Hans Walser, [20140424]
p,q-Matrix
Anregung: R. S., C.
1 Worum geht es?
Für 0<p<1 und q=1−p untersuchen wir die Matrix:
A= p q q p
⎡
⎣⎢
⎢
⎤
⎦⎥
⎥
Die Matrix hat die Zeilensummen und Spaltensummen 1. Sie ist also ein Sonderfall einer stochastischen Matrix.
Es entsteht ein Link zur Binomialverteilung.
2 Daten Determinante:
det(A)= p2−q2 =
(
p+q)
!"#1
(
p−q)
= p−qEigenwerte und Eigenvektoren:
Charakteristische Gleichung:
λ2−2pλ+
(
p−q)
=0Eigenwerte:
λ1= p+q=1, λ2 = p−q=det
( )
A Bemerkung: Jede stochastische Matrix hat einen Eigenwert 1.Eigenvektoren:
u!1= 1 1
⎡
⎣⎢ ⎤
⎦⎥, !
u2 = −1 1
⎡
⎣⎢ ⎤
⎦⎥
Bemerkung: Die Matrix A ist symmetrisch. Bei jeder symmetrischen Matrix sind die Eigenvektoren orthogonal.
3 Beispiel
Wir wählen p= 23, also:
A=
23 1 3 1 3 2
3
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
, det
( )
A =13 Potenzen der Matrix und Umformung:Matrix:
A=
23 1 3 1 3 2
3
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
=
12+16 12−16
1
2−16 12+16
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
= 12 1+13 1−13 1−13 1+13
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
= 12 1+det
( )
A 1−det( )
A1−det
( )
A 1+det( )
A⎡
⎣
⎢⎢
⎤
⎦
⎥⎥
Quadrat der Matrix:
A2 =
59 4 9 49 5 9
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
=
12+181 12−181
12−181 12+181
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
= 12 1+19 1−19 1−19 1+19
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
= 12 1+
(
det( )
A)
2 1−(
det( )
A)
21−
(
det( )
A)
2 1+(
det( )
A)
2⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥ Dritte Potenz:
A3=
1427 13 27 13 27 14
27
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
=
12 +541 12−541
1
2 −541 12+541
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
= 12 1+271 1−271 1−271 1+27
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
=12 1+
(
det( )
A)
3 1−(
det( )
A)
31−
(
det( )
A)
3 1+(
det( )
A)
3⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥ Wir sehen, wie der Hase läuft. Vermutung:
An =12 1+
(
det( )
A)
n 1−(
det( )
A)
n1−
(
det( )
A)
n 1+(
det( )
A)
n⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
4 Beweis
Die Vermutung stimmt allgemein für unsere p,q-Matrix. Wegen det
( )
A = p−q haben wir also die Vermutung:An =12 1+
(
p−q)
n 1−(
p−q)
n1−
(
p−q)
n 1+(
p−q)
n⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
Beweis induktiv, wobei wir dauernd die Relation p+q=1 verwenden:
(I) Verankerung:
A1=12 1+
(
p−q)
1 1−(
p−q)
11−
(
p−q)
1 1+(
p−q)
1⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
= 12 2p 2q 2q 2p
⎡
⎣⎢
⎢
⎤
⎦⎥
⎥= p q q p
⎡
⎣⎢
⎢
⎤
⎦⎥
⎥ (II) Induktionsschritt:
An+1=AnA= 12 1+
(
p−q)
n 1−(
p−q)
n1−
(
p−q)
n 1+(
p−q)
n⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
p q q p
⎡
⎣⎢
⎢
⎤
⎦⎥
⎥=
=12 p+p p
(
−q)
n+q−q p(
−q)
n q+q p(
−q)
n+p−p p(
−q)
nq+q p
(
−q)
n+ p−p p(
−q)
n p+p p(
−q)
n+q−q p(
−q)
n⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
=12
(
p+q)
+(
p−q)
n(
p−q) (
q+p)
−(
p−q)
n(
p−q)
q+ p
( )
−(
p−q)
n(
p−q) (
p+q)
+(
p−q)
n(
p−q)
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
=12 1+
(
p−q)
n+1 1−(
p−q)
n+11−
(
p−q)
n+1 1+(
p−q)
n+1⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥ Damit ist die Vermutung bewiesen.
5 Grenzwert
Für 0<p<1 und q=1−p ist −1< p−q<1 und damit:
n→∞lim An = 12 1 1 1 1
⎡
⎣⎢ ⎤
⎦⎥ 6 Lineare Abbildung
Wir arbeiten exemplarisch mit der Matrix:
A=
23 1 3 13 2 3
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
Im folgenden ist das Urbild grün, das Bild bei der Abbildung mit A rot und das Bild bei der Abbildung mit A2 blau eingezeichnet.
Die Abbildung 1 zeigt die Bilder des Einheitsquadrates:
Abb. 1: Bilder des Einheitsquadrates Die Abbildung 2 zeigt die Bilder des Einheitskreises.
