Belegärzte
Zu dem Beitrag „Belegkrankenhäu- ser/Belegärzte: Existenzielle Sorgen“
von Dr. rer. pol. Harald Clade in Heft 47/2005:
Honorarmisere
„Existenzielle Sorgen“, unter dieser Überschrift berichtet das DÄ über die von ärztli- chen Verbänden unterstützte Initiative des Bundesverban- des Deutscher Privatkranken- anstalten e.V. Als Vertreter des Hartmannbundes habe ich an den Gesprächen teilgenom- men, und ich kann nur den Kopf schütteln über die Be- denken des Honorardezernen- ten der KBV, Herrn Kollegen Dr. Rochell, dass unter der Verwirklichung des Vorschlags der Status der Freiberuflich- keit der Belegärzte gefährdet sein könnte. Zunächst: Durch ihre Politik in den letzten Jah- ren hat die KBV wenig getan, um die Freiberuflichkeit der Ärzte zu stärken. Niederlas- sungsbeschränkungen mit Al- tersgrenzen, überbordende
Bürokratie, leistungsbegren- zende Budgets wurden durch die KBV entwickelt, unter- stützt oder zumindest nicht energisch bekämpft. Gerade für die Honorarmisere der Belegärzte ist die KBV mit hauptverantwortlich, da sie bei der Entwicklung des so ge- nannten EBM 2000plus an die Belange der Belegärzte kei- neswegs gedacht hat. Das man- gelnde Interesse der KVen liegt begründet in der Tatsa- che, dass das Belegarzthonorar aus dem ambulanten Topf fließt . . . Für die Lösung der angemessenen Honorierung ergibt sich eine leicht zu ver- wirklichende Grundlage: Man nimmt die in den Fallpauscha- len ermittelten Kosten für den ärztlichen Dienst und leitet diesen Betrag an den Beleg- arzt weiter. Damit sind auch die Kosten für den nachgeord- neten ärztlichen Dienst ein- schließlich der Bereitschafts- dienstkosten abgegolten. Eine Gefährdung der Freiberuflich- keit sehe ich nicht, denn der Belegarzt könnte als so ge- nannter freier Mitarbeiter tätig
sein und damit nicht als ange- stellter Arzt . . .
Dr. med. Klaus Reichel, Hubertussteig 7, 91217 Hersbruck
Unheilvolle Entwicklung
Zu dem Beitrag im DÄ seien mir sowohl als Betroffenen (Leiter einer großen chirurgi- schen Belegabteilung) als auch als aktiv Beteiligten (Sachverständigengruppe) ei- nige ergänzende Anmerkun- gen erlaubt: Zunächst bin ich sehr erleichtert darüber, dass dieses sehr wichtige Thema nun auch öffentlich artikuliert wird und vor allem auch die beteiligten Entscheidungsträ- ger aufmerksam geworden sind, um eine unheilvolle Ent- wicklung aufzuhalten, die letztlich in einem Desaster für die flächendeckende stationä- re Versorgung der Patienten enden würde. Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Förderung des Belegarztwe- sens in der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich im SGB V fixiert ist und insbe- sondere in den §§ 140 a ff. bzw.
in den §§ 115 und 121 SGB V festgeschrieben ist. Bei der Gestaltung des EBM 2000plus ist diese Fachgruppe der deut- schen Ärzteschaft völlig über- sehen worden, wie dies später auch von KBV-Chef Köhler eingestanden wurde. Hilfswei- se Konstruktionen, mit denen wir seit April 2005 arbeiten und rechnen müssen, werden
der Leistung und auch der Be- deutung dieser Fachgruppe in keiner Weise gerecht, eine wirtschaftliche Arbeitsweise ist nicht mehr möglich. Ergän- zend zu den von Ihnen ge- nannten Zahlen darf ich beto- nen, dass allein in Rheinland- Pfalz mehr als 300 Belegärzte 36 Prozent aller Klinikbetten versorgen. Es gibt darüber hin- aus bundesweit 191 reine Be- legkrankenhäuser, die grund- sätzlich in ihrer Existenz be- droht sind. Gerade im ländli- chen Versorgungsbereich wer- den die Ausfälle spürbar sein . . . Dr. med. Dipl. oec. med. M. Bausch, St. Elisabeth-Krankenhaus, Ostallee 3, 56112 Lahnstein
Heilberufsausweis
Zu dem Beitrag „Die blaue Welle“
von Heike E. Krüger-Brand in Heft 45/2005:
Weniger ist meist mehr
Als Antwort auf den Leser- brief von Dr. Hasselblatt in Heft 49/2005, in dem er den neuen Ausweis kritisiert, kann ich nur sagen: Gott sei Dank ei- ne klare Schrift ohne aufdring- liches EDV-„Design“. Über die blaue Welle kann man diskutie- ren, die Forderung nach „mo- dern und ansprechend“ lassen mich schaudernd an grelle In- ternet- und Werbe-Grafik den- ken; was unter „modern und ansprechend“ läuft, kann man so hässlich an den willkürlichen Formen und grässlichen Farben
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 3⏐⏐20. Januar 2006 AA111
B R I E F E
Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.
