der Chloridsekretion. Des Weiteren bewirkt es im Intestinaltrakt eine Flüssigkeitssekretion und intestinale Blutungen. Toxin A und B zählen zu den größten bakteriellen Toxinen, wobei Toxin B eine dreifach stärkere Wirkung hat als Toxin A. Das Toxin B führt zur Zerstörung des Zellskeletts sowie deren Membranen und verhindert die Eiweißsynthese in den Darmzellen. 40 41
Der Infektionsweg erfolgt meistens nosokomial. Die Sporen können über Monate bis Jahre auf kontaminierten Gegenständen verweilen, bis sie über den oralen Weg in den Darm gelangen und dort über vegetative Formen die physiologische Darmflora zerstören. Diese enthält wichtige Bakterien, die den Menschen vor Ansiedelung krankmachender Keime im Dickdarm schützt und für die Verdauung essentiell wichtig sind.
Die wichtigste Infektionsquelle im Erwachsenenalter ist die Hospitalisation.
37 Vgl. Koop: Gastroenterologie compact, 2. Auflage 2010, S. 165
38 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S 8
39 Vgl. Koop: Gastroenterologie compact,2. Auflage 2010, S. 165
40 Vgl. Caspary, Stein: Darmkrankheiten, 1999, S. 512 f.
41 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 13 f.
Als gesichert gilt, dass durch die Antibiotikaeinnahme die Kolonisationsresistenz, die die Darmschleimhaut vor einer Infektion mit fremden Keimen schützt, verloren geht. Somit überschwemmen die toxinbildenden Stämme von Clostridium difficile den Dickdarm.42 43
7.2.1.2 Risikogruppen für das Auftreten von CDAD
Es gibt verschiedene Risikofaktoren für eine Besiedlung mit Clostridium difficile und somit an CDAD zu erkranken.
7.2.1.2.1 Auswirkung durch die Einnahme von Antibiotika auf die Darmfunktion
Das Antibiotikum gelangt nach oraler Aufnahme in den Dünndarm, wo es normalerweise resorbiert und in den Blutkreislauf aufgenommen wird. Dadurch wird es an den Ort der Entzündung transportiert, wo es seine antibakterielle Wirkung entfaltet. Bis das Antibiotikum wieder über den Stuhl ausgeschieden wird, greift es bei der Wanderung durch den Darm die nützlichen Mikroorganismen der Darmflora an. Aufgrund des Ungleichgewichts zwischen
„Guten und Bösen“ Bakterien wird das Immunsystem des Körpers in Mitleidenschaft gezogen. Somit nutzt das Clostridium difficile die Chance, sich anstatt des für den Körper nützlichen Darmbakteriums einzunisten und sich zu vermehren. Die Folgen durch die Antibiotikaeinnahme können Blähungen und Durchfall sein.
Weiters bewirken auch Antibiotika, welche auf intravenösen Weg dem Patienten verabreicht werden, Durchfall. Der Grund liegt darin, dass sie auch von der Leber abgebaut werden und in die Gallenblase gelangen, von wo sie mit der Gallenflüssigkeit in den Darm abgegeben werden und Schäden an der Darmflora bewirken.44 45
7.2.1.2.2 Immunschwäche
Das Immunsystem ist nicht bei jedem Menschen gleich gut ausgebildet. Es gibt Personen, die auf Grund ihres Immunsystems bei einer Infektion mit Clostridium difficile Antikörper gegen die Toxine, welche von den Clostridien freigesetzt werden, ausbilden können und es so zu
42 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 8
43 Vgl. http://vancomycin.de/patienten/clostridium-difficile/die-risikofaktoren/
44 Vgl. http://vancomycin.de/patienten/durchfall-durch-antibiotika/wirkung-von-antibiotika-im-darm/
45 Vgl.http://vancomycin.de/patienten/clostridium-difficile/die-risikogruppen/
keinem Ausbruch der Erkrankung kommt. Liegt jedoch ein geschwächtes Immunsystem durch die im Anschluss beschriebenen Faktoren vor, kommt es zur CDAD-Erkrankung:
bei Menschen, die älter als 65 Jahre sind
spezielle Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Tumorerkrankungen
Bestrahlung sowie Chemotherapie bei diversen Krebserkrankungen können das Immunsystem auch strapazieren.
