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und Funktionstraining, Heil- und Hilfs- mittelversorgung, Arzneimittelversor- gung, psychotherapeutische Leistungen) und zur Wiedereingliederung in das so- ziale Umfeld bzw. zur psychosozialen Be- treuung.
Der Entlassungsbericht soll dem Ver- sicherten auf Wunsch übermittelt wer- den.
(5) Wird während einer ambulanten oder stationären Leistung zur medizini- schen Rehabilitation erkennbar, dass der bisherige Arbeitsplatz des Versicherten gefährdet ist oder andere Leistungen zur Teilhabe notwendig sind, unterrichtet die Rehabilitationseinrichtung die Kranken- kasse.
§ 14 Sicherung des Rehabilitationserfolges
(1) Vertragsarzt und Krankenkasse wirken gemeinsam mit dem Versicherten darauf hin, dass die Empfehlungen für weiterführende Maßnahmen zur Siche- rung des Rehabilitationserfolges (z. B.
Nachsorge, stufenweise Wiedereingliede- rung, Leistungen zur Teilhabe am Ar- beitsleben) umgesetzt werden.
(2) Ergibt sich während der Rehabi- litationsmaßnahme oder aus dem Ent-
lassungsbericht, dass weitere Leistun- gen zur Teilhabe angezeigt sind, für wel- che die Krankenkasse als Rehabilitati- onsträger nicht zuständig ist (Leistun- gen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft), leitet sie das weitere Verfahren gemäß der
§§ 10 und 11 SGB IX ein und unterrich- tet den Versicherten gemäß § 14 Abs. 6 SGB IX.
§ 15 In-Kraft-Treten
Diese Richtlinien treten zum 1. April 2004 in Kraft.
Köln, den 16. 03. 2004 Der Vorsitzende
des Gemeinsamen Bundesausschusses Dr. Hess
Anlage 2-4 Anlage 2-3
Für die Frage, ob eine Rehabilitation indi- ziert ist, sind die individuellen Auswirkun- gen einer Krankheit im Alltag maßgeblich sowie die Faktoren,die darauf Einfluss neh- men. Die WHO stellt für die Beschreibung dieses Bedingungsgefüges mit der ICF ein Klassifikationssystem zur Verfügung.
Wegen seiner Bedeutung für die Rehabi- litation wird es im Folgenden erläutert.
1. Ziel und Zweck der ICF
Die ICF gehört zu der von der WHO entwickelten „Familie“ von Klassifikatio- nen für die Anwendung auf verschiedene Aspekte der Gesundheit. Sie ist die wei- terentwickelte Form der Internationalen Klassifikation der Schädigungen, Fähig- keitsstörungen und Beeinträchtigungen (ICIDH), die erstmals 1980 von der
Anlage 3
Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und
Gesundheit (ICF)
– Erläuterungen und Begriffsbestimmungen –
WHO zu Versuchszwecken veröffentlicht wurde.1
Krankheitsfolgen wurden bisher mit der ICIDH unterschieden in
– Schädigungen der Struktur und/oder Funktion von Organen und Organsystemen – Fähigkeitsstörungen der betroffenen Person bezüglich ihrer Aktivitäten im Alltag – Beeinträchtigungen in der sozialen Rolle und systematisch geordnet.
Die ICIDH wurde von der WHO wei- terentwickelt zur ICF. Diese erlaubt eine bessere Differenzierung der Schädigun- gen, eine Zusammenfassung oder Tren- nung von Aktivitäten und Teilhabe und berücksichtigt äußere und innere Einflüs- se auf Funktionsfähigkeit und Behinde- rung. Die ICF wurde von der 54. Vollver- sammlung der WHO am 22. Mai 2001 in einer englischsprachigen Version für den internationalen Gebrauch beschlossen.
Die deutschsprachige Fassung der ICF liegt zurzeit als „Entwurf zu Korrektur- zwecken“ (Stand 24. September 2002) vor, herausgegeben vom Deutschen Insti- tut für Medizinische Dokumentation und Information, DIMDI (www.dimdi.de).
Die ICF stellt einen Rahmen zur Be- schreibung von Gesundheit und mit Ge- sundheit zusammenhängenden Zustän- den in einheitlicher und standardisierter Sprache zur Verfügung.
Die ICF hat folgende Funktionen:
1. Sie ist eine Konzeption zum besse- ren Verständnis der Komponenten der Gesundheit (siehe Nummer 2 „Begriff- lichkeiten und Struktur der ICF“) und ein theoretischer Rahmen zum Verständnis des Zusammenhangs zwischen diesen Komponenten.
2. Sie ist ein Schema zur Klassifikati- on und Codierung der Komponenten der Gesundheit.
Die ICF ergänzt die ICD, kann diese jedoch nicht ersetzen.
