DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
N
ur kurze Zeit hat die Berliner Charite ums Überleben bangen müs- sen. Soeben hat der Senat von Berlin die (überfällige) Ent- scheidung über die Zukunft der Berliner Klinika getroffen: Alle drei sollen bestehen bleiben; die Bettenzahlen sollen insgesamt freilich um rund 1000 (auf 4000) zurückgefahren werden.Damit sind Spekulationen und Grabenkämpfe unter den drei Berliner Klinika fürs erste beendet, wenn auch gewiß noch trefflich darüber gestritten wer- den wird, welches Klinikum wie- viele Betten zu opfern hat. Zu- letzt hatten die Spekulationen die ehemalige DDR-Renom- mierklinik Charitd, die zugleich ein Bestandteil der Gesamtberli- ner Stadtgeschichte ist, getrof- fen, sollte sie doch, so lautete ein Vorschlag aus dem Westen, mit dem nahegelegenen Rudolf- Virchow-Klinikum fusioniert werden. Zu Recht hatte man bei der Charit6 befürchtet, das wer- de die Abschreibung der einst weltberühmten Einrichtung auf
Berlin
Die Charitd bleibt
einen Erinnerungsposten bedeu- ten (dazu Heft 41/1991: „Kampf der Klinika - die Charit bangt"). Soweit kommt es also nicht. Die Charite bleibt.
Die Entscheidung des Berli- ner Senats trifft zusammen mit den noch druckfrischen Emp- fehlungen des Wissenschaftsra- tes. Auch der Wissenschaftsrat spricht sich für die Fortführung aller drei Universitätsklinika in Berlin aus. Er ist weiter der An- sicht, daß acht medizinische Ausbildungsstätten der ehemali- gen DDR - neben der Charit6 jene in Greifswald, Rostock, Halle, Magdeburg, Leipzig, Jena und Erfurt - zu konkurrenzfähi- gen Einrichtungen der For- schung und Lehre weiterentwik- kelt werden sollen.
Der Wissenschaftsrat emp- fiehlt in seinem Gutachten, jene ostdeutschen Ausbildungsein- richtungen auf die eigentlichen
Hochschulaufgaben zurückzu- führen. So sollen um der Quali- tät des Medizinstudiums willen die Zulasssungszahlen um ein Viertel (gegenüber 1990) redu- ziert werden. Vor allem aber soll der Umfang der Krankenversor- gung innerhalb der Universitäts- kliniken auf das für Forschung und Lehre notwendige Maß be- grenzt werden. In der Tat nimmmt in den ostdeutschen Universitätskrankenhäusern, einschließlich der Charit6, die allgemeine Krankenversorgung einen übergroßen Raum ein.
Das wird sich indes nicht inner- halb weniger Jahre ändern las- sen. Auch der Wissenschaftsrat kommt zu dem Schluß, die Um- strukturierung der Kliniken sei zwar rasch, aber doch stufenwei- se zu bewältigen.
Um auf die Charit6 und die Berliner Situation zurückzukom- men: Für die Charit6 werden 1600 Planbetten empfohlen. Das bedeutet den Abbau von 400 Betten. Und das entspricht auch den Vorstellungen des Senats von Berlin. NJ
F
ragestellung: Gibt es eine adäquate Möglichkeit, das Arbeitnehmerjahr auf 100 Arbeitstage zu verkürzen?Methodik: In einer retro- spektiven n = 1-Studie wurden das Freizeitnahmeverhalten ei- nes Kollegen beobachtet.
Ergebnisse: Entgegen der er- warteten stochastischen Vertei- lung fiel ein gesetzmäßiger Zu- sammenhang zwischen Arbeits- unfähigkeit und high-duty Tagen auf („high-risk-for-unexpected- illness-Tage").
Pathogenese: Bei unbekann- ter Ätiologie zeigten die einzel- nen Krankheitsfälle einen mo- nomorphen Verlauf mit akutem Beginn und fulminanter kurzfri- stiger Koninua. Für die hohe Kontagiosität spricht der Befall sämtlicher Familienangehöriger.
Todesfälle wurden in der Wohn- gemeinschaft wiederholt gemel- det. Die übrigen Erkrankten er- reichten eine restitutio ad inte- grum. Für die weitgehende
Glosse
Freizeitmanagement
Handlungsunfähigkeit des Er- krankten spricht, daß nur das je- weils genesene Familienmitglied telefonische Auskünfte zum Krankenstand abgeben konnte.
Die zyklisch die Familie durch- laufende Krankheit verursachte jeweils absolute Pflegeverpflich- tung bei den Inkubierten und Rekonvaleszenten. Nicht ver- wendet in der vorliegenden Stu- die wurden Aussagen minder- jähriger Familienmitglieder über das Befinden der jeweils Er- krankten.
Schlußfolgerung: Ein proba- bilistisches Modell erlaubt im vorliegenden Fall die Vorher- sage nahender Arbeitsunfähig- keit. Folgende Verhaltensweisen der Beobachtungseinheit zeig- ten Prädiktionswert für einen Krankheitsfall:
1. Andeutung von Erkran- kungen in der Familie; 2. Inten- sives Tauschbemühen bei Be- reitschaftsdiensten; 3. Termi- nierung von Funktionsdiagno- stik in die Dienstzeit von ande- ren Kollegen; 4. Konkreter Hin- weis auf eigene Befindensstö- rung.
Diskussion: Die regelmäßige Überprüfung des eigenen Befin- dens und die konsekutive Kopp- lung von Freizeitausgleich mit kurzfristigen Arbeitsunfähigkei- ten in unmittelbarem Anschluß erlaubt mehr als eine Verdopp- lung des tariflich garantierten Freizeitumfanges. Hierzu sollte eine konsequente Fortsetzung von freien Fortbildungsnachmit- tagen über situative multikausal begründete Fehlzeiten ins Wo- chenende folgen.
Literatur: Jahreskalender
1992 mit deutlicher Markierung von Fest- und Feiertagen. Frei- zeitführer 1992. Kongreßkalen- der 1992. Martin P. Wedig
Dt. Ärztebl. 88, Heft 42, 17. Oktober 1991 (1) A-3469