A 1414 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 29–30|
22. Juli 2013KÜNFTIGES WISSENSCHAFTSSYSTEM IN DEUTSCHLAND
Universitäten sollen „Herzstück“ bleiben
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat fordern mehr Geld für die Universitäten. Auch der Medizinische Fakultätentag und die Universitätsklinika sehen dem Auslaufen der bisherigen Förderprogramme mit Sorge entgegen.
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er Wettbewerb zur Förde- rung der Spitzenforschung hat die deutsche Wissenschaftsland- schaft verändert wie kaum ein an- deres Hochschulsonderprogramm.Dabei war der Widerstand zunächst groß, als vor neun Jahren die dama- lige Bildungs- und Forschungsmi- nisterin Edelgard Bulmahn (SPD) einige Universitäten im Rahmen der Exzellenzinitiative „zu interna- tional sichtbaren Leuchttürmen der Forschung“ ausbauen wollte.
Nun steht das deutsche Wissen- schaftssystem abermals an einem Scheideweg: 2017 läuft die Exzel- lenzinitiative aus. Sie hat den Uni- versitäten – ebenso wie den beiden anderen großen Sonderprogrammen des Bundes und der Länder, dem Hochschulpakt und dem Pakt für Forschung und Innovation – in den letzten Jahren dringend erforder - liche Mittel beschert. Diese stop- fen derzeit zumindest einige der Finanzlücken, die mit der Födera- lismusreform und dem Rückzug des Bundes aus der direkten Hochschul finanzierung entstanden sind.
Angesichts des Auslaufens die- ser Förderungen fordern der Verband der Universitätsklinika (VUD) und der Medizinische Fa- kultätentag (MFT), die Universitä-
ten und insbesondere die Hoch- schulmedizin finanziell besser aus- zustatten. „Die Universitätsklinika und medizinischen Fakultäten brau- chen eine angemessene und verläss- liche Förderung ihrer Investitionen.
Dabei dürfen die gezielte Förde- rung einiger weniger Leuchttürme und die Absicherung der Finanzie- rung über die gesamte Breite der Hochschulmedizin nicht gegenein - ander ausgespielt werden. Beides ist notwendig“, betont Prof. Dr.
Heyo Kroemer, Präsident des MFT.
Auch der Vorsitzende des VUD, Prof. Dr. med. Michael Albrecht, fordert den Bund auf, wieder in die Finanzierung von Forschung und Lehre einzusteigen.
Rückendeckung erhalten die Or- ganisationen jetzt vom Wissen- schaftsrat und der Deutschen For- schungsgemeinschaft (DFG). In seinen Empfehlungen zur Weiter- entwicklung des deutschen Wissen- schaftssystems von Mitte Juli for- dert der Wissenschaftsrat Bund und Länder auf, möglichst bereits im nächsten Jahr einen „Zukunftspakt“
für Forschung und Lehre bis 2025 zu schließen, der die drei auslaufen- den Pakte ablösen soll. Kernpunkt der Empfehlungen ist eine Stärkung der Hochschulen durch eine erhöhte Grundfinanzierung. „Das Wissen-
schaftssystem braucht keine Revo- lution“, betonte der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Prof. Dr. Wolf- gang Marquardt. Die Politik müsse jedoch klare Prioritätensetzungen vornehmen, und die wissenschaftli- chen Einrichtungen müssten sich stärker profilieren.
Auch die DFG stellte sich bei der Vorstellung ihres Positionspapiers zur Zukunft des Wissenschaftssys- tems in Deutschland am 4. Juli hin- ter die Universitäten und forderte für diese eine deutlich bessere fi- nanzielle Grundausstattung. „Die Universitäten sind das Herzstück des Wissenschaftssystems und wer- den es auch in Zukunft bleiben“, betonte DFG-Präsident Prof. Dr.
Peter Strohschneider bei der Prä- sentation des Papiers in Berlin. Die- ses sieht vor, die drei großen Son- derprogramme des Bundes und der Länder in eine „Rahmenvereinba- rung kooperative Wissenschaftsfi- nanzierung“ münden zu lassen.
„Wir sind in Deutschland bezüglich der Finanzierung in eine riskante Schieflage geraten. Während die außeruniversitäre Forschung ver- lässlich, stabil und auskömmlich fi- nanziert ist, stagnieren die von den Ländern getragenen Grundhaushal- te der Universitäten oder sinken gar – ungeachtet eines insgesamt wach- senden Budgets für die Wissen- schaft“, warnte Strohschneider.
In ihrem Positionspapier skiz- ziert die DFG – ähnlich dem Wis- senschaftsrat – konkrete Vorschläge für ein künftiges Wissenschaftssys- tem: So sollen die bisherigen Mittel für die Graduiertenschulen und Ex- zellenzcluster dauerhaft in das Pro- grammportfolio und den Haushalt der DFG übergehen. Die Exzellenz- cluster sollten in den Universitäten verortet bleiben und weiterhin fi- nanziert werden können.
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Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann Nicht nur For-
schung, sondern auch Lehre: Auf die besondere Be- deutung der Univer- sitäten im Wissen- schaftssystem ver- weisen sowohl der Wissenschaftsrat als auch die Deut- sche Forschungs- gemeinschaft.
Foto: picture alliance