7.2.1.2.3 Medikamente, die die Magensäurebildung verhindern
Darunter versteht man vor allem die sogenannten Protonenpumpen-Inhibitoren oder H2-Antagonisten, deren Wirkung mit einer Herabsetzung der Magensäureproduktion einhergeht. Durch die Einnahme solcher Medikamente wird die Ansteckung mit Clostridium difficile erleichtert, weil das Bakterium durch die schützende Magensäure nicht zerstört werden kann.
7.2.1.2.4 Längerer Aufenthalt in einem Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung Hier ist das Risiko an CDAD zu erkranken extrem hoch, weil in Kliniken viele Patienten anzutreffen sind, die den Keim in sich tragen und auch durch die Antibiotikaeinnahme bereits ein geschwächtes Immunsystem haben. Weiters sind wie oben schon erwähnt unterschiedliche Risikofaktoren in Krankenhäusern zu finden, die eine Infektion mit diesem Erreger erleichtern.46
7.2.1.3 Epidemiologie
Die Gabe von Antibiotika, wie auch die Kontamination der Umgebung des Patienten mit C. difficile-Sporen verursachen bei stationären Patienten Infektionen, die bei 30 % nachweisbar sind. Es wird davon ausgegangen, dass 3 % der gesunden Bevölkerung sowie 25-80 % der gesunden Neugeborenen toxigene Stämme des C. difficile enthalten.
Wahrscheinlich beruht die Immunität bei Kindern unter 2 Jahren auf einen möglich fehlenden
46 Vgl. http://vancomycin.de/patienten/clostridium-difficile/die-risikogruppen/
Rezeptor auf der Schleimhaut des Darms. Wegen der hohen Umweltresistenz dieser Sporen greifen auch die herkömmlichen Desinfektionsmaßnahmen nicht. Dieser Erreger ist fast überall zu finden am öftesten wird er aus Schwimmbecken sowie Flüssen nachgewiesen.47 48
7.2.1.4 Symptome
Bei der AAD verlaufen die Symptome meist harmlos und gehen in einigen wenigen Fällen mit Unterbauchkrämpfen einher.
Großteils treten bei einer C. difficile ausgelösten Diarrhö starke Bauchkrämpfe, Fieber, ein erheblicher Verlust von Eiweiß, Elektrolyten und Flüssigkeit auf. Des Weiteren wird die Leukozytenzahl sowie die Geschwindigkeit der Blutsenkung erhöht.
Der Durchfall selbst kann wässrig bis schleimig, grünlich und unangenehm nach Fäulnis riechen.
Es können sich auch Eiterherde, sogenannte Pseudomembrane auf der Schleimhaut des Dickdarms infolge einer Entzündung bilden. Dann spricht man von einer PMC.49 50
Sogenannte Rezidive haben sich trotz einer erfolgreichen Behandlung mit einem Antibiotikum als großes Problem herausgestellt. Die Rezidive treten 3-21 Tage nach einer mit Metronidazol oder Vancomycin-Therapie behandelten CDAD auf. Die Ursache dafür liegt bei den Sporen des Erregers, da diese im Darm nicht vom Antibiotikum abgetötet werden. Nach dem Absetzen des Antibiotikums bilden sich wieder die Sporen und bewirken die Entstehung der Toxinbildenden Clostridien, die eine weitere CDAD verursachen.51
7.2.1.5 Diagnostik
Grundsätzlich werden in der Anamnese wichtige Fragen in Bezug für das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen gestellt.
47 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 11 f.
