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Archiv "Bekanntmachungen: Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK (Klinisch relevante Auszüge aus der Leitlinie)" (03.11.2006)

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Academic year: 2022

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Vorwort

Die koronare Herzkrankheit (KHK) gehört zu den wichtigsten Volkskrankheiten. Die chronisch-ischämische Herzkrankheit und der akute Myokardinfarkt führen die Todesursachenstatistik in Deutschland (2003) mit 10,9 % und 7,5 % der registrierten Todesfälle an. Männer weisen eine höhere Rate koronarer Er- eignisse (Myokardinfarkt und kardialer Tod) auf als Frauen. Ein mehrfach demonstrierter Zusammenhang besteht auch mit der sozialen Schichtzugehörigkeit. Für das Auftreten bzw. den Ver- lauf der KHK ist eine große Zahl von Risikofaktoren identi- fiziert worden. Das Rauchen, die Bewegungsarmut, Fehl- ernährung, Übergewicht, genetische Faktoren, der Bluthoch- druck und Störungen des Lipidstoffwechsels sind für die Ver- sorgung von größter Bedeutung. In epidemiologischen Unter- suchungen ist die Letalität (case-fatality-rate) beim akuten Herzinfarkt mit 51 % bei Frauen und 49 % bei Männern immer noch sehr hoch. Zwei Drittel dieser Todesfälle ereignen sich vor Klinikaufnahme.

Die hohe Prävalenz und Inzidenz der KHK sowie eine große Variationsbreite in der Versorgungsqualität verlangen verstärkte Bemühungen um die Optimierung der Versorgung von Patienten mit KHK. Hierzu gehören verlässliche Definitionen des Not- wendigen und Angemessenen in Prävention, Diagnostik und Therapie.

Das Programm für Nationale VersorgungsLeitlinien von Bun- desärztekammer (BÄK), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaft- lichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und Kassen- ärztlicher Bundesvereinigung (KBV) nimmt sich prioritärer Ver- sorgungsbereiche an, für die ein Konsens zwischen den zuständi- gen Fachgruppen über wissenschaftlich begründete und praktika- ble medizinische Maßnahmen notwendig erscheint. In diesem Rahmen haben die mit Prävention, Diagnostik, Therapie und Re- habilitation der KHK befassten Fachgesellschaften inhaltliche Eck- punkte für eine Nationale VersorgungsLeitlinie KHK konsentiert.

Dieser Konsens kam zustande durch Einigung von Experten der o. a. Organisationen auf einheitliche, wissenschaftlich be- gründete und praktikable Eckpunkte der Versorgung von Patien- ten mit KHK unter Berücksichtigung der Strategien und Metho- den der evidenzbasierten Medizin.

In der vorliegenden Bekanntmachung sind die wichtigsten, für die Arbeit in Klinik und Praxis relevanten Empfehlungen und Ausführungen der NVL KHK zusammengestellt. Die vollständi- ge Fassung sowie Hintergrundinformationen zu Quellen und Me- thodik der Nationalen VersorgungsLeitlinie KHK sind über die Internet-Seite http://www.versorgungsleitlinien.de zugänglich.

Berlin, Düsseldorf im August 2006

Prof. Dr. Dr. h. c. J.-D. Hoppe, Dr. A. Köhler, Prof. Dr. Dr. G. Ol- lenschläger – Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (äzq) (Gemeinsames Institut von Bundesärztekammer und Kas- senärztlicher Bundesvereinigung)

Prof. Dr. A. Encke, PD Dr. I. Kopp, Prof. Dr. H.-K. Selbmann – Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)

B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R

K A S S E N Ä R Z T L I C H E B U N D E S V E R E I N I G U N G

Bekanntmachungen

Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische KHK

(Klinisch relevante Auszüge aus der Leitlinie)

Herausgeber:

Bundesärztekammer (BÄK), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)

sowie

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ),

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)

Deutsche Gesellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreislaufforschung (DGK)

Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz- und Kreislauferkrankungen (DGPR) Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)

*Redaktion, Pflege und Korrespondenz:

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin äzq(Gemeinsames Institut von BÄK und KBV) Redaktion Nationale VersorgungsLeitlinien

Wegelystraße 3/Herbert-Lewin-Platz, 10623 Berlin-Charlottenburg

E-Mail: versorgungsleitlinien@azq.de – Internet: http://www.versorgungsleitlinien.de

(2)

Fragestellungen der NVL Chronische KHK

Die NVL KHK nimmt unter anderem zu folgenden Fragen Stellung:

Anhand welcher objektiven Messungen sollte die Diagnose ge- sichert werden?

