• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Die Effektivität der Krebs-Vorsorgeuntersuchung bei der Früherfassung kolorektaler Karzinome" (11.03.1983)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Die Effektivität der Krebs-Vorsorgeuntersuchung bei der Früherfassung kolorektaler Karzinome" (11.03.1983)"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ARZTEBLATT

Heft 10 vom 11. März 1983

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Die Effektivität

der Krebs-Vorsorgeuntersuchung bei der Früherfassung

kolorektaler Karzinome

Dargestellt aus der Sicht des Klinikers

Ulrike Blum, Jürgen Cappel und Edgar Ungeheuer

Aus der Chirurgischen Klinik

(Chefarzt: Professor Dr. med. Edgar Ungeheuer) des Krankenhauses Nordwest Frankfurt/Main

Die Prognose des kolorektalen Karzinoms hängt ab von seiner frühzeitigen Erkennung und Behandlung. Nur durch Opera- tion der prognostisch günsti- gen Tumorfrühstadien kann die zur Zeit immer noch hohe Mortalität des Dickdarmkarzi- noms gesenkt werden. Seit Einführung der Krebs-Früher- kennungsuntersuchung sehen wir in unserem Krankengut ei- ne Zunahme operabler Karzi- nome und eine Zunahme von Tumorfrühstadien, zum Teil direkt bedingt durch im Rah- men der Früherkennungsun- tersuchung erfaßte günstige Tumorstadien, zum Teil auch bedingt durch eine Verkür- zung der „Verschleppungs- zeit" bis zur Diagnosestellung infolge vermehrter Aufmerk- samkeit der Patienten gegen- über der Symptomatik kolo- rektaler Karzinome. Dies ist begrüßenswert, wenn auch gegenwärtig eine Prävention des kolorektalen Karzinoms aufgrund mangelnder Kennt- nisse der auslösenden Fakto- ren noch nicht möglich ist.

Nach einer alarmierenden Zunah- me kolorektaler Karzinome in fast allen sozioökonomisch hochent- wickelten Industrienationen (3, 16)*) wurde 1971 in der Bundesre- publik Deutschland eine Früher- kennungsuntersuchung zur Erfas- sung asymptomatischer kolorek- taler Karzinome in das Krebsvor- sorgeprogramm aufgenommen.

Diese Untersuchung bestand zu- nächst aus einer digitalen Austa- stung des Enddarmes und wurde 1977 um den Test auf okkultes Blut im Stuhl (modifizierter Gua- jak-Test nach Greegor (7) erwei- tert. Die Untersuchung wird Män- nern und Frauen ab dem 45. Le- bensjahr einmal jährlich als ko- stenfreie Leistung der gesetzli- chen Krankenversicherungen an- geboten und wird nach Mitteilung der Krankenkassen zur Zeit von etwa 20 Prozent der Untersu- chungsberechtigten wahrgenom- men (10).

Prognose

des kolorektalen Karzinoms Die Prognose des kolorektalen Karzinoms hängt in erster Linie von der frühzeitig einsetzenden

Therapie, der radikalen chir- urgischen Tumorentfernung, ab.

Die chirurgische Technik ist inzwi- schen so weit standardisiert, daß von hier wohl kaum wesentliche Verbesserungen der Ergebnisse zu erwarten sind (5). Anderer- seits haben Chemo- und Radio- therapie beim Dickdarmkarzinom, wenn überhaupt, nur unwesentli- che Therapieerfolge erzielt, so daß auch von dieser Seite in naher Zu- kunft keine entscheidenden Fort- schritte zu erwarten sind (11).