48 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 14
49 Vgl. Marre, Mertens, Trautmann, Zimmerli: Klinische Infektiologie, 2. Auflage 2008, S. 460
50 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 15
51 Vgl. http://vancomycin.de/patienten/clostridium-difficile/das-krankheitsbild/
7.2.1.5.1 Nachweis in Kulturen
Die eingeschickten Stuhlproben werden in diesem Verfahren auf den Erreger C. difficile überprüft, indem diese auf Selektivagarmedien unter anaeroben Bedingungen angezüchtet werden. Die Inkubationszeit beträgt 48 Stunden, jedoch ist bei dieser Methodik ein Toxinnachweis leider nicht möglich. Lässt sich beim Testergebnis C. difficile nicht nachweisen, müssen weitere Untersuchungen auf andere Erreger unter anderem Salmonellen usw. durchgeführt werden.52
7.2.1.5.2 Zytotoxizitätstest
Um nachzuweisen, dass Toxin vom C. difficile produziert wird, verwendet man den Zytotoxizitätstest. Er gilt im Allgemeinen als Goldstandart. Der Vorteil dieser Methode liegt in der hohen Sensitivität und Spezifität hinsichtlich des Toxin-B-Nachweises. Da dieser Test zeit- und arbeitsaufwendig ist, wird er nur mehr in wenigen Laboratorien durchgeführt.53 54
7.2.1.5.3 Nachweis von Antigen und Toxin mittels ELISA oder Agglutinationstechniken Beim C. DIFF-CHECK TM handelt es sich um ein Antigen-ELISA für den Nachweis der Glutamat-Dehydrogenase, ein spezifisches Enzym von Clostridium. Da mit diesem Enzym Toxin-negative wie auch Toxin-positive Stämme des C. difficile ermittelbar sind, erhielt es die Bezeichnung „common antigen“. Für ein aussagekräftiges Ergebnis sind weitere Untersuchungen nötig.
Ein weiterer Test, bei dem sowohl die Glutamat-Dehydrogenase wie auch das Toxin A ermittelt wird, nennt sich Triage® C. difficile-Test. Der Nachteil besteht darin, dass auch hier weiterführende Tests durchgeführt werden müssen, um einen Unterschied zwischen Toxin-positiven Trägern und Toxin-negativen Trägern zu ermöglichen.
52 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 20
53 Vgl. Marre, Mertens, Trautmann, Zimmerli: Klinische Infektiologie, 2. Auflage 2008, S. 460
54 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 20 ff.
7.2.1.5.4 Molekularbiologische Diagnostik
Mittels PCR lassen sich C. difficile im Stuhl nachweisen, da mit dem Real-Time-PCR-Assay sowohl das Toxin A wie auch das Toxin B ermittelt werden kann. Es hat eine sehr hohe Spezifität und Sensitivität. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass das Testergebnis nach einer Stunde bereits fertig vorliegt.55
7.2.1.5.5 Diagnose mittels Endoskopie
Die Endoskopie ist unerlässlich für den Nachweis einer pseudomembranösen Kolitis. In den meisten Fällen handelt es sich um einen Linksseitenbefall, wo die Sigmoidoskopie zur Diagnose ausreicht. Da jedoch 20% der entzündlichen Darmerkrankungen in der rechten Flexur zu finden sind, sollte eine Koloskopie durchgeführt werden. Vor einer Koloskopie wird eine Darmspülung vorgenommen, welche auch der Grund sein kann, dass in vielen Fällen die Pseudomembranen nicht mehr nachweisbar sind. Deshalb wird eine histologische Diagnostik mit den bei der Untersuchung gewonnenen Biopsien angewendet.56
Abb. 9: http://www.endoskopischer-atlas.de/k38.html
55 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 20 ff.
56 Vgl. Caspary, Stein: Darmkrankheiten, 1999, S. 514 f.
7.2.2 Therapie der AAD
Absetzen der Antibiotikatherapie oder Umstellung auf ein anderes Antibiotikum
Bei leichten Fällen der AAD reicht eine Flüssigkeits- und Elektrolytgabe aus
Vermeidung von Opiaten und antiperistaltischen Medikamenten, da sie die Toxinmenge des Darminhalts erhöhen
Eine Antibiotikatherapie mit nachfolgenden Medikamenten sollte erfolgen, wenn die Symptome nicht abklingen, bei Patienten mit Immunschwäche und wenn keine Besserung trotz Therapie eintritt.
Antibiotikatherapie bei CDAD Indikation: Metronidazol (4 x 250 mg oder 3 x 500 mg oral/i.v.) oder Vancomycin (4 x 125 mg oral) für 10 Tage
Metronidazol wird als Mittel der ersten Wahl angesehen, weil sich bei Vancomycin resistente Enterokokken und Staphylokokken entwickeln können.