Wie ist die Abfolge nichtinvasiver diagnostischer Schritte ? Wann kommen invasive diagnostische Maßnahmen in Betracht ? Wie ist die Prognose von Patienten mit KHK und wie kann eine

Risikostratifizierung durchgeführt werden?

Welche konservativen Maßnahmen der Therapie sind anzuwen- den?

Welche Therapeutika sollten zur Symptomkontrolle und Sekun- därprophylaxe eingesetzt werden?

Wann und unter welchen Bedingungen sind dem Patienten Maßnahmen zur elektiven Revaskularisation anzuraten?

Welche Besonderheiten sind bei der Abwägung konservativer Maßnahmen gegenüber interventioneller Therapie (PCI) oder Bypass-Operation (CABG) zu bedenken?

Wann sind stationäre bzw. rehabilitative Maßnahmen indiziert?

Wie sollte die Betreuung von Patienten mit chronischer KHK im deutschen Gesundheitswesen koordiniert und organisiert werden?

Definition und Therapieziele

Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist die Manifestation der Athe- rosklerose an den Herzkranzarterien. Sie führt häufig zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot im Herzmuskel. Eine KHK ist mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko verbunden. Bei häufigem Auftreten von An- gina-pectoris-Beschwerden ist die Lebensqualität vermindert.

Daraus ergeben sich folgende Therapieziele:

Steigerung der krankheitsbezogenen Lebensqualität, unter an- derem durch

– Vermeidung von Angina-pectoris-Beschwerden, – Erhaltung der Belastungsfähigkeit,

– Verminderung von KHK assoziierten psychischen Er- krankungen (Depression, Angststörungen);

Reduktion der kardiovaskulären Morbidität, insbesondere Ver- meidung von Herzinfarkten und der Entwicklung einer Herzin- suffizienz;

Reduktion der Sterblichkeit.

Prognose und Risikostratifizierung bei chronischer KHK

Entscheidungshilfe: Prognose bei stabiler KHK

Das unten genannte Instrument zur Prognoseabschätzung wur- de an über 3 000 Patienten entwickelt (58 % Männer, 42 % Frauen), die wegen neue aufgetretener stabiler Angina pectoris an eines von 156 kardiologischen Zentren bzw. Praxen in Euro- pa überwiesen und ein Jahr später nachuntersucht wurden.

Die einzelnen Risikofaktoren (Tabelle 1) erhalten Punktwerte gemäß ihrer prognostischen Relevanz.

Die resultierende Punktsumme (Tabelle 2) bezieht sich auf das Risiko von Tod jeder Ursache oder nichttödlichen Myokardin- farkt innerhalb des nächsten Jahres.

Erläuterungen:

1Komorbidität: Eine oder mehrere der folgenden Erkrankungen: zerebrovaskuläre Erkran- kungen, chronische Lebererkrankungen, manifeste pAVK, chronische Niereninsuffizienz, chronische obstruktive Lungenerkrankung, chronisch-entzündliche Erkrankung (rheumatoi- de Arthritis, SLE oder Misch-Kollagenose, Polymyalgia rheumatica usw.), Malignom (derzeit aktiv oder im letzten Jahr diagnostiziert)

2Stärke der Beschwerden (kanadische AP-Klassifikation):

I: normale Aktivität (z. B. Treppen steigen) verursacht keine Beschwerden, AP nur bei sehr starker, rascher oder ausgedehnter Aktivität

II: AP bei schnellen Gehen, Treppensteigen oder Steigungen, bzw. Gehen/ Treppensteigen nach Mahlzeiten, in Kälte, bei Wind oder unter emotionaler Belastung.

