S
o verrückt sind sie, die Finanzmärkte: als vor zwei Wochen die japa- nische Großbank Hokkaido Takushoku die Taschen end- gültig nach außen kehrte und bekanntgab, es sei nichts mehr bei ihr zu holen, da er- wartete alle Welt einen weite- ren dramatischen Kursver- fall.Von wegen. Als die japan- siche Regierung erklärte, sie werde für die Kundeneinla- gen der bedrängten Bank ge- radestehen, sprang der Nik- kei-Aktienindex um mehr als acht Prozent nach oben, die Börsen der Welt folgten auf dem Fuße, und auch der deut- sche DAX legte mehr als hundert Punkte zu.
Dieses Szenario ist sym- ptomatisch für die labile Si- tuation der Finanzwelt. Und auch ein klares Indiz dafür, daß die größten Risiken der-
zeit in Asien liegen. Die Mei- nung, uns in Europa oder Deutschland würde die Ent- wicklung in Fernost nicht tangieren, ist ganz und gar falsch.
Daß der Schlüssel für Wohl und Wehe der interna- tionalen Aktienmärkte in Ja- pan, Hongkong und anderen asiatischen Ländern liegt, hat vor allem fundamentalwirt- schaftliche Gründe.
Japans Konjunktur kippt nämlich von Stagnation in Rezession, in Korea ist das kaum anders, wie jüngst der Konkurs des Autobauers Kia
drastisch belegte. Das Ge- spenst einer weltweiten De- flation mit Ursprung in Asien ist durchaus greifbar. Die Folgen für die Börse wären fatal.
Es besteht also sehr wohl die Gefahr, daß Asien den Ausweg aus dem Teufels- kreis der inneren Bedrängnis darin sucht, Exportoffensi- ven um jeden Preis zu star- ten.
Präziser formuliert: Die einzigen Märkte, wo man noch vernünftige Mengen ab- setzen kann, sind Nordameri- ka und Europa. Wenn die
Asiaten hier ein Preisdum- ping anzetteln, müssen die hiesigen Anbieter mitma- chen, koste es, was es wolle, bloß um das schiere Überle- ben zu sichern. Wir sitzen also durchaus auf einem ökono- mischen Pulverfaß, dessen Lunte in Asien bereits glimmt. Börsebius
[40] Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 48, 28. November 1997
S C H L U S S P U N K T
Post Scriptum
D
as japanische Unterhaus hat, wie das Faksimile im Origi- nal zeigt, einen Gesetzent- wurf zur Einführung einer Pflege- pflichtversicherung eingeführt.Das deutsche Blüm-Jung-Patent hat dabei Pate gestanden. Aller- dings handelt es sich, anders als bei dem Vorbild, um eine reine Al- terspflege. Die Pflichtmitglied- schaft beginnt erst mit 40 Jahren, und Leistungen können ab dem 65. Lebensjahr in Anspruch ge- nommen werden.
Die Pflegepflichtversicherung soll von der „Volkskrankenversi- cherung“ getragen werden. Sie ist die Schutzeinrichtung für die Nichtversicherten und steht neben den Betriebskrankenkassen für die aktiven Arbeitnehmer und der Versicherungseinrichtung (Ge- sundheitspflege) für die älteren Menschen. Die Beiträge sollen zu
je 50 Prozent vom Staat (ein- schließlich Gemeinden und Prä- fekturen) und von den Versicher- ten aufgebracht werden.
Neben der allgemeinen Pflege- stufe, die Hilfsbedürftigkeit bis zu 30 Minuten pro Woche abdeckt, stehen fünf Pflegestufen für schwe- rere Pflegefälle. Die fünfte Stufe geht von einem Pflegebedarf von 300 Minuten in der Woche aus. Die Höchstleistungen liegen bei 4 000 DM für ambulante und bei 6 000 DM für stationäre Pflege.
Die Beiträge, die grundsätzlich einkommensbezogen sind, machen einschließlich des Arbeitgeber- anteils durchschnittlich 70 DM pro Monat aus.
Eine stark steigende Tendenz wird angesichts der erwarteten Entwicklungen des Pflegemarktes und der Altersstruktur vom Ge- setzgeber bereits unterstellt. PKV
Pflegeversicherung
Tokio übernimmt Blüm-Jung-Patent
Börsebius zum Crash (III)
Alles hängt von Asien ab
Leserservice: Börse- bius-Telefonberatung – Wie an jedem 1. Samstag im Monat können Sie auch am 6. Dezember 1997 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Rein- hold Rombach) anrufen.
Wenn Sie also rund ums Geld der Schuh drückt, wählen Sie bitte die 02 21/35 15 87. Die Tele- fonberatung für DÄ-Le- ser ist kostenlos.