• Keine Ergebnisse gefunden

Aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie bei Gicht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie bei Gicht"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Neu zugelassene Medikamente und ak- tuelle Ergebnisse zur Evidenz etablier- ter Therapien machten eine Überarbei- tung der EULAR-Leitlinien zur Gicht aus dem Jahr 2006 erforderlich. Zu diesem Zweck wurden ein systema - tischer Review und ein Update der be- stehenden Empfehlungen erstellt und, basierend darauf, die aktualisierten EULAR-Leitlinien 2016 erarbeitet.

Die EULAR-Task-Force setzte sich aus 15 Rheumatologen, einem Radiologen, zwei Allgemeinärzten, einem wissen- schaftlichen Mitarbeiter, zwei Patien- ten und drei Experten für Epidemio - logie/Methodologie aus zwölf euro - päischen Ländern zusammen. Unter Berücksichtigung der bisherigen Emp- fehlungen wurde in MEDLINE, EMBASE und der Cochrane Library nach relevanten Arbeiten zum Gicht- management aus den Jahren 2005 bis 2016 gesucht und deren Evidenz mit- tels GRADE bewertet.

Evidenzbasiertes Guideline-Update

Basierend auf dem Review der verfüg- baren Literatur, wurden drei übergrei- fende Therapieprinzipien (A–C) sowie

ein Kernsatz von elf Empfehlungen (1–11) generiert.

Therapieprinzipien

Jeder Patient, welcher an Gicht erkrankt ist, sollte umfassend über die Patho- physiologie der Erkrankung informiert werden. Er muss wissen, dass Begleit - erkrankungen auftreten können und dass es eine effektive Therapie gibt. Ins- besondere sollte dem Patienten bekannt sein, wie akute Gichtanfälle behandelt werden. Harnsäurekristalle bilden sich nicht mehr im Urin, wenn der Spiegel der Serumharnsäure (serum uric acid, SUA) im Urin niedrig gehalten wird (A; Mittelwert der Zustimmung: 8,9).

Jedem Patienten sollte zu einem gesun- den Lebensstil geraten werden. Not- wendig sind die Reduktion von Über- gewicht, das Meiden von übermässigem Alkoholkonsum und zuckergesüssten Getränken. Auf schwere Mahlzeiten sollte verzichtet und die Einnahme von Fleisch sowie Fisch und Meeresfrüch- ten gering gehalten werden (B; Mittel- wert der Zustimmung: 8,5).

Nach Begleiterkrankungen und kardio- vaskulären Risikofaktoren muss syste- matisch gesucht werden. Hierzu zählen eine eingeschränkte Nierenfunktion, koronare Herzkrankheit, Herzinsuffi- zienz, Schlaganfall, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Herzinsuffizienz, Fettsucht, Hyperlipidämie, Hyperto- nie, Diabetes und Rauchen (C; Mittel- wert der Zustimmung: 8,5).

Empfehlungen

Akute Gichtanfälle müssen schnellst- möglich behandelt werden. Der Patient sollte in der Lage sein, sich selbst zu therapieren, wenn er die ersten Warn- symptome erkennt. Die Wahl des Me- dikaments hängt unter anderem von

den Begleiterkrankungen, den Kontra- indikationen und den früheren Erfah- rungen ab (1; Evidenzlevel 1b/4, Emp- fehlungsgrad A/D, Mittelwert der Zu- stimmung: 8,4).

Empfohlen werden niedrig dosiertes Colchicin (zunächst 1 mg, später 0,5 mg pro Tag) und/oder nichtsteroidale Ent- zündungshemmer (NSAID; plus even- tuell Protonenpumpeninhibitoren), ein oral oder intraartikulär zu verabrei- chendes Kortikosteroid (30–35 mg Pred- nisolonäquivalent täglich über 3 bis 5 Tage). Colchicin oder NSAID sollten bei Patienten mit schweren Nieren- funktionsstörungen vermieden werden.

Auch darf Colchicin bei Patienten, wel- che Inhibitoren von P-Glykoprotein und/oder CYP3A4 wie Cyclosporin oder Clarithromycin erhalten, nicht ge- geben werden (2; Evidenzlevel 1b/3, Empfehlungsgrad A/C, Mittelwert der Zustimmung: 8,6).

Sind Colchicin, NSAID und Kortiko - steroide kontraindiziert, kann die Be- handlung mit Interleukin-(IL-)1-Hem- mern in Erwägung gezogen werden.

IL-1-Hemmer sind jedoch bei rezidivie- renden Infektionen kontraindiziert (3;

Evidenzlevel 1b/3, Empfehlungsgrad A/C, Mittelwert der Zustimmung: 8,1).

Die Vorbeugung akuter Gichtanfälle sollte dem Patienten verständlich er- klärt werden. Die Prophylaxe wird in- nerhalb der ersten sechs Monate als Zusatzmedikation zu einer harnsäure- senkenden Therapie (ULT) empfohlen.

Es sollte Colchicin in einer täglichen Dosierung von 0,5–1 mg gegeben wer- den (4; Evidenzlevel 2b, Empfehlungs- grad B, Mittelwert der Zustimmung:

8,1).

Die Gabe harnsäuresenkender Medika- mente sollte bei allen Patienten, bei welchen eine Gicht diagnostiziert wurde, in Erwägung gezogen werden.