III: AP bei ein bis zwei Häuserblöcken (eben) oder einer Treppe (halbes Stockwerk)

3Dauer der Beschwerden - beachte: je länger desto günstiger die Prognose Risikofaktoren mit Gewichtung als Punktwert gemäß ihrer prognostischen Relevanz

Risikofaktor Punkte

Komorbidität1

Nein 0

Ja 9

Diabetes

Nein 0

Ja 6

Stärke der Angina pectoris (AP)2

I – normale Aktivität ohne Einschränkungen 0 II – normale Aktivität leicht eingeschränkt 5 III – normale Aktivität stark eingeschränkt 9 Dauer der Beschwerden3

6 Monate 0

< 6 Monate 8

Ruhe-EKG: ST-Senkung oder T-Negativierung

Nein 0

Ja 3

Linksventrikuläre Dysfunktion (Echo)

Nein 0

Ja 11

Modifiziert nach Daly CA et al. Predicting prognosis in stable angina – results from the Euro heart survey of stable angina: prospective observational study. BMJ 2006; 332: 262–7

Umrechnung der Punkte in die relative Wahrscheinlichkeit für Tod oder nichttödlichen Herzinfarkt (MI) im nächsten Jahr

Punktsumme Relative Wahrscheinlichkeit für Tod oder MI [%]

0–10 1

11–20 2.5

21–25 5

26–30 9

31–35 14

36–40 23

41–45 35

46 45

TABELLE 2 TABELLE 1

(3)

Invasive Diagnostik – Indikationen und Kontraindikationen

Empfehlungen zur diagnostischen Koronarangiographie bei Patienten mit V. a. Angina pectoris, einschließlich der Patienten mit bekannter KHK und signifikanter Änderung der Angina- pectoris-Symptome.

Die diagnostische Koronarangiographie soll den Patienten empfohlen werden,

die ein akutes Koronarsyndrom entwickelt haben;

die unter leitliniengerechter medikamentöser Therapie eine an- haltende Angina pectoris (CCS Klasse III und IV) haben;

mit pathologischem Ergebnis der nichtinvasiven Untersuchun- gen unabhängig von der Schwere der Angina pectoris;

die einen plötzlichen Herzstillstand oder eine lebensbedrohli- che ventrikuläre Arrhythmie überlebt haben;

mit Symptomen einer chronischen Herzinsuffizienz bei unbe- kanntem Koronarstatus bzw. V. a. Progression der KHK.

Die diagnostische Koronarangiographie wird den Patienten nicht empfohlen,

mit einer niedrigen Wahrscheinlichkeit nach nichtinvasiver Diagnostik;

mit stabiler Angina pectoris (CCS Klasse I oder II) mit gutem Ansprechen auf medikamentöse Behandlung, aber ohne nach- weisbare Ischämie;

nach Intervention (CABG oder PCI) ohne wieder aufgetretene Angina pectoris und ohne nichtinvasiven Ischämienachweis;

mit fehlender Bereitschaft zu einer weiterführenden Therapie (PCI oder CABG);

mit einer hohen Komorbidität, bei denen das Risiko der Koro- narangiographie größer ist als der Nutzen durch die Sicherung der Diagnose.

Medikamentöse Therapie

Medikamentöse Sekundär-/Tertiärprophylaxe Thrombozytenaggregationshemmer

Alle Patienten mit KHK sollten mit Thrombozytenaggrega- tionshemmern behandelt werden. Acetylsalicylsäure soll hier- für aufgrund der zahlreichen Belege zur Wirksamkeit Mittel der 1. Wahl sein.

Bei Unverträglichkeit oder Kontraindikationen kommt Clopi- dogrel zum Einsatz.

Cholesterinsenkende Medikamente

HMG CoA Reduktasehemmer (Statine) werden als Therapeuti- ka der 1. Wahl eingesetzt, da für sie eine Reduktion der kardio- vaskulären Morbidität und Sterblichkeit bei Patienten mit KHK belegt wurde.

Auch das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko von Patienten mit hohem vaskulärem Risiko und LDL-Cholesterin < 100 mg/dl (< 2,6 mmol/L) kann durch Statine gesenkt werden.

Alle Patienten mit koronarer Herzkrankheit profitieren von ei- ner Behandlung mit Statinen – unabhängig von der Höhe der Blutfettwerte.

Für andere Lipidsenker (Fibrate, Anionenaustauscher, Niko- tinsäurederivate) liegen zur Sekundärprävention der KHK kei- ne so ausführlichen und konsistenten Daten wie für Statine vor, sie sind daher als Medikamente der 2. Wahl anzusehen.