Die Gabe von Vancomycin oral (4 x 125–4 x 500 mg) sollte bei Schwangeren, Kindern unter 10 Jahren oder bei schwerem lebensbedrohenden Krankheitsverlauf erfolgen.
Bei PMC oder toxischen Megakolon wird eine Kombinationstherapie aus Metronidazol (i.v.) mit Vancomycin mittels einer Ernährungssonde angewendet.57 58
59
57 Vgl. Marre, Mertens, Trautmann, Zimmerli: Klinische Infektiologie, 2. Auflage2008, S. 460 f.
58 Vgl.
http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Clostridium.html#doc2393684bodyText1 4 59 Vgl. http://www.labor-limbach.de/index.php?id=399
bei Auftreten des ersten Rezidivs die Therapie mit Metronidazol oder Vancomycin für weitere 10 Tage wiederholen
andere Möglichkeit: Vancomycin (oral 4x 125-250 mg) mit Saccharomyces boulardii (Perenterol®) einnehmen
In Studien zeigte Fidaxomicin eine niedrigere Rezidivrate als Vancomycin
„Therapieschema bei Rezidiven“
„1. Woche 4x 125 mg Vancomycin
2. Woche 3x 125 mg Vancomycin
3. Woche 2x 125 mg Vancomycin
4. Woche 1x 125 mg Vancomycin
1-5. Woche Perenterol®“
Tab. 5: http://www.labor-limbach.de/index.php?id=399
7.2.2.1 Hefe
Saccharomyces boulardii wurde 1923 von Henri Boulard entdeckt. Nachdem die Hefe über den oralen Weg in den Darm gelangt, beginnt sie sich dort über Sprossung zu vermehren und siedelt sich im Darm an. Diese Besiedelung ist nicht von Dauer. Die Wirkung lässt sich auf die Synthetisierung eines Eiweiß spaltenden Enzyms zurückführen, welches den Rezeptor, der für die Toxine A und B essentiell ist, zerstört.60
60 Vgl. Ruf, F. Ackermann, Grünewald, G. Ackermann: Aktuelle Therapie bei Diarrhoe, 2004, S. 28 f.
7.2.2.2 Metronidazol
Abb. 10: http://www.pharmxplorer.at/pharmxp/px/index1.php?
Metronidazol ist gegen anaerobe (Clostridium difficile) und mikroaerophile Bakterien, sowie Protozoen wirksam. Es gehört zur Gruppe der Nitroimidazole und ist unter dem Namen Arilin® im Handel zu finden.61
7.2.2.2.1 Wirkungsmechanismus
Metronidazol ist als solches nicht antimikrobiell wirksam, sondern ein Prodrug, das erst von den Mikroorganismen in eine antimikrobielle Form überführt wird. Dabei wird die Nitrogruppe im Molekül von Reduktasen zur Aminogruppe reduziert.
Die Reduktion kann unter aeroben und anaeroben Bedingungen erfolgen. Die reduzierte Form des Metronidazol schiebt sich in die DNA-Stränge der Mikroorganismen ein und führt zu DNA-Brüchen. Daraus resultiert die bakterizide Wirkung.62
7.2.2.2.2 Indikationen
zur Behandlung von Anaerobierinfektionen
pseudomembranöser Kolitis
bei verschiedenen Formen der Amöbiasis
61 Vgl. Mutschler,Geisslinger, Kroemer, Menzel, Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Auflage 2013, S. 778
62 Vgl. http://flexikon.doccheck.com/de/Metronidazol
7.2.2.2.3 Interaktionen
Es darf kein Alkohol in Kombination mit Metronidazol eingenommen werden, da die Aldehydoxidase gehemmt wird und sich das durch Alkoholentzug ähnlichen Symptomen äußert.63 64
7.2.2.3 Fidaxomicin
Abb. 11: http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Fidaxomicin
Fidaxomicin ist unter dem Namen Dificlir® in der EU 2011 auf den Markt gekommen und gehört als lokal wirkendes Antibiotikum zur Gruppe der Makrozykline. Dieses Medikament dient der therapeutischen Behandlung einer Clostridium difficile assoziierten Diarrhö.