2. Begrifflichkeiten und Struktur der ICF 2.1 Funktionsfähigkeit, Behinderung und Kontextfaktoren als Teile der ICF
Die ICF hat eine duale Struktur. Sie besteht aus den Teilen „Funktionsfähig- keit und Behinderung“ (Teil 1) sowie
„Kontextfaktoren“ (Teil 2).
– Funktionsfähigkeit ist ein Oberbegriff für Körperfunktionen und -strukturen, Ak- tivitäten und Teilhabe. Er bezeichnet die positiven Aspekte der Interaktion zwi- schen einer Person (mit einem bestimm- ten Gesundheitszustand) und deren indi- viduellen Kontextfaktoren (umweltbezo- gene und personbezogene Faktoren).
– Behinderung ist ein Oberbegriff für Schädigungen sowie Beeinträchtigungen
der Aktivität und Teilhabe. Er bezeichnet die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem be- stimmten Gesundheitszustand) und de- ren individuellen Kontextfaktoren.
– Kontextfaktoren stellen den gesam- ten Lebenshintergrund einer
Person dar. Sie umfassen zwei Komponenten: Umweltfakto- ren und personbezogene Fakto- ren. Diese können einen positi- ven oder negativen Einfluss auf die Person mit einem bestimm- ten Gesundheitszustand haben.
2.2. Komponenten der ICF Die Komponenten des Teiles 1 der ICF sind zum einen Kör- perfunktionen und -strukturen, zum anderen Aktivitäten und Teilhabe.
Die Komponenten des Teiles 2 sind Umweltfaktoren und per- sonbezogene Faktoren.
– Umweltfaktoren bilden die materielle, soziale und einstel- lungsbezogene Umwelt, in der Menschen leben und ihr Leben gestalten.
– Personbezogene Faktoren sind der spezielle Hintergrund des Lebens und der Lebens- führung einer Person und um- fassen Gegebenheiten der Per- son, die nicht Teil ihres Gesund- heitsproblems oder Gesund- heitszustandes sind. Diese Fak- toren können Geschlecht, eth- nische Zugehörigkeit,Alter, an- dere Gesundheitsprobleme, Fitness, Lebensstil, Gewohn- heiten, Erziehung, Bewälti- gungsstile, sozialen Hinter- grund, Bildung und Ausbil- dung, Beruf sowie vergangene oder gegenwärtige Erfahrun- gen, allgemeine Verhaltensmu- ster und Art des Charakters, in-
dividuelles psychisches Leistungsvermö- gen und andere Merkmale umfassen, die in ihrer Gesamtheit oder einzeln für die Behinderung eine Rolle spielen können.
Personbezogene Faktoren sind in der ICF nicht klassifiziert.
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Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1723. April 2004 AA1199
1Matthesius RG, Jochheim KA, Barolin GS, Heinz C (Hrsg.): ICIDH. Berlin, Wiesbaden: Ullstein Mosby. 1995.
Grafik
Wechselwirkungen zwischen den Komponenten der ICF
Gesundheitsproblem (Gesundheitsstörung oder Krankheit)
Umweltfaktoren personenbezogene
Faktoren
Aktivitäten Teilhabe
Körperfunktionen und -strukturen
´ TabelleCC´
Synoptische Darstellung
der Begrifflichkeiten der ICF und ICIDH
ICF ICIDH
Funktionsfähigkeit k. E.
(Functioning)
Behinderung Schädigungen
(Disability) (Impairments)
+
Fähigkeitsstörungen (Disabilities) +
Beeinträchtigungen (Handicaps) Schädigungen
(Impairments) – Körperstruktur
(Structure) – Körperfunktion
(Function)
Aktivitäten k. E.
(Activities)
Beeinträchtigung der Aktivität Fähigkeitsstörungen (Activity limitations)
Teilhabe k. E.
(Participation)
Beeinträchtigung der Teilhabe Beeinträchtigungen (Participation restrictions)
Kontextfaktoren k. E.
(Contextual factors)
– Umweltbezogene Faktoren (Enviromental factors) – Personbezogene Faktoren
(Personal factors) k. E. = keine Entsprechung
Schädigungen
}
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Präambel
Diese Richtlinie sichert ein einheitliches Verfahren bei der Bewertung medizini- scher Methoden und Leistungen durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf Grundlage der evi- denzbasierten Medizin. Sie gewährleistet damit ein objektives, transparentes und nachprüfbares Verfahren der Bestimmung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V zur Beurteilung von Wirksamkeit, Qualität und Wirtschaft- lichkeit der überprüften Methode.