Das zum Zeitpunkt der Operation vorliegende Tumorstadium be- stimmt im allgemeinen den weite- ren Verlauf der Erkrankung und damit das Schicksal des Patienten (Darstellung 1). Entsprechend Fol- low-up-Studien beträgt die 5-Jah- res-Überlebenschance der Patien- ten nach Operation im Tumorsta- dium Dukes A 80-90 Prozent (Tu- mor auf die Mukosa begrenzt, No Mo), im Stadium Dukes B nur 60 Prozent (Tumor hat die gesamte Darmwand infiltriert, No Mo) und im Stadium Dukes C (Lymphkno- tenmetastasen, N1 Mo) nur 30 Pro-

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 10 vom 11. März 1983 33

(2)

Dukes A

— 90%

Dukes B 60%

Dukes C

— 30%

M Mm

—*

Lk

Darstellung 1: Stadieneinteilung kolorektaler Karzinome nach Dukes und 5-Jahres- Überlebenschance der Patienten

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Kolorektale Karzinome

zent. Liegt ein inoperabler Tumor, der bereits Fernmetastasen ge- setzt hat vor — Stadium Dukes D (M1) —, so beträgt die Überlebens- zeit der Patienten nur noch 1 bis 2 Jahre. Klinische Studien haben gezeigt, daß sich die Überlebens- chance der Patienten mit dem Auf- treten von Tumorsymptomen ver- schlechtert und progredient mit der Dauer des symptomatischen Stadiums abnimmt. Asymptomati- sche, durch Vorsorgeuntersu- chung erfaßte Karzinome werden zu zwei Dritteln in den Tumorsta- dien Dukes A und B gefunden, Karzinome, die aufgrund von Sym- ptomen erkannt werden, zu zwei Dritteln in den Tumorstadien B und C (6). Gibt der Patient Tu- morsymptome in einem Zeitraum von 7 Monaten an, ist mit einer 5- Jahres-Überlebenschance von nur etwa 25 Prozent zu rechnen (12).

Früherkennung

des kolorektalen Karzinoms Folgende Anforderungen werden zur Zeit an eine Screeninguntersu- chung zur Früherkennung kolo- rektaler Karzinome gestellt: Neben dem sichtbaren Untersuchungser- gebnis und dem davon abhängi-

Darstellung 2: Prozentuale Verteilung kolorektaler Karzinome in Dickdarm und Rektum. 75 Prozent aller Rektumkarzino- me sind tastbar

gen Therapieerfolg muß die Unter- suchung kostengünstig sein, der personelle Aufwand gering und die Untersuchung akzeptabel für den Untersuchten. Diesen Anfor- derungen entsprechen zur Zeit beim Rektumkarzinom nur die di- gitale Austastung des Enddarmes und beim Kolonkarzinom der

Haemocculttest. Beide Untersu- chungen geben jedoch nur einen ersten Hinweis auf das Vorliegen kolorektaler Karzinome. Die weit- aus genauere Rektoskopie, Kolos- kopie und Röntgenuntersuchung des Darmes im Doppelkontrastver- fahren können aus den oben ge- nannten Gründen nicht als Scree- ninguntersuchung eingesetzt wer- den und stellen die weiterführen- de Diagnostik bei positivem Aus- fall der Früherkennungsuntersu- chung dar. Die beiden Teile der Krebsvorsorgeuntersuchung, die Austastung des Enddarmes und der Test auf okkultes Blut im Stuhl, ergänzen sich hinsichtlich der Lokalisation des möglichen Tumors.

Kolorektale Karzinome sind etwa zur Hälfte auf das Rektum und auf das Kolon verteilt (2, 4, 15) (Dar- stellung 2). Zu den Rektumkarzi- nomen gehören die Karzinome zwischen Anus und der peritonea- len Umschlagfalte am Beckenbo- den 12 bis 14 Zentimeter vom Anus entfernt, zu den Kolonkarzi- nomen die Tumoren zwischen pe- ritonealer Umschlagfalte und Zökum.

Durch die digitale Austastung des Enddarmes können drei Viertel al- ler Rektumkarzinome erfaßt wer- den (1, 8, 9, 14). Die Treffsicherheit dieser Untersuchung hängt deut- lich von der Routine und Erfah- rung des untersuchenden Arztes ab. Bei entsprechender Erfahrung können kleine Karzinome ab Erbs- größe palpiert werden (11).

