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Archiv "Zukunft der Berliner Hochschulmedizin: Alle Klinika überleben" (09.08.1993)

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Die Charit6 bleibt die Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität. Foto: omw POLITI

den, daß fast alle kreativen Geister unserer Regionen nach der Privati- sierung verstummten. Man kann sich aber auch westliche Kongreßpro- gramme und Zeitschriften durchse- hen: Zwei Drittel der Beiträge stam- men von Universitäten und For- schungseinrichtungen, aber etwa ein Drittel aus praktisch tätigen Einrich- tungen der kommunalen Medizin.

Stimmen privater Einrichtungen sucht man vergeblich. Warum wer- den denn an städtischen Krankenan- stalten und entsprechenden Institu- ten Lehrbücher von Weltgeltung ge- schrieben und in den benachbarten gleichgroßen Privatinstitutionen

Das Gezerre um Berlins Hoch- schulmedizin hat ein paar Jahre ge- dauert. Die scheinbar verläßliche Grundsatzentscheidung, alle drei Universitätsklinika zu erhalten (wie vom Wissenschaftsrat empfohlen), schien immer wieder in Frage ge- stellt. Denn zur Bedingung ihres

KOMMENTARE / KURZBERICHTE

nicht? Dabei wäre eine praxisorien- tierte epidemiologische Forschung der niedergelassenen Ärzte dringend notwendig. Die wirklich großen Inno- vationen der Medizin sind nicht

„freiberuflich" entstanden — die Forschung an den Max-Planck-Insti- tuten und den Krebsforschungszen- tren kommt ohne EBM-Katalog aus.

Auch das sollte zu denken geben.

Anschrift des Verfassers:

Priv. Doz. Dr. Peter Stosiek Institut für Pathologie Carl-Thiem-Klinikum Thiemstraße 111 03048 Cottbus

Fortbestehens hatte die Regierung des Stadtstaates drastische Einspa- rungen verfügt: Bis 1995 Abbau von insgesamt tausend Betten (so daß je- dem Klinikum nur 1 350 bleiben) und Zulassung von zusammen nur 600 Studienanfängern pro Jahr, außer- dem Reduktion der staatlichen Mit-

tel für Forschung und Lehre um jähr- lich bis zu 70 Millionen DM.

Diese Kürzung wurde in eine Sperre umgewandelt und mit einer Auflage gekoppelt: Die drei Klinika sollten sich einigen, wer auf welche Spezialgebiete verzichtet, weil nicht unbedingt alles dreimal in der Stadt vertreten sein müsse. Bis zum 31. Ja- nuar 1992 mußten sie ihr gemeinsa- mes Sparkonzept vorlegen. Das Er- gebnis war kläglich. Kein Klinikum wollte den eigenen Gürtel enger schnallen, jedes nur die der anderen.

Später räumte Wissenschaftssenator Manfred Erhardt ein, zu diesem Zeitpunkt habe er auch nichts ande- res erwartet. Deshalb beauftragte er eine (vom Berliner Hochschulrecht gar nicht vorgesehene) Experten- kommission, ein Strukturkonzept für die örtliche Hochschulmedizin zu er- arbeiten.

Schon vorher aber hatten die sechs nach dem Berliner Hochschul- ergänzungsgesetz berufenen Struk- tur- und Berufungskommissionen der Charit6 ihre Aufgabe in Angriff ge- nommen, die Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität strukturell und personell zu erneuern. Vor allem die sechste dieser Kommissionen hatte sich mit der künftigen Gestalt der traditionsreichen Fakultät zu be- fassen. Die Charit6 ist nämlich kein reines Klinikum: Auf ihrem Campus oder in seiner Nähe befinden sich auch sämtliche vorklinischen Institu- te. Dagegen hat die Freie Universität einen — von ihren beiden Kliniken auch räumlich getrennten — Fachbe- reich Grundlagenmedizin.

Nach anderthalbjähriger Arbeit legte die sechste Strukturkommission im Juli 1992 ihren Abschlußbericht vor. Danach soll die bisherige Struk- tur der Charit6 bis auf einige ent- behrliche Zutaten aus DDR-Zeiten bestehen bleiben. Das Papier enthält aber auch Reformvorschläge: Durch- lässige Grenzen zwischen den Fä- chern, interdisziplinärer Unterricht, keine starre Trennung mehr zwi- schen Vorklinik und Klinik. Als Vor- sitzender der Kommission wies der Würzburger Internist Prof. Dr. Kurt Kochsiek darauf hin, daß dies den Leitlinien des Wissenschaftsrates für die Reform des Medizinstudiums entspricht.

Zukunft der Berliner Hochschulmedizin

Alle Klinika überleben

Inzwischen steht endgültig fest, daß Berlin seine drei Hochschulklinika behält und daß sie alle drei bleiben, wo sie sind. Das Klinikum Steglitz und das Klinikum Rudolf Virchow gehö- ren auch künftig zur Freien Universität. Die Charit6 bleibt in Berlin-Mitte und Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität.

A1 -2108 (20) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 31/32, 9. August 1993

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POLITIK

Der Fakultätsrat akzeptierte die Empfehlungen einstimmig, und Ende 1992 schloß sich auch das Kuratori- um der Humboldt-Universität an.

Endlich schien es Planungssicherheit für die Charite zu geben. Da aber legte Anfang 1993 die vom Berliner Wissenschaftssenator berufene Ex- pertenkommission unter Prof. Dr.

Peter Scriba (München) ihre Vor- schläge vor. Der wichtigste: Das Kli- nikum Rudolf Virchow sollte aus der Freien Universität herausgelöst und, neben dem der Charite, organisato- risch der Humboldt-Universität zuge- schlagen werden. Dadurch könne in Berlin-Mitte „wieder eine nationale und internationale Spitzenstellung in der Konkurrenz der medizinischen Lehr- und Forschungsstätten erreicht werden", heißt es in dem Bericht.

