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Chronische Herzinsuffizienz: Neuer Wirkstoff empfohlen

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Academic year: 2022

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Das Lebenszeitrisiko, an einer Herzinsuffizienz zu erkran- ken, beträgt bei 55-jährigen Männern 33 Prozent, bei gleich- altrigen Frauen 28 Prozent. 7 Prozent der stabilen, ambulant behandelten Patienten mit Herzinsuffizienz versterben inner- halb eines Jahres an plötzlichem Herztod oder an einer Ver- schlechterung der Herzinsuffizienz. Diese lebens bedrohliche Erkrankung wird heute vielfach medikamentös behandelt – mit ACE-(angiotensin-converting-enzyme-)Hemmern/Angio- tensinrezeptorblockern, Mineralokortikoidrezep torantago nis - ten, Diuretika und Betablockern sowie Devicetherapien (kar- diale Resynchronisationstherapie [CRT], Kunstherz). In be- sonders schweren Fällen ist eine Herztransplantation erforderlich.

Die neue, vor wenigen Monaten vorgelegte Leitlinie zur Behandlung der Herzinsuffizienz wurde letztmals vor vier Jahren von der ESC aktualisiert (6). Als wichtigste Neuerung für Allgemeinmediziner und nicht kardiologisch tätige Ärzte ist sie nun um einen Algorithmus für die Diagnostik der chro- nischen Herzinsuffizienz ergänzt worden(Abbildung 1). Die- ser Algorithmus definiert klar, wann eine Herzinsuffizienz ausgeschlossen werden kann und wann sich eine weiterfüh- rende Diagnostik anschliessen sollte. So kann anhand klini- scher Untersuchungen, EKG und laborchemischer Bestim- mung von natriuretischen Peptiden eine Herzinsuffizienz nahezu ausgeschlossen werden.

Neues Medikament: der Neprilysininhibitor

In die medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz wurde – aufgrund der Ergebnisse der PARADIGM-HF-Studie bei Überlegenheit der Therapie mittels Sacubitril/Valsartan im Vergleich zu Enalapril mit einer Mortalitätsreduktion von etwa 20 Prozent – eine neue Wirkstoffkombination in die Leitlinie (4) aufgenommen: der Neprilysininhibitor. Allerdings gilt die Empfehlung für die Gabe dieser Wirkstoffklasse nicht ausnahmslos für alle Patienten mit Herzinsuffizienz, sondern nur für diejenigen, die dem Studienkollektiv der PARA- DIGM-HF-Studie entsprechen. Hierzu zählen Patienten mit erhöhtem Plasmaspiegel der natriuretischen Peptide (BNP [brain natriuretic peptide] ≥ 150 pg/ml bzw. NT-pro-BNP [N-terminales Propeptid BNP] ≥ 600 pg/ml oder bei Hospita- lisierung innerhalb der letzten 12 Monate in Bezug auf Herz - insuffizienz BNP ≥ 100 pg/ml bzw. NT-pro-BNP ≥ 400 pg/ ml), bei denen – falls nicht kontraindiziert – bereits eine Herz - insuffizienzmedikation mit ACE-Hemmer beziehungsweise Angiotensinrezeptorantagonist, Betablocker und Mineralo- kortikoidrezeptorantagonist erfolgt ist. Darüber hinaus müs- sen diese Herzpatienten die ACE-Hemmer beziehungsweise Angiotensinrezeptorantagonisten auch vertragen (zum sche- matischen Vorgehen vgl. Abbildung 2).

Neue Kategorie der Herzinsuffizienz (HFmrEF) In subtilen Analysen von Studien zur diastolischen Herzin- suffizienz zeigte sich, dass Patienten mit einer linksventriku- lären Ejektionsfraktion (LVEF) zwischen 40 und 49 Prozent beziehungsweise mit einer LVEF ≥ 50 Prozent teilweise ein unterschiedliches Outcome haben. Die Herzinsuffizienz wird deshalb jetzt neu kategorisiert in drei Typen:

❖Herzinsuffizienz mit eingeschränkter systolischer linksven- trikulärer (LV-)Funktion (LVEF: < 40%; heart failure with reduced ejection fraction, HFrEF)

FORTBILDUNG

Chronische Herzinsuffizienz:

Neuer Wirkstoff empfohlen

Update der ESC-Leitlinie 2016

ARS MEDICI 32017

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Das Update der Leitlinie zur Herzinsuffizienz hat die Euro- päische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) im Mai 2016 vorgelegt. Für Allgemeinmediziner besonders relevant:

der neue Diagnostikalgorithmus, der es erlaubt, anhand der natriuretischen Peptide eine Herzinsuffizienz sicher auszuschliessen, sowie die Einführung einer neuen Sub- stanzklasse in die therapeutische Palette.

Florian Höpfner und Stefan Frantz

❖Die überarbeitete ESC-Leitlinie zur Herzinsuffizienz empfiehlt einen neuen Diagnostikpfad für den ambulanten Bereich (Klinik/EKG/natriuretische Peptide).