Ebenso werden durch diese Unter- suchung Präkanzerosen — die Rektumpolypen — entdeckt.

Der Haemocculttest liefert einen Hinweis auf die höhergelegenen Karzinome und Polypen, die einer Palpation nicht zugänglich sind, durch den Nachweis von Blut im Stuhl — dem Leitsymptom kolorek- taler Karzinome. Die Treffsicher- heit dieses Tests hängt von der Häufigkeit der Anwendung (emp- fohlen wird eine dreimalige Durch- führung) und der Dauer des Kon- taktes zwischen Blutungsquelle

(3)

Kolarektale Karzinome

und Stuhl ab. Während die Treffsi- cherheit bei Kolonkarzinomen et- wa 80 Prozent beträgt, ist sie bei Rektumkarzinomen (kurzer Kon- takt zwischen Blutungsquelle und Stuhl) niedriger (11).

Effektivität der

Krebs-Vorsorgeuntersuchung ln den letzten Jahren ist in der Bundesrepublik Deutschland in der Sterbestatistik ein leichter Rückgang der Mortalität an kola- rektalen Karzinomen nachweis- bar, seit 1975 für Rektumkarzino- me und seit 1978 für Kolonkarzi- nome (Darstellung 3).

Möglicherweise zeichnet sich hier bereits ein positiver Effekt der Krebs-Vorsorgeuntersuchung in- sofern ab, als durch vermehrte Früherkennung kalorektaler Karzi- nome in einem prognostisch gün- stigen Stadium die Mortalität ge- senkt wurde.

Wir haben durch eine klinische Studie in unserem Krankengut versucht herauszufinden, ob tat- sächlich seit Einführung der Krebsvorsorgeuntersuchung mehr Frühstadien kalorektaler Karzino- me nachweisbar sind. Folgende Fragen waren die Grundlage für unsere Untersuchungen:

IJlio- Wie hoch ist der Prozentsatz

der durch Vorsorgeuntersuchung erfaßten Karzinome in unserem Krankengut?

IJlio- Weisen die durch Vorsorgeun-

tersuchung erfaßten Karzinome ein prognostisch günstigeres Tu- morstadium auf als Karzinome, die aufgrund von Symptomen erkannt wurden?

IJlio- Ist seit Einführung der Krebs-

vorsorgeuntersuchung eine deut- liche Zunahme der Operabilität kolarektaler Karzinome und eine deutliche Zunahme von Tu- morfrühstadien festzustellen?

Fünf Jahrgänge von Patienten mit kolarektalen Karzinomen vor und nach Einführung der Krebsvorsor- geuntersuchung (n = 1188) wur- den in Hinblick auf Operabilität, Tumorstadium und Anamnese analysiert.

IJlto- Der Prozentsatz kalorektaler

Karzinome, die ausschließlich im Rahmen einer Krebsvorsorgeun- tersuchung erfaßt wurden, betrug in den Jahren 1977 und 1978 15 Prozent. Dieser Prozentsatz ist auch in den neueren Jahrgängen nicht weiter angestiegen (es wur- den hier nur Karzinome berück- sichtigt, die bei Durchführung der Krebsvorsorgeuntersuchung asymptomatisch waren).

85 Prozent der kolarektalen Karzi- nome werden auch heute noch in unserem Krankengut anhand von Tumorsymptomen erkannt.

IJlio- Betrachtet man die Tumorsta-

dien der durch Krebsvorsorgeun-

X 1QQQ

16 % 1968 + 1969 1977 + 1978

14

12

10

8

6

4

2

0

I I

~ I I

. . . . .

