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Archiv "Malnutrition: Antithese" (23.03.2007)

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A776 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007

B R I E F E

HOCHSCHULMEDIZIN

Vorteile und Chancen der Bachelor- und Masterabschlüsse (DÄ 4/2007: „Angst vorm ,Schmalspur- arzt‘ unbegründet“

von Dr. med. Dirk Hagemeister).

Vergleich mit der Tschechoslowakei

. . . Ich denke, dass wir Mittel- europäer uns mehr an unsere eigene historische Tradition halten, ihrer be- wusst sein sollten und hauptsächlich in der Medizin nicht unbedingt über- nehmen sollten, was unseren ge- schichtlichen Wurzeln fremd oder ih- nen entgegengesetzt ist . . . Ich möchte ergänzen, dass vorüberge- hend auch in der Tschechoslowakei der 50er-Jahre des letzten Jahrhun- derts die Titel „Doktor“ von den Uni- versitäten nicht mehr verliehen wur- den, sondern in Medizin der Studien- abschluss von den Universitäten mit

„promovaný léka r “ (Promovierter Arzt) bezeichnet wurde. Das Wort

„promovierter“ war dazu noch wi- dersinnig, da es in der CSSR keine

„unpromovierten Ärzte“ gab und an- dere Heilkundige (vergleichbar z. B.

den deutschen Heilpraktikern) nicht zugelassen waren. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand die Ärzte, die die neue „amtliche Be- zeichnung“ promoviert trugen, an- ders angesprochen hätte als Frau oder Herr Doktor, obwohl sie de iure die „Doktor“-Würde nicht besaßen.

Schon nach einigen Jahren wurden die Diplome, die die innovative Be- zeichnung trugen, ab 1. Mai1966 durch zusätzliche Diplome ergänzt, die den Titel „Doktor der Medizin“

(medicinae universae doctor – ab- gekürzt MUDr) zubilligten und die frühere Benennung „promovaný lé- kar“ entzogen. Dies lehrt uns, dass auch ein mehr oder weniger apodik- tischer Staat sich letztendlich über die historischen Gegebenheiten mit seiner deskriptiv-innovativen No- menklatur nicht durchsetzen konnte . . .

Dr. Dr. Vladimir Frýdl,Von-Braunmühl-Straße 7, 85540 Haar/München

MALNUTRITION

Die Folgen unzurei- chender Ernährung bei Senioren sind Muskelschwäche, erhöhtes Risiko für Wundheilungs- störungen und Infektanfälligkeit (DÄ 51–52/2006:

„Malnutrition bei Hochbetagten: Kachexie ist keine ,normale‘ Alterserscheinung“

von Dr. med. Birgit Hibbeler).

Rückzug aus dem Leben

Als Allgemeinärztin, die alte Men- schen bis zu ihrem Tod betreut, stim- me ich der Autorin zu, dass Mangel- ernährung Infektanfälligkeit und Dekubitusbildung begünstigt. Die meisten meiner Patienten werden zu Hause unter Beteiligung der zustän- digen Fachkräfte zum Teil sehr liebevoll betreut. Dennoch reduzieren die meisten von ihnen irgendwann die Nahrungsaufnahme und auch die Trinkmenge als einen beginnenden Rückzug von der Welt. Hier kann ich überhaupt keinen Grund sehen, diese Menschen mit Energiedrinks beglücken zu wollen. Im Gegenteil tröstet mich der – schriftlich für

meine Kinder festgehaltene – Gedanke, zumindest noch dieses Recht auf Nahrungsreduzierung oder -verweigerung zu haben. Und die Patienten in den Heimen? Hier gilt es, das Angebot an Zeit und Zuwen- dung zu fördern wie das verbesserte Angebot an Nahrung, aber auch hier soll der alte Mensch selbst bestim- men dürfen, was er noch zu sich nehmen will.

Dr. med. Annemarie Ertle,Mühlbachstraße 17, 72189 Vöhringen

Antithese

Ich wage eine Antithese: Gewichts- abnahme ist nicht Ursache erhöhter Morbidität (z. B. Demenz) von Hoch- betagten, sondern deren Folge – und ich behaupte, dass diese auch mit bes- ter Pflege nicht vollständig zu beseiti- gen ist. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) meint, dass jeder zweite Krankenhauspatient über 75 Jahre mangelernährt ist, und Frau Hibbeler verweist auf die durch Malnutrition bedingten Folgen wie Sturzgefahr, erhöhte Wundheilungs- störung, Infektionen usw. Weiß die DGEM, dass allein zehn bis 20 Pro- zent dieser Hochbetagten unter einer aktuellen oder noch inapparenten neu- rodegenerativen Erkrankung leiden, die in aller Regel per se Gewichtsab- nahmen provozieren? Wenn 1,6 Mil- lionen Deutsche mangelernährt sind, sollte berücksichtigt werden, dass al- leine 1,2 Millionen Deutsche dement sind. In einer sechsjährigen US-ameri- kanischen Studie mit fast 450 älteren Menschen verloren die Studienteil- nehmer ohne Demenz 270 Gramm Gewicht pro Jahr und die Teilnehmer, die später an einer Alzheimer-Demenz erkrankten, 550 Gramm pro Jahr – also doppelt so viel. (Arch. Neurol.

