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Archiv "Beschäftigungsverbote in der Schwangerschaft: Nach Recht und Gesetz" (15.02.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 7

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15. Februar 2013 A 289

D

as Gesetz zum Schutz der er- werbstätigen Mütter (Mutter- schutzgesetz, MuSchG) trat am 6.

Februar 1952 in Kraft und wurde zu- letzt am 23. Oktober 2012 geändert.

Es gilt nur für als Arbeitnehmer be- schäftigte Schwangere und Mütter sowie für weibliche in Heimarbeit Beschäftigte. Es gilt nicht für Selbst- ständige, Schülerinnen und Studen- tinnen. Für Beamtinnen gelten die Mutterschutz- und Elternzeitver - ordnung des Bundes beziehungswei- se die entsprechenden Rechtsver - ordnungen der Länder. Neben der Gestaltung des Arbeitsplatzes, dem Kündigungsverbot und gesetzlichen Leistungen für die werdende und stillende Mutter sind dort auch die Beschäftigungsverbote festgelegt.

Unterschieden wird ein auf die per- sönliche gesundheitliche Gefähr- dung bezogenes „individuelles“ von einem arbeitsplatzbezogenen „gene- rellen“ Beschäftigungsverbot:

Das individuelle Beschäfti- gungsverbot ist in § 3 Absatz 1 MuSchG geregelt. Dort heißt es,

„werdende Mütter dürfen nicht be- schäftigt werden, soweit nach ärzt- lichem Zeugnis Leben oder Ge- sundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung ge- fährdet ist“. Demnach können nor- male Beschwerden der Schwanger- schaft (Erbrechen bei bestimmten Gerüchen), aber auch das Vorliegen einer Risikoschwangerschaft oder die Neigung zu Fehlgeburten ein individuelles Beschäftigungsverbot begründen. Für die Aussprache ei- nes individuellen Beschäftigungs- verbots ist somit maßgeblich, ob durch die Fortführung der Beschäf- tigung die Gesundheit von Mutter oder Kind konkret gefährdet wird, und nicht, ob von dem Arbeitsplatz eine spezielle Gefährdung ausgeht.

Ein individuelles Beschäftigungs- verbot kann im Ausnahmefall auch durch besonderen psychischen Stress begründet sein (1). Werden ärztli- cherseits einzig Bedenken gegen die Fahrten zur Arbeitsstätte gel- tend gemacht, begründet dies hin- gegen kein Beschäftigungsverbot im Sinne des MuSchG (2).

Das ärztliche Zeugnis muss klar abgefasst sein und sich auf die Rechtsgrundlage beziehen. Art,

Umfang und Dauer der Beschäfti- gungsverbote und -beschränkungen sind zu vermerken. Es besteht die Möglichkeit, ein totales oder ein partielles (nur bestimmte Tätigkei- ten oder Zeiten) Beschäftigungsver- bot auszusprechen.

Das arbeitsplatzbezogene ge - nerelle Beschäftigungsverbot nach

§ 4 MuSchG zielt nicht auf den Gesundheitszustand der werdenden Mutter ab, sondern auf die Tätigkeit und ihre Auswirkungen auf die Schwangerschaft. Der Arbeitgeber hat nach der Mutterschutzverord- nung und weiteren Rechtsvorschrif- ten eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Dabei hat er Art, Aus- maß und Dauer einer Gefährdung zu analysieren und entsprechende Schutzmaßnahmen (bis hin zur Umsetzung oder gar Freistellung) abzuleiten. Dies kann auf schrift - lichem Weg fachkundigen Perso - nen übertragen werden. In der Re- gel ist der Betriebsarzt aufgrund seiner Fachkompetenz einbezogen.

Die Beschäftigungsverbote sind im MuSchG aufgeführt und in der Mutterschutzverordnung konkreti- siert. Kann eine Schwangere nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz einge- setzt werden, kann der Arbeitgeber sie nach billigem Ermessen um - setzen (3).

Im Gegensatz zum individuellen wird das generelle Beschäftigungs-

verbot somit nicht vom betreuenden Arzt, sondern vom Arbeitgeber auf Grundlage „seiner“ Gefährdungs- beurteilung und meist in Zusam- menarbeit mit dem Betriebsarzt ausgesprochen.