Für Cholesterinaufnahmehemmer (Ezetimib) liegen bislang keine ausreichenden Daten zu Sicherheit und Einfluss auf die Morbidität der KHK vor.

Bezüglich des speziellen Vorgehens im Rahmen der lipidsen- kenden Behandlung werden zwei Strategien diskutiert :

– LDL-Cholesterin-Senkung auf Zielwert < 100 mg/dl (< 2,6 mmol/L): AkdÄ, DGIM, DGK;

– Strategie der festen Dosis: DEGAM.

ACE-Hemmer

Alle Patienten mit Linksherzinsuffizienz sollen aufgrund der belegten Senkung der Morbidität und Sterblichkeit mit einem ACE-Hemmer behandelt werden.

Alle Patienten nach Myokardinfarkt mit Linksherzinsuffizienz sollen aufgrund der belegten Senkung der Morbidität und Sterb- lichkeit mit einem ACE-Hemmer behandelt werden.

Bei Patienten mit erhöhtem vaskulärem Risiko und Hypertonie reduzieren ACE-Hemmer die Morbidität und Sterblichkeit. Sie reduzieren im Unterschied zu Betablockern jedoch nicht die Angina-pectoris-Beschwerden. Sie werden daher bei Patienten mit KHK und normaler kardialer Pumpfunktion als Medika- mente der 2. Wahl zur Blutdruck-Senkung empfohlen.

Spezielle Diagnostik, Nichtinvasive Verfahren:

Indikationen

Algorithmus bei bekannter KHK – Primär- bzw. hausärztliche

Versorgungsebene

(4)

AT-1-Rezeptorantagonisten

Bei Unverträglichkeit von ACE-Hemmern sollen Angioten- sin-1-Blocker eingesetzt werden.

Grippe-Impfung

Aktuelle Arbeiten zeigen eine Reduktion der Sterblichkeit von Patienten mit symptomatischer KHK durch die Grippeschutz- impfung. Daher wird die jährliche Durchführung dieser Maß- nahme empfohlen.

Arzneimittel mit fehlendem Wirksamkeitsnachweis

Für folgende Maßnahmen fehlen hinreichende Daten der Wirk- samkeit der symptomatischen Behandlung oder prognostischen Besserung der KHK:

Chelattherapie;

Homöopathie;

Phytotherapie;

peri- und postmenopausale Hormontherapie;

Vitaminsupplementierung;

Sauerstofftherapie.

Revaskularisationstherapie

Vor einer Revaskularisation sind Patienten über die Wirksamkeit konservativer, interventioneller und chirurgischer Maßnahmen in Bezug auf die Therapieziele Symptomatik/Lebensqualität und Prognose zu informieren.

Spezielle Empfehlungen für die klinische Situation: Diagnose einer chronischen KHK mit stabiler Angina pectoris/An- ginaäquivalent und planbarer Revaskularisation (unabhän- gig von der Ventrikelfunktion).

Koronare Herzkrankheit mit signifikanter (> = 50 %) links- koronarer Hauptstammstenose

Bei linkskoronarer signifikanter Hauptstammstenose soll die operative Revaskularisation (ACB) angestrebt werden. Sie ist in Bezug auf Überleben, MACE und Lebensqualität der PCI und der konservativen Therapie überlegen.

Inoperablen Patienten und Patienten, die nach sorgfältiger Auf- klärung eine operative Revaskularisation ablehnen, kann alter-

Algorithmus bei bekannter KHK – Kardiologische Versorgungsebene

* Akuter Myokardinfarkt< 2 Tage, hämo- dynamisch wirksame Herzrhythmusstörungen, symptomatische und beträchtliche Aortenklappenstenose, symptomatische Herzinsuffizienz, akute Lungenarterienembolie oder -infarkt, akute Myo- oder Perikarditis, akute Aortendissektion.

** Hoch-Risiko-Patienten:Patienten mit chronischer KHK und eingeschränkter LV-Funktion, Mehrgefäßerkrankung, proximaler RIVA-Stenose, überlebtem plötzlichem Herztod, Diabetes mellitus, suboptimalem Interventionsergebnis oder mit gefahr- geneigten Tätigkeiten gehören zu den Hochrisiko-Personen.

(5)

nativ die PCI empfohlen werden. Dies gilt für die Therapieziele Verbesserung der Prognose und Lebensqualität.