Insbesondere ist eine ULT bei Patienten mit rezidivierenden Gichtanfällen, Tophi, Arthropathie und Nierensteinen indiziert. ULT wird zudem empfohlen bei jungen Patienten (< 40 Jahre), einem hohen Harnsäurespiegel (> 8 mg/dl bzw.

480 µmol/l) und Begleiterkrankungen (Nierenfunktionsstörung, Hypertonie, ischämische Herzerkrankung, Herz - insuffizienz) (5; Evidenzlevel 1b, Emp- fehlungsgrad A, Mittelwert der Zu- stimmung: 8,2).

Ziel sollte sein, den Harnsäurewert unter 6 mg/dl (360 µmol/l) zu senken

996

ARS MEDICI 212016

STUDIE REFERIERT

Aktuelle Empfehlungen

zu Diagnostik und Therapie bei Gicht

EULAR-Task-Force überarbeitet Guideline

Ein internationales Expertenteam hat auf der Basis einer umfangreichen Literaturrecherche drei aktuelle Thrapieprinzipien sowie elf aktuelle Emp- fehlungen zu Diagnostik und Therapie der Gicht erstellt.

Annals of the Rheumatic Diseases

Ein internationales Expertenteam hat die EULAR-Leitlinien im Jahr 2016 erarbeitet.

Die Ergebnisse basieren auf einer um- fassenden Literaturrecherche.

Es wurden drei aktuelle Therapieprin - zipien sowie elf aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie der Gicht erstellt.

MERKSÄTZE

(2)

(6; Evidenzlevel: 3, Empfehlungsgrad:

C, Mittelwert der Zustimmung: 8,8).

Alle harnsäuresenkenden Medika- mente sollten zunächst in niedriger Dosierung verabreicht werden. Die Dosis sollte langsam gesteigert werden, bis der Harnsäurespiegel auf unter 6 mg/dl abgesenkt wurde. Bei Patienten mit schweren Begleiterscheinungen der Gicht (Tophi, Arthropathie, häufige Gichtanfälle) sollte der Harnsäurespie- gel unter 5 mg/dl liegen (7; Evidenzlevel 3, Empfehlungsgrad C, Mittelwert der Zustimmung: 8,6).

Bei normaler Nierenfunktion wird Al- lopurinol als First-Line-Medikament empfohlen. Zunächst sollte es niedrig dosiert (100 mg/Tag) gegeben werden.

In einem Abstand von zwei bis vier Wochen sollte die Dosierung um 100 mg/

Tag gesteigert werden, bis der Harn- säurespiegel ausreichend abgesenkt wurde. Falls Allopurinol nicht genü- gend wirksam ist, sollte auf Febuxostat oder ein Urikosurikum wie Probenecid gewechselt werden (8; Evidenzlevel 1b/2b, Empfehlungsgrad A/B, Mittel- wert der Zustimmung: 8,8).

Bei Nierenfunktionsstörungen muss die Dosis von Allopurinol angepasst werden (9; Evidenzlevel 3, Empfeh- lungsgrad C, Mittelwert der Zustim- mung: 8,8).

Kann das Therapieziel nicht erreicht werden und bestehen Tophi und eine Einschränkung der Lebensqualität, ist Pegloticase indiziert (10; Evidenzlevel 1b, Empfehlungsgrad A, Mittelwert der Zustimmung: 8,2).

Die Gabe von Schleifendiuretika oder Thiaziden sollte nach Möglichkeit ver- mieden werden (11; Evidenzlevel 3, Empfehlungsgrad C, Mittelwert der

Zustimmung: 8,2).

Claudia Borchard-Tuch

Interessenlage: Die Autoren der referierten Originalarbeit geben an, diverse Honorare und Forschungsunterstützung von verschiedenen Pharmafirmen erhalten zu haben.

Quelle: Richette P et al.: 2016 updated EULAR evidence- based recommendations for the management of gout. Ann Rheum Dis 2016, Jul 25. pii: annrheumdis-2016-209707.

doi: 10.1136/annrheumdis-2016-209707.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bei ma- nifester Gichterkrankung ist neben der Akutbehandlung der Arthritis nach Klärung der Ursache für die Hyperurikä- mie eine langfristige harnsäuresenkende Therapie jedoch

Für den Hinweis, dass man zu Beginn ei- ner harnsäuresenkenden Dauertherapie einschleichend dosieren sollte, um eine abrupte Senkung der Harnsäure mit dem Risiko, einen

Dies kann beispielsweise durch eine Erhöhung nach einem purinreichen Essen, nach Al- koholkonsum sowie nach einer Hunger- kur oder eine Erniedrigung der Harn- säurekonzentration

Urikosurische Substanzen wie Probenecid (Santuril®) und Sulfinpyrazon (in der Schweiz nicht erhältlich) können bei Patienten mit normaler Nierenfunktion alternativ zu

Wird eine harnsäuresenkende Therapie eingeleitet, sollte – falls keine Kontraindikationen bestehen – zusätzlich Colchicin oder ein NSAR verabreicht werden, um

Zusammenfassend: Die historisch interessanten, aber für die Behandlung der heutigen Gicht kaum relevanten Übersichten aus der Sicht eines Spe- zialisten der Tertiärversorgung werden

Wir glauben feststellen zu können, daß polyarti- kuläre Gichterkrankungen in der männlichen Bevölkerung zunehmend sind, ohne daß typischerweise akute, monartikuläre

„Wenn auch in den letzten Jahren von gewisser Seite immer wieder versucht wurde, derartige Großver- anstaltungen als überholt zu attak- kieren und ihre Effizienz zu bezwei- feln,