Weitgehend unbekannt ist das vorläufige ärztliche Beschäfti- gungsverbot. Das Bundesarbeits- gericht ermöglicht in seinem Urteil vom 11. November 1998 dem Arzt, ausnahmsweise auch ein vorläufi- ges Beschäftigungsverbot auszu- sprechen (4, 5). Wenn aus ärztlicher Sicht ernstzunehmende Anhalts- punkte dafür bestehen, dass vom Arbeitsplatz Gefahren für Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind ausgehen können, weil eine fachkundige Überprüfung des Ar- beitsplatzes nicht stattgefunden hat, kann bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts das vorläufige Beschäftigungsverbot durch einen Arzt ausgesprochen werden.

Vom individuellen Beschäfti- gungsverbot zu unterscheiden ist die Arbeitsunfähigkeit, welche ent- weder aus einer Erkrankung oder ei- nem Unfall ohne Kausalzusammen- hang zur Schwangerschaft entsteht oder sich aufgrund eines patholo - gischen Schwangerschaftsverlaufs entwickelt (zum Beispiel vorzeitige Wehentätigkeit, Blutungen, Gesto- sen). Arbeitsunfähigkeit (AU) liegt nach der Richtlinie des Gemein -

Niedergelassene Ärzte und auch Betriebsärzte werden immer wieder mit Konflikten bei gesundheitlichen Beschwerden und Beschäftigungsverboten von schwangeren Arbeitnehmerinnen konfrontiert. Die wichtigsten Gesetze und Urteile dazu

BESCHÄFTIGUNGSVERBOTE IN DER SCHWANGERSCHAFT

Nach Recht und Gesetz

S T A T U S

Foto: Eberhard Hahne

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A 290 Deutsches Ärzteblatt

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15. Februar 2013 samen Bundesausschusses vor,

wenn die Versicherte aufgrund von Krankheit ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann (§ 2 Absatz 1 Satz 1 AU-Richtli- nie). Entscheidend ist also, dass hier Beschwerden vorliegen, wel- che einen Krankheitswert haben (6). Die Abgrenzung zum indivi - duellen Beschäftigungsverbot ist nicht immer leicht, sollte aber im- mer gewissenhaft erfolgen (4).

Wird ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, hat die werdende Mutter gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf zeitlich unbegrenzte Zahlung des vollen Arbeitsentgelts (Mutterschutzlohn) nach § 11 Ab- satz 1 Satz 1 MuSchG. Dieses be- kommt der Arbeitgeber auf An- trag über das Umlageverfahren 2 (U2-Verfahren) von der Kranken- kasse der werdenden Mutter erstat- tet. Im Fall der Arbeitsunfähigkeit hat die Schwangere hingegen An- recht auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber und nach sechs Wochen Anspruch auf Krankengeld.

Die zuständige Aufsichtsbehörde der Länder für die Überwachung der Einhaltung des Mutterschutz- gesetzes kann im Zweifelsfall klä- ren, ob die konkreten Tätigkeiten und die vorhandenen Arbeitsbedin-

gungen die Gesundheit der wer- denden Mutter tatsächlich gefähr- den und ob möglicherweise ein ge- nerelles Beschäftigungsverbot be - achtet werden muss. Außerdem kann die zuständige Aufsichts - behörde in Einzelfällen Vorkehrun- gen und Maßnahmen zum Schutz der werdenden Mutter anordnen oder Beschäftigungen werdender Mütter mit bestimmten Arbeiten untersagen.

Erkennt der behandelnde Arzt eine Erkrankung oder Gesundheits- gefahren für die Schwangere, die sich aus ihrer individuellen gesund- heitlichen Situation und der beruf - lichen Tätigkeit ergeben, sollte der Arzt entscheiden, ob ein indivi - duelles Beschäftigungsverbot oder eine Arbeitsunfähigkeit attestiert werden muss. Schildert eine schwan - gere Arbeitnehmerin arbeitsplatz - bezogene Probleme, die ihre Schwangerschaft gefährden könn- ten, oder ergeben sich Hinweise darauf, sollte der Arzt seine Pa - tientin auf die Überprüfung des Arbeitsplatzes im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung und ein eventuelles arbeitsplatzbezogenes („generelles“) Tätigkeitsverbot durch den Unternehmer, in der Regel un- terstützt durch den Betriebsarzt, hinweisen. Bei Unklarheiten ist prinzipiell auch die zuständige Auf-

sichtsbehörde ansprechbar. Als hilf- reich unter Kollegen hat sich auch das direkte Ansprechen des Be- triebsarztes erwiesen.