1 Rektumkarzinome

1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980

Darstellung 3: Mortalität kolorektaler Karzinome in der Bun- desrepublik Deutschland (Zahlenangaben des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden)

50

0 A 8

c

% 50

0

r·- -·- - -·-·-·-·- -·- 1

A 8

c '

Krebs-Vorsorge- untersuchung

L - - -·-·- - - -·- - - J

Darstellung 4: Prozentuale Verteilung von Tumorstadien (Dukes) kolarektaler Karzinome, vor Einführung und im Rah- men der Krebsvorsorgeuntersuchung

36 Heft 10 vom 11. März 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

(4)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Kalorektale Karzinome

% Rektal-digitale

Austastung % 1968

+

1969

n

=

162

1977

+

1978 30-

20-

10-

26%

!

16% 15%

I I

m

Rektum-Karzinom (n = 617)

• Kolon-Karzinom (n = 571)

50

0 A

B c

n =

246

A B

c

• Kolonkarzinome

m

Rektumkarzinome

% %

n

= 105

Haemoccult-

30 Test

20

!

50

n

= 258

10

0

Darstellung 5: Prozentsatz der inoperablen Kolon- und Rek- tumkarzinome vor Einführung der Krebsvorsorgeuntersu- chung, nach Einführung der rektal-digitalen Austastung des Enddarmes und nach Einführung des Haemocculttestes

Darstellung 6: Prozentuale Verteilung von Tumorstadien kalo- rektaler Karzinome (Dukes) vor Einführung der Krebs-Vorsor- geuntersuchung und nach Einführung der Krebs-Vorsorgeun- tersuchung

tersuchung erkannten Karzinome, so fällt auf, daß über 40 Prozent in dem prognostisch günstigen Tu- morstadium Dukes A (5-Jahres- Überlebenschance von 80 bis 90 Prozent) gefunden wurden (Dar- stellung 4)**). Im Vergleich dazu beträgt der Prozentsatz der Dukes AStadien 1968 und 1969 vor Ein- führung der Krebsvorsorgeunter- suchung, also bei Karzinomen, die ausschließlich anhand von Sym- ptomen erkannt wurden, 2 bis 3 Prozent. Während der Prozentsatz der Dukes-B-Stadien in der Grup- pe der durch Krebsvorsorgeunter- suchung erfaßten Patienten stark abgenommen hat, ist der Prozent- satz der Dukes-C-Stadien mit 21 Prozent und 31 Prozent immer noch relativ hoch. Inoperable Kar-

zinöme, also ein Tumorstadium Dukes D, findet sich in der Gruppe der durch Krebsvorsorgeuntersu- chung erfaßten Karzinome nicht, vor Einführung der Krebsvorsor- geuntersuchung betrug der Pro- zentsatz der inoperablen Karzino- me ca. 25 Prozent.

~ Insgesamt hat die Operabilität der kalorektalen Karzinome in un- serem Krankengut seit Einführung der Krebsvorsorgeuntersuchung mit über 10 Prozent deutlich zuge- nommen. Nachdem die Krebs- Früherkennungsuntersuchung zu- nächst nur die Rektumkarzinome erfaßte (digitale Austastung des Enddarmes seit 1971 ), sehen wir in unserem Krankengut nach 1971 zunächst nur eine Zunahme ope-

rabler Rektumkarzinome. Nach Einführung des Haemocculttestes, der einen Hinweis auf Kolonkarzi- nome gibt, sehen wir sodann ein Ansteigen der operablen Kolon- karzinome. Insgesamt gesehen betrug der Prozentsatz der inope-

rablen Rektum- und Kolonkarzino-

me vor 1971 etwa 25 Prozent {Dar- stellung 5), nach Aufnahme der Austastung des Enddarmes in das Krebsvorsorgeprogramm 1971 sank der Prozentsatz der inopera- blen Rektumkarzinome um 10 Pro- zent ab, nach Einführung des Haemocculttestes 1977 sank die

··) Die histologische Untersuchung und Sta- dieneinteilung der kalorektalen Karzinome wurden in dem Pathologischen Institut des Nordwestkrankenhauses Frankfurt (Direk- tor: Professor Dr. P. W. Hoer) durchge- führt.