LESERZUSCHRIFTEN
von vielen Elektronikteilen oder auch Autos sehen. Weni- ger modern ist meist mehr.
Dr. Karl-L. Schade,Kreuzsteinweg 69, 90765 Fürth
Allergologie
Zu dem Beitrag „Fruchtbare For- schung“ von Siegfried Hoc in Heft 44/2005:
Keine gleichwertigen Therapieoptionen
Es ist gut, dass im DÄ auf die therapeutischen und prophy- laktischen Erfolge der subku- tanen spezifischen Immunthe- rapie (SCIT) bei allergischer Rhinitis und allergischem Asthma bronchiale in allen Altersgruppen hingewiesen und auch die viel versprechen- de neue Option der sublingua- len Immuntherapie (SLIT) vorgestellt wurde. Allerdings erweckt der Artikel den Ein- druck, dass die SLIT der SCIT gleichwertig gegenübersteht, auch z. B. bei Asthma und im Kindesalter. 2003 kam jedoch eine Metaanalyse der Coch- rane Library zu dem Ergebnis, dass der Effekt der SLIT bei Asthma, bei perennialen All- ergenen sowie bei Kindern nicht ausreichend gesichert ist.
Diese Aussage ist auch durch neuere Studien nicht wider- legt. Ob die Wirkstärke der
SLIT bei der saisonalen aller- gischen Rhinitis genauso groß ist wie bei der SCIT, ist eben- falls unklar. Auch die präventi- ven Effekte der SCIT (Verhin- derung des Etagenwechsels und von Neusensibilisierun- gen) sind für die SLIT bisher nicht hinreichend belegt. Bis zur Beantwortung dieser und anderer Fragen durch weitere Studien kann die SLIT daher nach Meinung zahlreicher deutscher Experten nicht als gleichwertiger Ersatz für die SCIT betrachtet werden.
Literatur bei der Verfasserin
Dr. Alika Ludwig,Alte Reichsstraße 36, 86356 Neusäß
Klinik und Praxis
Zu dem Beitrag „Ärzte in Klinik und Praxis: Nicht mehr Herr im eigenen Haus“ von Heinz Stüwe in Heft 43/2005:
Wandel des Arztbildes
Die Diskussion über das „rich- tige“ Arztbild in den letzten Ausgaben des DÄ ist meines Erachtens äußerst müßig. Wie viele andere Berufsbilder auch ist das Bild des Arztes dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen. Eine idealisti- sche und sentimentale Ver- klärung der eigenen berufli- chen Vergangenheit ist einer sachlichen Diskussion nicht dienlich. Der Arzt ist inner- halb kurzer Zeit von einer ho- norigen Person des öffentli- chen Lebens, der – vor allem zur Unzeit – nur im Notfall zu bemühen war, zu einem Dienstleister oder Leistungs- anbieter mutiert, der jederzeit, auch und insbesondere für Be- findlichkeitsstörungen jegli- cher Art, zur Verfügung zu ste- hen hat. Das ärztliche Tun wird vom Kunden am Erfolg der Behandlung (Ergebnis- qualität) gemessen. Bei schick- salhaften, ungünstigen Verläu- fen steht die Jurisprudenz pa- rat. Zudem beherrscht die Ökonomie immer mehr den Arbeitsalltag. Das überwie- gend magere ärztliche Ein- kommen spiegelt die gesell- schaftliche Wertschätzung vollumfänglich wider. Das „al-
te“ Arztbild hat die Gesell- schaft somit unwiderruflich abgeschafft. Vor diesem Hin- tergrund kann es doch nie- manden wundern, dass viele Ärzte nicht mehr bereit sind, ihre soziale und physische In- tegrität auf diesem gesell- schaftlichen Altar zu opfern.
