• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Qualitätsoffensive im Krankenhaus: Zu kurz gedacht" (06.12.2013)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Qualitätsoffensive im Krankenhaus: Zu kurz gedacht" (06.12.2013)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 110

|

Heft 49

|

6. Dezember 2013 A 2339

M

it einer „Qualitätsoffensive“ wollen Union und SPD die Qualität der stationären Versorgung verbessern. So steht es in der Koalitionsvereinbarung, und das nicht nur einmal: Auf den drei Seiten, die die Koalitionäre den Krankenhäusern widmen, findet man beachtliche 25-mal den Begriff „Qualität“. Diese soll künftig besser erfasst, verglichen und geprüft werden.

Für schlechte Qualität gibt es dann Abzüge, gute Quali- tät wird hingegen finanziell belohnt.

Die Koalitionäre wählen also einen dirigistischen Ansatz, um etwaige Qualitätsprobleme in den Kliniken zu erkennen beziehungsweise zu korrigieren: „Messen, kontrollieren, sanktionieren – die Industrie hat diesen Weg des Qualitätsmanagements bereits in den 50er Jah- ren verlassen, weil er ineffizient ist“, kommentierte Dr. med. Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, Ende November beim Nationalen Qualitätskon- gress Gesundheit in Berlin. Modernes Qualitätsma - nagement setze hingegen voraus, Betroffene zu Betei- ligten zu machen. Entscheidend dafür sei vor allem das Führungsverhalten der Chefärzte in den Häusern. Die Bundesärztekammer hat deshalb bereits vor Jahren ein Curriculum „Ärztliche Führung“ aufgesetzt.

Auslöser für die Qualitätsoffensive in den Kranken- häusern dürfte vor allem die Mengendynamik bei besonders lukrativen Krankenhausleistungen gewesen sein. Sowohl Jens Spahn (CDU) als auch Karl W. Lau- terbach (SPD) hatten im Wahlkampf wiederholt betont, dass sie nicht allein einen veränderten Versorgungsbe- darf in der Bevölkerung oder medizintechnische Inno- vationen als Grund für gestiegene Fallzahlen bei Wir- belsäulenoperationen oder auch bei Linksherzkatheter- untersuchungen ansehen. Mit strengeren Qualitätskon- trollen in den Kliniken soll nun vermieden werden, dass medizinische Indikationen zu großzügig gestellt werden, um mehr abrechnen zu können.

Mit der Initiierung eines kontinuierlichen Verbesse- rungsprozesses in den Kliniken, um die Qualität lang- fristig zu steigern, hat das wenig zu tun. Dafür müsste vielmehr eine Atmosphäre des Vertrauens geschaffen werden, in der jede Ärztin, jeder Arzt, jede Pflegekraft

motiviert ist, Fehler aufzuarbeiten und daraus zu lernen – eben ohne Angst vor Sanktionen. Richtig verstande- nes Qualitätsmanagement ist längst noch nicht Teil der Arbeitskultur in allen Kliniken.

Und noch etwas weiß man aus dem Wahlkampf: Die Qualitätsoffensive soll auch eine Strukturbereinigung der Krankenhauslandschaft nach sich ziehen. Nachdem dies über niedrig angesetzte Fallpauschalen nur bedingt gelungen ist (weil die Politik vor Ort ihre Krankenhäu- ser zu schützen weiß), sollen nun Vergütungsabschläge für mangelhafte Qualität dafür sorgen, dass schlechte Krankenhäuser „vom Netz“ gehen. Doch Zweifel sind angebracht, ob dies gelingt. Denn die Krankenhäuser werden gerichtlich gegen solche Abschläge vorgehen;

und der Nachweis, dass eine Klinik wirklich schlechte- re Qualität abliefert, ist juristisch nur schwer zu erbrin- gen. Das eine große Problem ist die Risikoadjustierung, das andere die statistische Unsicherheit, die entsteht, wenn ein Krankenhaus beispielsweise nur zwei Pankre- asoperationen pro Jahr durchführt. Aber selbst wenn es gelingt, die Qualität justiziabel zu messen, bleibt die Wahrscheinlichkeit groß, dass das „falsche“ Kranken- haus schließen muss – die vielen Universitätskliniken im Ruhrgebiet werden im Zweifel eine höhere Qualität nachweisen können als das kleine Kreiskrankenhaus, das für die Versorgung in der Fläche aber dringend not- wendig ist.

QUALITÄTSOFFENSIVE IM KRANKENHAUS

Zu kurz gedacht

Jens Flintrop

Jens Flintrop Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik

S E I T E E I N S

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Trotzdem für alle Kolle- gen der Wunsch: Einen angenehmen Flug, keine beginnende Geburt oder einen „akuten Bauch“ unter den Pas- sagieren und nicht einmal ein hypo- glykämischer

Einige spektakuläre Beispiele aus diesem Jahr:Asklepios, mit einem Umsatz von fast zwei Milliarden Euro Marktführer, übernahm drei Lan- deskliniken in Brandenburg, Helios

Stärke richtet sich nach dem Alter und der gewünschten Leseentfer- nung: je kürzer diese ist, desto stär- ker muss die Brille sein.. Wer bisher normalsichtig war, mag mit einer

Es ist ein kostentreibender Miß- stand, daß das Krankenhaus inzwi- schen zum „Durchlauferhitzer“ und zum zeitlich begrenzten Zwischen- lager für den beruflichen Werde- gang

Sie sollten wissen, daß die Ärzte im Kranken- haus nach Anhaltszahlen von 1969 arbeiten, daß Überstun- den nicht vergütet werden und daß von Kammern und Politik verordnete Auflagen

Es geht nicht nur, wie von sei- ten der Koalition immer wieder unterstrichen wird, um die bloße Etablierung und den Berufszu- gang zweier neuer akademischer Heilberufe, nämlich

Aus den knapp zehn Jahren Erfahrung mit der Prävalenzmessung können Herausforderungen beim Messen von Qualität auf na- tionaler Ebene abgeleitet und Empfehlungen zu deren

Im Gegensatz zu den insgesamt leicht rückläufigen Ausschreibungs- zahlen wurden im ersten Halbjahr 2009 deutlich mehr Stellenanzeigen für Fachärzte von Einrichtungen des