Finanzielle Interessen der Ar- beitnehmerin oder anderer Beteilig- ter dürfen nicht dazu führen, dass anstelle einer Arbeitsunfähigkeit ein Beschäftigungsverbot attestiert wird. Neben zivilrechtlichen An- sprüchen, können sich nach § 278 Strafgesetzbuch bei vorsätzlichem Handeln auch strafrechtliche Kon- sequenzen ergeben.

Dr. med. Kareem Khan, Prof. Dr. med. Thomas Weber, Institut für Arbeitsmedizin, Prävention und

Gesundheitsförderung, HSK, Wiesbaden

LITERATUR

1. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. März 2001, Az.: 5 AZR 352/99.

2. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. August 1970, Az.: 3 AZR 484/69.

3. Nöthlichs M, Jung E, Wiegand B: Sozialer Arbeitsschutz: Kommentar zum ArbZG, JArbSchG, MuSchG und BEEG mit weiteren Vorschriften und Texten. Loseblattwerk, Berlin: Erich Schmidt 2010; 15610: § 4.

4. Behrmann J: Ärztliche Bescheinigungen und Zeugnisse – Arbeitsunfähigkeit und Mutterschutz: Unterschiede. Dtsch Arztebl 2000; 97(8): A 466.

5. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. No- vember 1998, Az.: 5 AZR 49/98, NZA 1999, 763.

6. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Oktober 2002, Az.: 5 AZR 443/01.

Der Versicherte einer Krankenkasse hat Anspruch auf Auskunft darüber, ob und welche über ihn gespeicherten Sozialdaten die Krankenkasse an welche Empfänger mit welchen Medien weiter - gegeben hat. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. Geklagt hatte eine Frau, nach deren Ansicht die beklagte Krankenkasse medizinische Daten über das Internet versandt und diese ohne Beziehung zum Sozialgesetzbuch (SGB) IX an die Stadtverwaltung und an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt hat.

Rechtsgrundlage für das Auskunftsbegeh- ren ist § 83 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 SGB X. Danach ist einem Betroffenen auf An- trag Auskunft zu erteilen unter anderem über die zu seiner Person gespeicherten Sozialda-

ten, auch soweit sie sich auf die Herkunft die- ser Daten beziehen, und über die Empfänger und Kategorien von Empfängern, an die die Daten weitergegeben werden. Der Auskunfts- anspruch umfasst darüber hinaus auch Infor- mationen über das Übermittlungsmedium, wenn dies erforderlich ist, um insbesondere das Recht auf künftiges Unterlassen, Löschung und Schadensersatz verfolgen zu können, wenn nämlich der Übermittlungsweg den Zugriff un- berechtigter Dritter eröffnet. Die Klägerin beruft sich gerade darauf, dass die Beklagte Sozial- daten ohne Schutz vor dem Zugriff unberech- tigter Dritter übermittelt habe. Dem Auskunfts- anspruch der Frau steht auch nicht entgegen, dass die Auskunft, wenn die Sozialdaten nicht

automatisiert oder nicht in automatisierten Da- teien gespeichert sind, nur erteilt wird, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auf - finden der Daten ermöglichen und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht unverhältnismäßig zu den vom Betroffe- nen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Bei Prüfung dieser Voraussetzungen ist zu beachten, dass mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Einschrän- kungen des Informationsrechts nur zulässig sind, wenn sie gegenläufigem Interesse von größerem Gewicht dienen. Grundsätzlich kann nur die Sicherung der ordnungsgemäßen Erfül- lung staatlich erstellt werden und eine Ein- schränkung des Auskunftsrecht rechtfertigen (Bundessozialgericht, Urteil vom 13. November 2012, Az.: B 1 KR 13/12 R). RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Klage auf Auskunftserteilung hinsichtlich der Weitergabe von Sozialdaten

S T A T U S

Referenzen

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