Es ist Aufgabe der Ärzte- schaft, sich für tragbare Rah- menbedingungen einzusetzen, um weiterhin junge motivierte Menschen für den Arztberuf in Deutschland zu begeistern.
Hierzu gehören, neben der oft abhanden gekommenen Kol- legialität, insbesondere ver- nünftige Arbeitsbedingungen und eine Entlohnung, die der verantwortungsvollen Aufga- be entspricht. Idealismus ist si- cherlich eine wünschenswerte ärztliche Tugend. Der indivi- duelle Idealismus kann jedoch nicht zum Dogma für den ärzt- lichen Beruf in der heutigen Gesellschaft gemacht werden.
Dr. Michael Prebeg,Kettelerstraße 17, 58730 Fröndenberg
IQWiG
Zu dem Beitrag „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit: Wirksam- keitsnachweis steht noch aus“ von Thomas Gerst in Heft 50/2005:
Gesetzestreu
In dem Artikel werden schwer- wiegende Vorwürfe des Haupt- geschäftsführers der Bundes- ärztekammer, Herrn Prof. Dr.
med. Christoph Fuchs, gegen- über dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Ge- sundheitswesen zitiert. „So ha- be das Institut trotz der Viel- zahl der bereits vorliegenden Aufträge von sich aus noch keine externen Sachverständi- gen oder Institute zur Erledi- gung der Aufgaben hinzugezo- gen, obwohl dies vom Gesetz- geber ausdrücklich auch vor- gesehen sei.“ Diese Aussage ist eindeutig falsch . . . Richtig ist, dass bei allen Aufträgen, die das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit bearbeitet, mehrere internationale und nationale externe wissen- schaftliche Sachverständige auf verschiedenen Ebenen des
Erstellungsprozesses der Be- richte herangezogen werden.
In diesem Punkt, wie auch bei allen anderen Aspekten der Arbeit des Institutes, folgt das Institut für Qualität und Wirt- schaftlichkeit im Gesundheits- wesen dem Buchstaben des Gesetzes . . .
Prof. Dr. med. Peter T. Sawicki, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Dillenburger Straße 27, 51105 Köln
Arbeitszeitgesetz
Zu den Leserbriefen „Arzt ,alter Schule‘“ von Dr. med. Uwe Kleen und
„Gründe gegen die Regelarbeitszeit“
von Dr. med. Renate Kretzschmar in Heft 48/2005:
Erschreckende Unkenntnis
Ich halte es schon für eine ziemliche Unverfrorenheit, wenn ein Kollege, der nach ei- genen Angaben seit 28 Jahren Chefarzt ist oder wahrschein- lich eher war, seit dieser Zeit ein Mehrfaches des Gehaltes seiner Assistenten kassiert hat, die Bereitschaft seiner As- sistenten lobt, täglich unent- geltlich Mehrarbeit zu leisten.
Von einer Fürsorgepflicht des Vorgesetzten für seine Mitar- beiter hat Dr. Kleen noch nie etwas gehört. Stattdessen muss das Deckmäntelchen des ärztlichen Ethos für alles her- halten. Doch für das ärztliche Ethos kann sich niemand et- was kaufen, ebenso wenig wird das ärztliche Ethos die Ruinierung unserer Gesund- heit aufhalten. Hat sich Dr.
Kleen einmal gefragt, warum die ärztliche Lebenserwartung unter dem allgemeinen Durchschnitt liegt. Seine An- sicht, 24 Stunden bis 36 Stun- den „ohne große Probleme“
durchzuarbeiten, offenbart ein erschreckendes Maß an Un- kenntnis der Arbeits- und Per- sonalverhältnisse in deutschen Krankenhäusern. Ich arbeite als Oberarzt in der Anästhe- sieabteilung eines Hauses der Maximalversorgung. Mittler- weile haben wir Assistenzärzte im Alter von über 50 Jahren.
Dr. Kleen ist so etwas aus sei- A
A112 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 3⏐⏐20. Januar 2006
B R I E F E
Foto:
Heidrun Behrendt, Ham
burg
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Pollenkorns des Wiesenlieschgrases Phleum pra- tense