Das Klinikum Steglitz sollte als Ein- richtung an der Freien Universität bleiben.

Damit waren beide Universitä- ten keineswegs einverstanden. Der Akademische Senat der Freien Uni- versität vermochte in dem Vorschlag keine Einsparungen zu erkennen.

Auch der Fakultätsrat der Charite lehnte die Empfehlungen ab. Dekan Harald Mau fühlte sich durch die

„Gigantomanie" des Vorschlags ei- ner Mega-Fakultät mit fast 3 000 Betten und 10 000 Mitarbeitern „an die Zeit vor 1989 erinnert". Die Cha- rite-Ärzte und -Schwestern fürchte- ten, die Umarmung durch das West- Berliner Klinikum könne zum Wür- gegriff werden, der von der Fakultät in Berlin-Mitte nichts als den guten Namen übriglassen würde.

Eine Zwangs-Ehe aber sollte es nicht werden, sagte Wissenschaftsse- nator Erhardt schon bei der Vorstel- lung dieses Konzepts. Später ließ er deutlich durchblicken, daß er die Ex- pertenkommission nur berufen habe, um ihre Empfehlungen als Druckmit- tel benutzen zu können. In der Tat ließen sich jetzt die drei Berliner Kli- nika dazu bewegen, unter Moderati- on des Wissenschaftsressorts gemein- same Sparvorschläge zu erarbeiten.

Das künftige Konzept sieht so aus:

Es wird weiterhin drei Klinika geben, jedes mit integrierter Vorkli- nik; also drei komplette medizinische Fachbereiche (oder Fakultäten). Je- de soll nur 200 Studienanfänger jähr-

KURZBERICHTE

lich zulassen und nicht mehr als 100 Hochschullehrer beschäftigen (was den Wegfall von insgesamt 70 Hoch- schullehrerstellen bedeutet). Zehn davon sollen flexibel besonders wis- senschaftlichen Schwerpunkten zu- geordnet werden können. Hinzu kommen 31 gemeinsame Stellen für Fachgebiete, die künftig in Berlin nur einmal vertreten sein sollen. Es wird vorgeschlagen, sie in zwei — im Cha- rite-Gelände zu lokalisierenden — Zentren zusammenzufassen, einem humanwissenschaftlichen (unter an- derem mit Psychologie, Soziologie, Ethik, Sozialmedizin) und einem ge-

„Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos”, kommentierte Dr.

Hans-Georg Fritz, Leiter des Sicher- stellungsausschusses der KV Berlin, den durch das GSG geschaffenen Engpaß bei den Niederlassungen. Al- lein in der Bundeshauptstadt lägen über 1 500 Zulassungsanträge vor.

Einerseits seien durch die ab 1. Okto- ber 1993 greifende Bedarfsplanung die Niederlassungsmöglichkeiten für Ärzte, die ihre Ausbildung noch nicht oder gerade erst abgeschlossen haben, schwer eingeschränkt. Ande- rerseits fühlten sich auch Inhaber be- reits bestehender Einzelpraxen durch den aufkommenden Konkur- renzdruck und durch wirtschaftliche Vorgaben des Gesetzgebers in ihrer Existenz bedroht. Der geschätzte Ge- winneinbruch je Arzt bei gedeckelter Gesamtvergütung liege bei durch- schnittlich rund 20 Prozent, zitierte Fritz den Hauptgeschäftsführer der

sundheitswissenschaftlichen (z.B. mit Epidemiologie, Versorgungsfor- schung, Allgemeinmedizin).

Auch einige teure und prestige- trächtige klinische Subspezialitäten wird es nicht in allen drei Klinika ge- ben. So sollen zum Beispiel Herz- transplantationen dem Deutschen Herzzentrum vorbehalten sein, die sonstige Herzchirurgie soll außerdem nur noch in der Charite stattfinden.

Für eine Übergangszeit wurden ihr zu den 100 Hochschullehrerstellen sogar noch neun zusätzliche zuge- standen, die beim Ausscheiden der jetzigen wegfallen. Rosemarie Stein

Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, Dr. Rainer Hess.

Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma sieht der selbst in einer Gemeinschaftspraxis niederge- lassene Internist Dr. Fritz in Koope- rationen. Zu diesem Zweck infor- mierte die KV Berlin mit Unterstüt- zung eines Rechtsanwalts auf zwei öffentlichen Veranstaltungen über verschiedene Möglichkeiten der Zu- sammenarbeit von ambulant tätigen Ärzten. „Vielfach besteht auch bei kooperationswilligen Ärzten wegen mangelnder Information eine große Scheu vor dem Schritt in eine ,Part- nerschaft'. Die Praxisbörse soll dazu dienen, diese Scheu zu überwinden", kommentierte Fritz die Aktion.

„Eine Gemeinschaftspraxis hat mehrere Vorteile", beschrieb der In- ternist seine persönlichen Erfahrun- gen. Abgesehen davon, daß in einer Kooperation in der Regel besser ge-

Kooperationen:

Arche Noah für die Seehofer-Springflut

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin fühlt sich in die Pflicht genommen. Der Grund:

Die „Seehofer-Springflut", wie der Niederlassungsboom der rund 16 000 jungen Ärzte lapi- dar genannt wird, die aufgrund der durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) festgeleg- ten Bedarfsplanung in den Markt drängen. Hier will die KV Berlin mit einer „Praxisbörse"

helfen. Mittels dieser Börse, zu der in Berlin zwei Informationsveranstaltungen stattfanden, sollen kooperationswillige Ärzte zusammengebracht werden.

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 31/32, 9. August 1993 (21) A1-2109

Referenzen

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