Abb. 2: Bild des Einheitskreises
Wir sehen eine Kontraktion zur 45°-Geraden. Diese hat die Richtung des ersten Eigen- vektors. Sie ist Fixpunktgerade der Abbildung. In Richtung des zweiten Eigenvektors haben wir jeweils eine Kontraktion mit dem Faktor 13. Dies ist der zweite Eigenwert.
x1 x2
1 1
x1 x2
1 1
7 Konjugation der Matrix
Die Abbildungen 1 und 2 legen nahe, die Situation in einem gedrehten Koordinatensys- tem zu beschreiben, dessen Achsen die Richtungen der Eigenvektoren haben (Abb. 3).
Abb. 3: Neues Koordinatensystem Für die Umrechnung brauchen wir die Drehmatrix:
D= cos 45°
( )
−sin 45°( )
sin 45°
( )
cos 45°( )
⎡
⎣
⎢⎢
⎤
⎦
⎥⎥=
2
2 − 22
2
2 2
2
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
Die Matrix A* welche die Abbildung im neuen Koordinatensystem beschreibt finden wir durch Konjugation:
A*=D−1AD=
2
2 2
2
− 22 22
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
p q q p
⎡
⎣⎢
⎢
⎤
⎦⎥
⎥
2
2 − 22
2
2 2
2
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
= 1 0
0 p−q
⎡
⎣⎢
⎢
⎤
⎦⎥
⎥
In der Hauptdiagonalen von A* stehen nun die beiden Eigenwerte der Matrix. Auch das Abbildungsverhalten ist sofort klar: In Richtung der ersten Achse passiert nichts, in Richtung der zweiten Achse haben wir den Kontraktionsfaktor p−q.
Das Potenzieren wir nun einfach:
A*
( )
n =⎡ 10(
p−0q)
n⎣
⎢⎢
⎤
⎦
⎥⎥ y1 y2
x1 x2
1 1 1
1
Durch Rückkonjugation erhalten wir die Situation im ursprünglichen Koordinatensys- tem:
An =D A
( )
* nD−1= 222 − 222 2 2
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
1 0
0
(
p−q)
n⎡
⎣
⎢⎢
⎤
⎦
⎥⎥
2
2 2
2
− 22 22
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
= 12 1+
(
p−q)
n 1−(
p−q)
n1−
(
p−q)
n 1+(
p−q)
n⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
Damit hätten wir uns den Induktionsbeweis sparen können.
Weiter ist wegen −1<p−q<1:
n→∞lim
( )
A* n =n→∞lim ⎡ 10(
p−0q)
n⎣
⎢⎢
⎤
⎦
⎥⎥= 1 0 0 0
⎡
⎣⎢ ⎤
⎦⎥ Daraus erhalten wir ebenfalls durch Rückkonjugation:
2
2 − 22
2
2 2
2
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
1 0 0 0
⎡
⎣⎢ ⎤
⎦⎥
2 2
2 2
− 22 22
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
=
1 2 1
2 12 1 2
⎡
⎣
⎢⎢
⎢
⎤
⎦
⎥⎥
⎥
8 Binomialverteilung
Wir kehren nun zurück zur ursprünglichen Matrix:
A= p q q p
⎡
⎣⎢
⎢
⎤
⎦⎥
⎥
Wir interpretieren p als Wahrscheinlichkeit eines Erfolges bei einem Bernoulli- Experiment und q entsprechend als Wahrscheinlichkeit eines Misserfolges.
Für das Quadrat der Matrix A erhalten wir:
A2 = p2+q2 2pq 2pq p2 +q2
⎡
⎣
⎢⎢
⎤
⎦
⎥⎥
In der ersten Zeile ist das erste Element p2+q2 die Wahrscheinlichkeit, bei einer zwei- stufigen Bernoulli-Kette entweder zwei Erfolge oder zwei Misserfolge zu haben, das zweite Element 2pq ist die Wahrscheinlichkeit, genau einen Erfolg und einen Misser- folg zu haben. In der zweiten Zeile ist die Situation umgekehrt.
Weiter mit der dritten Potenz:
A3 = p3+3pq2 3p2q+q3 3p2q+q3 p3+3pq2
⎡
⎣
⎢⎢
⎤
⎦
⎥⎥
Hier ist p3+3pq2 die Wahrscheinlichkeit, bei drei Versuchen entweder drei oder ge- nau einen Erfolg zu haben.
Allgemein ist in An das erste Element in der obersten Zeile die Wahrscheinlichkeit, bei n Versuchen eine Anzahl Erfolge aus
{
n,n−2,n−4,n−6, ...}
zu haben, und das andere Element der obersten Zeile die Gegenwahrscheinlichkeit, also die Wahrscheinlichkeit, bei n Versuchen eine Anzahl Erfolge aus{
n−1,n−3,n−5,n−7, ...}
zu erhalten.Beweis mit Induktion.
Da für n→ ∞ die beiden Elemente den Limes 12 haben, heißt das, dass sich die beiden Wahrscheinlichkeiten annähern. Dies ist auch intuitiv klar.