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Archiv "In der Zwickmühle" (04.09.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DER KOMMENTAR

D

ie Krankenkassen sehen sich in einer mißlichen Lage, was den von ihnen landauf, land- ab geforderten rigorosen Abbau der Überkapazitäten bei den vor- gehaltenen Krankenhausplanbet- ten betrifft. Von einem nicht be- darfsgerecht strukturierten Ange- bot an stationären Krankenhaus- leistungen, von Fehlbelegung, von einem nicht funktionieren- den, weil ineffizienten vertrauens- ärztlichen Dienst, von zu geringen Einflußmöglichkeiten der Kran- kenkassen ist da die Rede.

Ein Schlaglicht auf die prekäre und kostentreibende Situation gab — aus der Sicht der Kranken- kassen — kürzlich der Geschäfts- führer des Landesverbandes der Ortskrankenkassen in Bayern, Hans Sitzmann, vor einem Exper- tenkreis von AOK-Direktoren und Krankenhausreferenten des Bun- des und der Länder: Der Betten- überhang einerseits und die nach- frageschaffende Sogwirkung zu- sätzlicher stationärer Leistungen andererseits hätten die Kranken- kassen als machtlose Zahlväter völlig ausgepowert.

Die tatsächliche Versorgungssi- tuation in Bayern stünde im kras- sen Widerspruch zu den Versor- gungsnotwendigkeiten und den fi- nanziellen Möglichkeiten, so Sitz- mann. Danach entfällt zur Zeit die Hälfte der Krankenhauspflegeta- ge auf sozialversicherte Rentner, die erfahrungsgemäß einen ho- hen Anteil von nicht akut behand- lungsbedürftigen Patienten dar- stellen. LdO-Sitzmann hat konkre- te Anhaltszahlen darüber, daß ins- besondere chirurgische Abteilun- gen der somatischen Akutkran- kenhäuser bis zu 30 Prozent fehl- belegt würden. Von den 62 000 bis 63 000 Krankenhausplanbetten, die im Flächenstaat Bayern aus öf- fentlichen Mitteln vorgehalten und deren Betriebskosten über Pflegesätze von den Krankenkas- sen und anderen Sozialleistungs- trägern finanziert werden, entfal- len etwa 40 000 Betten auf Abtei- lungen der Inneren Medizin und der Chirurgie. Daraus ließe sich

DA-Karikatur: Peter Bensch, Köln

nach Sitzmanns Rechnung fol- gern, daß etwa 10 000 Akutbetten mit chronisch Kranken oder rei- nen Pflegefällen völlig fehlbelegt

In

derZwickmühle

sind und zu den (zu teuren) Akut- Pflegesätzen abgerechnet wer- den. Hinzu komme, was auch schmerzlich auf die Etats der Krankenkassen drücke: Weitere 9000 Betten seien wegen der de- mographischen Entwicklung nicht bedarfsnotwendig.

Es ist allzu verständlich: Die Orts- krankenkassen sind bestrebt, auch mit Hilfe des neuen Kran- kenhausfinanzierungsgesetzes (KHNG) und der am 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten- den Bundespflegesatzverordnung alle Hebel in Bewegung zu set- zen, um mehr Einfluß auf die Quelle des Kostengeschehens zu nehmen, nämlich die Landesbe- darfsplanung, die Strukturierung des Leistungs- und Bettenange-

botes, die Auslastung und die Ausstattung der Abteilungen und Sondereinrichtungen.

Sitzmann will sich nicht mit der gängigen „Tabu-These" zufrie- dengeben, die da suggeriert, die gesetzliche Krankenversicherung dürfe sich nicht für eine Arbeits- platzvernichtung stark machen, indem sie für die Stillegung gan- zer Klinikabteilungen und die Schließung von politisch tabui- sierten Krankenhäusern eintrete.

AOK-Direktor Hans Sitzmann, nie um ein markiges Wort verlegen, erklärte im Haus des AOK-Bun- desverbandes: „Wir werden in der Front der Kostendämpfer mitmar- schieren, nicht aber die Fahne vorantragen und schon gar nicht den Kopf hinhalten für Versäum- nisse jener, die den Krankenkas- sen vorschnell den Schwarzen Pe- ter für die Ausgabenentwicklung im stationären Bereich zuschie- ben wollen."

Einmal abgesehen davon, daß die von den Krankenkassen offenbar als alleinige Meßlatte propagierte Krankenhauskapazität, die Zahl der Krankenhausbetten also, kein sinnvoller Parameter ist, um die Krankenhausleistungen und das Versorgungsniveau zu messen, so sollten die Krankenkassen sich kritischen Fragen an die eigene Adresse nicht verschließen:

Wenn schon über eine angebliche Fehlbelegung der Akutkranken- häuser mit reinen Pflegefällen und in einer Höhe von 30 Prozent geklagt wird, muß man sich fra- gen, warum die Krankenkassen überhaupt bereit sind, die Kosten für „reine Pflegefälle" zu über- nehmen. Gehen sie zu großzügig mit der Auslegung und Anwen- dung der §§182 und 184 der

Reichsversicherungsordnung (RVO) um? Was sagt die Landes- aufsichtsbehörde? Ist denn kein

Ortskrankenkassenversicherter bereit, Klage beim Sozialgericht wegen angeblicher Mittelver- schwendung seitens seiner Versi- cherung zu erheben?

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 36 vom 4. September 1985 (21) 2529

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

In der Zwickmühle DIE GLOSSE

Andererseits gibt es doch seit eh und je den vertrauensärztlichen Dienst. Die Krankenkassen haben die Möglichkeit, diesen unabhän- gigen Dienst in den angezeigten Fällen auch bei stationärer Ver- sorgung einzuschalten. Vielfach ist es aber so, daß die Kranken- kassen die Zügel beim vertrauens- ärztlichen Dienst in dem Maße schleifen lassen, wie die Arbeitge- ber während der Sechs-Wochen- frist zur arbeitsrechtlichen Lohn- und Gehaltsfortzahlung verpflich- tet sind, die Krankenkassen also zumindest für das Krankengeld nicht finanziell einstehen müssen.

Aber auch ein anderer Umstand (um nicht zu sagen: Mißstand) muß zum Nachdenken anregen:

Immer mehr RVO-Krankenkassen (nicht nur die Ersatzkassen) schließen auch mit solchen Kran- kenhäusern Versorgungsverträge (gemäß § 371 RVO), die außerhalb des Landeskrankenhausbedarfs- planes stehen und auch nicht un- ter das Krankenhausfinanzie- rungsgesetz fallen.

Dies nicht etwa, weil eine beson- dere Bedarfsnotwendigkeit be- steht, sondern vielmehr nur des- wegen, weil sich eine bestimmte Kassenart oder eine bestimmte Krankenkassenklientel aus dem Angebots- und Konkurrenzme- chanismus der mitkonkurrieren- den Kassen herausheben will.

Hier wäre der Hebel anzusetzen, riet Ministerialdirektor Karl Jung vom Bundesarbeitsministerium den Krankenkassen, statt perma- nent über alles und jedes zu kla- gen. Bund und Länder wollen die Krankenkassen in ihren Kosten- dämpfungsbemühungen nicht im Stich lassen, wie diese es glauben machen möchten. Nur müssen die Krankenkassen selbst dazu bei- tragen, was in ihrer Macht steht.

Sonst läuft der stationäre Sektor weiter aus dem Ruder, trotz KHNG und trotz aufpolierter Bundespfle- gesatzverordnung — wie gehabt.

Harald Clade

Fetzig, flockig, dynamisch

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