(5)

Kolarektale Karzinome

100

%

50

0

100

%

50

0

1968 + 1969 1977 + 1978

1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Monate

1968 + 1969 1977 + 1978

1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Monate

Darstellung 7: Zeitspanne zwischen Erstsymptomen und Therapie vor (1968-1969) und nach Einführung der Krebs-Vorsorgeuntersuchung (1977-1978) bei Kolonkarzi- nomen (oben) (n = 408) und bei Rektumkarzinomen (unten) (n = 363)

Rate der inoperablen Kolonkarzi- nome um mehr als 10 Prozent ab.

Die Quote der Radikaloperationen für Kolon- und Rektumkarzinome hat sich in den letzten Jahren nicht mehr geändert und liegt zur Zeit bei etwa 85 Prozent.

~ Seit Einführung der Krebs-Vor- sorgeuntersuchung stellen wir in unserem Krankengut kolarektaler Karzinome eine generelle Zunah- me der Tumorfrühstadien Dukes A fest, das heißt auch bei Karzino- men, die nicht im Rahmen der Krebsvorsorgeuntersuchung er- faßt wurden (Darstellung 6).

Vergleicht man die Jahrgänge 1968 und 1969 vor der Krebs- früherkennungsuntersuchung mit den Jahrgängen 1977 und 1978, so findet man eine Zunahme von Dukes-A-Stadien von mehr als 30 Prozent für Kolon- wie für Rektum- karzinome. Auffallend abgenom- men haben die Tumorstadien B, weniger die Tumorstadien C.

~ Eine Erklärung hierfür sehen wir bei Betrachtung der Ana- mnesedauer der Patienten (Dar- stellung 7). Vor Einführung der Krebsvorsorgeuntersuchung in den Jahren 1968 und 1969 wurde etwa ein Drittel der Kolon- und Rektumkarzinome 3 Monate nach Auftreten der ersten Tumorsym- ptome operiert. Bei. einem Drittel der Patienten vergingen bis zu 6 Monate bis zum Einsetzen der Therapie, beim letzten Drittel mehr als 7 Monate.

Nach Einführung der KrebsvorsOr- geuntersuchung in den Jahren 1977 und 1978 wurden mehr als 70

·Prozent unserer Patienten inner- halb von 3 Monaten nach Auftre- ten der ersten Symptome operiert, bei nur noch 12 Prozent der Pa- tienten vergingen mehr als 7 Mo- nate bis zum Einsetzen der The- rapie.

~ Da Symptome wie "Blut im Stuhl" nicht nur bei den kolarekta- len Karzinomen selbst, sondern auch bei ihren Vorstufen, den ko- lorektalen Polypen auftreten, muß 40 Heft 10 vom 11. März 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

(6)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

eine sorgfältigere Beachtung die- ser Symptome zwangsläufig zu ei- ner Zunahme von Tumorfrühsta- dien Dukes A führen. Anscheinend besteht seit Einführung der Krebs- vorsorgeuntersuchung eine ver- stärkte Aufmerksamkeit in der Be- völkerung gegenüber der Sympto- matik kolorektaler Karzinome, so daß die früher doch lange Ver- schleppungszeit bei der Diagnose- stellung (5,2 Monate durch den Patienten, 3,5 Monate durch den Arzt 12, 13) jetzt verkürzt werden konnte.

Zusammenfassend haben wir in unserer klinischen Studie folgen- de Beobachtungen gemacht:

Der Prozentsatz der asymptomati- schen kolorektalen Karzinome, die durch eine Krebsvorsorgeuntersu- chung erfaßt wurden, beträgt in unserem Krankengut zur Zeit nur 15 Prozent.

Diese Patienten weisen in mehr als 40 Prozent das prognostisch gün- stige Tumorstadium Dukes A auf (5-Jahres-Überlebenschance von etwa 80 bis 90 Prozent).

Wir finden aber seit Einführung der Krebsvorsorgeuntersuchung in unserem Krankengut eine Ver- besserung der Operabilität kolo- rektaler Karzinome, die für Kolon- und für Rektumkarzinome zeitlich mit der Einführung der beiden Un- tersuchungsformen (digitale Aus- tastung des Enddarmes und Haemocculttest) zusammenfällt.