2006; 63 (9): 1312). Nach der Deut-

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich

die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns zudem Kürzungen vorbehalten. Die Chance zur Veröffentlichung ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

Das Leser-Forum

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007 A777

B R I E F E

schen Gesellschaft für Gerontopsych- iatrie und -psychotherapie (DGGPP) sind Demenzen „konsumierende“ Er- krankungen und mit Krebserkrankun- gen vergleichbar. Ich selbst habe als Neurologe und Sohn eines dementen Vaters die persönliche Erfahrung ge- macht, dass trotz optimaler Pflege (zu Hause, sechs Mahlzeiten mit hoch ka- lorischer Kost und viel Zeit und Ge- duld) eine Gewichtsabnahme in weni- gen Monaten von mehr als 20 kg hin- genommen werden musste (übrigens unter einem Rückgang eines metaboli- schen Syndroms). Aus diesem Grund halte ich das gegenwärtige Vorgehen des MDK für höchst zweifelhaft, die Güte einer Pflege an dem BMI zu messen. Hier sollte dringend eine Kor- rektur und eine differenzierte Betrach- tung des einzelnen Patienten empfoh- len werden . . .

Dr. med. Gerd Benesch,1. Vorsitzender des LV Berlin, Berufsverband Deutscher Nervenärzte, Wissenschaftlicher Beirat der Alzheimer Gesellschaft Berlin, Bismarckstraße 70, 10627 Berlin

FALL ASHLEY

Ein schwerbehinder- tes Mädchen in den USA wird im Zustand

„permanenter Kind- heit“ gehalten (DÄ 3/2007: „Ein ethisches Dilemma“

von Dr. med. Ronald D. Gerste).

Ausgewogene Darstellung

Zunächst mein Kompliment an Herrn Dr. Ronald D. Gerste für die ausgewo- gene Darstellung der Problematik . . . Man sollte erst einmal klarstellen, dass alles, was die Eltern des Kindes durchführen lassen, bereits vielfach überall in der Welt, also auch bei uns, von voll einsichtsfähigen Frauen frei- willig erbeten wurde.

ŒJunge Frauen, bei denen ein jugend- licher Hochwuchs zu erwarten ist, er- halten mit ihrem Einverständnis, auf Wunsch der Mütter, die selber unter Hochwuchs gelitten haben, kurz vor Beginn der normalen Pubertät Östro- gene und Gelbkörperhormone an der oberen Grenze dessen, was die Eier- stöcke einer Frau mit Beginn der Pu- bertät produzieren, damit sich die Wachstumsfugen der Röhrenknochen

rascher verschließen und damit das Wachstum beendet wird. Die Behand- lung geht maximal über drei Jahre, weil dann das Wachstum nicht mehr beeinflusst werden kann. Die Mädchen erleben eine normale puber- täre Entwicklung mit Monatsblutun- gen und Problemen, die etwa der spontan einsetzenden Pubertät ent- sprechen. Sie entwickeln sich zu ganz

„normalen“ Frauen mit der gleichen Fruchtbarkeitsrate. Auch die Krebs- rate liegt nicht über dem Durch- schnitt . . .

Es gibt zahllose Frauen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, zum Teil in noch relativ jungen Jah- ren freiwillig sterilisieren lassen. In einzelnen Bundesstaaten der USA ist das allerdings verboten, es sei denn, der Eingriff wäre aus anderen Grün- den notwendig.

ŽEs gibt immer wieder Frauen, die so stark unter den Menstruationsblu- tungen oder -schmerzen leiden, dass sie sich die Gebärmutter unter Belas- sung der Eierstöcke entfernen lassen.

Sie möchten nicht laufend Tabletten einnehmen, die zudem auch oft nicht ohne Nebenwirkungen sind . . .

Es gibt immer wieder Frauen, die sich die Brustdrüsenkörper entfernen lassen, entweder aus Angst vor ei- nem Brustkrebs oder weil sie unter ihrer übermäßig großen und schwe- ren Brust gelitten haben.

All diese Maßnahmen werden zwar nicht von allen Ärzten gleich beurteilt, aber die grundsätzliche Vertretbarkeit dieser Eingriffe wird nicht bezweifelt, sofern die Entscheidungen von den Menschen freiwillig getroffen wur- den. Warum also diese Bedenken im Fall Ashley? Weil wir uns immer noch nicht befreit haben von unserem schlechten Gewissen gegenüber unse- rer unseligen Vergangenheit, in der wir nicht den Mut aufbrachten, dem unbegrenzten Machtanspruch des Staates zu widerstehen. Weil wir da- mals versagt haben, haben wir nicht den Mut, dem mündigen Bürger oder, bei fehlender Entscheidungsfähigkeit aufgrund schwerer geistiger Behinde- rung, den Eltern die Entscheidung zu überlassen. Wieder rufen wir, wesent- lich mehr als andere Völker, nach dem Staat, nach Gesetzen und wenden wie- der so vage Begriffe an wie „Tugend und Normethik“. Gerade wenn wir

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