❖Die neue Wirkstoffklasse der Neprilysininhibitoren ergänzt die bisherige Standardtherapie.

❖Eine CRT-Implantation ist erst ab einer QRS-Dauer von 130 ms sinnvoll.

❖Eine adaptive Servoventilation ist bei zentralem Schlaf - apnoe-Syndrom und LVEF ≤40 Prozent kontraindiziert.

❖Empagliflozin zeigt eine Verbesserung des Outcome bezüg- lich Herzinsuffizienz.

❖Die Therapie der HFpEF und der HFmrEF ist derzeit nur symptomatisch mittels Diuretika gesichert.

MERKSÄTZE

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❖Herzinsuffizienz mit mittelgradig eingeschränkter Ejek - tionsfraktion (LVEF: 40–49%; heart failure with mid-range ejection fraction, HFmrEF)

❖Herzinsuffizienz mit erhaltener LV-Funktion (LVEF ≥ 50%;

heart failure with preserved ejection fraction, HFpEF).

Konkrete Therapieempfehlungen gibt es für Patienten mit HFmrEF allerdings noch nicht.

Indikationen für CRT-Devices

Im Vergleich zur alten Leitlinie von 2012 sind nun CRT-Im- plantationen bei einer QRS-Dauer zwischen 120 und 130 ms kontraindiziert, nachdem die EchoCRT-Studie eine erhöhte Mortalität bei CRT-Implantationen und einer QRS-Dauer

< 130 ms gezeigt hat (7). So besteht nach der aktuellen Leitli- nie jetzt eine klare Indikation zur CRT-Implantation bei einer LVEF ≤ 35 Prozent, Sinusrhythmus, einem kompletten Links- schenkelblock mit einer QRS-Dauer ≥ 130 ms unter optima- ler medikamentöser Therapie oder bei Patienten mit einer LVEF ≤ 35 Prozent und (vor Schrittmacherimplantation er- wartetem) hohem Anteil an rechtsventrikulärer Stimulation (z.B. bei höhergradigen AV-[Atrioventrikular-]Blöcken). Bei Patienten mit gleichen Kriterien ohne kompletten Links- schenkelblock kann eine CRT-Implantation erwogen werden.

Zentrale Schlafapnoe und systolische Herzinsuffizienz Entgegen den Erwartungen zeigte die SERVE-HF-Studie eine Mortalitätserhöhung bei Patienten, die eine HFrEF sowie eine zentrale Schlafapnoe unter adaptiver Servoventilation (ASV) haben (2). Demnach ist diese Therapie nun kontrain- diziert bei Patienten mit HFrEF und zentraler Schlafapnoe.

Empfehlungen zur Prävention

Auch im Bereich der Prävention gibt es jetzt Empfehlungen, mit denen die Entstehung einer Herzinsuffizienz verhindert oder zumindest verzögert werden kann. Diese umfassen vor allem die Therapie der arteriellen Hypertonie, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell veröffentlichten SPRINT- Studie (8). Die Untersuchung hat gezeigt, dass eine Senkung des systolischen Blutdrucks unter 120 mmHg auch bei älteren Patienten (≥ 75 Jahre) und Hochrisikopatienten das Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen, Tod und Herzinsuffizienz- hospitalisierung verringert. Die Gabe von Sta tinen bei Patienten mit erhöhtem/hohem Risiko für eine koronare Herzerkrankung wird weiterhin empfohlen, da hier ebenfalls eine Verringerung der Inzidenz einer Herz insuffizienz beobachtet wurde (1, 3).

Die Therapie mit Empagliflozin (SGLT2 [sodium-dependent glucose cotransporter 2-]Inhibitor), dem derzeit einzigen

FORTBILDUNG

110

ARS MEDICI 32017

Wahrscheinlichkeit einer Herzinsuffizienz

1. Diagnose/Anamnese koronare Herzkrankheit arterielle Hypertonie

Exposition zu kardiotoxischen Stoffen/

Medikamenten oder Strahlung Diuretika in der Medikation Orthopnoe/paroxysmale nächtliche Dyspnoe

2. Körperliche Untersuchung Rasselgeräusche

bilaterale Knöchelödeme Herzgeräusch

dilatierte Jugularvenen verlagerter Herzspitzenstoss 3. EKG

jedes pathologische EKG

Natriuretische Peptide NT-pro-BNP

≥125 pg/ml BNP ≥35 pg/ml

Herzinsuffizienz unwahrscheinlich

Erwägung von Differenzialdiagnosen

Echokardiografie

Wenn Herzinsuffizienz bestätigt Ermittlung der Ätiologie

Beginn einer geregelten Therapie Bestimmung

von natriureti- schen Peptiden nicht routine - mässig möglich

Normalbefund Nein

Ja

Nichts zutreffend

≥1 zutreffend Klinischer Verdacht auf Herzinsuffizienz (nicht akuter Beginn)

Abbildung 1: Algorithmus zur Diagnostik bei Verdacht auf Herz insuffizienz (NT-pro-BNP = N-terminal pro brain natriuretic peptide)

(3)

FORTBILDUNG

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ARS MEDICI 32017

Wirkstoff, mit dem die Mortalität reduziert und das Auftre- ten einer Herzinsuf fizienz nachweislich verringert werden kann (9), bei Patienten mit Typ-2-Diabetes wird betont.