Insgesamt sehen wir seit Einfüh- rung der Krebs-Vorsorgeuntersu- chung in unserem Krankengut ei- ne generelle Zunahme von Tu- morfrühstadien Dukes A auch bei Karzinomen, die nicht durch die Früherkennungsuntersuchung er- faßt wurden.

Dieses Ansteigen der Frühstadien wird durch eine Verkürzung der Anamnesedauer und damit der Verschleppungszeit bis zur Dia- gnosestellung erklärt.

Eine Prävention des kolorektalen Karzinoms ist heute aufgrund

Kolorektale Karzinome

mangelnder Kenntisse der auslö- senden Faktoren noch nicht mög- lich. Die Mortalität der Erkrankung kann zur Zeit nur durch vermehrte Früherkennung und Frühbehand- lung gesenkt werden.

Durch die Krebsvorsorgeuntersu- chung zur Früherfassung kolorek- taler Karzinome werden nicht nur ein hoher Prozentsatz von progno- stisch günstigen Tumorstadien (40 Prozent Du kes-A-Stad ien) ent- deckt.

Gleichzeitig scheint seit Einfüh- rung der Krebsvorsorgeuntersu- chung eine verstärkte Aufmerk- samkeit in der Bevölkerung ge- genüber der Symptomatik kolo- rektaler Karzinome zu bestehen, die ebenfalls durch eine Verkür- zung der Anamnesedauer eine Zu- nahme von Tumorfrühstadien be- wirkt hat.

Literatur

Alken, P.; Ungeheuer, E.: Die Bedeutung der Rektoskopie in der Praxis, Dtsch. Ärztebl. 71 (1974) 3404 — Blum, U.; Cappel, J.; Ungeheuer, E.: Has the preventive care examination de- creed by law been able to improve the prog- nosis of cancer of the large intestine? Pro- ceedings, 13. Intern. Cancer Congress. Seat- tle/Washington, 8.-15. Sept. 1982, U ICC - Cap- pel, J.; Blum, U.; Ungeheuer, E.: Die Be- deutung der Vorsorgeuntersuchung für die Prognose des Dickdarmkrebses, 47. Jahresta- gung der Schweizerischen Ges. Gastroen- terologie 8.-11. Sept. 1982, Lugano — Deyhle, P.: in K. Goerttler: Kolorektale Krebsvorsorge, Wachholz, Nürnberg (1978) 14-31 — Gnauck, R.: Die Treffsicherheit des Nachweises von Blut im Stuhl, Referat 2. Onkolog. Arbeitsta- gung, 8. Nov. 1981, Bad König — Greegor, D.

H.: Occult blood testing for detection of asymptomatic colon cancer, Cancer 28 (1971) 131-134 — Probst, M.; Ungeheuer, E.: Das colo- rektale Karzinom, Der Deutsche Arzt 5 (1982) 46-53 — Schwartz, W.; Holstein, H.; Brecht, G.:

Colorektale Krebsfrüherkennung mittels Nachweis von okkultem Blut im Stuhl, Erste Ergebnisse, Dtsch. Ärztebl. 18 (1979) 1223-1228 — Ungeheuer, E.: Blut im Stuhl, Chirurgische Konsequenzen, Monatskurse für die ärztliche Fortbildung 30 (1980) 631-640 — Ungeheuer, E.; Blum, U.; Cappel, J.; März, E.:

Diagnostik und Therapie des colorektalen Car- cinoms, Film 1980 Katalog ärztliche Fortbil- dungsfilme, Ed. Bundesärztekammer, Dtsch.