7.2.2.3.1 Wirkung
Fidaxomicin hat eine antibakterielle Wirkung und es findet keine Absorbierung in den Organismus statt. Diese Wirkung kommt zu Stande, weil Fidamoxicin die RNA-Polymerase hemmt, die wiederum die Hemmung der RNA-Synthese bewirkt.65 66
63 Vgl. Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Menzel, Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Auflage 2013, S. 779
64 Vgl. http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Metronidazol
65 Vgl. http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Fidaxomicin
66 Vgl. Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Menzel, Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Auflage 2013, S. 779
7.2.2.3.2 Interaktionen
Fidaxomicin ist ein Substrat und moderater Inhibitor des Transportproteins P- Glykoprotein.
Die gleichzeitige Gabe von starken P- Glykoprotein- Inhibitoren (z.B. Ciclosporin, Erythromycin etc.) sollte vorsichtshalber vermieden werden.67
7.2.2.4 Vancomycin
Abb. 12: http://www.pharmxplorer.at/pharmxp/px/index1.php?
7.2.2.4.1 Wirkungsspektrum
Vancomycin gehört zur Gruppe der Glykopeptide. Es wirkt nur gegen aerobe und anaerobe grampositive Bakterien, bei gramnegativen Bakterien ist Vancomycin nicht wirksam, weil es die äußere Zellmembran wegen seiner Molekülgröße nicht passieren kann. Auf Grund des häufigen Einsatzes kommt es immer mehr zur Ausprägung einer Resistenz.
67 Vgl. Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Menzel, Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Auflage 2013, S. 779
7.2.2.4.2 Wirkungsmechanismus
Der Wirkungsmechanismus beruht auf Hemmung der Mureinsynthese. Durch Bindung an das endständige D-Alanyl-D-alanin des UDP-Muramylpentapeptids verhindern sie wegen ihrer Größe die Kettenverlängerung der Peptidoglykanketten und ihre Quervernetzung.
7.2.2.4.3 Nebenwirkungen
Ototoxizität
Nephrotoxizität
allergische Hautreaktionen
Entzündungen am Injektionsort
7.2.2.4.4 Interaktionen
Es kann bei gleichzeitiger Gabe von oto- oder nephrotoxischen Pharmaka zu Störungen des Hör- und Gleichgewichtssinns kommen.
7.2.2.4.5 Kontraindikationen
Vancomycin darf nicht verabreicht werden, wenn eine Schwangerschaft vorliegt, bei akutem Nierenversagen und bei Schwerhörigkeit.68
68 Vgl. Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Menzel, Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Aulage 2013, S. 754 f.
7.3 Rotaviren
Abb. 13: http://www.virology.uct.ac.za/teachgastro.html
Das Rotavirus hat seinen Namen auf Grund der radähnlichen Form erhalten. Erst im Jahr 1973 wurden Rotaviren in den Dünndarmbiopsien von Kindern entdeckt. Rotaviren gehören zur Familie der Reoviridae. Sie sind unbehüllte RNA-Viren und bestehen aus einem dreischichtigen Kapsid mit einem Durchmesser von 75 nm, in dessen Inneren ein doppelsträngiges RNA-Genom, (dsRNA) aufgebaut aus 11 Segmenten, eingebettet ist.
Rotaviren lassen sich in 7 verschiedene Serogruppen unterteilen (A-G), wobei das am häufigsten auftretende Rotavirus, für Durchfallerkrankungen, der Serogruppe A mit dem Serotyp G1 angehört. Die Proteine VP2 und VP6 bilden die innere und mittlere Kapsidschale des Virus und ermöglichen die Serogruppenzuordnung.
Die äußere Schale wird vom VP 7 Glykoprotein aufgebaut, aus welcher 60 Spikes von VP 4 Dimeren ragen. Gegen diese Strukturproteine sind neutralisierende Antikörper gerichtet.69 70
7.3.1 Epidemiologie
Rotaviren zählen zu den Hauptursachen für virale Gastroenteritiden, vor allem im Kleinkindalter, wo jedes Kind unter 5 Jahren mindestens einmal an Durchfall erkrankt.
69 Vgl. Marre, Mertens, Trautmann, Zimmerli: Klinische Infektiologie, 2. Auflage 2008, S. 434 f.
70 Vgl. Neumeister, Geiss, Braun, Kimmig: Mikrobiologische Diagnostik, 2. Auflage 2009, S. 831 f.