§ 1 Geltungsbereich
(1) Die Richtlinie regelt das Bewer- tungsverfahren für Richtlinien des Bun- desausschusses der Ärzte und Kranken- kassen, soweit zu deren Erstellung neue medizinische Methoden nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V, bereits erbrachte Leistungen nach § 135 Abs. 1 S. 2 SGB V oder Heil- mittel nach § 138 SGB V zu bewerten sind. Eine Bewertung in diesem Sinne fin- det insbesondere statt bei Erlass der Richtlinien nach dem fünften Sozialge- setzbuch § 92 Abs. 1 S. 2
– Nrn. 1 und 5 (ärztliche Untersu- chungs- und Behandlungsmethoden),
– Nr. 3 (Maßnahmen zur Früherken- nung von Krankheiten),
– Nr. 4 (ärztliche Betreuung bei Schwan- gerschaft und Mutterschaft),
– Nr. 6 (Verordnung von Heilmitteln), – Nr. 10 (medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwanger- schaft) und
– Nr. 11 (medizinische Maßnahmen zur Empfängnisverhütung, zum Schwan- gerschaftsabbruch und zur Sterilisation).
(2) Die erneute Beratung einer abge- lehnten oder anerkannten Methode er- folgt nach denselben Grundsätzen (An- trag, Unterlagen, Prioritätenfestlegung, Veröffentlichung).
(3) Die Verfahrensordnung des Bun- desausschusses der Ärzte und Kranken- kassen zur Durchführung der Anhörun- gen auf der Grundlage von §§ 35 Abs. 2, 92 Abs. 1 b,Abs. 2,Abs. 3a,Abs. 5,Abs. 6,Abs.
7 und Abs. 7a SGB V bleibt unberührt.
§ 2 Neue Methode
(1) Als „neue“ Untersuchungs- und Behandlungsmethode können nur Lei- stungen gelten, die
– noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten sind oder die
– als ärztliche Leistungen im EBM aufgeführt sind, deren lndikation aber wesentliche Änderungen oder Erweite- rungen erfahren.
K A S S E N Ä R Z T L I C H E B U N D E S V E R E I N I G U N G
Bekanntmachungen
Beschluss
einer Neufassung der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
(BUB-Richtlinien) gemäß § 135 Abs. 1 SGB V
vom 1. Dezember 2003
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat in seiner Sitzung am 1. Dezember 2003 (BAnz. 2004 S. 5678) beschlossen, die Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) gemäß § 135 Abs. 1 SGB V in der Fassung vom 10. Dezem- ber 1999 (BAnz. 2000 S. 4602), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 24. März 2003 (BAnz. 2003 S. 14 486), in Kraft getreten am 9. Juli 2003, wie folgt neu zu fassen (die Anlagen der Richtlinie bleiben unverändert):
„Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinie)
Begriffe der ICF:
– Körperfunktionen sind die physiolo- gischen Funktionen von Körpersystemen (einschließlich psychologischer Funktio- nen).
– Körperstrukturen sind anatomische Teile des Körpers wie Organe, Glied- maßen und ihre Bestandteile.
– Beeinträchtigungen dieser Kompo- nente (Körperfunktionen und/oder Kör- perstrukturen) werden als Schädigungen bezeichnet.
– Eine Aktivität ist die Durchführung einer Aufgabe oder einer Handlung (Ak- tion) durch eine Person.
– Teilhabe ist das Einbezogensein in ei- ne Lebenssituation.
– Beeinträchtigungen dieser Kompo- nente (Aktivität und/oder Teilhabe) wer- den als Beeinträchtigungen der Aktivität bzw. Teilhabe bezeichnet.
3. Wechselwirkungen zwischen den Komponenten der ICF
Die Funktionsfähigkeit eines Men- schen bezüglich bestimmter Komponen- ten der Gesundheit ist als eine Wechsel- wirkung oder komplexe Beziehung zwi- schen Gesundheitsproblemen und Kon- textfaktoren zu verstehen. Es besteht ei- ne dynamische Wechselwirkung zwischen diesen Größen: Interventionen bezüglich einer Größe können eine oder mehrere der anderen Größen verändern (siehe auch Grafik).
4. ICF und ICIDH – Zuordnung der Begrifflichkeiten
Seit Mitte der 90er-Jahre werden in der sozialmedizinischen Begutachtung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), insbesondere bezüglich von Anträgen auf Leistungen der medizinischen Rehabili- tation, die Begriffe der ICIDH verwen- det. Diese stellt die Grundlage für die nachfolgend genannten Empfehlungen bzw. Richtlinien dar:
1. Gemeinsame Rahmenempfehlung für ambulante und stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen auf der Grundlage des § 111 b SGB V vom 12.
Mai 1999
2. Begutachtungs-Richtlinien „Vorsor- ge und Rehabilitation“ des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Kran- kenkassen (MDS) vom 12. März 2001.
Auch den „Rahmenempfehlungen zur ambulanten Rehabilitation“ der Bundes- arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) vom 20. Oktober 2000 liegt die ICIDH als konzeptionelles und begriffli- ches Bezugssystem zugrunde. Es ist daher notwendig darzustellen, wie die Begriffe der ICIDH denen der ICF zuzuordnen sind. Die Tabelle enthält eine diesbezügli-
che Gegenüberstellung. )