Ärzte-Verlag Köln (1981)

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Ulrike Blum Chirurgische Klinik des Krankenhauses Nordwest Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt/Main 90

FÜR SIE GELESEN

Zytostatische Behandlung von Plattenepithel-

karzinomen

des Kopfes und des Halses

Ein lokal fortgeschrittenes Sta- dium oder eine regionale Ausbrei- tung zeigen zwei Drittel der Pa- tienten mit Plattenepithelkarzino- men des Kopfes und des Halses zum Zeitpunkt der Diagnose, so daß eine kurative Behandlung durch Operation und/oder Be- strahlung nicht mehr möglich ist.

Es gibt eine Anzahl von wirksamen Zytostatika, bei Rezidiven oder Dissemination dieser Erkrankung, wobei Methotrexat, Bleomycin und Cis-Platin als die aktivsten gelten. Die Remissionsraten sind für diese Substanzen in etwa gleich und liegen bei 20 bis 30 Prozent. Im Vergleich mit der Ver- abreichung von Einzelsubstanzen zeigt eine Kombination dieser Zy- tostatika bisher keinen Vorteil im Hinblick auf Remissionsrate, Re- missionsdauer und Überlebens- zeit. Die intraarterielle Chemothe- rapie kann bei speziell ausgewähl- ten Patienten, z. B. mit großen Pri- märtumoren, eingesetzt werden.

Eine Kombination von Chemothe- rapie und Radiotherapie führt zu größeren lokalen Komplikationen, nicht aber zu erkennbar besseren Behandlungsergebnissen. Mit 50 bis 90 Prozent Remissionsraten sind die Ergebnisse bei der Che- motherapie als Primärbehandlung günstiger. Dadurch kann bei ei- nem Teil der Patienten im Stadium III oder IV der Tumor so weit ver- kleinert werden, daß er kurativ operabel wird. Dieses Konzept wird zur Zeit in einer Studie des Nationalen Krebsinstituts der USA überprüft.

Eine unspezifische Immunthera- pie mit BCG oder mit Levamisol ist nicht wirksam. Retinoide können möglicherweise die Entstehung dieser Karzinome verhindern. Hrm

Hong, W. K.; Bromer, R.: Current Concepts:

Chemotherapy in Head and Neck Cancer, N.

Engl. J. Med. 308 (1983) 75-79, Medical Oncol- ogy Section, Boston V. A. Medical Ctr., 150 S.

Huntington Ave., Boston, MA 02130, USA

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

meisten dieser Substanzen kein erhöh- tes Risiko für das AC im Ösophagus finden; er berichtete aber über eine Er- höhung dieses Risikos für Personen mit jahrelang medikamentös

Bei den berufstätigen Ärzten hat die Zuwachsrate ebenfalls deut- lich über dem langfristigen Durch- schnitt gelegen: fast 6500 Ärztinnen und Ärzte Netto-Zugang bedeutet über

Im Glucos- amin-Arm waren es nur 3,9 Prozent mehr (p = 0,30), im Chondroitin-Arm stieg die Responderrate gegenüber Pla- cebo um 5,3 Prozent mehr (p = 0,17), und unter der

Bei Pankreastumorzellen habe sich ebenfalls ein zytolytischer Effekt gezeigt, hier allerdings führe eine Infektion mit dem Parvovirus nicht zu einer vollständi- gen Eliminierung

Abhandlungen über kolorektale Karzinome setzen eine klar defi- nierte Klassifikation voraus. Die Vielzahl vorgeschlagener Eintei- lungen, sowohl auf der Basis des TNM-Systems

Hier kommt aus Sicht der Betroffenen speziell dem Hausarzt eine wichtige Rolle zu, der häufig in verschiede- nen Generationsebenen auch familiär tätig ist und dadurch Vermittler

Im April dieses Jahres wurden 1 001 Bundesbürger aus den neuen Ländern und 1 050 Menschen aus den alten Län- dern zu den Komponenten: Befürwor- tung einer rechtsautoritären

Dieter Emrich pro- pagierte für Kinder und Jugendliche die tägliche Ein- nahme einer 100-Mikro- gramm-Jodtablette, da in absehbarer Zeit eine aus- schließliche Verwendung von