Koronare Mehrgefäßerkrankung mit hochgradigen proxima- len Stenosen (> 70 %)

Bei Patienten mit Mehrgefäßerkrankung sollen revaskularisieren- de Maßnahmen empfohlen werden, da dadurch die Lebensqualität erhöht werden kann und sie – nach Expertenmeinung und Regis- terdaten – auch zu einer Verbesserung der Prognose führen.

Bei Mehrgefäßerkrankung soll eine komplette Revaskularisati- on angestrebt werden.

Bei Dreigefäßerkrankung ist der ACB das primäre Vorgehen und die PCI das sekundäre Vorgehen.

Patienten mit proximaler RIVA-Stenose (> = 70 %) sollten un- abhängig von der Symptomatik einer revaskularisierenden Maßnahme zugeführt werden.

Alle anderen Patienten ohne RIVA-Stenose mit symptomati- scher, medikamentös nicht adäquat beherrschbarer Eingefäßer- krankung sollen mit einer revaskularisierenden Maßnahme (in der Regel PCI) aus antianginöser Indikation behandelt werden.

Älteren Patienten (> 75 Jahre) mit ausgeprägter, persistierender, trotz medikamentöser Therapie bestehender Symptomatik soll die Revaskularisation empfohlen werden.

PCI und ACB führen im Vergleich zur medikamentösen Thera- pie zu einer deutlichen symptomatischen Verbesserung der KHK, ohne eine erhöhte Sterblichkeit zu bedingen. Sie sollten auch bei alten Patienten mit ausgeprägter persistierender Sym- ptomatik trotz medikamentöser Therapie empfohlen werden.

Versorgungskoordination

Die Betreuung des chronischen KHK-Patienten erfordert die Zu- sammenarbeit aller Sektoren (ambulant und stationär) und Ein- richtungen. Eine qualifizierte Behandlung muss über die gesamte Versorgungskette gewährleistet sein.

Hausärztliche Versorgung

Die Langzeit-Betreuung des Patienten und deren Dokumentati- on sowie die Koordination diagnostischer, therapeutischer und rehabilitativer Maßnahmen, z. B. im Rahmen eines strukturier- ten Behandlungsprogramms, erfolgen grundsätzlich durch den Hausarzt.

Wenn medizinische Gründe es erfordern, sollte der Patient ge- meinsam mit einem Facharzt für Kardiologie betreut werden.

KHK-Wahrscheinlichkeit und hausärztliche Aufgaben Die hausärztliche Arbeitsmethodik berücksichtigt die Niedrig- prävalenz-Situation im unselektierten Krankenkollektiv der Pra- xis: höchstens 20 % der Patienten mit thorakalen Beschwerden haben eine KHK. Bei Patienten mit einer nach dem ersten Ein- druck niedrigen Wahrscheinlichkeit für eine KHK (z. B. pleuri- tische Beschwerden bei akutem Atemwegsinfekt) wird nach Anamnese und körperlicher Untersuchung die KHK-Hypothese nicht weiter verfolgt. Aufgabe des Hausarztes ist es, eine weiter- führende Diagnostik nur ab einem mittleren Wahrscheinlichkeits- bereich durchzuführen bzw. zu veranlassen.

In Zusammenhang mit der KHK ergeben sich für den Hausarzt bei Symptompräsentation Thoraxschmerz die folgenden Aufga- ben: ätiologische Klärung (KHK ja/nein; akutes Koronarsyn- drom); prognostische Stratifizierung; Weiterbehandlung oder Überweisung/Weiterleitung.

Überweisung vom Hausarzt zum Kardiologen (ambulant) Indikationen

Symptome, die mit der KHK in einem engen Zusammenhang stehen können und hausärztlich nicht befriedigend zu klären sind;

Befriedigende symptomatische Behandlung ist auf der haus- ärztlichen Versorgungsebene nicht möglich (Verschlimmerung – Therapieziel Lebensqualität gefährdet);

Medikamentöse und sonstige Maßnahmen zur Verbesserung der Prognose sind unzureichend umsetzbar (z. B. Unverträg- lichkeiten, Interaktionen, Non-Compliance, die durch Facharzt- beurteilung optimierbar erscheint – Therapieziel Verbesserung der Prognose gefährdet);

Deutliche Verschlechterung einer bekannten bzw. Verdacht auf neue Herzinsuffizienz, neu aufgetretene, klinisch relevante Rhythmusstörungen (Sicherung der Diagnose und Prognose, ggf. Therapie).