Viele Studien haben Patienten mit «Mid-range»-Herzinsuf fi zienz (HFmrEF) in die Population von Patienten mit dias tolischer Herzinsuffizienz (HFpEF) eingeschlossen, sodass derzeit nur Empfehlungen für beide Gruppen bestehen. Lebens qualität und Prognose basieren im Wesentlichen auf Komorbiditäten und weniger auf einer Exazerbation der Herzinsuffizienz. So empfiehlt die Leitlinie, den Fokus auf die Behandlung von Komorbiditäten zu setzen. Als einzige klare Empfehlung gilt weiterhin die Therapie mit Diuretika, mit denen sich die Sym - ptome vermindern lassen. Eine nachgewiesene medikamentöse Therapie zur Reduktion der Mortalität besteht weiterhin nicht. Mineralokortikoidrezeptorantagonisten können aller- dings die Hospitalisierungswahrscheinlichkeit senken (5).

Korrespondenzadresse:

Florian Höpfner

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III Universitätsklinikum Halle

Ernst-Grube-Strasse 40 D-06120 Halle

Interessenkonflikte: keine

Literatur:

1. Afilalo J et al.: Intensive statin therapy in acute coronary syndromes and stable coro- nary heart disease: a comparative meta-analysis of randomised controlled trials.

Heart 2007; 93(8): 914–921.

2. Cowie MR et al.: Adaptive servo-ventilation for central sleep apnea in systolic heart failure. N Engl J Med 2015; 373(12): 1095–1105.

3. Emberson JR et al.: N-terminal pro-B-type natriuretic peptide, vascular disease risk, and cholesterol reduction among 20,536 patients in the MRC/BHF heart protection study. J Am Coll Cardiol 2007; 49(3): 311–319.

4. McMurray JJ et al.: Angiotensin-neprilysin inhibition versus enalapril in heart failure.

N Engl J Med 2014; 371(11): 993–1004.

5. Pitt B et al.: Spironolactone for heart failure with preserved ejection fraction. N Engl J Med 2014; 370(15): 1383–1392.

6. Ponikowski P et al.: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: The Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC). Developed with the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2016; 37(27):2129–2200.

7. Ruschitzka F et al.: Cardiac-resynchronization therapy in heart failure with a narrow QRS complex. N Engl J Med 2013; 369(15): 1395–1405.

8. SPRINT Research Group; Wright JT Jr et al.: A randomized trial of intensive versus standard blood-pressure control. N Engl J Med 2015; 373(22): 2103–2116.

9. Zinman B et al.: Empagliflozin, cardiovascular outcomes, and mortality in type 2 dia- betes. N Engl J Med 2015; 373(22): 2117–2128.

Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 19/2016. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autoren.

ACEI = ACE-Hemmer

ARB = Angiotensinrezeptorblocker CRT = cardiac resynchronisation therapy H-ISDN = Hydralazinisosorbiddinatrium ICD = implantierbarer Kardioverter/Defibrillator LVAD = left ventricular assist device LVEF = linksventrikuläre Ejektionsfraktion VF = ventricular fibrillation

VT = ventricular tachycardia

Diuretika reduzieren Symptome und Stauungszeichen LVEF≤≤35% trotz optimaler Therapie oder anamnestisch bestehende symptomatische VT/VF bedarf einer ICD-Implantation

Initiale Behandlung mit einem Diuretikum

Zusätzlich Aldosteronantagonist

Symptomatisch und LVEF ≤35%?

ACEI (oder ARB) durch Patient

toleriert

Sinusrhythmus Puls ≥70/min Sinusrhythmus

und QRS-Dauer

≥130 ms

ARB und Neprilysin-

inhibitor

Erwägung von Digoxin oder H-ISDN Erwägung LVAD oder Transplantation im Endstadium

Keine weiteren Massnahmen notwendig Erwägung einer Reduzierung

der Diuretikadosierung Ivabradin Evaluation CRT

Diese Behandlungen können bei Bedarf kombiniert werden

Persistierende Symptome Ja

Ja

Ja Nein

+

Symptomatisch und LVEF ≤35%?

Gabe eines ACE-Hemmers (ACEI) oder Angiotensinrezeptorblockers (ARB), wenn ACE-Hemmer

nicht toleriert, sowie eines Betablockers

Abbildung 2: Flussdiagramm des empfohlenen Vorgehens zur Therapie bei Herzinsuffizienz

Referenzen

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