Konservative Behandlung versus PCI und CABG bei chronischer KHK

Option konserv. PCI CABG

Behandlung

Definition Gabe von anti- Schnelle Ent- Schnelle Ent- anginösen wicklung von wicklung zu mehr (Nitrate usw.) PTCA Stent A. thorac. int.

und prognose- Stent mit Be- (Mammaria) verbessernden schichtung OPCAB etc.

Medikamenten (DES). Konservative (ASS,Betablocker Konservative Behandlung usw.), Modifika- Behandlung als Begleitthera- tion von verhal- als Begleit- pie einge- tensbezogenen therapie schlossen.

Risikofaktoren. eingeschlossen.

Therapieziel Wirksamkeit von Bisher keine Überlegenheits- Prognose Thrombozyten- Überlegenheit nachweis im

Aggregations- für Tod/MI Vergleich zu kon- hemmern, Beta- im Vergleich zu servativer Be- blockern, Statinen konservativer handlung beruht in Placebo- Behandlung auf älteren

kontrollierten bei stabiler KHK Studien (aller- Studien mehrfach nachgewiesen. dings Fortschritte

nachgewiesen. bei medikamen-

töser und chirur- gischer Therapie);

Überlegenheit gegen PCI bisher bei Dreigefäßer- krankung, redu- zierter Kammer- funktion bewiesen.

Therapieziel Studienlage Wirksamer als Effekt nachhal- Symptomatik, weniger konservativ. tiger als PCI Quality of Life eindeutig. (auch neue Stu-

dien, auch DES, auch im Alter).

Bevorzugter Gut kontrollierte/ Angina pectoris Angina pectoris Einsatz kontrollierbare medikamentös medikamentös („Stärken“) Symptomatik. nicht nicht beherrsch-

Patient lehnt beherrschbar. bar. Mehrgefäß-

invasives Vor- erkrankung, linke

gehen ab. Hauptstamm-

Stenose.

Abzuratende Konservativ gut Konservativ gut Indikation kontrollierte kontrollierte

(„Schwächen“) Symptomatik Symptomatik

bei Niedrig-Risiko. bei Niedrig-Risiko.

(6)

Gemeinsame Betreuung Hausarzt und Facharzt für Kardio- logie

Patienten, bei denen ein akutes Koronarsyndrom oder eine Re- vaskularisations-Maßnahme weniger als ein Jahr zurück liegen;

Patienten mit einer ausgeprägten Herzinsuffizienz (mindestens Stadium III/IV NYHA, auch anamnestisch);

Patienten mit ventrikulären Rhythmusstörungen (VT, VF, ICD);

Patienten mit Klappenvitien.

Einweisung in ein Krankenhaus

Indikationen zur stationären Behandlung von Patienten mit chro- nischer KHK in einer qualifizierten stationären Einrichtung sind insbesondere

akutes Koronarsyndrom;

Verdacht auf lebensbedrohliche Dekompensation von Folge- und Begleiterkrankungen (z. B. Hypertonie, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen, Diabetes mellitus).

Die Indikation zur invasiven stationären Diagnostik und Therapie muss stufengerecht und risikoadaptiert erfolgen.

Veranlassung einer Rehabilitationsmaßnahme

Die Durchführung einer multidisziplinären Rehabilitation wird empfohlen

nach akutem ST-Hebungsinfarkt und Nicht-ST-Hebungsin- farkt;

nach koronarer Bypass-Operation (auch in Kombination mit Klappenoperation);

in ausgewählten Fällen nach elektiver PCI (z. B. bei ausgepräg- tem Risikoprofil, bei besonderem Schulungsbedarf, bei Com- pliance-Problemen).

Definitionen

Nationale VersorgungsLeitlinien (NVL) sind „ärztliche Ent- scheidungshilfen für die strukturierte medizinische Versor- gung“ (sogenanntes Disease Management) auf der Grundlage der besten verfügbaren Evidenz. Bei einer NVL handelt es sich – ebenso wie bei jeder anderen medizinischen Leitlinie – ex- plizit nicht um eine Richtlinie im Sinne einer Regelung des Handelns oder Unterlassens, die von einer rechtlich legiti- mierten Institution konsentiert, schriftlich fixiert und ver- öffentlicht wurde, für den Rechtsraum dieser Institution ver- bindlich ist und deren Nichtbeachtung definierte Sanktionen nach sich zieht. Die Entscheidung darüber, ob einer bestimm- ten Empfehlung gefolgt werden soll, muss vom Arzt unter Berücksichtigung der beim individuellen Patienten vorliegen- den Gegebenheiten und der verfügbaren Ressourcen getroffen werden.

Adressaten und Anwendungsbereich der NVL Chronische KHK

Die Empfehlungen Nationaler VersorgungsLeitlinien richten sich vorrangig an Ärztinnen und Ärzte aller Versorgungsbereiche;

an die Kooperationspartner der Ärzteschaft (z. B. Fachberufe im Gesundheitswesen, Kostenträger);

an betroffene Patienten und ihr persönliches Umfeld (z. B. Part- ner), und zwar unter Nutzung von speziellen Patienteninforma- tionen;

an die Öffentlichkeit zur Information über gute medizinische Vorgehensweise.

NVL richten sich weiterhin explizit an die Herausgeber von „Struk- turierten Behandlungsprogrammen“, da sie als deren Grundlage bei der Erstellung von zukünftigen „Strukturierten Behandlungs- programmen“ dienen, sowie an die medizinischen wissenschaftli- chen Fachgesellschaften und andere Herausgeber von Leitlinien, deren Leitlinien ihrerseits die Grundlage für die NVL bilden.

Komponenten der Nationalen VersorgungsLeitlinien

Alle NVL bestehen aus folgenden Komponenten:

Langfassung der NVL (enthalten die graduierten Empfehlun- gen, erläuternden Hintergrundtext, Quellenangaben und -darle- gungen);

Kurzfassung der NVL (enthalten die graduierten Empfehlungen und kurze begleitende Statements);

Leitlinienreport (Darlegung des methodischen Vorgehens);

Patienten-Leitlinie (durch Patienten erstellte Leitlinie zum The- ma, inhaltlich auf der jeweiligen NVL basierend);

Praxishilfen (Kurzdarstellungen der wesentlichen Aussagen der NVL zur schnellen Orientierung);

zusätzliche Hintergrundmaterialien (z. B. Evidenztabellen, Leit- liniensynopsen).

Alle Komponenten der NVL Chronische KHK stehen im In- ternet frei zur Verfügung unter

http://www.khk.versorgungsleitlinien.de.

Ein Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen finden Sie in der Langfassung der NVL unter

http://www.khk.versorgungsleitlinien.de.

Autoren der NVL Chronische KHK und beteiligte Experten

Autoren (Stimmberechtigte Vertreter der Fachgesellschaften):

Prof. Dr. med. Norbert Donner-Banzhoff, DEGAM; Prof. Dr.

med. Klaus Held, DGPR; PD Dr. med. Ulrich Laufs, AkdÄ; Prof.

Dr. med. Hans-Joachim Trappe, DGK; Prof. Dr. med. Karl Wer- dan, DGIM; Prof. Dr. med. Hans-Reinhard Zerkowski, DGTHG.

Beteiligte Experten: Prof. Dr. med. Christoph Bode, DGK; Prof.

Dr. med. Emmeran Gams, DGTHG; Dr. med. Simone Heinemann, DGK; Prof. Dr. med. Eckart Fleck, DGK; Dr. med. Christoph Klein, DGK; PD Dr. med. Brigitte Osswald, DGTHG; Prof. Dr.

med. Bernhard Rauch, DGPR; Dr. med. Martin Russ, DGIM; Prof.

Dr. med. Ulrich Tebbe, DGK. Moderation: PD Dr. med. Ina Kopp, AWMF. Redaktion: Monika Lelgemann MSc, Lothar Heymans – Arzt für Pathologie, Prof. Dr. Dr. Günter Ollenschläger, ÄZQ.

Gültigkeitsdauer und Fortschreibung

Diese Leitlinie wurde im Juni 2006 verabschiedet und ist bis zur nächsten Überarbeitung bzw. spätestens bis 31. Mai 2008 gültig.

Der Vorstand der Bundesärztekammer hat die NVL Chronische KHK am 25. August 2006 als „Leitlinie der Bundesärztekammer“

beschlossen.

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